Goethe war auch schon da
- eine Woche entlang der Saale
Mai 2011
Im Süden ist der Himmel noch
wolkengrau, doch im Osten lacht die Sonne aus einem Wolkenloch und je
mehr sie lacht, desto größer wird das Wolkenloch. Über der
Ronneburg steigt ein Heißluftballon im leichten Dunst hoch, ein
zweiter folgt, weiß und silbergrau, der Windsack an der
Autobahnbrücke zeigt keinerlei Regung, nur die Windräder hoch auf
dem Hügel drehen sich im leichten Rhythmus, bestes Wetter für eine
Ballonfahrt. Vom gestrigen Wolkenbruch ist der Boden noch feucht und
mit der Wärme der ersten Sonnenstrahlen stiegt die Nässe als Nebel
hoch, legt sich wie eine dünne Decke über die Wiesen und Täler, um
sich alsbald wieder aufzulösen. Es verspricht ein schöner Tag zu
werden. Je weiter nördlich ich komme, desto blauer wird der Himmel.
Viele Autos begegnen mir mit aufgeschnallten Fahrrädern.
„Fahr lieber mit der Bundesbahn“, nach diesem Motto steige ich in Halle in den Zug nach Rudolstadt ein. Eigentlich wollte ich die Fahrkarte schon am Vortag übers Internet buchen, aber dort bekam ich dann die freundliche Abweisung, dass dies wegen der Fahrradmitnahme nicht möglich sei. Nette Leute, die vom Internet, aber sie verwiesen mich an den Fahrkartenschalter der Deutschen Bahn. Also stelle ich mich dort an, nein, so einfach geht das nicht. Zuerst muss ich ein Ticket ziehen. Gerade wird Nr. 330 aufgerufen, ich habe die Nummer 341. Es ist Punkt 12:00, um 12:22 Uhr fährt der Zug, genügend Zeit, denke ich. Um 12:15 Uhr bin ich dann endlich dran. Stolz sage ich mein auswendig gelerntes Sprüchlein auf: „2 Klasse nach Rudolstadt bitte,. Mit Fahrrad, BahnCard 50 und 62 Jahre.“ Leider gibt das nur die Note 3, denn ich habe vergessen, die Bahnkomfortpunkte mit zu benennen. Mit schrägem Blick auf die Uhr, deren Zeiger stetig auf die 22 zuwandert, verzichte auf die Bahnkomfortpunkte, bezahle meine 10,90 Euro und nehme noch die Info mit: „Bahnsteig 9, heute pünktlich, in Naumburg auf dem gleichen Bahnsteig umsteigen, das Fahrrad ist frei.“ Letzteres freut mich, will ich jetzt aber mit einem weiteren Blick auf die Uhr nicht hinterfragen, da war das Internet wohl nur schlecht informiert. Der Fahrstuhl bringt mich auf den Bahnsteig 9 hoch, er ist leer und schon kommt die Durchsage „Der Zug nach Eisenach fährt heute ab Gleis 7.“ Nun ja, noch zwei Minuten, also Fahrrad unter den Arm gepackt (mit 2 Gepäcktaschen und 20 kg Inhalt) und wieder die Treppe runter, geht schneller. Der Fahrstuhl zum Bahnsteig 7 streikt heute, also Fahrrad unter den Arm geklemmt und Treppe hoch, langsam wird es eng und mir warm. Da steht auch schon der Zug, Türen offen, aber wo ist das Fahrradabteil? Vorne oder hinten? Vorne steht der Schaffner und beobachtet mich; ich entscheide mich für ihn. Und ich hatte recht, denn kurz bevor ich ihn erreiche, gibt er mir durch Zeichen zu verstehen, dass das Fahrradabteil am hinteren Ende des Zuges ist. Ach wie liebe ich diese eindeutigen und klaren Informationen der Deutschen Bahn. Es wird mir langsam wärmer in meiner Zwiebelkleidung. Gerade als ich das Rad dann im Zug habe, ein netter Student hilft mir dabei, durch die enge Tür zu kommen, fährt er auch schon los „Fahre lieber mit der Deutschen Bahn.“
„Fahr lieber mit der Bundesbahn“, nach diesem Motto steige ich in Halle in den Zug nach Rudolstadt ein. Eigentlich wollte ich die Fahrkarte schon am Vortag übers Internet buchen, aber dort bekam ich dann die freundliche Abweisung, dass dies wegen der Fahrradmitnahme nicht möglich sei. Nette Leute, die vom Internet, aber sie verwiesen mich an den Fahrkartenschalter der Deutschen Bahn. Also stelle ich mich dort an, nein, so einfach geht das nicht. Zuerst muss ich ein Ticket ziehen. Gerade wird Nr. 330 aufgerufen, ich habe die Nummer 341. Es ist Punkt 12:00, um 12:22 Uhr fährt der Zug, genügend Zeit, denke ich. Um 12:15 Uhr bin ich dann endlich dran. Stolz sage ich mein auswendig gelerntes Sprüchlein auf: „2 Klasse nach Rudolstadt bitte,. Mit Fahrrad, BahnCard 50 und 62 Jahre.“ Leider gibt das nur die Note 3, denn ich habe vergessen, die Bahnkomfortpunkte mit zu benennen. Mit schrägem Blick auf die Uhr, deren Zeiger stetig auf die 22 zuwandert, verzichte auf die Bahnkomfortpunkte, bezahle meine 10,90 Euro und nehme noch die Info mit: „Bahnsteig 9, heute pünktlich, in Naumburg auf dem gleichen Bahnsteig umsteigen, das Fahrrad ist frei.“ Letzteres freut mich, will ich jetzt aber mit einem weiteren Blick auf die Uhr nicht hinterfragen, da war das Internet wohl nur schlecht informiert. Der Fahrstuhl bringt mich auf den Bahnsteig 9 hoch, er ist leer und schon kommt die Durchsage „Der Zug nach Eisenach fährt heute ab Gleis 7.“ Nun ja, noch zwei Minuten, also Fahrrad unter den Arm gepackt (mit 2 Gepäcktaschen und 20 kg Inhalt) und wieder die Treppe runter, geht schneller. Der Fahrstuhl zum Bahnsteig 7 streikt heute, also Fahrrad unter den Arm geklemmt und Treppe hoch, langsam wird es eng und mir warm. Da steht auch schon der Zug, Türen offen, aber wo ist das Fahrradabteil? Vorne oder hinten? Vorne steht der Schaffner und beobachtet mich; ich entscheide mich für ihn. Und ich hatte recht, denn kurz bevor ich ihn erreiche, gibt er mir durch Zeichen zu verstehen, dass das Fahrradabteil am hinteren Ende des Zuges ist. Ach wie liebe ich diese eindeutigen und klaren Informationen der Deutschen Bahn. Es wird mir langsam wärmer in meiner Zwiebelkleidung. Gerade als ich das Rad dann im Zug habe, ein netter Student hilft mir dabei, durch die enge Tür zu kommen, fährt er auch schon los „Fahre lieber mit der Deutschen Bahn.“
Rudolstadt ist eine der vielen kleinen
Perlen im Saaletal, Der Zug fährt genau die Strecke lang, die wir ab
morgen früh entlang radeln wollen und es ist eine schöne Strecke,
das sehe ich jetzt schon. Nach 2 Stunden hat er sein Ziel erreicht.
