EuroVelo 6
von Montchanin bis Dole durch das östliche Burgund
August 2013
Wie ein weißes Meer liegt der Nebel vor mir im Tal. Glutrot schält sich darüber die Sonne aus dem Bergrücken heraus und zeichnet die Kondenzstreifen der Flugzeuge rosarot nach. Der Nebel ist Vorbote des nahenden Herbstes. Bald werden sich die Zugvögel über den Stoppeläckern zusammenscharen und ein Stück des Weges gen Süden den Urlaubsfliegern Gesellschaft leisten. Doch noch ist Sommer und die Sonne kräftig genug, den Nebel in kurzer Zeit aufzusaugen und dem warmen Tag Raum zu geben.
Ein einsames weißes Wölkchen am Horizont erinnert daran, dass der Himmel auch anders als nur blau sein kann. Mitten im Burgund, in Montchanin, beginnt die zweite Etappe am „Euro Velo 6“. Vom Bahnhof aus geht es in Schussfahrt hinunter zum „Canal du Centre“ und mit Rückenwind auch gleich noch 7 Schleusen hinab. Montchanin liegt am Scheitelpunkt des "Canal du Centre", auf dem höchsten Punkt zwischen der Loire und der Saone. Leicht kräuseln sich die Wellen des Wassers und die bunten glasierten Dachziegel der Häuser spiegeln sich im Wasser. Sind in der Franche-Comté nur die Kirchtürme mit bunten Ziegelhauben geschmückt, so sind es im Burgund die bunt glasierten Ziegeldächer der Bürgerhäuser, die vom Wohlstand der Region zeugen.
Ein einsames weißes Wölkchen am Horizont erinnert daran, dass der Himmel auch anders als nur blau sein kann. Mitten im Burgund, in Montchanin, beginnt die zweite Etappe am „Euro Velo 6“. Vom Bahnhof aus geht es in Schussfahrt hinunter zum „Canal du Centre“ und mit Rückenwind auch gleich noch 7 Schleusen hinab. Montchanin liegt am Scheitelpunkt des "Canal du Centre", auf dem höchsten Punkt zwischen der Loire und der Saone. Leicht kräuseln sich die Wellen des Wassers und die bunten glasierten Dachziegel der Häuser spiegeln sich im Wasser. Sind in der Franche-Comté nur die Kirchtürme mit bunten Ziegelhauben geschmückt, so sind es im Burgund die bunt glasierten Ziegeldächer der Bürgerhäuser, die vom Wohlstand der Region zeugen.
Ecuisses ist eines der vielen kleinen Dörfer am Kanal. Ein paar Hundert Menschen mögen hier noch wohnen. Der Ort wirkt wie ausgestorben. Die Bäckerei am gegenüberliegenden Ufer ist schon lange geschlossen, die Verkaufsstube in eine schmucke Wohnung umgewandelt. Nur der Schriftzug „Boulangerie“ an der Hauswand erinnert noch an die Vergangenheit, als das Brot noch aus der dörflichen Backstube und nicht aus der Fabrik von sonst woher kam. Mir gefällt, dass vielerorts in Frankreich die alten Schriftzüge an den Hausfassaden Renovierungen überstehen und damit die Verbindung zur Vergangenheit nicht abgeschnitten wird. Es trägt zum Charme des Stadtbildes bei.
|
An der Schleuse Nr. 16, kurz vor St.-Bérain-sur-Dheume, erregt ein altes Gemäuer unsere Aufmerksamkeit. Ein verblichenes Schild verkündet, dass es hier Gästezimmer gibt. Das Herrenhaus, umgeben von hohen alten Platanen, steht neben der schmalen Landstraße. Die Fensterläden im Erdgeschoss sind geschlossen, doch die Haustür steht offen. Der Charme der früheren Jahre ist noch nicht verflossen, auch wenn sich so mancher Fensterladen anschickt, seinen Geist auf zu geben. Das Ambiente reizt zu einem Blick durch das gemauerte Eingangstor. Efeu rankt sich die Steine hoch und auch das eine und das andere Mauerblümchen zeigt seine Blüte. "So ein Anwesen macht viel Arbeit", eine alte Dame kommt gerade auf das Tor zu und sie wedelt mit einer kaputten Lampenbirne in ihrer Hand. Nun steht sie direkt vor den verfallenen Mauern eines alten Gebäudes rechts vom Tor. Die Fensterscheiben sind blind, das Dach marode, ein Paradies für Fledermäuse. Es sei vor vielen Jahren ein Fabrikgebäude gewesen, sagt sie und fügt hinzu: "Das waren die guten Jahre." "Ja," sage ich, "der Kanal hat das sicher begünstigt." Sie lächelt, "Nein, das war lange vor dem Kanal, das war im 18. Jahrhundert. Hier wurde Geschirr hergestellt." Sie wünscht uns noch eine schöne Weiterfahrt. Für eine Übernachtung ist es ja noch zu früh, obwohl es mich schon gereizt hätte. Aber die Adresse merke ich mir. Nach einhundert Metern begrüßt uns ein Graureiher am Kanal. Es ist schon der Fünfte an diesem Morgen.
