Es klappert die Mühle ...Mit dem Fahrrad von der Quelle der Kahl bis zur Mündung in den MainMärz/April 2022
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Still ist es in dem schmalen Geländeeinschnitt. Nur ab und zu ertönt ein Vogelgezwitscher, seltener noch das Fahrgeräusch eines Fahrzeuges. Das klare Wasser plätschert über Steine, wirft Blasen und eilt davon. Der Bach gibt sich nicht mit einer Quelle zufrieden. Gleich aus zwei in Stein gefassten Quelltöpfen rechts und links der Straße sprudelt reichlich Wasser. Ich habe mich auf der Ruhebank niedergelassen und nehme diesen Moment der Stille in mich auf. Hier, wo zwei Höhenzüge des Spessarts zusammenstoßen, entspringt die Kahl. Der Name geht zurück auf das althochdeutsche Kaldaha, was "Ort am kalten Wasser" bedeutet. Das passt gut zu diesem Platz in knapp 300 Metern Höhe. Das Wasser aus dem Buntsandstein der beiden Spessarthöhenzüge sammelt sich auf einer darunterliegenden Schieferschicht und speist die beiden Quellen. So wie das Wasser zu Tal eilt, so will ich ihm folgen. Also steige ich aufs Rad und trete in die Pedale.
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Schon nach wenigen Metern erreiche ich das Ortsschild von Kleinkahl. Hier oben stehen nur ein paar Häuser, eins davon ist die Bamberger Mühle. Das Schild der Spessart-Brauerei weist heute die Mühle als Gasthaus aus. Das Mühlrad treibt keine Mahlsteine mehr an. Viele Jahrhunderte ließen die Bauern vom oberhalb gelegenen Ort Wiesen hier ihr Korn mahlen. Daneben gab es auch eine Ölmühle. Mit ihren 50-60 Liter Wasserausstoß pro Minute war das Wasser der Kahl schon gleich hinter der Quelle stark genug, um die Mühlräder anzutreiben.
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Woher mag der Name Bamberger Mühle kommen, frage ich mich? Von einem seiner vielen Besitzer? Oder einem Adelsgeschlecht, das die Mühle sein Eigen nannte? Oder einfach, weil die früheren Bewohner des Kahlgrundes einfach „Die Mühle ba'm Berg“ sagten, wie die Vorsitzende des örtlichen Heimat- und Geschichtsvereins vermutet? Fest steht auf jeden Fall, dass im Jahr 1972 der Mahlstein nach über eintausend Jahren zum Stillstand gekommen ist. Im gepflegten Biergarten steht noch einsam ein Mühlrad und erinnert an die Ursprünge.
Das Gasthaus ist heute, am Montag, geschlossen. Ich verlasse die Landstraße, biege auf den Wirtschaftsweg ein und komme alsbald an einer kleinen Kapelle vorbei, die mir den göttlichen Segen für die Weiterfahrt mit auf den Weg gibt.
Das Gasthaus ist heute, am Montag, geschlossen. Ich verlasse die Landstraße, biege auf den Wirtschaftsweg ein und komme alsbald an einer kleinen Kapelle vorbei, die mir den göttlichen Segen für die Weiterfahrt mit auf den Weg gibt.
Die dunklen Berghänge weichen zurück und geben den Blick auf ein liebliches Tal frei. Sattgrüne Wiesen ziehen sich die Hänge hinauf, weiße Teppiche von Buschwindröschen säumen den munter einher springenden Bach im Grund. Ich rolle langsam auf dem Radweg bergab und genieße den Blick. Rechter Hand liegen mehrere Gebäude. Ihre hellen Fassaden leuchten zwischen den kahlen Bäumen hervor. Dort wurde 1761 eine Glashütte errichtet. Fast einhundert Jahre lang wurden hier Butzenscheiben, Hohlglas und Tafelglas hergestellt. Aber die verschiedenen Besitzer hatten nicht immer eine glückliche Hand, und die Nähe zur hessischen Grenze verleitete mitunter auch zu ungesetzlichen Taten, sodass 1854 schließlich ihr Ende besiegelt war.
Ich folge dem munteren Bach, der langsam breiter wird und rolle durch Kleinkahl. Ein Bio-Bauer preist auf originelle Weise Rindfleisch im 10-Kilo-Paket auf Vorbestellung an. Zehn Kilo sind mir heute aber zu viel und so lasse ich den Hof rechts liegen. Wenig später halte ich im Ortsteil Großlaudenbach am Ufer der Kahl an. Es ist mit der gelben Pracht von Osterglocken geschmückt. Dahinter liegt die Hergelsmühle, oder besser gesagt, die Gebäude, die von der alten Mühle noch übriggeblieben sind. Es ist bereits die dritte Mühle auf der kurzen Strecke nach der Quelle, doch von Mühlrad und Mühlbach ist keine Spur mehr zu sehen.
Hinter Großlaudenbach muss ich eine kleine Anhöhe erklimmen, dann geht es an ALDI und Co. vorbei ins Zentrum von Schöllkrippen. Die Lukaskapelle weist mir den Weg. Auch wenn der markante Bau mit seiner gemauerten Turmspitze abseits vom Marktplatz steht, dominiert er dennoch den Stadtkern. An den ursprünglichen Wehrturm, der im Mittelalter die Handelsstraßen von Aschaffenburg nach Gelnhausen und nach Lohr überwachte, wurde 1446 die Lukaskapelle angebaut. Noch heute strahlt die Lukaskapelle die Wehrhaftigkeit der gotischen Kirchen aus.
