Fietsen in NordhollandAuf Schiff-Rad-Reise in Nordholland
Juli 2023
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Erste Tour - Mit dem Fahrrad im Land der Windmühlen
Zar Peter I war hier, Claude Monet war hier und nun ich auch. Wie es sich für einen Zaren gehört, steht Peter I auf dem zentralen Platz von Zaandam, allerdings nicht majestätisch in die Runde blickend, sondern als Schiffbauer arbeitend an einem Boot. Im Jahr 1697 war er hier, um das Schiffbauerhandwerk zu erlernen. Schon in jungen Jahren war er inspiriert von technischen Neuerungen und den Fähigkeiten ausländischer Handwerker. Als Zar betrieb er massiv den Aufbau einer russischen Seemacht. Nun steht er hier und werkelt immer noch, während rund herum in den Kneipen und Restaurants eifrig gebechert wird. Claude Monet hat es nicht ins Zentrum geschafft. Er steht am Kanal, mit rauchender Pfeife in der Hand und blickt auf sein neues Werk, das ich leider nicht sehen kann. Er war vor 150 Jahren hier und ließ sich von der weiten Landschaft mit seinem imposanten Wolkenhimmel zu drei Dutzend Werken inspirieren. Diese Inspiration wollen Renate und ich auch nutzen.
Unser Hotelschiff De Willemstad liegt am Pier. Sie wird unsere Unterkunft für die nächsten sieben Tage sein und uns täglich mit unseren Fahrrädern in eine neue Region nördlich von Amsterdam bringen.
Unser Hotelschiff De Willemstad liegt am Pier. Sie wird unsere Unterkunft für die nächsten sieben Tage sein und uns täglich mit unseren Fahrrädern in eine neue Region nördlich von Amsterdam bringen.
Fietsen uitgezondert – Fahrräder ausgenommen, steht auf dem Schild, das in eine Sackgasse weist. Wir haben uns gleich nach dem Frühstück auf unsere Räder geschwungen und verlassen Zaandam in Richtung Norden. Große Äste liegen am Straßenrand, Sturmschäden des Orkans, der letzte Woche über Holland hinwegfegte. Es riecht nach Kakao. Damit hat der Sturm nichts zu tun, sondern die koloniale Vergangenheit der Niederlande. „Gerkens Cacao“ lese ich an dem großen Fabrikgebäude am Kanal. Renate weist mich auf einen dicken Schlauch dort an der Fassade hin, dessen Schlund verdächtig nach jeder Menge Kakao aussieht.
Außer uns sind noch rund neunzig weitere Passagiere der De Willemstad mit Fahrrädern unterwegs. Auf dem Radweg am Ortsausgang von Zaandam folge ich einer kleinen Gruppe von ihnen, wohlmeinend, dass sie den richtigen Weg kennen. Von der großen Kanalbrücke aus gibt es einen schönen Blick auf die Reihe der alten Windmühlen, die im Museumsdorf Zaanse Schans aufgebaut sind. Jenseits des Kanals bewundern wir dann die schmucken Häuschen. Die Giebel zeigen zur Straßenseite, sie sind in eigentümlicher Art dem Dach vorgesetzt. Diese Bauweise und der Backstein, der zum Hausbau verwendet wird, verleiht dem Ambiente Charme und Stil. Ich merke, dass wir nicht mehr auf der vorgeschlagenen Route sind. Macht nichts, denn dank des Knotensystems erreichen wir nach einer zwei Kilometer langen Fahrt durch hübsche Vororte wieder unsere Strecke.
Am Oostknollendam verlassen wir das Häusermeer. Ein leichter Rückenwind schiebt uns an. Auf einer Nebenstraße rollen wir nach Norden. Hinter einer Zugbrücke steht eine größere Gruppe von Radfahrern. Jenseits eines weiteren Kanals führt der Radweg weiter. „Fährmann hol über“, hat man früher gerufen. Doch diesen Fährmann braucht man heute nicht zu rufen. Er hat an diesem Sonntag alle Hände voll zu tun. Gerade mal zehn Räder passen auf den kleinen Kahn. Eben schiebt eine Gruppe Radsportler ihre Räder auf die Fähre. Dann setzt sie über. Während wir mit Hilfe von Jan Hop, so heißt das kleine blaue Boot, das Ufer wechseln, hebt sich die Zugbrücke und ein Freizeitboot passiert. Mit einem Dankeschön verlassen wir den Fährmann. Drüben wartet schon die nächste Gruppe auf ihn.