Jürgen und Brigitte kommen wenige Minuten später an und so stürzen
wir uns erst mal, welch angenehme Überraschung, ins Altstadtfest,
das an diesem Wochenende stattfindet. Solche Feste bringen Leben in
ansonsten verschlafene Städte und erwecken sie zu frischer Energie.
Hier lernen wir auch Popeye kennen. Ich nenne ihn einfach mal so, ein
Rudolstädter Original, das mich am Ende des Tages, als er mit seiner
Pfeife auf einer Bank sitzt und seiner ausgeprägten Physiognomie
mich spontan an Popeye erinnert. Im Kampfanzug der Bundeswehr mit der
Klampfe auf dem Rücken steht er vor Jürgen, als dieser mich gerade
über den Tisch hinweg in der Eisdiele begrüßt. Er schüttelt ihm
die Hand und spricht mit ihm wie mit einem alten Bekannten aus der
Kaserne. Als Jürgen ihm bedeutet, dass er mit mir allein sein wolle
und mich fragt, ob ich einen Cappuccino wünsche, fühlt er sich
eingeladen und will sich gleich dazu setzen. Wir dürfen dann doch
alleine bleiben und begegnen ihm an diesem Abend noch häufiger, die
Klampfe immer noch auf dem Rücken.
Unser Hotel liegt etwas außerhalb in Mörla. Die Blechkuchenverkäuferin an der Eisdiele hat mir den Weg genau beschrieben, an der Galeria vorbei, die Post links liegen lassend einfach der Beschilderung zu dem 1,1 km entfernt liegenden Biergarten folgen. Die Beschilderung ist gut aber leider nicht rundum informativ. Einer Ellipse gleich beginnt der Weg am Fuß dieser mathematischen Form, es folgt ein ein gemächlich Anstieg, der dem Lauf der Ellipse folgend immer steiler wird. Von 10 % Steigung ist nirgends ein Schild zu sehen und der starke Gegenwind zwingt mich dann doch zum Abstieg, bevor es mich rückwärts den Berg wieder runter treibt. Dafür finden sich schön gestaltete deutsche Vorgärten und Terrassen, auf denen die Bewohner den herrlichen Blick über das nun tief im Tal liegende Rudolstadt genießen können. Die letzten 200 Meer schiebe ich das Rad und freue mich auf die Dusche. Heute sind es nur 8,4 km, die ich geradelt bin, aber die sind genauso schweißtreibend wie 84 km auf flacher Strecke.
Unser Hotel liegt etwas außerhalb in Mörla. Die Blechkuchenverkäuferin an der Eisdiele hat mir den Weg genau beschrieben, an der Galeria vorbei, die Post links liegen lassend einfach der Beschilderung zu dem 1,1 km entfernt liegenden Biergarten folgen. Die Beschilderung ist gut aber leider nicht rundum informativ. Einer Ellipse gleich beginnt der Weg am Fuß dieser mathematischen Form, es folgt ein ein gemächlich Anstieg, der dem Lauf der Ellipse folgend immer steiler wird. Von 10 % Steigung ist nirgends ein Schild zu sehen und der starke Gegenwind zwingt mich dann doch zum Abstieg, bevor es mich rückwärts den Berg wieder runter treibt. Dafür finden sich schön gestaltete deutsche Vorgärten und Terrassen, auf denen die Bewohner den herrlichen Blick über das nun tief im Tal liegende Rudolstadt genießen können. Die letzten 200 Meer schiebe ich das Rad und freue mich auf die Dusche. Heute sind es nur 8,4 km, die ich geradelt bin, aber die sind genauso schweißtreibend wie 84 km auf flacher Strecke.
Die Sonne beleuchtet die Feststände rund um den Marktplatz und drüber thront die Heidecksburg. Schöne alte Fassaden zieren die Häuser, und vieles wird immer noch liebevoll im alten Stil renoviert. Der Betonboom des goldenen Wirtschaftsaufschwungs der 60er Jahre im Westen durfte sich hier zum Glück nicht austoben und hat das idyllische Stadtbild vor dem Aussterben bewahrt. Heiraten ist auch modern und so zieht eine Gruppe gutgelaunter junger Frauen zum Abschied vom Junggesellinnenleben mit der Braut über das Altstadtfest, natürlich bekomt die Braut auch ein paar Cent für die Brautschuhe.
„,,,mein Geschöpf musst du seyn, deine Blüte muss in den Frühling meiner Liebe fallen.“ Solch anmutige Worte widmete er einst seiner großen Liebe, doch sie stammen nicht aus der Feder Goethes. Weimar mag zwar als Goethestadt weltweit berühmt sein, doch wer kennt schon Rudolstadt? Denn Goethe war auch - wo war er nicht - in Rudolstadt Die Heidecksburg hoch über der Stadt ist nicht nur ein barocken es Kleinod sondern ist auch die erste Begegnungsstätte der beiden großen Dichter und zu Füßen dieser Burg findet Schiller seine liebreizende Charlotte, der er diese Worte widmet und so nutzt er jede Gelegenheit, um sie fortan immer wieder zu besuchen, Seine Liebesbemühungen enden schließlich glücklich in der Ehe. So wie Weimar die Goethestadt ist, so ist Rudolstadt die Schillerstadt, in der es selbstverständlich in der Schillerstraße das Schillerhaus gibt und man sagt, dass er hier auch die Inspiration zum Lied von der Glocke erhalten habe. Nur Schillerlocken,die tragen die Rudolstädter auch heute immer noch nicht am Kopf sondern in der Einkaufstüte nach hause. |
die Weißenburg
Angenehme 14 Grad zeig und der Uhrzeiger das riesige Thermometer vor der Fahrradgarage des Hotel Hodes und der Uhrzeiger springt auf 8:45 Uhr, als wir mit einer Schussfahrt bergab die Tagesroute nach Jena beginnen. Eine Herde von Schäfchenwolken zieht über den Himmel, die Vögel zwitschern um die Wette, es riecht angenehm frisch, kurzum; es ist ein wunderschöner Tag zum Fahrradfahren. Wir sind wohl die ersten Radler an diesem Morgen und fröhlich begrüßen wir die Frühaufsteher, die uns auf dem kurzen Weg durch Rudolstadt begegnen. Bei so manchem kommt ein brummiges Sächsisch zurück, na ja, sind wohl die letzten Zecher vom Altstadtfest auf dem Weg ins heimische Bett. Wenn wir die kleinen Dörfer passieren, bei denen bisweilen die Teerdecke der Landstraße am Ortsschild endet, riecht es auch mal bäuerlich ländlich. Bei Catharinau an der Flösserbrücke finden wir nun auch die Ausschilderung zum Saaleradweg, der uns entlang des Flußufers bis Halle führen soll. Entlang geht es an Getreidefeldern, die gesäumt sind von knalligrotem Mohn, leuchtendblauen Kornblumen, gelbem Raps und blütenweißen Margeriten, ein Strauß bunter Feldblumen, den uns die Natur heute schenkt. Ein schwarzer Kater verschwindet nach durchliebter Nacht im Kornfeld.