Früher hörte man im Stadtzentrum das Pfeifen der ankommenden Dampfloks. Heute läuft die Bembel im Kahlgrund, wie der rote Regionalzug liebevoll genannt wird, nahezu geräuschlos im Sackbahnhof ein. Im Fahrradabteil ist Platz genug für Radwanderer, die den Kahlgrund erforschen wollen. Die Kahl trennt den Bahnhof von der Sackmühle. Es ist in Schöllkrippen die vierte Mühle am Lauf der Kahl. Das Sackhaus strahlt immer noch im alten Glanz. Inzwischen beherbergt es eine Sozialstation. Das graue Fachwerk ist mit Wildem Mann und Feuerbock reich ausgestaltet. Ursprünglich gab es an dieser Stelle nur ein Hofgut mit Mühle. Aber aufgrund seiner Lage am Zusammenfluss von Kahl und Westernbach entwickelte sich daraus eine prosperierende Siedlung. Gleich um die Ecke vom Sackhaus liegt eine gut besuchte Eisdiele. Es ist Zeit für eine Rast.
„Hallo, schöne Frau“, rufe ich, doch sie antwortet nicht. Ihr ausgestreckter Arm weist mir nur stumm den Weg nach Westen. Vogelscheuchen haben schon so ihren Reiz, zumindest als Fotomotiv, und so zücke ich mal wieder meine Kamera. Dass auch Vogelscheuchen eitel sind, erfahre ich zu Hause beim Vergleich mit alten Fotos im Fotoarchiv. Auch für sie gilt: Kleider machen Leute.
„Hallo, schöne Frau“, rufe ich, doch sie antwortet nicht. Ihr ausgestreckter Arm weist mir nur stumm den Weg nach Westen. Vogelscheuchen haben schon so ihren Reiz, zumindest als Fotomotiv, und so zücke ich mal wieder meine Kamera. Dass auch Vogelscheuchen eitel sind, erfahre ich zu Hause beim Vergleich mit alten Fotos im Fotoarchiv. Auch für sie gilt: Kleider machen Leute.
Von nun an verläuft der Radweg entlang der Bahnlinie. Die junge Kahl ist schon auf eine beachtliche Breite angewachsen. Es lässt sich locker radeln. An diesem Montag begegnen mir nur wenige Radfahrer. Blankenbach ist der nächste Ort. Auch hier gab es früher Mühlen. Ich suche sie nicht auf, denn mein nächstes Ziel wartet schon, die Flederichsmühle. Ein Schild weist den Weg zu der Gebäudegruppe auf der grünen Wiese. Ich folge ihm in der Hoffnung, die alten Gebäude zu finden. Doch von der Mühle selbst ist nichts mehr zu sehen. Wenn es noch alte Gebäude gibt, dann sind sie gut renoviert und zu Wohnungen hergerichtet. Aber der letzte Müller der stillgelegten Mühle, der steht noch aufrecht an der Kahl. Er ist es zwar nicht leibhaftig, aber lebensgroß in Sandstein gemeißelt: „Als Zeuge bin in Stein gesetzt ich hier im Tal verblieben.“ Dahinter steht ein mächtiges Mahlwerk mit zwei Mühlsteinen als Erinnerung an die Zeit, als hier Korn gemahlen und Öl geschlagen wurde.
Zwölf Mühlen habe ich auf den elf Kilometern seit der Kahlquelle schon gezählt, in der Regel Getreidemühlen, denen oft Ölmühlen angegliedert waren. Mühlräder trieben auch die Gatter von Sägewerken an. Nun freue ich mich schon auf die Kaltenberger Mühle in Königshofen. Dort erwartet mich schon das Mühlenmuseum, von dem ich im Internet gelesen habe. Mit Schwung bewältige ich die wenigen Kilometer bis dorthin. Ich weiß, dass es auf dem Gelände der Sägemühle Heeg steht. Der Mühlenkomplex wurde im 17. Jahrhundert zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Er gehörte zum Kaltenberghof, der viel älter ist. Da die Mühlen ursprünglich diesem Hofgut angegliedert waren, ist anzunehmen, dass die Mühle schon einige hundert Jahre auf dem Buckel hat. Nach häufigem Besitzerwechsel ersteigerte der Zimmermann Martin Heeg im Jahr 1864 die Ölmühle, nachdem der hoch verschuldete Müller Kraus sich nach Amerika abgesetzt haben soll. Er baute an die Ölmühle eine Sägemühle an. Später erwarb er auch noch die Getreidemühle. Mit dem Erwerb im Jahr 1864 endete der häufige Wechsel der Eigentümer. Seit damals ist sie im Besitz der Familie Heeg.
Eigentlich hätte ich ein Hinweisschild am Eingang der Sackgasse erwartet, doch mitnichten. Am Ende der Gasse treffe ich auf mehrere Arbeiter. „Wo bitteschön ist das Mühlenmuseum?“, frage ich. „Direkt vor Ihnen“, kommt als Antwort. Ich starre auf eine unspektakuläre Backsteinwand. „Wann ist das Museum denn offen?“, setze ich nach. „Zwei- oder dreimal im Jahr“, antwortet er. „Aber schauen Sie doch mal hinter das Gebäude. Dort sehen Sie die Mühlräder.“ Die Mühlräder sind natürlich ein schönes Fotomotiv, ebenso wie die historische Sägemühle dahinter. Ich bin jedoch etwas enttäuscht, da ich gerne aus berufenem Munde mehr über die Geschichte der Mühlen im Kahlgrund erfahren hätte. So radele ich unverrichteter Dinge weiter. Später erfahre ich, dass es hier eigentlich gar kein offizielles Mühlenmuseum gibt. Auf Nachfrage erfahre ich aber, dass der Besitzer des Mühlengebäudes interessierten Besuchern gerne seine Mühle zeigt. Ich selbst stamme zwar nicht aus einer Müllerfamilie, aber mein Vater war Mehlgroßhändler und so hege ich seit frühester Kindheit eine Empathie für Mühlen. Ich nehme mir vor, den Besitzer der Mühle herauszufinden und um eine Besichtigung nachzufragen.