Es ist sehr heiß an diesem Tag. 32 Grad Celsius zeigt die große grün blinkende Digitalanzeige der Apotheke. In St.-Leger-de-Dheume gönnen wir uns nach der Überquerung eines kleinen Berges erst mal ein kaltes Getränk. Der Bürgersteig ist schmal, wir sitzen sozusagen mit den Füßen auf der Straße. Das ist Frankreich. Wenig Verkehr herrscht in der kleinen Ortschaft und als ein dicker LKW kommt, ziehe ich die Füße unwillkürlich an. Doch keine Angst, sie passen auf. Die Kanalbrücke macht einen Buckel, da müssen sie sowieso langsamer fahren. Vom Ausgang des Radweges am Kanal kommen immer wieder Radfahrer, einzeln, paarweise oder in größeren Gruppen, und biegen über die Brücke auf die Straße ein. Die Route entlang des "Canal du Centre" scheint sehr beliebt zu sein.
Sehr unterschiedlich ist die Routenführung des "EuroVelo 6". Die Wegführung wechselt bisweilen zwischen dem Treidelweg und der Landstraße. Das nun folgende Teilstück, etwa 22 Kilometer, ist als "Voie Verte" ausgewiesen, wie die Fahrradwege in Frankreich neuerdings heißen. Es ist der ehemalige, inzwischen asphaltierte Treidelpfad, der nur Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist. Dank der Zuschüsse der europäischen Union, die auch das Projekt "EuroVelo" finanziert, werden immer mehr solcher Radwege in Frankreich angelegt. Aber selbst wenn der "EuroVelo 6" auf die Landstraße ausweicht, weil der Treidelpfad nicht mehr existiert, sind es verkehrsarme Straßen. Und Frankreichs Autofahrer sind gegenüber Radfahrern sowieso rücksichtsvoll.
Langsam wechselt die Landschaft. Die Berge werden höher, die Hänge rücken näher an den Kanal heran. Wir nähern uns dem langen Bergzug, der das weite Tal der Saone vom westlichen Burgund trennt. Welcher Segen dieser Bergzug für die Region bedeutet, sehe ich schon nach wenigen Kilometern: das erste Weingut liegt am Rande des Kanals. Der Kanal windet sich nun am südlichen Berghang entlang. Der Nordhang, der sich nach Osten hin öffnet, ist mit Weinfeldern bedeckt. Eine alte Windmühle fühlt sich offensichtlich wohl in dieser guten Sonnenlage. Nur ein paar Kilometer weiter nördlich wachsen die edelsten Weine des Burgund in den Lagen von Nuits-St.-Georges.
Sehr unterschiedlich ist die Routenführung des "EuroVelo 6". Die Wegführung wechselt bisweilen zwischen dem Treidelweg und der Landstraße. Das nun folgende Teilstück, etwa 22 Kilometer, ist als "Voie Verte" ausgewiesen, wie die Fahrradwege in Frankreich neuerdings heißen. Es ist der ehemalige, inzwischen asphaltierte Treidelpfad, der nur Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist. Dank der Zuschüsse der europäischen Union, die auch das Projekt "EuroVelo" finanziert, werden immer mehr solcher Radwege in Frankreich angelegt. Aber selbst wenn der "EuroVelo 6" auf die Landstraße ausweicht, weil der Treidelpfad nicht mehr existiert, sind es verkehrsarme Straßen. Und Frankreichs Autofahrer sind gegenüber Radfahrern sowieso rücksichtsvoll.
Langsam wechselt die Landschaft. Die Berge werden höher, die Hänge rücken näher an den Kanal heran. Wir nähern uns dem langen Bergzug, der das weite Tal der Saone vom westlichen Burgund trennt. Welcher Segen dieser Bergzug für die Region bedeutet, sehe ich schon nach wenigen Kilometern: das erste Weingut liegt am Rande des Kanals. Der Kanal windet sich nun am südlichen Berghang entlang. Der Nordhang, der sich nach Osten hin öffnet, ist mit Weinfeldern bedeckt. Eine alte Windmühle fühlt sich offensichtlich wohl in dieser guten Sonnenlage. Nur ein paar Kilometer weiter nördlich wachsen die edelsten Weine des Burgund in den Lagen von Nuits-St.-Georges.