„Entlang einer wenig befahrenen Landstraße“ und als „familienfreundlich“, so beschreibt der Tourenführer diese Tagesstrecke. Letzteres können wir bestätigen. Die jungen Eltern allerdings, die dürfen ihre Fähigkeit zur liebevollen Kommunikation beweisen, derweil sie ihre quengelnden Sprösslinge erneut zur Weiterfahrt auf dem nächsten steilen Anstieg ermutigen, während sie selbst innerlich dem Schreiber des Radtourenführers 100 Jahre im Höllenfeuer wünschen. Burg Weißen, die wir eben noch vom Ufer der Saale fernliegend auf einem Bergsporn, bietet uns mit herrlichem Blick ins Saaletal die erste Rast. Die Burgkneipe öffnet leider erst n einer Stunde, aber unsere Äpfel munden uns auch ohne Kaffee und wir taufen den Radweg feierlich in „Saalehöhenradundwanderweg“
„Entlang einer wenig befahrenen Landstraße“ und als „familienfreundlich“, so beschreibt der Tourenführer diese Tagesstrecke. Letzteres können wir bestätigen. Die jungen Eltern allerdings, die dürfen ihre Fähigkeit zur liebevollen Kommunikation beweisen, derweil sie ihre quengelnden Sprösslinge erneut zur Weiterfahrt auf dem nächsten steilen Anstieg ermutigen, während sie selbst innerlich dem Schreiber des Radtourenführers 100 Jahre im Höllenfeuer wünschen. Burg Weißen, die wir eben noch vom Ufer der Saale fernliegend auf einem Bergsporn, bietet uns mit herrlichem Blick ins Saaletal die erste Rast. Die Burgkneipe öffnet leider erst n einer Stunde, aber unsere Äpfel munden uns auch ohne Kaffee und wir taufen den Radweg feierlich in „Saalehöhenradundwanderweg“
Niederkössen ist eine der vielen
kleinen Ortschaften, die wir nun passieren. Wir fragen uns oft, wo
die Menschen ihre Lebensmittel kaufen, denn Geschäfte haben wir
selten gesehen. Der Wortteil sagt dem Wanderer, dass es auch ein
Oben gibt . Der Weg nach oben hat es in sich. Ehrlich kündigt ein
Schild dem Radwanderer 10 Prozent Steigung auf 350 Meter an. Beim
Schieben hilft mir auch nicht der Rückenwind, der uns hurtig über
die flachen Strecken schiebt, hier am Berg werden die Arme schwer und
die Beine immer länger. Sehnlichst wünsche ich mir nun ein E-Bike
herbei, das mich mühelos hoch trägt, auch ein Shuttledienst bergauf
käme uns allen dreien nicht ungelegen, denn nun schiebt auch
Brigitte, die sonst mühelos jede Steigung meistert, ihr Rad. Auf dem
zurückliegenden Wegstück haben wir häufig wunderschöne Ruhebänke
gesehen, nur nun sind sie plötzlich verschwunden im Nirwana, dabei
lädt doch oben auf der Höhe ein weiter Panoramablick zum Verweilen
ein.
Mal verläuft der Radweg rechts der Saale, mal auf der linken Seite. In Kahla wollen wir unseren Kaffee trinken. Ein kleiner Platz im Stadtzentrum, die meisten Bürgerhäuser auch hier renoviert, aber auffallend viele Gebäude auch, die leer stehen und im maroden Charme des Glanzes früherer Porzellanmanufaktur in dieser Kleinstadt auf ihre Renovierung warten. |
Der heftige Wind, der über den Marktplatz weht, lässt uns unseren
Kaffeegenuss verschieben. Der Baustil erinnert stark an das nicht
allzuweit entfernte Franken. Was mich besonders fasziniert sind die
Namen der Geschäfte und Inhaber, die in Stein hervorgehoben oder
auch in altem Deutsch gemalt an der Hausfassade prangen, ein Stil,
den ich noch aus den 50er Jahren kenne, bevor der Fortschrittsglaube
aus alten Fassaden neue stillose Glas- und Betonzonen machte. Und
daneben finden sich auch viele hölzerne Schaufensterfassaden, so wie
ich sie aus Südfrankreich kenne. Bleibt zu hoffen, dass dieser Stil
hier bewahrt und damit die kleinen Städtchen ihren Charakter
behalten, der sie eigentlich so liebenswert macht, auch wenn in
dieser Region heute wohl die Zahl der Ein-Euro-Jobs weit über dem
Bundesdurchschnitt liegt.
|
Bei der Ausfahrt aus Kahla folgen wir gutgläubig einer Radwegbeschilderung, ein grünes Fahrrad mit einem Pfeil, der Richtung Norden zeigt, unsere Richtung. Als der Weg entlang der Saale dann eng und enger wird, schwant uns, dass es vielleicht doch nicht der offizielle Saaletalradweg ist. Abenteuerlich schön führt er entlang der Saale, die nun eingeengt wird von den dem gelben Kalkstein, durch den sich die Saale ihren Weg gebahnt hat. Auch die Eisenbahnstrecke gen Süden zwängt sich noch zwischen Berg und Radweg, aber uns bleibt keine Wahl, selbst ein Umdrehen ist nicht möglich, so schmal der Pfad. In Schöps dann endlich wieder das offizielle Schild, hier kehren wir ein zu einer Soljanka. Ein Hinweis unter dem Kneipenschild sagt uns, dass wir hier in der Kneipe auch den Bürgermeister treffen können, so sieht also Stammtischpolitik aus. Ehrlich sind sie ja, die Thüringer.
Mehr als 7 km zieht sich die Saale durch Jena. Am Ortseingang begrüßt uns Jenoptik mit seiner langen Reihe von Fabrikgebäuden. Ein herrlich duftender Baum bietet uns Schatten, in seinem Schutz atmen wir tief das Aroma ein und rätseln,wie der Baum wohl heißt. Mal führt der Weg rechts der Saale, mal links, solange es durch den Park geht, ist der Weg gut ausgeschildert. Endlich wieder ein Biergarten. . |
Die „Grüne Tanne“ liegt am Ortsausgang von Jena. Auch hier war Goethe schon, wie uns ein großes Schild an der Fassade lehrt und im Jahr 1815 ersäuften de Jenaer Studenten in diesem Traditionslokal ihre Enttäuschung über die mangelnde demokratische Entwicklung Deutschlands in Bier. Ich bestelle mir einen Apfelkuchen zum Latte Macciato. Das Kinderstück, das mir serviert wird und das nach langen und ausgiebigen Diskussionen mit dem Wirt auch nicht zu einem Männerstück wird, soll wohl heute noch die Enttäuschung der Studenten aus dem Jahr 1815 widerspiegeln.