Aus den Augenwinkeln erblicke ich zuerst ein paar huschende Schatten. Dann sehe ich die Herde. Schwarz-braun-weiß gescheckte Ziegen schauen mich neugierig an. Es sind vor allem die Ausgewachsenen, die nach mir schauen, die vielen Zicklein sind zu sehr mit Spiel und Kräftemessen beschäftigt. Auch in Schimborn gab es Mühlen, doch mich zieht es nun weiter nach Mömbris. Der Radweg verläuft zwischen den Ortschaften etwas oberhalb am Hang. Dadurch habe ich immer wieder schöne Blicke auf kleine und größere Idylle. Hinter Schimborn endet die geteerte Strecke erst mal. Der Feldweg ist wohl vor nicht allzu langer Zeit mit Split ausgebessert worden. Es knistert unter den Reifen, Steine springen weg. Da muss ich in den Kurven höllisch aufpassen.
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Der Weg führt um den Sterzenbach Weiher herum nach Mensengesäß hinein. Neben der Bahnstrecke liegt malerisch die alte Ölmühle. Um sie herum wird gerade ein kleiner Freizeitpark angelegt. Hier, an dieser Stelle, wurde allerdings nie Öl geschlagen. Beim Ausbau der Landesstraße im Jahr 1978 entschied man sich, dieses Gebäude von seinem alten Standort jenseits der Kahl nach hierher zu versetzen, damit es erhalten bleibt. Durch das Umsetzen hat die Statik der schmucken Mühle gelitten, was seiner Attraktivität aber keinen Abbruch tut. Die Sonne wirft gerade ihr Licht auf das Mühlrad. Mich fasziniert nicht nur die hölzerne Konstruktion des Mühlrades, sondern auch der Schattenwurf auf die Hauswand.
Gegenüber liegt das Zentrum von Mömbris. Auf den Besuch der Eisdiele verzichte ich heute, dafür lockt mich das Gelände der Obermühle. Sie liegt, wie könnte es anders sein, in der Mühlgasse. Die erste schriftliche Erwähnung gab es 1715 als „neue Mühl“. Zur Getreidemühle kam später die Ölmühle hinzu. Ich bestaune das mannshohe Königsrad, das leider überwuchert ist. Von der Getreidemühle steht nur noch ein etwas heruntergekommenes Gebäude, das bessere Zeiten erlebt hat.
Obwohl seit einigen Jahren der Radweg auf die nördliche Seite der Kahl gelegt wurde, bleibe ich auf dieser Seite und folge einem Feldweg für ein paar hundert Meter. Ein Berghang drängt sich an die Kahl. Sie schlängelt sich um den Fuß des Berges herum. Ein Bauzaun versperrt mir den Weg. „Kein Durchgang möglich, Privatweg“, heißt es auf einem großen Schild. Und damit es auch die Begriffsstutzigen genau wissen, heißt es auf einem zweiten Schild „Privatweg Keine Haftung“. Von früher her kenne ich den schmalen Trampelpfad, der zwischen Berghang und Mühle liegt. Doch ich weiß auch, dass es da oft zu Rempeleien mit Entgegenkommenden gekommen ist.
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Zu schmal war der Pfad für zwei. Schade nur für mich, denn ich wäre dem Mühlbach gerne bis zum Wehr gefolgt. Nun kann ich nur noch die altersroten Dächer der Hellenthalsmühle hinter den Nadelbäumen sehen. Sie zählt zu den ältesten ihrer Art im Kahlgrund und geht mindestens bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges zurück. Auch sie war eine Doppelmühle für Getreide und Öl. Die Getreidemühle ist immer noch funktionsfähig, wie ich in einem Bericht lesen kann.
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Also radele ich zurück und über die Kahl hinweg auf den neuen Radweg. Rechts und links drängen sich nun die Berghänge wie Rippen gestaffelt dicht an die Kahl heran. Aus den Seitentälern sammelt der Fluss weitere Nahrung. Wasser ist Leben, auch für ihn.
Das enge Flusstal war in den letzten Jahrzehnten schon mehrere Male von heftigem Hochwasser betroffen. Historische Höchststände gab es in den Jahren 1981, 2002 und 2017 zu verzeichnen. Am 4. Mai 2017 zog ein schweres Unwetter mit bis zu 80 Litern Niederschlag pro Quadratmeter über das Tal. Entlang der Kahl waren hauptsächlich das Zentrum von Mömbris, sowie die Ortsteile Mensengesäß, Niedersteinbach, Strötzbach und der kleine Ort Brücken betroffen. Angesichts der Enge des Tales kann ich mir gut vorstellen, wie sich hier die Wassermassen stauten. Auch das Wasserrad der Ölmühle der Hellenthalsmühle wurde so arg beschädigt, dass es stillgelegt wurde.
Mit diesen Gedanken im Kopf radele ich weiter entlang der Bahnstrecke. Vorsicht! Ich muss aufpassen. Eine tiefe Rinne läuft quer zum Radweg. Im Abbremsen sehe ich linker Hand dekorativ einige alte landwirtschaftliche Geräte stehen. Und dahinter öffnet sich der Blick auf die Strötzbacher Mühle. Heute stehen die Mühlräder still. Das Wasser fällt über das Wehr und wirft weiße Schaumkronen, bevor es sich wieder beruhigt. Der Berg Daunert hat sich ganz eng an die Kahl gedrängt. An dieser Fallstufe haben Jakob Koch und Andreas Brückner 1650 eine Doppelmühle errichtet. Über all die Jahrhunderte blieb sie im Besitz der beiden Familien, bis der Betrieb vor etwa fünfzig Jahren eingestellt wurde. Von der Brücke, die in den Ort führt, habe ich einen wunderschönen Blick nach beiden Seiten. Es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben, dörfliche Idylle rechts wie links. Nur die Autos, die ab und zu vorbeikommen, stören das Bild. Aber das ist nicht zu vermeiden. Vor dem Hauseingang steht ein steinernes Mahlrad. Die heutige Generation der Müllerfamilie hat die eine der beiden Mühlen 1989 restauriert und ein privates Museum eingerichtet. Ein Aushang sagt, dass es bis Mai geschlossen sei.