Wir wünschen uns ein Café oder ein Bistro. Auch wenn die Fahrt größtenteils im Schatten der Bäume entlang des Kanals verläuft, spüre ich die Hitze. Die Dächer von Santenay und sein Schlossturm laden zum Rasten ein, doch der Kanal führt weit um das Dorf herum, keine Bar, die uns zum Rasten einlädt. Nicht schlimm, denke ich mir, Chagny kommt ja in wenigen Minuten. Dort, wo der Kanal die Berge verlässt und zur Saone herunter steigt, dort, in diesem großen Ort, wird es sicher eine Bar am Kanal geben. Das war wieder ein typischer Fall von "Denkste". Auch Chagny wird im Bogen umkreist und so begnügen wir uns im Schatten eines langen Kanaleinschnitts mit unseren letzten Wasservorräten und Obst. Vom gegenüberliegenden Ufer schaut uns Graureiher Nr. 7 zu.
Die letzten Kilometer nach Chalon-sur-Saone vergehen wie im Flug. Immer wieder steht ein altes Gemäuser am Rand des Kanals, meist ein Fabrikgebäude, bisweilen aber auch eine verfallene Kapelle. Rückenwind und ein leichtes Gefälle tragen uns bis ans Ende des Kanals. Hier steht Graureiher Nr. 9, sonst nichts. Irgendwie verloren stehen wir am Ende des Radweges. Bis hier her gab es eine sehr gute Beschilderung. Doch nun, am Eingang der großen Stadt, werden wir alleine gelassen. Zweimal muss ich fragen, bevor wir endlich das Ufer der Saone und unser Hotel erreicht haben.
Die letzten Kilometer nach Chalon-sur-Saone vergehen wie im Flug. Immer wieder steht ein altes Gemäuser am Rand des Kanals, meist ein Fabrikgebäude, bisweilen aber auch eine verfallene Kapelle. Rückenwind und ein leichtes Gefälle tragen uns bis ans Ende des Kanals. Hier steht Graureiher Nr. 9, sonst nichts. Irgendwie verloren stehen wir am Ende des Radweges. Bis hier her gab es eine sehr gute Beschilderung. Doch nun, am Eingang der großen Stadt, werden wir alleine gelassen. Zweimal muss ich fragen, bevor wir endlich das Ufer der Saone und unser Hotel erreicht haben.
Die Dämmerung geht langsam in die Dunkelheit über, das Blau des Himmels wechselt ins Schwarz. Immer noch spielen die kleinen Kinder am Brunnen, über dessen überdimensionale Marmorkugel Wasser fließt und der Luft eine angenehme Feuchtigkeit überlässt. Um Schlag Neun der großen Kirchenglocke gehen die Straßenlampen an und der Wasserfluss bricht ab. Etwas verstört steht ein kleiner Bub vor der trockenen Kugel. "Wasser, wo bist du?" fragen seine großen Augen. Doch dann wendet er sich wieder den anderen Kindern zu, die nicht müde werden in ihrem Spiel. Im kleinen Restaurant "Rive Droite" haben wir den wahrscheinlich letzten freien Sitzplatz der vielen Restaurants auf dem Place St. Vincent gefunden. Unser Tisch steht direkt an der dicken Mauer der Kathedrale St.Vincent. Die Kellnerin sagt gleich zur Begrüßung, dass es mit dem Essen sehr lange dauern wird. Das stört uns nicht. Der Platz ist wunderschön und könnte mit seinen mittelalterlichen Fachwerkfassaden ebenso in einer deutschen Kleinstadt stehen wie im Burgund, dessen Stadtkulissen durch Renaissancebauten geprägt sind. Doch anders als in Deutschland ist der Platz voll mit Tischen und Stühlen von den umliegenden Bars und Restaurants. Ein Akkordeonspieler geht von Tisch zu Tisch. Er spielt lange, bevor er uns seine Mütze hin hält. Unser Dankeschön ist ihm gewiß.
Aber bitte mit Sahne" summe ich schmunzelnd vor mich hin, als die nette Bedienung den beiden Damen am Nachbartisch zwei mit Sahne gekrönte Eisbecher bringt. Das Klischee passt. "Bon appetit", hier her kommt man offensichtlich nicht nur zum Essen der großen Pizza, sondern auch zum Nachtisch. Unser Tisch ist mal wieder bestens geeignet zum Passantenschauen und Atmosphäre genießen, und von beidem gibt es reichlich.