Die Weiterfahrt n der Kaffeepause beschert uns ausgiebige Einblicke in die thüringische Schrebergartenkultur. Jede Familie scheint mindestens über zwei solcher Schrebergärten zu
Die Weiterfahrt n der Kaffeepause beschert uns ausgiebige Einblicke in die thüringische Schrebergartenkultur. Jede Familie scheint mindestens über zwei solcher Schrebergärten zu
verfügen, derart lang ist die Reihe
der Gärten entlang der Saale. Der erste Versuch, den Weg nach Norden
zu finden, führt uns links der Saale, bis wir in einer Sackgasse
umkehren. Der zweite Versuch rechtssaalisch führt erst über eine
schön geteerte Strecke, die urplötzlich an einem Maisfeld endet.
Eine ausgefahrene Fahrradspur zwischen der langen Reihe der jungen
Maispflänzchen zeigt uns, dass wir nicht die ersten sind, die
kopfschüttelnd hier vor dem Nichts stehen. Was tun? Aufgeben? Wir
doch nicht! Also folgen wir der Einladung durchs Maisfeld und stehen
nach 500 Meter wieder dumm da. Ein ganz schmaler Pfad führt nur noch
durch die Brennnesseln, Augen zu und durch. Der Einladung durchs
zweite Maisfeld folgen wir nicht mehr, ein ausgewaschener Feldweg
führt nun zurück und – oh Wunder – tatsächlich auf den
offiziellen Saaleradweg. Wenn ich zuhause bin, werde ich einen
Kursus für Radwegeplaner anbieten: „Die radlerfreundliche
Ausschilderung eines Fernradweges“, dazu gehört dann ein
Selbsterfahrungskurs für die Teilnehmer, hier in Jena natürlich.
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Es ist absolut friedlich hier unter der
gewaltigen Linde im Biergarten des Fischhaus am Ufer der Saale kurz
vor Naumburg und ein kühlender Wind lässt die Mittagshitze
vergessen. Nur ein Kuckuck ruft in der Ferne. Gegen 9:00 Uhr hatten
wir uns von der Familie Graf verabschiedet, in deren Abspanne wir
übernachtet hatten. Nicht nur der ADFC, sondern auch ein älteres
Ehepaar hatte uns diese Pension in Dorndorf empfohlen und wir können
diese Empfehlung nur weiterreichen. Der Begriff Abspanne kommt von
altersher, als an diesem Gebäude die Pferde der Handelfuhrwerke
abgespannt wurden, heute spannen die Radwanderer ihrer Drahtrösser
ab und abspannen kann man in dieser Idylle sowieso. Dorndorf liegt
direkt an der Saale, über die sich 50 Meter hoch eine weiße Wand
aus Muschelkalkfelsen erhebt. Und wie die Spitzen einer königlichen
Krone, so reihen sich drei Schlösser nebeneinander auf diesem
Felsen. Nach der erfrischenden Dusche ersteigen wir natürlich diesen
Felsen, nehmen ein kräftiges Abendessen ein, das wir uns tagsüber
erradelt haben und folgen dem Rundweg im Abendlicht. Prächtige Rosen
in vielerlei Farben und Größen säumen den Weg, im Juni wird hier
das traditionelle Rosenfest stattfinden. Ich erbarme mich eines
Studentenpärchens, das im abnehmenden Licht mit einer kleiner
Kompaktkamera Fotos von sich machen will, Jürgen gibt Anweisungen,
wie sie sich stellen sollen und ich fotografiere sie dann vor der
Kulisse des Weinberges mit einem Rosenspalier und dem
Renaissanceschloß im Hintergrund. Nach meiner Rückkehr werden sie
sich sicher über die schönen Fotos freuen. Der Weg abwärts über
eine steile Treppe ist nicht mehr so mühsam wie der Weg nach oben,
das haben wir uns nach dem langen Tag auch verdient. Ach ja, bevor
ich es vergesse: Goethe war auch hier.
Nach dem Start führt uns der Weg erst mal über die Carl-Alexander-Brücke, eine mehr als hundert Jahre Eisenbrücke, um deren Erhalt sich ein Verein kümmert. Schon bald heißt es wieder schieben, eine 15 prozentige schweißtreibende Steigung lässt den Duft der morgendliche Dusche schnell verfliegen, der Saalehöhenweg macht seinem Namen wieder alle Ehre. Über etliche Kilometer begleitet uns der honigsüße Duft der blühenden Robinien.
Unsere erste Rast machen wir heute in Camburg. Ein Burgfräulein öffnet mir gegen einen Euro Obulus die Tür zum Burgturm, auch er soll in meine Sammlung der erstiegenen Türme kommen. Gut restauriert ist er und eine vertrauenserweckende Treppe führt nach oben. An den kahlen Wänden stehen diejenigen, die sich um den Obulus drücken wollten im Adamsanzug und Evakostüm, die früheren Burgherren wollten wohl genau wissen, ob man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann. Lächelnd grüßend steige ich an ihnen vorbei und werde mit einem herrlichen Rundumblick belohnt. Die Stadt betreibt diese Anlage, im Inneren der Burg stehen Festräumlichkeiten mit Küche zur Verfügung, das Standesamt ist im Nachbarzimmer und drüber gibt es Schlafgelegenheiten. Ich frage Jürgen und Brigitte, ob sie hier nicht ihre Goldene Hochzeit feiern wollen, Platz wäre je genug da.
Liebhaber historischen Kopfsteinpflasters kommen hier auf ihre Kosten, den Felgen tun sie nicht unbedingt die besten Dienste. Bald werden sich Ilm und Unstrut mit der Saale vermählen, dieser Abschnitt zählt sicher zu den landschaftlich reizvollsten des Mittellaufs der Saale. Rechts und links der Saale säumen die Weinberge von Saale Unstrut nun die Strecke. Leckere Tröpfchen reifen hier im nördlichsten Weinbaugebiet Europas. In Bad Kösen verzichten wir aus aktuellem Anlass auf den Biergarten der Gaststätte „Zur Grünen Gurke“.
(das erste Bild der folgenden Serie anklicken und es startet als Diashow)
.
Unsere erste Rast machen wir heute in Camburg. Ein Burgfräulein öffnet mir gegen einen Euro Obulus die Tür zum Burgturm, auch er soll in meine Sammlung der erstiegenen Türme kommen. Gut restauriert ist er und eine vertrauenserweckende Treppe führt nach oben. An den kahlen Wänden stehen diejenigen, die sich um den Obulus drücken wollten im Adamsanzug und Evakostüm, die früheren Burgherren wollten wohl genau wissen, ob man einem nackten Mann nicht in die Tasche greifen kann. Lächelnd grüßend steige ich an ihnen vorbei und werde mit einem herrlichen Rundumblick belohnt. Die Stadt betreibt diese Anlage, im Inneren der Burg stehen Festräumlichkeiten mit Küche zur Verfügung, das Standesamt ist im Nachbarzimmer und drüber gibt es Schlafgelegenheiten. Ich frage Jürgen und Brigitte, ob sie hier nicht ihre Goldene Hochzeit feiern wollen, Platz wäre je genug da.