Das enge Flusstal war in den letzten Jahrzehnten schon mehrere Male von heftigem Hochwasser betroffen. Historische Höchststände gab es in den Jahren 1981, 2002 und 2017 zu verzeichnen. Am 4. Mai 2017 zog ein schweres Unwetter mit bis zu 80 Litern Niederschlag pro Quadratmeter über das Tal. Entlang der Kahl waren hauptsächlich das Zentrum von Mömbris, sowie die Ortsteile Mensengesäß, Niedersteinbach, Strötzbach und der kleine Ort Brücken betroffen. Angesichts der Enge des Tales kann ich mir gut vorstellen, wie sich hier die Wassermassen stauten. Auch das Wasserrad der Ölmühle der Hellenthalsmühle wurde so arg beschädigt, dass es stillgelegt wurde.
Mit diesen Gedanken im Kopf radele ich weiter entlang der Bahnstrecke. Vorsicht! Ich muss aufpassen. Eine tiefe Rinne läuft quer zum Radweg. Im Abbremsen sehe ich linker Hand dekorativ einige alte landwirtschaftliche Geräte stehen. Und dahinter öffnet sich der Blick auf die Strötzbacher Mühle. Heute stehen die Mühlräder still. Das Wasser fällt über das Wehr und wirft weiße Schaumkronen, bevor es sich wieder beruhigt. Der Berg Daunert hat sich ganz eng an die Kahl gedrängt. An dieser Fallstufe haben Jakob Koch und Andreas Brückner 1650 eine Doppelmühle errichtet. Über all die Jahrhunderte blieb sie im Besitz der beiden Familien, bis der Betrieb vor etwa fünfzig Jahren eingestellt wurde. Von der Brücke, die in den Ort führt, habe ich einen wunderschönen Blick nach beiden Seiten. Es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben, dörfliche Idylle rechts wie links. Nur die Autos, die ab und zu vorbeikommen, stören das Bild. Aber das ist nicht zu vermeiden. Vor dem Hauseingang steht ein steinernes Mahlrad. Die heutige Generation der Müllerfamilie hat die eine der beiden Mühlen 1989 restauriert und ein privates Museum eingerichtet. Ein Aushang sagt, dass es bis Mai geschlossen sei.
Weiter geht es auf meinem Weg zur Mündung. Hinter Strötzbach muss ich in Brücken (ja, so heißt dieser kleine Ort) eine kleine Anhöhe nehmen. Im Tal ist es so eng, dass bislang kein Platz für den Radweg gefunden wurde. Mit dem kommenden Ausbau der Landesstraße soll ein neuer Radweg zwischen Brücken und Michelbach gebaut werden.
Ostern steht vor der Tür. An einem Vorgartenbusch an der Steigung hängen schon die bunten Ostereier. Oben auf der Anhöhe steht eine Ruhebank. Von hier aus habe ich einen schönen Blick ins Tal. Da ich im Kahlgrund öfters mit dem Rad unterwegs bin, freue ich mich immer wieder, wenn die Bank frei ist, und ich hier einen Moment verweilen kann. Diesen Platz mögen auch andere. Heute habe ich Glück. Sie ist frei und ich nutze die Ruhepause für mein Picknick. |
Ein Hahn kräht und ruft mich aus meiner Betrachtung. Er meint wohl, es sei Zeit, weiterzufahren, denn es sind noch ein paar Kilometer bis zur Mündung. Wohl denn!
Hinter der Kläranlage liegen die Dörsthöfe. Ein kleiner Weinberg erstreckt sich oberhalb am Hang. Am Radweg liegt ein Acker. Im letzten Herbst lagen hier viele Kilos schwere Kürbisse liegen, die rot und orange in der Sonne leuchteten. In diesem Jahr wird Getreide geerntet werden. |
Die Herrenmühle lasse ich abseits liegen. Von ihr ist nur der Name für ein Gasthaus übriggeblieben. Durch eine Unterführung unter der Landstraße erreiche ich den Ortseingang von Michelbach. Dort begrüßt mich ein Alteingesessener. Mit seinem Weinglas sitzt er versonnen auf einem Steinblock. Das sitzt er schon länger und wird mich wohl auch überleben, denn der Sandstein, aus dem er gemeißelt ist, ist sehr haltbar.
Viele Jahre war ich in Michelbach zu Gast in der Häckestube Zum Lukasse Seppl. Die Weine wurden von Jahr zu Jahr besser. Im Jahr 2006 wurde der Riesling des Winzers Armin Heilmann auf einer internationalen Verkostung zum weltbesten Riesling gekürt. Gewachsen war er auf dem Weinberg mit dem schönen Namen Apostelgarten. Es war das gleiche Jahr, in dem die deutsche Fußballmannschaft nur den dritten Platz bei der Weltmeisterschaft belegte. Gemeinsam mit anderen Riesling-Freunden hat er vor kurzem eine Initiative gestartet, um dem Riesling vom Apostelgarten einen nachhaltigen Namen zu verleihen. Ihr Riesling kommt von der historischen Lage Michelbacher Braut und sie nennen sich selbst Apostelbrüder. |
Michelbach selbst hat vor etwa 15 Jahren das alte Schlösschen, adeliger Landsitz aus der Zeit um das Jahr 1730, restauriert. Heute beherbergt es das Museum der Stadt Alzenau. Eine Liste verzeichnet fünf Mühlen in Michelbach. Von der Obermühle am Ortseingang sind kaum noch Spuren vorhanden. Lediglich das Stauwehr ist in eine Wand integriert. Auch der Mühlengraben ist zugeschüttet.