Am Ufer der Saone haben wir eine Unterkunft in einem alten Renaissancebau mit Charme gefunden. Zum frühen Morgen blinzelt die Sonne durch den Fensterladen und weckt uns uns mit einem freundlichen Lächeln. Die Fensterläden haben nur schmale Schlitze, groß genug, um etwas Licht durch zu lassen. Durch so eine schmale Öffnung fällt auch das Licht auf die Rückwand der Camera Obscura. Unweit meines Bettes hatte vor 187 Jahren solch eine Kamera Obscura gestanden. Acht Stunden dauerte die Belichtungszeit. Dann wurde die mit lichtempfindlichem Asphalt beschichtete Platte mit Lavendelöl fixiert und das erste Foto war geboren. Joseph Nicéphore Niépce gilt als der Erfinder der Heliografie, der weltweit ersten fotografischen Technik. Ob das erste Foto 1822 oder 1826 entstanden ist, darüber mögen sich die Historiker streiten. Sicher ist jedoch, dass sich Joseph Nicéphore Niépce damals nicht vorstellen konnte, welche Entwicklung er damit in Gang gesetzt hatte und wie viele Menschen heute Fotos machen. Schade nur, dass die nach ihm benannte Bar am Rathausplatz zur Zeit leer steht. Ich hätte dort gerne einen Kaffee getrunken.
Der Place St. Vincent am Morgen. Die Sonne liegt auf den Fachwerkfassaden. Dienstbare Geister haben über Nacht die Tische und Stühle zusammen geklappt und zu kleinen Bergen aufgetürmt. Ich sehe sie zwischen den Marktständen empor wachsen. Honig und Gemüse, Brot und gegrillte Hähnchen, Wein und Obst: allerlei wird hier angeboten und in bunten Bastkörben nach Hause getragen. Der Akkordeonspieler ist noch vom gestrigen Abend übrig geblieben und spielt vor der offenen Kirchentür seine Weisen. Die Jeansmütze vor ihm ist mit vielen Münzen gefüllt, die Kirchenbesucher sind dankbare Spender. Nur die munteren Kinder vom Abend schlafen noch den Schlaf der Gerechten.
Chalon-sur-Saone lieg am südlichsten Punkt dieser Radreise. Die alte Bahntrasse über Cluny nach Macon ist über 100 Kilomter asphaltiert und zu einem "Voie Verte" ausgebaut worden. Diese Route bleibt diesmal auf meiner Wunschliste. Unser Weg führt uns heute entlang der Saone nordwärts. Es ist Sonntagmorgen. Auf der Landstraße, die aus Chalons heraus führt, ist wenig Verkehr. Wir kommen schnell voran. Vor dem Bäcker im kleinen Flecken Sassenay steht eine Menschenschlange. Die Wartezeit nutzt man, um Neuigkeiten auszutauschen oder beim Tabakladen nebenan schnell eine Zeitung zu holen. Der kleine Junge, der gerade mit drei Baguette aus dem Laden kommt, hat sich schon ein Knäuschen abgebrochen und kaut genüsslich daran. Dass eine alte Dame in Hausschuhen und Bademantel in der Schlange steht, stört niemanden. Sie will sich ja nur schnell ihr Brot zum Frühstück holen.
Der Place St. Vincent am Morgen. Die Sonne liegt auf den Fachwerkfassaden. Dienstbare Geister haben über Nacht die Tische und Stühle zusammen geklappt und zu kleinen Bergen aufgetürmt. Ich sehe sie zwischen den Marktständen empor wachsen. Honig und Gemüse, Brot und gegrillte Hähnchen, Wein und Obst: allerlei wird hier angeboten und in bunten Bastkörben nach Hause getragen. Der Akkordeonspieler ist noch vom gestrigen Abend übrig geblieben und spielt vor der offenen Kirchentür seine Weisen. Die Jeansmütze vor ihm ist mit vielen Münzen gefüllt, die Kirchenbesucher sind dankbare Spender. Nur die munteren Kinder vom Abend schlafen noch den Schlaf der Gerechten.
Chalon-sur-Saone lieg am südlichsten Punkt dieser Radreise. Die alte Bahntrasse über Cluny nach Macon ist über 100 Kilomter asphaltiert und zu einem "Voie Verte" ausgebaut worden. Diese Route bleibt diesmal auf meiner Wunschliste. Unser Weg führt uns heute entlang der Saone nordwärts. Es ist Sonntagmorgen. Auf der Landstraße, die aus Chalons heraus führt, ist wenig Verkehr. Wir kommen schnell voran. Vor dem Bäcker im kleinen Flecken Sassenay steht eine Menschenschlange. Die Wartezeit nutzt man, um Neuigkeiten auszutauschen oder beim Tabakladen nebenan schnell eine Zeitung zu holen. Der kleine Junge, der gerade mit drei Baguette aus dem Laden kommt, hat sich schon ein Knäuschen abgebrochen und kaut genüsslich daran. Dass eine alte Dame in Hausschuhen und Bademantel in der Schlange steht, stört niemanden. Sie will sich ja nur schnell ihr Brot zum Frühstück holen.