Liebhaber historischen Kopfsteinpflasters kommen hier auf ihre Kosten, den Felgen tun sie nicht unbedingt die besten Dienste. Bald werden sich Ilm und Unstrut mit der Saale vermählen, dieser Abschnitt zählt sicher zu den landschaftlich reizvollsten des Mittellaufs der Saale. Rechts und links der Saale säumen die Weinberge von Saale Unstrut nun die Strecke. Leckere Tröpfchen reifen hier im nördlichsten Weinbaugebiet Europas. In Bad Kösen verzichten wir aus aktuellem Anlass auf den Biergarten der Gaststätte „Zur Grünen Gurke“.
(das erste Bild der folgenden Serie anklicken und es startet als Diashow)
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Ich sitze vor der Fassade des Naumburger
Domes. Vor mir eine Eisschokolade, Arbeiter
demontieren gerade das Gerüst, das der Konservierung der
Dreikönigsgruppe diente. Ein buntes Blumenbeet steht im Kontrast zu
dem Grauschwarz des altehrwürdigen Domes, den man aus jedem
Kreuzworträtsel kennt. Und wenn ich genau hinschaue, spazieren auch
gerade Kuschel und Stups durchs Blumenbeet, stecken ihre Nasen in die
Blüten und genießen den herrlichen Tag. Kühl ist es im Inneren des
Naumburger Domes, ich besuche die Uta. Größe und Ausstattung des
Doms geben Zeugnis von der Bedeutung dieser Stadt im Mittelalter und
noch mehr im Feudalismus, eine Bedeutung, die sich leider nicht bis
heute fortgesetzt hat. Von Goethe liest man hier nichts, nicht dass
er nicht da gewesen wäre, aber er war ja überall und die Stadt
Naumburg hat einen anderen Sohn zu präsentieren, mit dem sie ein
Alleinstellungsmerkmal haben: Friedrich Nietzsche und natürlich gibt
es dazu auch das Nietzschehaus, das wir aber angesichts der Hitze des
Nachmittags nicht auch noch besuchten. Kleinstädtisch beschaulich
spult sich das Leben fernab der großen Verkehrswege ab. Aber selbst
wenn die ganz großen Touristenströme wie im nahegelegenen Weimar
ausbleiben, spült der Tourismus doch ausreichend Geld in die Kassen,
um diese Perle an der Saale blankpoliert zu präsentieren.
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Ganz anders dagegen Weißenfels, die
einstige Residenzstadt der Herzöge zu Sachsen-Weißenfels.
Auch eine Perle, aber bislang noch nicht blank geputzt. Vom Saaleufer aus thront das Schloss über der Stadt, im Abendlicht leuchtet die blütenweiße Fassade in warmem Rosa. Unser Abendspaziergang führt uns hoch zum Schloss Augustusburg und präsentiert den Schock eines potemkinschen Dorfes. Der der Saale abgewandte Flügel ist nicht renoviert und so kann man gut das vorher/nachher studieren. Wir lesen, dass an der Orgel der Schlosskirche das Talent des jungen Händel erkannt wurde. Der Rückweg in die Innenstadt führt vorbei an vielen schönen alten Gebäuden, bei denen die Wende noch nicht angekommen ist. Früher war Weißenfels ein Zentrum der Schuhindustrie, von dem nur noch das Schuhmuseum übrig geblieben ist. Mehr als 5000 Arbeitsplätze, die 1990 im Nichts verschwanden.Alternativen? Fehlanzeige. Und so ist das beste Geschäft mit dem Verkauf von Spanplatten zu machen, mit denen die Fenster und Türen im Erdgeschoss der Leerstände zugenagelt werden. Selbst in der Jüdenstrasse, die heute Boulevard genannt wird, ist so manches Haus mit einer vorgesetzten Fassade versehen, um das Bild einer schicken Einkaufsmeile nicht zu stören. Der Gang durch die Stadt wirkt deprimierend. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und die erhaltene Altbausubstanz gibt Anlass zur Hoffnung dass in einem Dutzend Jahren vielleicht doch diese Perlen entlang der Saale blankpoliert sein werden. Für die vermarktungsgerechte Entwicklung des Saaleradweges geben wir gerne Ratschläge, gute Ansätze sind ja hier in Weißenfels schon gemacht, wie die Fahrradgarage mit Gepäckunterbringung am Saaleufer, bestens geeignet für Durchreisende, um mal in Ruhe durch die Stadt schlendern zu können.
Auch eine Perle, aber bislang noch nicht blank geputzt. Vom Saaleufer aus thront das Schloss über der Stadt, im Abendlicht leuchtet die blütenweiße Fassade in warmem Rosa. Unser Abendspaziergang führt uns hoch zum Schloss Augustusburg und präsentiert den Schock eines potemkinschen Dorfes. Der der Saale abgewandte Flügel ist nicht renoviert und so kann man gut das vorher/nachher studieren. Wir lesen, dass an der Orgel der Schlosskirche das Talent des jungen Händel erkannt wurde. Der Rückweg in die Innenstadt führt vorbei an vielen schönen alten Gebäuden, bei denen die Wende noch nicht angekommen ist. Früher war Weißenfels ein Zentrum der Schuhindustrie, von dem nur noch das Schuhmuseum übrig geblieben ist. Mehr als 5000 Arbeitsplätze, die 1990 im Nichts verschwanden.Alternativen? Fehlanzeige. Und so ist das beste Geschäft mit dem Verkauf von Spanplatten zu machen, mit denen die Fenster und Türen im Erdgeschoss der Leerstände zugenagelt werden. Selbst in der Jüdenstrasse, die heute Boulevard genannt wird, ist so manches Haus mit einer vorgesetzten Fassade versehen, um das Bild einer schicken Einkaufsmeile nicht zu stören. Der Gang durch die Stadt wirkt deprimierend. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und die erhaltene Altbausubstanz gibt Anlass zur Hoffnung dass in einem Dutzend Jahren vielleicht doch diese Perlen entlang der Saale blankpoliert sein werden. Für die vermarktungsgerechte Entwicklung des Saaleradweges geben wir gerne Ratschläge, gute Ansätze sind ja hier in Weißenfels schon gemacht, wie die Fahrradgarage mit Gepäckunterbringung am Saaleufer, bestens geeignet für Durchreisende, um mal in Ruhe durch die Stadt schlendern zu können.
Der Wetterbericht im
Frühstücksfernsehen kündet heftiges Unwetter mit einem Wettersturz
an. Ich werde alleine weiter radeln, da Jürgen und Brigitte nach
hause müssen. Schade, wir sind ein gutes Team. Das schlechte Wetter
kommt vom Westen, ich radele im Osten, Zeit genug, um heute noch
gemütlich Halle zu erreichen. Sommerlich gekleidet starte ich in den
neuen Tag. Gemächlich fließt die Saale, führt mich durch
idyllische Weindörfer und eine breite Auenlandschaft, in der der
Mohn immer wieder rote Ausrufezeichen in das kräftige Grün setzt.