Ich halte mich heute nicht lange in Michelbach auf. Dort wo die Kahl sich nach Süden wendet, verlasse ich den Ort über die Ampelanlage der großen Kreuzung an der Landesstraße. Hier liegt ein mit Bauzäunen eingegrenztes Grundstück an der Kahl. Zwischen dem Heer von Brombeerbüschen erkenne ich eine Schutthalde. Auf diesem Areal stand die leistungsstärkste Mühle des Kahlgrundes. Ursprünglich hieß sie nur Brückenmühle. Doch nachdem der Besitzer Valentin Kihn alle anderen Mühlen in Michelbach aufgekauft hatte, hieß sie nur noch Kihnmühle. Auch bei vielen anderen Mühlen im Kahlgrund wechselten im Laufe der Jahrhunderte die Namen. Nach 1960 setzte bundesweit das Sterben der kleinen Mühlen ein. Auch die Kihnmühle wurde 1967 stillgelegt. Die markante Ruine, die ich noch von früheren Radtouren her kenne, wurde 2011 abgerissen. Kaninchen und allerlei Vogelpärchen bevölkern seitdem ungestört das Terrain, und ich freue mich im Sommer immer auf die leckeren Brombeeren.
Ich halte mich heute nicht lange in Michelbach auf. Dort wo die Kahl sich nach Süden wendet, verlasse ich den Ort über die Ampelanlage der großen Kreuzung an der Landesstraße. Hier liegt ein mit Bauzäunen eingegrenztes Grundstück an der Kahl. Zwischen dem Heer von Brombeerbüschen erkenne ich eine Schutthalde. Auf diesem Areal stand die leistungsstärkste Mühle des Kahlgrundes. Ursprünglich hieß sie nur Brückenmühle. Doch nachdem der Besitzer Valentin Kihn alle anderen Mühlen in Michelbach aufgekauft hatte, hieß sie nur noch Kihnmühle. Auch bei vielen anderen Mühlen im Kahlgrund wechselten im Laufe der Jahrhunderte die Namen. Nach 1960 setzte bundesweit das Sterben der kleinen Mühlen ein. Auch die Kihnmühle wurde 1967 stillgelegt. Die markante Ruine, die ich noch von früheren Radtouren her kenne, wurde 2011 abgerissen. Kaninchen und allerlei Vogelpärchen bevölkern seitdem ungestört das Terrain, und ich freue mich im Sommer immer auf die leckeren Brombeeren.
Der Radweg nach Kälberau führt mich erst mal von der Kahl weg. In einem großen Bogen erreiche ich den Ortseingang. Ein gepflegtes Königsrad begrüßt mich. Einst trieb es die Mahlräder der Sotermühle an. Deren Gebäude stehen an der Brücke. Das Schild des Gasthofes Kahltal-Mühle versucht mich für eine Einkehr mit Schlappe-Seppel, dem Bier aus Aschaffenburg, zu gewinnen. Neben dem Landhotel mit Restaurant ist seit kurzem ein Adventure-Minigolf-Platz mit großem Biergarten angelegt. Der Biergarten ist gut gefüllt. Zahlreiche Fahrräder stehen am Rand, offensichtlich ein beliebtes Ausflugsziel. Ursprünglich standen auch hier zwei Getreidemühlen nebeneinander. Aus der Ullrichsmühle wurde jedoch schon vor über 100 Jahren eine Lederfabrik. Mit der Flussregulierung im Jahr 1978 endete dann auch die Geschichte der Getreidemühle.
Von Kälberau ist es nur noch einen Katzensprung bis Alzenau. Am Radweg steht ein großer Bildstock, auch aus Sandstein gefertigt. Das ist Bayern. Es folgen weitere, die sich zu einem Kreuzweg vereinen.
Die Burg von Alzenau begrüßt mich im strahlenden Sonnenschein vor blauem Himmel. Es ist ein fantastischer Anblick. Der kleine Weinberg unterhalb der Burg ist gepflegt und wartet auf die Blüte. Von dem Fußgängersteg über die Kahl habe ich den besten Blick auf das schöne Motiv.
Auf der anderen Seite der Kahl duckt sich ein bescheidenes Gemäuer vor einer Reihe neuer Wohnhäuser. Hier stand einst die Christmühle. Die erste gesicherte Erwähnung stammt aus dem Jahr 1548, vermutlich aber auch schon 1312. Den Abriss im Jahr 1978 hat nur das Backhaus überlebt, das besagte alte Gemäuer.
Die Burg von Alzenau begrüßt mich im strahlenden Sonnenschein vor blauem Himmel. Es ist ein fantastischer Anblick. Der kleine Weinberg unterhalb der Burg ist gepflegt und wartet auf die Blüte. Von dem Fußgängersteg über die Kahl habe ich den besten Blick auf das schöne Motiv.
Auf der anderen Seite der Kahl duckt sich ein bescheidenes Gemäuer vor einer Reihe neuer Wohnhäuser. Hier stand einst die Christmühle. Die erste gesicherte Erwähnung stammt aus dem Jahr 1548, vermutlich aber auch schon 1312. Den Abriss im Jahr 1978 hat nur das Backhaus überlebt, das besagte alte Gemäuer.
Der Radweg entlang der Altstadt ist gut ausgebaut. Schon einhundert Meter weiter erwartet mich die nächste Mühle. Auch hier ist nur noch ein kleiner Fachwerkbau übriggeblieben. Es ist die Hasenmühle, deren Spur sich bis ins Jahr 1311 zurückverfolgen lässt. Wikipedia weiß, dass sie am 25. März 1311 als Mühle zu Wilmundsheim in einer Urkunde als Besitz der Abtei Seligenstadt erstmals erwähnt wurde. Jahrhundertelang war sie daher nur als Klostermühle bekannt. Im 19. Jahrhundert standen an dieser Stelle insgesamt zwei Getreide- und zwei Ölmühlen. Eine davon war 1801 als Gipsmühle errichtet und fünfzehn Jahre später zur Ölmühle umgebaut worden. Aus Lein- und Rapssamen, Bucheckern und Haselmüssen wurde Öl hergestellt. 1979 wurde die letzte Mühle stillgelegt und 2015 der tote Gebäudekomplex schließlich abgerissen. Lediglich ein Gebäude der Ölmühle ist am Mühlbach vor der breiten Front moderner Wohnungen erhalten geblieben und zeugt denkmalgeschützt von der Vergangenheit.