Kurz vor Gergy können wir wieder von der Landstraße auf den "Voie verte" direkt am Ufer der Saone wechseln. Träge fliesst das Wasser des Flusses. Es leuchtet grün. Teichmummeln wachsen in der Uferzone, breiten ihren grün-gelb gepunkteten Teppich auf dem Wasser aus. Ein einsamer Angler sitzt in seinem Boot, derweil seine Frau zu Hause auf das Mittagessen wartet. Am Schloss von Gergy beschreibt der Fluss einen weiten Bogen. Charolais-Rinder stehen am gegenüberliegenden Ufer müßig auf der Weide, kleine weiße Reiher bei ihnen. Ein blauer Himmel spannt sich über das Land.Unsere Route führt uns heute durch die weite Flusslandschaft der Saone. Immer wieder treffen wir Angler am Ufer. Bisweilen ist es auch eine ganze Familie, die ihre Ruten auswirft. Vielleicht springt ja ein schönes Mittagessen auf den bereit gestellten Grill.. Die Weinberge des Burgund leuchten graublau in der Ferne.
Nicht immer ist der Fluss so träge. Wenn in den Vogesen und dem Jura die Schneeschmelze einsetzt, muss er gewaltige Wassermassen nach Süden bringen. Dann steigt der Pegel und das Wasser nagt an den steilen Ufern. Hier bei Gergy hat der Fluss sich ein Stück vom Radweg mit genommen. Ich ignoriere das Schild "Route barrée" und balanciere auf dem verbliebenen schmalen Teerstreifen an der Abbruchkante entlang. Das habe ich ja schon am Doubs gelernt, dass es immer ein Durchkommen gibt.
Nicht immer ist der Fluss so träge. Wenn in den Vogesen und dem Jura die Schneeschmelze einsetzt, muss er gewaltige Wassermassen nach Süden bringen. Dann steigt der Pegel und das Wasser nagt an den steilen Ufern. Hier bei Gergy hat der Fluss sich ein Stück vom Radweg mit genommen. Ich ignoriere das Schild "Route barrée" und balanciere auf dem verbliebenen schmalen Teerstreifen an der Abbruchkante entlang. Das habe ich ja schon am Doubs gelernt, dass es immer ein Durchkommen gibt.
Von der Terrasse der Capitainerie habe ich einen schönen Blick auf die alte Brücke und die Doubs-Mündung. An der hohen Mauer sind Hochwassermarkierungen angebracht. Acht Meter hoch stand es am 30. Mai 1983 und 1955 schwappte es sogar in das darüber liegende Fenster. Die Kellner in den beiden Restaurants hier am Platz von Verdun-sur-le-Doubs haben alle Hände voll zu tun. Alle Tische sind besetzt, neue Gäste müssen mit hungrigem Magen weiter ziehen. Auf dem Platz selbst ist es ruhig. Die Mittagssonne hat sich breit gemacht und die wenigen Passanten suchen den Schatten der Platanen am Flussufer. Ab und zu rauscht ein Auto über den Platz. Die dicken Mauern aus Muschelkalkstein halten die Hitze aus den Häusern heraus. Geschlossen sind auch viele der Fensterläden, aber die sind ja immer geschlossen. Frankreich ist für mich sowieso das Land der geschlossenen Fensterläden.
"Ist der neue Radweg schon fertig gestellt?" frage ich zum Abschluss den Chef der Capitainerie, der uns zuvor mit einem "Salade Chèvre chaud" versorgt hatte. "Ja, sagt er, natürlich." und zeigt uns noch den Weg über die Brücke. Nach 500 Metern Asphalt mündet der Weg in einen schmalen Wiesenweg. Idyllisch ist der Weg, direkt am Fluss gelegen und scheinbar gut zu befahren. Wir folgen dem Weg, er wird immer schmaler. Brennnesseln greifen nach uns, Brombeerbüsche sind schon eifrig dabei, den Weg zu renaturieren. Schlammlöcher tuen sich auf. Das ist eine ideale Strecke für Mountainbiker, aber für uns ist sie abenteuerrlich. Vielleicht hätte ich den Chef der Capitainerie besser nach dem Zustand der Wasserstraßen gefragt. Davon versteht er mehr. Aber aufgeben? Niemals! An einem Sonnenblumenfeld biegt endlich ein Feldweg vom Fluss ab. In der Ferne sehe ich schon den Kirchturm von Seurre. Traurig lassen die Sonnenblumen ihre Köpfe trotz der schönen Sonne hängen. Sie haben wohl Mitleid mit uns. Dabei wollten wir uns nur den Weg über die Landstraße sparen.