Der in dem Radführer so schön
beschriebene Fährmann von Kleinkarbetha, auf den ich mich gefreut
habe, setzt schon lange nicht mehr über. Nun führt eine Brücke im
stählernen Schwung über den Fluss, wieder ist ein Stück Tradition
dem Fortschritt gewichen. Leuna und Buna liegen links der Saale, ich
sehe nur ein paar Schlote und Chemieanlagen in der Ferne, ansonsten
Natur pur.
Am Ortseingang von Bad Dürrenberg sprechen mich zwei ältere Damen an: „Woher ich denn komme“ und „Oh Gott, wieso kann man sich so etwas antun?“ Doch dann pflichten sie mir bei, dass man auch im Alter aktiv bleiben müsse, solange es geht Gern erklären sie mir geduldig, wo ich meinen morgendlichen Kakao trinken kann. Häufig waren wir in den letzten Tagen angesprochen worden Hilfe angeboten bei der Orientierung. Freundlich und offen sind die Menschen hier an der Saale.
Am Ortseingang von Bad Dürrenberg sprechen mich zwei ältere Damen an: „Woher ich denn komme“ und „Oh Gott, wieso kann man sich so etwas antun?“ Doch dann pflichten sie mir bei, dass man auch im Alter aktiv bleiben müsse, solange es geht Gern erklären sie mir geduldig, wo ich meinen morgendlichen Kakao trinken kann. Häufig waren wir in den letzten Tagen angesprochen worden Hilfe angeboten bei der Orientierung. Freundlich und offen sind die Menschen hier an der Saale.
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auch in alle Himmelsrichtungen schauen,
dem begeisterten Hallenser sei dank, denn nun sehe ich nicht nur den
tiefblauen Himmel im Osten, sondern auch die weiße Wolkendecke,
die sich von Nordwesten her anstrengt, sich unter den blauen Himmel
zu schieben, bevor aus dem Südosten die tiefschwarze Wand mit
gewaltigen Wolkenbergen das Regiment übernimmt und die vielen
Kleingartenbesitzer zu Freudentränen regt. Eine Pizzeria am
Wegesrand bietet mir Schutz an, ich nehme dankend an. Bei den ersten
dicken Regentropfen springe ich raus und tanze einen Freudentanz, das
hab ich mir zumindest vorgenommen, wenn ich schon keinen Walzer
tanzen durfte.
Ach ja, bleibt nur zu hoffen, dass auch mein Freund Goethe rechtzeitig vor dem Wolkenbruch die Stadt erreicht hat.
Hat dir der Reisebericht gefallen?
Hier geht es zum Gästebuch aber du kannst mir auch eine persönliche Nachricht schreiben:-)))
Und ein Dankeschön an Jürgen, dem ich auch ein paar Fotos verdanke, auf denen ich nicht nur hinter der Kamera stecke sondern auch mal davor.
Ach ja, bleibt nur zu hoffen, dass auch mein Freund Goethe rechtzeitig vor dem Wolkenbruch die Stadt erreicht hat.
Hat dir der Reisebericht gefallen?
Hier geht es zum Gästebuch aber du kannst mir auch eine persönliche Nachricht schreiben:-)))
Und ein Dankeschön an Jürgen, dem ich auch ein paar Fotos verdanke, auf denen ich nicht nur hinter der Kamera stecke sondern auch mal davor.
Frisch ist es an diesem Morgen, als ich früher als sonst mein Fahrrad rüste. Petrus hat einen tiefblauen Schirm über den Himmel gespannt und ich habe gleich den Weg in die Saaleauen gefunden. Brücken verbinden die zahlreichen Inseln,über die de Weg führt und ein Kuckuck ruft. Ich greife unwillkürlich an mein Portemonnaie, das habe ich von meiner Oma. Sie sagte immer: „Wenn der Kuckuck ruft und du sofort an deinen Geldbeutel greifst, hast du ein Jahr lang Geld.“ Ich bin ja nicht abergläubisch, aber schaden tut es nicht. Der erste Angler sitzt schon still am Ufer und hofft mal wieder auf den ganz großen Wels. Dies hier ist die grüne Lunge von Halle, deren Luft die Männer gestern am Vatertag einatmeten, fleißige Müllmänner räumen gerade die gläsernen und blechernen Hinterlassenschaften beiseite.
die Himmelsscheibe von Nebra
Dunkel ist es, an der Decke dreht sich langsam der nächtliche Sternenhimmel um die Plejaden und in der Mitte des Raumes, von der einzigen Lichtquelle angeleuchtet, die Himmelsscheibe von Nebra. Grün ist die Scheibe und golden die Elemente: Mond, Sonne, Sterne und der Horizont. 1999 wurde sie von Schatzgräbern gefunden und fand ihren Weg in das Landesmuseum für Vorgeschichte in Halle. An den ersten drei Tagen meiner Radtour habe ich in den Schlössern entlang der Saale die feudale Blütezeit dieser Region kennengelernt, die Himmelsscheibe ist Zeugnis einer ebensolchen Blüte vor 3500 bis 4000 Jahren. Salz und Metall waren damals die Grundlagen des Reichtums, im Museum wird diese Zeit an Hand verschiedener Ausgrabungsstätten und Exponaten nachvollzogen.
Viel könnte ich von Halle erzählen, das ich in diesem Jahr zum zweiten Mal besuche, vom Marktplatz mit dem Panorama der 5 Türme, dem Händel-Haus, der Neuen Residenz oder dem Stadtgottesacker, einem der schönsten Renaissance-Friedhöfen, doch ich habe auch etwas anderes kennengelernt, die Kehrseite der blühenden Landschaften: Meine Freunde führen mich heute über das Gelände der Meisterbräu, einer Traditionsbrauerei von Halle. Traurig der Anblick der Gebäude, viel ist abmontiert, aber die Büroräume sehen aus wie fluchtartig verlassen. Ein Kalender von 1996 hängt an der Wand, Aktenberge auf dem Boden, teilweise Personalunterlagen, die herum liegen, Rechnungen, Überweisungsformulare, Flaschen mit Chemikalien in anderen Räumen, alles Brauchbare ist verschwunden, nur zerbrochenes Mobiliar, Glasscherben. Man glaubt, dass Diebe über Nacht in den Räumen wie Vandalen gehaust haben, so sieht es aus, ein deprimierendes Gefühl macht sich breit. Die Meisterbrauerei ist nur eine der vielen Industriebetrieben hier in und um Halle, in denen es ähnlich aussieht, das einzige was in dieser Landschaft blüht, ist der Holunder.