An der Hasenmühle knickt die Kahl im rechten Winkel ab und wendet sich wieder nach Westen. Vorbei am Generationenpark, der im Rahmen der Kleinen Landesgartenschau Bayern im Jahr 2015 als Ausstellungsgelände angelegt worden war, verlasse ich Alzenau. Dort, auf der anderen Seite der Kahl, stand auch einmal eine Mühle, die Unterste Mühle. Diese Mühle, die zuletzt Papiermühle genannt wurde, hat eine wechselvolle Vergangenheit, die auch die wirtschaftliche Entwicklung widerspiegelt. Aus der Getreidemühle wurde Ende des 18. Jahrhunderts eine Stahlmühle. 40 Jahre lang bewegten die Mühlräder das Hammerwerk, dann wurde nach einer Insolvenz aus der Stahlmühle kurzzeitig eine Schrotmühle für Futter, dann eine Bleiweißmühle (ein Weißpigment für Schminke und Malfarben) und schließlich 1831 eine Papiermühle. Zuerst wurden Lumpen gemahlen und gekocht und der daraus gewonnene Rohstoff nach Hanau gebracht. Später wurde auf Cellulose umgestellt und eine Papierfabrik angegliedert. Die ursprüngliche Papiermühle an der Kahl wurde 1989 abgerissen, nur die Produktion von Wellpappe in den neueren Hallen oberhalb ist bis heute erhalten geblieben. An diesem Beispiel kann ich gut studieren, dass die Kraft des Wassers bis ins 19. Jahrhundert hinein die wichtigste Energiequelle für Handwerk und Industrie war. Dampfmaschinen und effektivere Formen der Stromerzeugung haben im Zuge der Industrialisierung die Wasserkraft abgelöst und schließlich zum Stillstand der traditionellen Wassermühlen geführt. Die Kinder, die drüben auf dem leergeräumten Gelände spielen, wissen nichts von dieser wechselvollen Vergangenheit. Sie kennen nur noch die renaturierte Kahl und erfreuen sich an Wasserspielen und Badestrand.
Mit Alzenau verlasse ich auch den Kahlgrund. Die Berge des Spessarts entlassen mich in die Mainebene. Wie ein Riegel liegt der hohe Rücken des Hahnenkamm hinter mir. Der letzte Ort vor der Mündung trägt den gleichen Namen wie der Fluss: Kahl. Vor den ersten Häusern führt der Radweg an einem See vorbei. Ich habe mir lange Zeit keine Gedanken gemacht, warum es diesen See gibt. Wahrscheinlich, so dachte ich, ist es einer der vielen Baggerseen entlang des Mains. Doch mitnichten! Der See gehört zu der Seenplatte zwischen Großkrotzenburg und Dettingen, die in der Zeit von 1892 bis 1932 durch Braunkohleabbau entstanden ist. Erst nachdem der Braunkohleabbau unrentabel geworden ist, wurde weiter Sand und Kies abgebaut. . Die Bewohner von Kahl werden übrigens Sandhasen genannt. Aber das ist eine andere Geschichte.
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Doch zurück zur Kahl. Auf den letzten eintausend Metern bis zur Mündung reihten sich wieder die Mühlen. Gleich die erste ist die Sandmühle, gerade gegenüber dem See. Ein Wehr staut das Wasser auf. Der Mühlbach treibt jedoch kein Mühlrad mehr an. Ich habe an der Kahl schon Getreidemühlen, Ölmühlen, Sägemühlen, eine Stahlmühle, eine Gipsmühle und eine Papiermühle gefunden. Hier kommt nun eine weitere hinzu. Im Jahr 1895 ist aus der Getreidemühle kurzfristig eine Senfmühle geworden. Fünf Jahre lang floss hier der scharfe gelbe Saft, bevor die Mühle eine neue Bestimmung fand. Im Jahr 1900 wurde sie unter einem neuen Besitzer zur Walkmühle für Filzherstellung umgebaut. Heute ist aus der klappernden Mühle eine stille Seniorenresidenz geworden.
Vor mit ragt der markante Wasserturm von Kahl zwischen gerade ergrünenden Bäumen heraus. Wenn ich ein markantes Bauwerk für den Ort nennen sollte, dann dieses. Auf der anderen Seite der Landstraße, die ich gerade unterquere, steht noch das hohe Gebäude der Kahler Walzenmühle. Ein Schriftzug am Haus erinnert noch daran.
Auf den letzten 3 Kilometern wurde es für die Mühlen eng. Elf ihrer Art standen einst auf diesem kurzen Stück vor der Mündung. Kahl hatte damals den Beinamen „Das Dorf der Mühlen“. Aus dem Jahr 1358 stammt die erste urkundliche Erwähnung einer Mühle in Kahl. Da das Wasser hoch aufgestaut werden musste, um alle Mühlen zu versorgen, gab es auch immer wieder Überschwemmungen, was den Bauern gar nicht gefiel. So kam es im Frühjahr 1573 zum Kahler Mühlenkrieg, der in der Zerstörung der Naßmühle seinen Höhepunkt fand.
Zweiunddreißig Flusskilometer Entfernung und zweihundert Höhenmeter habe ich seit der Quelle zurückgelegt. Fünfunddreißig Mühlenstandorte gibt es auf dieser Strecke, an vielen Standorten gab es gleich mehrere Mühlen. Insgesamt wurden im Jahr 1837 im Kahlgrund sage und schreibe dreiundsiebzig Mühlen gezählt. Das 18. und 19. Jahrhundert war die große Zeit der Mühlen. Das verbriefte Wasserrecht war der Schatz der Mühlenbesitzer. Dieses Recht wurde von Generation zu Generation vererbt. Wenn aus welchen Gründen auch immer kein Getreide mehr gemahlen, kein Öl mehr geschlagen wurde, dann dienten die Mühlräder immer noch als Kraftquelle für den Antrieb von Walkmaschinen, Eisenhämmer, Sandsiebe und anderer Maschinen. Erst die Stromerzeugung in großen Kraftwerken setzten auch dem ein Ende.