Der Südwestwind streicht um meine Beine und gibt mir das Gefühl, sanft dahin zu gleiten. Wir müssen wieder ein kurzes Stück über die Landstraße radeln. In dem kleinen Ort Charnay-les-Chalons sehe ich zum ersten Mal neben der alten Kirche eines der typischen Hofgebäude, wie ich sie aus der Bresse kennen. Ziegelsteine sind zwischen das Fachwerk gemauert. Etwas weiter südlich sind komplette Ortschaften so errichtet. Hier ist dieser Baustil eher selten.
Breit ist die Saone und weit der Blick nach Westen. Unter einer Ulme, deren Krone einen breiten Schatten wirft, ist ein wunderschöner Rastplatz. Ganz in der Ferne sind die Weinberge von „Nuits St. Georges“ in leichtes Blau getaucht. Mais- und Sonnenblumenfelder ziehen sich von dort bis zum Fluss. Ab und zu ragt mal ein Getreidespeicher, mal einer jener typischen französischen Wassertürme oder gar ein spitzer Kirchturm aus dem Grün hervor. Wieder zweigt ein Kanal von der Saone ab. Doch er ist still gelegt. Die Schleuse ist demontiert. Am alten Schleusenwärterhaus hängt ein Rettungsring. "Stille ist Gold" hat sein Besitzer darauf geschrieben. Eine Eidechsenfamilie beäugt mich neugierig, als ich den Rettungsring fotografiere. |
Immer wieder stoße ich auf Interessantes auf meinen Reisen. Eine Informationstafel steht am Wegesrand, drum herum junge Bäume. Ich bleibe stehen. Es ist ein Gedenkwald. Anne-Marie Javouhey, eine Ordensschwester, die in Seurre aufgewachsen ist, hat am 21. Mai 1838 in Französisch Guyana die Freilassung von 147 Sklaven erwirkt. Zehn Jahre später wurde offiziell die Sklaverei in den französischen Kolonien per Dekret abgeschafft. 147 Bäume wurden vor kurzem in Seurre gepflanzt, für jeden der Sklaven ein namentlich gekennzeichneter Baum.
Eine große Menschenmenge ist am Kai von Seurre in Bewegung. Nein, es ist nicht das Empfangskomitee für uns. Heute war Antiquitäten- und Trödelmarkt, einer der größten in Frankreich. gerade sind die Händler mit dem Abräumen beschäftigt. Ein gefundenes Fressen für Renate. Schon bald ziert ein großer glänzender Kupferkessel ihren Gepäckträger. Wäre auch schade um ihn gewesen, denn sein Besitzer hat ihn einfach zurück gelassen, weil am Henkel eine Niete fehlt. Und so wird uns der Kupferkessel nun weitere 50 Kilometer begleiten.
Eine große Menschenmenge ist am Kai von Seurre in Bewegung. Nein, es ist nicht das Empfangskomitee für uns. Heute war Antiquitäten- und Trödelmarkt, einer der größten in Frankreich. gerade sind die Händler mit dem Abräumen beschäftigt. Ein gefundenes Fressen für Renate. Schon bald ziert ein großer glänzender Kupferkessel ihren Gepäckträger. Wäre auch schade um ihn gewesen, denn sein Besitzer hat ihn einfach zurück gelassen, weil am Henkel eine Niete fehlt. Und so wird uns der Kupferkessel nun weitere 50 Kilometer begleiten.
"Nein" sagt die Wirtin, "unser Restaurant ist heute geschlossen. Es war ein harter Tag. Der Antiquitätenmarkt, sie wissen." Aber irgendwo müssen wir doch etwas zu essen bekommen. Sie überlegt einen Moment und greift zum Telefonhörer und reserviert uns einen Tisch in dem einzigen Restaurant, das heute Abend noch geöffnet hat. Es ist ein schöner Spaziergang durch Seurre. Und wieder treffen wir auf eine Rarität. An der Fassade der alten Schule ist ein Jacquemart angebracht, ein
|
Glockenschläger, der die Stunden schlägt. In 2 Jahren feiert er seinen zweihundertjährigen Geburtstag und ist immer noch so rüstig wie in seiner Jugendzeit, als er noch die Fassade des alten Schlosses zierte. Im letzten Abendlicht machen wir nach dem Abendessen noch die Runde durch die leeren Straßen. Die historischen Gebäude wie die alte Kirche sind in ein warmes Scheinwerferlicht getaucht. Informationstafeln erzählen ihre Geschichte. Und immer ist es Jacquemart, der auf den Informationstafeln auch den Schulkindern in ihrer Sprache die historische Vergangenheit zu verstehen lehrt.