Viel könnte ich von Halle erzählen, das ich in diesem Jahr zum zweiten Mal besuche, vom Marktplatz mit dem Panorama der 5 Türme, dem Händel-Haus, der Neuen Residenz oder dem Stadtgottesacker, einem der schönsten Renaissance-Friedhöfen, doch ich habe auch etwas anderes kennengelernt, die Kehrseite der blühenden Landschaften: Meine Freunde führen mich heute über das Gelände der Meisterbräu, einer Traditionsbrauerei von Halle. Traurig der Anblick der Gebäude, viel ist abmontiert, aber die Büroräume sehen aus wie fluchtartig verlassen. Ein Kalender von 1996 hängt an der Wand, Aktenberge auf dem Boden, teilweise Personalunterlagen, die herum liegen, Rechnungen, Überweisungsformulare, Flaschen mit Chemikalien in anderen Räumen, alles Brauchbare ist verschwunden, nur zerbrochenes Mobiliar, Glasscherben. Man glaubt, dass Diebe über Nacht in den Räumen wie Vandalen gehaust haben, so sieht es aus, ein deprimierendes Gefühl macht sich breit. Die Meisterbrauerei ist nur eine der vielen Industriebetrieben hier in und um Halle, in denen es ähnlich aussieht, das einzige was in dieser Landschaft blüht, ist der Holunder.
Stolz sind die Hallenser auf ihren Ochsenberg, das schließe ich aus der guten Ausschilderung, die auf den Saaleradweg bis auf die Höhe führt, damit ein jeder Radtourist diesen Panoramablick in Erinnerung behält. Ausgeruht schaffen meine Beine diesen Aufstieg und freuen sich über die abschließende Schussfahrt.
Bei Brachwitz überquere ich mit der Fähre die Saale und tauche ein in einen wahren Garten Eden. Die Hügel heißen zwar Brachwitzer Alpen, aber alpin ist die Landschaft nicht, sondern lieblich, mit sanften Hügeln, über die langgezogene Getreide- und Rapsfelder sich ziehen, umrandet von tiefblauen Kornblumen, knallrotem Klatschmohn und vereinzelten weißen Blüten und hin und wieder ein rotes oder blaues Blütenmeer mitten im Getreide. Eine solche wilde Blütenpracht habe ich schon Jahrzehnte nicht mehr gesehen, wenn es eine Augenweide gibt, dann ist es diese hier, die sich kilometerweit hin zieht. Noch nie habe ich solch mannshohe Rapspflanzen gesehen, und selbst der Mohn duckt sich nicht zwischen dem Getreide sondern steht bis zu einem Meter hoch. Und würden jetzt noch bunte Schmetterlinge umher flattern, dann wäre es nicht zum aushalten.
Bei Brachwitz überquere ich mit der Fähre die Saale und tauche ein in einen wahren Garten Eden. Die Hügel heißen zwar Brachwitzer Alpen, aber alpin ist die Landschaft nicht, sondern lieblich, mit sanften Hügeln, über die langgezogene Getreide- und Rapsfelder sich ziehen, umrandet von tiefblauen Kornblumen, knallrotem Klatschmohn und vereinzelten weißen Blüten und hin und wieder ein rotes oder blaues Blütenmeer mitten im Getreide. Eine solche wilde Blütenpracht habe ich schon Jahrzehnte nicht mehr gesehen, wenn es eine Augenweide gibt, dann ist es diese hier, die sich kilometerweit hin zieht. Noch nie habe ich solch mannshohe Rapspflanzen gesehen, und selbst der Mohn duckt sich nicht zwischen dem Getreide sondern steht bis zu einem Meter hoch. Und würden jetzt noch bunte Schmetterlinge umher flattern, dann wäre es nicht zum aushalten.
Rast am Dorfweiher von Döbritz. Große Seerosenblätter bieten den quakenden Fröschen Schutz, die gelben Blüten beginnen gerade sich zu öffnen, um der Sonne zu huldigen. Die Dorfstraße ist alt, schütteres Kopfsteinpflaster, das sich von Brachwitz bis hierher zieht, so alt, dass sicher schon Karl der Große, August der Starke, Napoleon und Goethe auf ihm den Ort passiert haben. Für die Radler ist außerorts ein geteerter Radweg neben der Straße gebaut worden, innerorts benutze ich wie alle anderen auch den Bürgersteig. Gestern zum Männertag (so nennt man hier ehrlicherweise den Vatertag) gab es eine lange Tafel mit Kaffee und Kuchen für die Dorfgäste, sagt mir eine alte Bäuerin, heute nicht mehr, ich bedauere es.
Der Saaleabschnitt, den ich heute radele, gehört mit Sicherheit gerade in diesen Wochen zu den Schönsten an der Saale und diese Schönheit wissen auch all die anderen Fernradler, denen ich heute in großer Zahl begegne, zu schätzen. Die Kirchturmuhr schlägt Punkt 12, als ich die Fähre von Rothenburg passiere. Auf den vergangenen 10 km nur kleine Gehöfte, alte Gemäuer mit moderner Solarenergieanlage, aber kein Rasthaus. Mein Blick fällt auf die Auslage eines Bäckers, der Quarkkugeln anbietet. Dazu einen Kakao, ein kuscheliger Platz für das Picknick findet sich schnell. |
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Rote Faßbrause in "Bauers Radscheune"
Rote Faßbrause in "Bauers Radscheune" Aber es folgt die Überraschung, denn ich habe die Rechnung ohne den Wirt, resp. den Bäcker gemacht. Punkt 12 werden die Straßen gekehrt, die Bürgersteige hochgeklappt und die Häuser verschlossen. Also ein tiefer Schluck aus der Wasserflasche und weiter geht die Fahrt auf dem neuen von der Europäischen Union geförderten und gut geteerten Radpiste. Alle naslang ruft ein Kuckuck, mein Geldbeutel schwillt schon deutlich an, was soll ich nur mit all dem Geld in diesem Jahr machen? Das Rad rollt schnell bis Könnern, hier steht die Georgsburg, eine Ausflugskneipe direkt am Radweg, gerettet.
Bei Alsleben überquere ich wieder die Saale, die Altstadtsilhouette wird seit kurzem ergänzt durch fleißige Windräder, die sich unablässig drehen. Gegenwind habe ich heute, aber er macht mir nicht zu schaffen. Es hätte mich schon gereizt, in „Bauers Radscheune“ im Heulager zu nächtigen, aber es ist erst früher Nachmittag und so begnüge ich mich mit einer Roten Faßbrause. Als Erläuterung für die Wessis: schmeckt wie Gummibärchen, sieht aus wie rote Götterspeisen und ist herrlich erfrischend, und was außer Wasser noch an Inhaltsstoffen drin ist, möchte ich gar nicht wissen.
(das erste Bild der nachfolgenden Serie anklicken und die Diashow mit einem Potpourri des Tages startet)
Bei Alsleben überquere ich wieder die Saale, die Altstadtsilhouette wird seit kurzem ergänzt durch fleißige Windräder, die sich unablässig drehen. Gegenwind habe ich heute, aber er macht mir nicht zu schaffen. Es hätte mich schon gereizt, in „Bauers Radscheune“ im Heulager zu nächtigen, aber es ist erst früher Nachmittag und so begnüge ich mich mit einer Roten Faßbrause. Als Erläuterung für die Wessis: schmeckt wie Gummibärchen, sieht aus wie rote Götterspeisen und ist herrlich erfrischend, und was außer Wasser noch an Inhaltsstoffen drin ist, möchte ich gar nicht wissen.