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Rechterhand der Kahl liegt der Hornsee. Ein Damm verbirgt den See vor meinen Blicken. Auch er ist ein Relikt des Braunkohleabbaus. Bis 1927 lag der Flusslauf 160 Meter weiter nördlich. Um an die begehrte Braunkohle zu gelangen, musste die Kahl ihr angestammtes Bett verlassen und sich für die letzten dreihundert Meter in ein neues legen. Das letzte Stück des Radweges führt wieder direkt an der Kahl entlang bis zur Mündung, ganz unspektakulär an einem Campingplatz. Um diese Jahreszeit ist sie vom Mainradweg aus noch zu sehen, später im Jahr wird der Blick durch das grüne Laubwerk verwehrt. Mit der Mündung habe ich auch den tiefsten Punkt Bayerns erreicht.
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Heute klappert keine Mühle mehr im Kahlgrund. Die letzten Mühlen sind nur noch Zeugen unserer Kulturgeschichte. Nur das Rad der Kaltenberger Mühle dreht sich noch als Erinnerung an eine lange Tradition. Für mich ist die Radtour entlang der Kahl zu einer spannenden Reise in die Vergangenheit geworden. Und es ist ebenso eine landschaftlich reizvolle Strecke, die ich jedem Radwanderer ans Herz legen kann.
Das könnte das Ende des Reiseberichts sein. Aber zwei Wochen später kommt noch eine Überraschung. Am Ostersamstag pünktlich um 13:00 Uhr stehe ich wieder vor der Kaltenberger Mühle. Beide Mühlräder drehen sich, Wasser tropft von den Schaufeln. Mit dabei sind meine Lebensgefährtin Renate und mein Bruder Winfried. Wir werden von Franz und Helmut Heeg zu einer privaten Führung durch die beiden Mühlen erwartet. Franz Heeg, von Beruf Modellbauer, erläutert uns die technischen Details, Helmut Heeg ist der letzte Müller in der viele hundert Jahre alten Geschichte der Kaltenberger Mühle.
Nicht ohne Stolz erzählt uns Franz Heeg, dass die Sägemühle in den 80er Jahren so baufällig war, dass eine Entscheidung anstand. Der Entschluss der gesamten weitläufigen Familie war, das Fachwerk und die historische Technik zu restaurieren. Gesagt und 1990 getan. Die ganze Familie und die Nachbarschaft packten mit an. Im Jahr 2014 wurde dann auch das große Mühlrad, das 5,20 Meter im Durchmesser misst, erneuert. Es ist wegen der konservierenden Eigenschafts seines Harzes aus Lärchenholz, wie wir nun erfahren. Die Sägemühle ist immer noch funktionstüchtig. Zum Tag des Denkmals im September wird sie üblicherweise wieder angeworfen und sägt dann Brett für Brett vom Holzstamm. Die beiden Mühlräder hingegen drehen sich Tag und Nacht das ganze Jahr hindurch. Stillstand heißt Verderben, denn trockenes Holz verrottet schnell.
Nicht ohne Stolz erzählt uns Franz Heeg, dass die Sägemühle in den 80er Jahren so baufällig war, dass eine Entscheidung anstand. Der Entschluss der gesamten weitläufigen Familie war, das Fachwerk und die historische Technik zu restaurieren. Gesagt und 1990 getan. Die ganze Familie und die Nachbarschaft packten mit an. Im Jahr 2014 wurde dann auch das große Mühlrad, das 5,20 Meter im Durchmesser misst, erneuert. Es ist wegen der konservierenden Eigenschafts seines Harzes aus Lärchenholz, wie wir nun erfahren. Die Sägemühle ist immer noch funktionstüchtig. Zum Tag des Denkmals im September wird sie üblicherweise wieder angeworfen und sägt dann Brett für Brett vom Holzstamm. Die beiden Mühlräder hingegen drehen sich Tag und Nacht das ganze Jahr hindurch. Stillstand heißt Verderben, denn trockenes Holz verrottet schnell.
Von der Sägemühle geht es nun ein paar Stufen hoch in die Getreidemühle. Dann stehen wir auf dem Mahlboden. Es ist der zentrale Arbeitsplatz des Müllers. Hier wurde das Getreide angeliefert und im Aspirateur von Staub und Stroh gesäubert. Auch kleine Steine mussten aus dem Gut entfernt werden. Anschließend kam das Korn in die Schälmaschine, um den wertvollen Kern von der Schale zu befreien. Jetzt erst war es bereit zum Mahlen.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das Mahlwerk, das ich linker Hand sehe, in Betrieb. Draußen, unter der Rampe, stehen auch zwei alte Mühlstein. Aber hier im Mahlwerk lastet der sogenannte Läufer auf dem liegenden Mühlstein. Siebenhundert Kilogramm bringt der Läufer auf die Waage. In einem Youtube-Video ist zu sehen, wie der liegende Mühlstein regelmäßig gereinigt und möglicherweise auch nachgeschärft werden muss, bevor der Läufer mittels eines speziellen Krans wieder aufgesetzt wird. Um die Jahrtausendwende setzte sich dann das Walzenwerk durch, das ich in der Mitte des Mahlbodens sehe. Die Walze in dieser Mühle ist ungewöhnlich schmal. Der Abstand zwischen den Walzen bestimmt die Feinheit des Mehls.
Von Helmut Heeg, dem alten Müller, erfahren wir, dass täglich bis zu zehn Doppelzentner gemahlen wurden. Von oben fiel das Korn auf die beiden Walzen, die es zerrieben. Dann wurde es bis zu siebenmal immer wieder über einen Elevator vier Stockwerke hoch bis zum Mischer unter dem Dachfirst transportiert. Dort wurde es gefiltert, die verschiedenen Größen des Mahlgutes voneinander getrennt, und wieder auf die Reise nach unten geschickt, bis das Mehl fein genug war. Helmut Heeg zeigt mir die tiefen Rillen im Holz des Fallrohres, Rillen, die das Korn in Jahrzehnten hinein gefräst hat.