Leben wie Gott in Frankreich. Wir strecken die Füße unter dem Tisch aus und bestellen ein Frühstück mit Milchkaffee und Corissants. Der Himmel ist Grau und die Gäste setzen sich lieber in den Schankraum der Brasserie als draußen an die freien Tische. Aber hier im Freien lässt sich das Leben der Menschen leichter studieren. Da ist die mittelalte Dame, die gut gestylt im Faltenrock um die Ecke kommt, alles ist perfekt samt der Frisur. Anders dagegen das junge Fräulein, das mit bunten Stöckelschuhen etwas unsicher über die Straße stolziert, die Müdigkeit der langen Nacht in den Augen und der Lippenstift noch nicht ganz so perfekt plaziert. Auch die Herren der Schöpfung können da ohne Mühe mit halten: der Graubärtige, der seine besten Tage schon hinter sich hat und gern zum Pernod und einem Plausch in die Brasserie kommt, ebenso wie der Wohlsituierte, der seinen Morgenkaffee hier trinkt, bevor er nebenan ins Büro geht. Und dann jener im blauen Renault: Mit 26 hatte er genug Geld zusammen, um sich ein Auto zu leisten. Damals war er der Star im Ort. Alle unverheirateten Frauen wollten in seinem Auto mitfahren. Nun ist er 80. Den Führerschein hat er immer noch und auch den blauen Renault. Sein Haar ist schütter geworden, so wie die Farbe des Renaults. Seine Stimme ist zittrig geworden, so wie der Motor seines Renaults. Aber beide scheinen noch rüstig genug für die nächsten Jahre.
Wir lassen die dicken grauen Wolken mit den dicken Regentropfen weiter ziehen, bevor wir aufs Rad steigen und die Tagestour beginnen. Obwohl der Radweg schlecht ausgeschildert ist, finden wir den Weg zum Saone-Seitenkanal. Schnurgerade führt der Radweg durch das weite Land. Auch heute sind wenige Radtouristen unterwegs. Nach zehn Kilometern treffen wir wieder auf die Saone. Wenn ich nicht genau wüsste, dass sie nach Süden fließt, dann würde ich jede Wette eingehen, dass es umgekehrt ist. Stark ist der Wind heute, so stark, dass er die Wellen nach Norden treibt und uns ebenso. Sonnenblumen und Mais wachsen auf ausgedehnten Feldern. Der Weizen ist schon geerntet. Über den Stoppelfeldern sammeln sich schon die Stare in Vorbereitung auf ihren Winterurlaub in Afrika.
Unter einer alten Brücke mündet am gegenüberliegenden Ufer ein kleiner Bach in die Saone und die zahlreichen Freizeitkapitäne winken uns zum Gruße zu. Hinter St.-Jean-de-Losne verlassen wir die Saone. Ein großes Schild verkündet für die Flussschiffer die Einfahrt in den Rhein-Rhone-Kanal. Der Wind hat sich im Lauf der letzten Stunden gedreht. Wir müssen stärker in die Pedale treten, um vorwärts zu kommen. Dole ist unser Tagesziel.
Wir lassen die dicken grauen Wolken mit den dicken Regentropfen weiter ziehen, bevor wir aufs Rad steigen und die Tagestour beginnen. Obwohl der Radweg schlecht ausgeschildert ist, finden wir den Weg zum Saone-Seitenkanal. Schnurgerade führt der Radweg durch das weite Land. Auch heute sind wenige Radtouristen unterwegs. Nach zehn Kilometern treffen wir wieder auf die Saone. Wenn ich nicht genau wüsste, dass sie nach Süden fließt, dann würde ich jede Wette eingehen, dass es umgekehrt ist. Stark ist der Wind heute, so stark, dass er die Wellen nach Norden treibt und uns ebenso. Sonnenblumen und Mais wachsen auf ausgedehnten Feldern. Der Weizen ist schon geerntet. Über den Stoppelfeldern sammeln sich schon die Stare in Vorbereitung auf ihren Winterurlaub in Afrika.
Unter einer alten Brücke mündet am gegenüberliegenden Ufer ein kleiner Bach in die Saone und die zahlreichen Freizeitkapitäne winken uns zum Gruße zu. Hinter St.-Jean-de-Losne verlassen wir die Saone. Ein großes Schild verkündet für die Flussschiffer die Einfahrt in den Rhein-Rhone-Kanal. Der Wind hat sich im Lauf der letzten Stunden gedreht. Wir müssen stärker in die Pedale treten, um vorwärts zu kommen. Dole ist unser Tagesziel.
Würdest du mich fragen, welches die schönste Stadt auf der EuroVelo-Strecke zwischen Montchanin im Burgund und Mulhouse im Elsass ist, dann würde ich spontan und ohne nachzudenken "Dole" sagen. Dole, eine Stadt mit Charme.