(das erste Bild der nachfolgenden Serie anklicken und die Diashow mit einem Potpourri des Tages startet)
Hinter Alsleben führt der Radweg in weitem Boden entlang eines Altarms der Saale. Schon von weitem grüßt Schloss Plötzken, das gelegen auf einem Felsvorsprung in der Mittagshitze immer näher rückt. Seine Blütezeit datiert im 17. Jahrhundert, als es das Zentrum eines der kleinsten Fürstentümer Deutschlands war. Mit dem Schloss im Rücken tauche ich ein in den Auwald und sauge die Kühle dieses ausgedehnten Waldes tief ich mich auf. An einem Rastplatz vervollständigt eine Schwanenfamilie mit Nachwuchs die Idylle.
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Bei Kilometer 67 erreiche ich heute Bernburg. Hoch über einer Felswand liegt die Burg, ich finde Unterkunft in der Pension Berlin direkt am Boulevard. Eine Dusche wäscht mir den Schweiß und Staub des Tages vom Körper. Apropos Boulevard: ich lerne, dass dies der moderne Name für die Fußgängerzone ist, zumindest hier entlang der Saale. Den Stadtvätern kann ich ein Lob aussprechen, denn sie haben mit dem Boulevard ein Schmuckstück geschaffen. Eine breite Lindenallee, gesäumt von dreistöckigen Geschäftshäusern, kaum Leerstände, man spürt, dass hier Leben pulsiert und es macht Spaß, den Boulevard auf und ab zu laufen. Der Abendspaziergang führt wie üblich zum Schloss. Heute ist nur die Rückseite zu sehen und das Foltermuseum entgeht mir wg. später Stunde, auf dem Rückweg passiere ich die Blumenuhr vor dem Rathaus, eine Rarität und sie spielt wie immer zur halben Stunde „An der Saale hellem Ufer“. Ich genehmige mir „Finanzamt mit Tagliatelle“ in der Pizzeria, ich kann mir zwar den Zusammenhang nicht erklären, aber sie sind schön scharf.
Die Wochenendausgabe der Mitteldeutschen Zeitung druckt auch eine lokale Wettervorhersage, 15 Grad Tageshöchsttemperatur, 40 Prozent Regenwahrscheinlichkeit, vor allem am Vormittag. Haben wir heute den 1. April? Ich prüfe das Datum und beschließe, die Vorhersage zu ignorieren. Hinter Bernburg ergießt sich die Saale in die Magdeburger Börde. Ab jetzt ist es nur noch platt, hier steht noch der Raps in gelber Blüte und die Ortschaften liegen immer weiter auseinander, die Felder werden immer größer. Hier beginnt der Teil der Republik, wo man morgens schon sehen kann, wer abends zu Besuch kommt. Wer hier wohnt, ist auf ein Auto angewiesen. Ein alter Bauer stellt 4 Plastikstühle, die er aus seiner Hofeinfahrt geholt hat, akkurat auf dem kleinen Platz nebeneinander. Er erzählt, dass das alte Konsumgebäude für wenig Geld an einen Privatmann verkauft worden ist, der es nun für teures Geld saniert. Punkt 10 kommt der Bäckerwagen, immerhin kann er da noch das Lebensnotwendige einkaufen. Um die Mittagszeit erreiche ich die Saalemündung bei Barby, Nichts Spektakuläres, ich halte mich nicht lange auf, überquere die Elbe auf der Gierseilfähre und |
radele weiter Richtung Magdeburg. Die Sonne steht hoch am Himmel und brennt; was sagte noch der Wetterbericht für Bernburg? Ich würde jetzt gerne etwas von den 40 Prozent Regenwahrscheinlichkeit ab haben, aber kein Wölkchen trübt das Blau des Himmels. Ich freue mich über jeden Biergarten, der nun an der Strecke liegt. Nach 75 Kilometer suche ich mir eine Unterkunft in Schönebeck. Hier war früher ein wichtiges Zentrum des Salzhandels, das über die Elbe in alle Welt verschickt wurde. Die ehemaligen Lagerhallen sind nun renoviert und in eine schicke Wohnlage am Elbufer umgewandelt.
das Steinzeithaus von Randau
Eine schöne Woche neigt sich dem Ende zu, 350 Kilometer im Sattel. Für mich zugleich Übung für weitere Radtouren. Die Kondition ist vorhanden, die Ausdauer auch. Was muss ich einpacken, um nicht zuviel Gepäck mitzuschleppen. Eine alte Radlerregel sagt: „Lege dir nur das Notwendigste bereit und nimm davon die Hälfte mit.“ Also habe ich das Notebook auf ein Netbook reduziert – genau die Hälfte.
Heute wird es heiß werden, sehr heiß. Um 8:00 Uhr morgens zeigt das Thermometer schon 22 Grad an. Schon einige Radler sind unterwegs, begegnen mir mit einem frischen „Guten Morgen“. Schon 10 km vor Magdeburg weisen die Zwillingstürme des Doms den Weg. Das Schloß von Radndau ist eines der wenigen auf meiner Strecke, das nicht renoviert ist, dafür ist das Steinzeithaus umso besser in Schuss. Ich kann nicht bezeugen, dass die Magdeburger in den zahlreichen Kleingärten Regentänze aufführten, aber die gegen Mittag aufziehenden Wolkenberge deuten doch stark darauf hin.
Heute wird es heiß werden, sehr heiß. Um 8:00 Uhr morgens zeigt das Thermometer schon 22 Grad an. Schon einige Radler sind unterwegs, begegnen mir mit einem frischen „Guten Morgen“. Schon 10 km vor Magdeburg weisen die Zwillingstürme des Doms den Weg. Das Schloß von Radndau ist eines der wenigen auf meiner Strecke, das nicht renoviert ist, dafür ist das Steinzeithaus umso besser in Schuss. Ich kann nicht bezeugen, dass die Magdeburger in den zahlreichen Kleingärten Regentänze aufführten, aber die gegen Mittag aufziehenden Wolkenberge deuten doch stark darauf hin.
Magdeburg erreiche ich am Vormittag. Eine Fotofreundin zeigt mir ihre Stadt. Eine besondere Attraktion ist die Grüne Zitadelle, das letzte Projekt von Hundertwasser, dessen Fertigstellung er nicht mehr erlebte. Rosa von außen, aber mit kühlen Innenhöfen und schattigen Sitzplätzen. In der vor Beton strotzenden Innenstadt ist das schon eine Ausnahme. Und während ich hier stehe, am Endpunkt meiner Radtour, und mir das Hundertwasserhaus anschaue, steigt in mir eine Gewissheit hoch und zaubert ein Lächeln auf meine Lippen: Hier war Goethe nicht gewesen.
Zum Abschluß dieser Tour ein dickes Dankeschön an Ralph und Ute, die mir so nett Unterkunft geboten haben, an Karla, die mich durch Magdeburg geführt hat und natürlich an Brigitte und Jürgen, die mich drei Tage begleitet haben.