Auf dem Mahlboden wurden am Ende des Mahlvorgangs Kleie, Mehl und Mehlstaub abgesackt und über die Rampe am Eingang verladen. Ein paar alte Säcke hängen noch über einer Stange. Mehl zu hamstern, wie es gerade geschieht, so ereifert sich Helmut Heeg, ist hirnlos, denn es ist nur kurzfristig haltbar und zieht schnell Ungeziefer an. Einmal wöchentlich hat er das Mehl zu den Bäckern gefahren. Es war seine Mittwochstour, wie Franz Heeg anmerkt.
Bis Ende des 19. Jahrhunderts war das Mahlwerk, das ich linker Hand sehe, in Betrieb. Draußen, unter der Rampe, stehen auch zwei alte Mühlstein. Aber hier im Mahlwerk lastet der sogenannte Läufer auf dem liegenden Mühlstein. Siebenhundert Kilogramm bringt der Läufer auf die Waage. In einem Youtube-Video ist zu sehen, wie der liegende Mühlstein regelmäßig gereinigt und möglicherweise auch nachgeschärft werden muss, bevor der Läufer mittels eines speziellen Krans wieder aufgesetzt wird. Um die Jahrtausendwende setzte sich dann das Walzenwerk durch, das ich in der Mitte des Mahlbodens sehe. Die Walze in dieser Mühle ist ungewöhnlich schmal. Der Abstand zwischen den Walzen bestimmt die Feinheit des Mehls.
Von Helmut Heeg, dem alten Müller, erfahren wir, dass täglich bis zu zehn Doppelzentner gemahlen wurden. Von oben fiel das Korn auf die beiden Walzen, die es zerrieben. Dann wurde es bis zu siebenmal immer wieder über einen Elevator vier Stockwerke hoch bis zum Mischer unter dem Dachfirst transportiert. Dort wurde es gefiltert, die verschiedenen Größen des Mahlgutes voneinander getrennt, und wieder auf die Reise nach unten geschickt, bis das Mehl fein genug war. Helmut Heeg zeigt mir die tiefen Rillen im Holz des Fallrohres, Rillen, die das Korn in Jahrzehnten hinein gefräst hat.
Auf dem Mahlboden wurden am Ende des Mahlvorgangs Kleie, Mehl und Mehlstaub abgesackt und über die Rampe am Eingang verladen. Ein paar alte Säcke hängen noch über einer Stange. Mehl zu hamstern, wie es gerade geschieht, so ereifert sich Helmut Heeg, ist hirnlos, denn es ist nur kurzfristig haltbar und zieht schnell Ungeziefer an. Einmal wöchentlich hat er das Mehl zu den Bäckern gefahren. Es war seine Mittwochstour, wie Franz Heeg anmerkt.
Herr Franz Heeg führt uns eine schmale Holztreppe in die oberen Etagen. Im 1. Stock öffnet er das Fenster zur Kahl hin. Hier sei der schönste Blick aufs Mühlrad, sagt er stolz. Der Mahlboden ebenso wie die vier Etagen darüber sind peinlich sauber. Nicht nur Mäuse und Ungeziefer sind des Müllers Feind, sondern auch der Mehlstaub. Durch eine Staubverpuffung ist schon so manche Mühle zerstört worden. Überall, wo sich Räder drehen, stehen Ölkännchen. Außer den drehenden Teilen ist fast alles aus Holz, auch die Hobelbank über dem Mahlboden. Der Müller musste jeden Defekt selbst reparieren.
Unser letzter Gang führt uns eine kurze Treppe hinab in den Getriebekeller. Ich muss den Kopf einziehen, sonst gibt es Beulen. Das Königsrad, oder auch Kammrad genannt, dreht sich unermüdlich. Es sitzt auf der Wasserradwelle und gibt die Kraft an das Antriebswerk weiter. Dort hängen schlaff die Bandriemen, die das Mahlwerk antreiben sollen. Heute wird nicht gemahlen.
Helmut Heeg erzählt uns draußen vor der Tür, dass nicht nur die Eigentümer der Mühlen früher häufig wechselten, sondern auch die Müller selbst. Die Mühlen im Kahlgrund waren Bauernmühlen, auch Umtauschmühlen genannt. Es war ein Kreislauf ohne Geld. Der Bauer brachte sein Korn in die Mühle, der Müller mahlte es und brachte das Mehl zum Bäcker, welcher dem Bauer daraus dann Brot backte. Der Bäcker führte ein Brotbuch, welches vierteljährlich mit den Bauern wie auch dem Müller ausgeglichen wurde. Es war ein Kreislauf mit Naturalien. Des Müllers Lohn war ein Sack Mehl pro Mahlgang. Das reichte in Jahren des Überflusses zum Leben. Bei Missernten zog er lieber weiter, dorthin, wo es mehr Korn zum Mahlen gab. Vielleicht hat das Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust.“ hierin seinen Ursprung.
Die Familie Heeg trägt mit dem Erhalt der beiden historischen Mühlen dazu bei, „das Leben der Vorfahren zu erhalten und in die Zukunft zu tragen“, wie es Franz Heeg formuliert. Bleibt zu hoffen, dass es bald wieder einen Mühlentag gibt, zu dem auch für die Besucher Mehl gemahlen wird. Wir bedanken uns mit einer Spende für den Erhalt der Mühlen und hoffen, dass die Mühlräder sich noch lange drehen.
Die Familie Heeg trägt mit dem Erhalt der beiden historischen Mühlen dazu bei, „das Leben der Vorfahren zu erhalten und in die Zukunft zu tragen“, wie es Franz Heeg formuliert. Bleibt zu hoffen, dass es bald wieder einen Mühlentag gibt, zu dem auch für die Besucher Mehl gemahlen wird. Wir bedanken uns mit einer Spende für den Erhalt der Mühlen und hoffen, dass die Mühlräder sich noch lange drehen.
Und hier noch die Route