Hoch über der Altstadt thront die Stiftskirche Notre-Dame. Die Sonne steht schon tief. Ihre Strahlen reichen nicht mehr bis in die schmalen Gassen mit den weißen Renaissance-Häusern. Doch der Glockenturm mit der breiten Ballustrade und der kleinen schmalen Spitze leuchtet noch im warmen gelben Sonnenschein und hellt das Licht in den Gassen auf. Wieder sitzen wir am kleinen Platz an der Rue de Prelot. Die bretonische Gallette mundet noch einen Tick besser als am Freitag. Hier lassen sich die Passanten besonders gut beobachten und begutachten. Das Geburtshaus von Louis Pasteur in der Nebengasse ist um diese Uhrzeit schon geschlossen. Hinter der Mauer neben unserem Tisch geht es tief hinunter zum Brunnen der Leprakranken. Zwei schmale Gänge führen dorthin, wo im Mittelalter die Leprakranken verbannt waren. Die Kirchenglocke schlägt gerade Acht Uhr. Langsam füllt sich der kleine Platz. Es gibt Restaurants für jeden Geldbeutel. Kinderlachen schallt zu mir herüber. Viele Familien vom nahe gelegenen Campingplatz kommen hier her. Mit Einbruch der Dunkelheit tauchen die Straßenlampen die Szenerie in ein warmes Licht. Noak heißt der kleine Bub, der alles genau wissen will. Seine Mutter muss viel erklären und kommt gar nicht so recht zum Essen. Renate faltet ihm aus einem Blatt ein kleines Schiff. Zur Belohnung gibt er ihr einen Kuss auf die Wange.
Hoch über der Altstadt thront die Stiftskirche Notre-Dame. Die Sonne steht schon tief. Ihre Strahlen reichen nicht mehr bis in die schmalen Gassen mit den weißen Renaissance-Häusern. Doch der Glockenturm mit der breiten Ballustrade und der kleinen schmalen Spitze leuchtet noch im warmen gelben Sonnenschein und hellt das Licht in den Gassen auf. Wieder sitzen wir am kleinen Platz an der Rue de Prelot. Die bretonische Gallette mundet noch einen Tick besser als am Freitag. Hier lassen sich die Passanten besonders gut beobachten und begutachten. Das Geburtshaus von Louis Pasteur in der Nebengasse ist um diese Uhrzeit schon geschlossen. Hinter der Mauer neben unserem Tisch geht es tief hinunter zum Brunnen der Leprakranken. Zwei schmale Gänge führen dorthin, wo im Mittelalter die Leprakranken verbannt waren. Die Kirchenglocke schlägt gerade Acht Uhr. Langsam füllt sich der kleine Platz. Es gibt Restaurants für jeden Geldbeutel. Kinderlachen schallt zu mir herüber. Viele Familien vom nahe gelegenen Campingplatz kommen hier her. Mit Einbruch der Dunkelheit tauchen die Straßenlampen die Szenerie in ein warmes Licht. Noak heißt der kleine Bub, der alles genau wissen will. Seine Mutter muss viel erklären und kommt gar nicht so recht zum Essen. Renate faltet ihm aus einem Blatt ein kleines Schiff. Zur Belohnung gibt er ihr einen Kuss auf die Wange.
Wir schlendern über eine alte Brücke zum Gerberkanal. Leise rauscht das Wasser am alten Wehr. Müde schnattern ein paar Enten, die sich von uns in ihrem Schlaf gestört fühlen. Hinter einem alten Gemäuer öffnet sich der Blick auf das Gerberviertel. Schmal ist der Weg zwischen den Häusern und dem Gerberkanal. Hoch über der Silhouette der Häuser erhebt sich der Kirchturm, golden leuchtet der weiße Sandstein im Licht der starken Scheinwerfer. Ein Steg führt über den Kanal, Blumentöpfe mit mächtigen Pflanzen zieren sein Geländer. Die Brasserie, zu der der Steg führt, ist sehr beliebt. Der Blick auf den Kanal und die Häuserfront im Licht der Kandalaber ist sio richtig schön romantisch. Wir folgen der Spur der Katze, die alle paar Meter in das Pflaster eingelassen ist. Die Spur führt uns durch verwinkelte Gassen vorbei am Geburtshaus von Louis Pasteur hoch zur Kirche. Leer ist der Platz und ebenso leer die dahinter liegende Einkaufszone. Langsam gehen wir zu unserem Hotel. Ich denke zurück an den Platz im Zentrum. Zwei Wegweiser des "EuroVelo Nr.6" stehen dort: Der eine zeigt nach Westen. "Nantes" steht darauf. Der andere zeigt nach Osten: "Budapest". In meinem Kopf reift eine Idee.