Fahrradfahren in Holland hat schon was. Man spürt den Unterschied zu Deutschland. Sofern die Radfahrer nicht einen eigenen gut ausgebauten Radweg haben, gibt ihnen die Straßenverkehrsordnung auf vielen Nebenstraßen ein Vorrecht. Dann sind auf der rechten und linken Seite breite Radstreifen rot markiert, in der Mitte eine einzelne Spur für Autofahrer. Bei Gegenverkehr haben die Fietser, die Radfahrer, Vorfahrt. Ich erlebe immer wieder, dass sich die Autofahrer daran halten. Und dann gibt es noch das Knotensystem. Jeder Schnittpunkt von zwei Radwegen ist als Knoten definiert. Jeder Knoten hat eine eigene Nummer. Unter diesem ist mit Pfeilen und Nummern der Weg zum nächsten Knoten angezeigt. Wegweiser, wie wir sie kennen, mit dem Namen und der Entfernung zur nächsten Stadt, gibt es auch. Aber diese roten Schilder gelten nur für den überregionalen Verkehr. Anfangs ist das Knotensystem für mich etwas gewöhnungsbedürftig, zumal die Knotenpunkte mal in Kniehöhe, mal brusthoch oder gar in zwei Meter fünfzig Höhe angebracht sind. Ich lerne aufzupassen wie ein Luchs. Ohne Knotenkarte wäre ich hier verloren. Zum Glück haben wir gestern Abend bei der Tourenbesprechung einen Tourenplan mit allen Knoten erhalten und zusätzlich eine große Übersichtskarte für die ganze Woche, ein guter Service. Apropos Vergleich mit Deutschland. Uns Deutsche erkennt man am Fahrradhelm und die Klingel ist für Holländer sowieso nur ein überflüssiger Schnickschnack.
Es ist heute heiß. Ich habe mich schon früh mit Sonnenmilch eingerieben. Diesen Luxus kennen die Schafe am Straßenrand nicht. Sie halten ihren Kopf in den schmalen Schatten der Alleenbäume, um etwas Kühlung zu bekommen. Der Orkan hat einen davon umgelegt. Unter seinem Blätterdach, das jetzt auf der Wiese liegt, kauern sich etliche Schafe. Wir bekommen einen ersten Eindruck von der Landschaft. Es ist Flachland. Der Horizont ist allgegenwärtig. Wir vermissen allerdings die Wolken, von denen Claude Monet so angetan war.
Wir passieren nur wenige Ortschaften. Die Straßen sind schmal, die Häuser durchgängig im Backsteinstil mit roten Dachziegeln. Wieder einmal müssen wir vor einer Zugbrücke anhalten. Das Land ist von vielen Kanälen durchzogen. Zugbrücken sind billiger als der Bau einer Brücke.
Am frühen Nachmittag nähern wir uns unserem Tagesziel, Alkmaar. Heute scheint ein Radrennen stattzufinden. Uns kommen immer wieder Gruppen von Sportlern entgegen, die eine Nummer am Rad tragen. Ich erlebe einige Male kritische Momente auf dem breiten Radweg, denn mit ihrem Ziel vor Augen überholen manche sehr riskant.
Drei Windmühlen tauchen vor mir auf. Sie stehen malerisch am Ufer eines Kanals. Da gehören sie auch hin. Die überwiegende Mehrheit der Windmühlen dient dem Abpumpen von Wasser aus der Polderlandschaft. Das Land liegt unter dem Wasserspiegel der Nordsee. Der Grundwasserspiegel steigt dadurch permanent. Damit das Land nicht überflutet wird, muss Wasser abgepumpt und ins Meer geleitet werden. Zu ersterem dienen die Windmühlen, zu letzterem die vielen Kanäle.
Wir passieren nur wenige Ortschaften. Die Straßen sind schmal, die Häuser durchgängig im Backsteinstil mit roten Dachziegeln. Wieder einmal müssen wir vor einer Zugbrücke anhalten. Das Land ist von vielen Kanälen durchzogen. Zugbrücken sind billiger als der Bau einer Brücke.
Am frühen Nachmittag nähern wir uns unserem Tagesziel, Alkmaar. Heute scheint ein Radrennen stattzufinden. Uns kommen immer wieder Gruppen von Sportlern entgegen, die eine Nummer am Rad tragen. Ich erlebe einige Male kritische Momente auf dem breiten Radweg, denn mit ihrem Ziel vor Augen überholen manche sehr riskant.
Drei Windmühlen tauchen vor mir auf. Sie stehen malerisch am Ufer eines Kanals. Da gehören sie auch hin. Die überwiegende Mehrheit der Windmühlen dient dem Abpumpen von Wasser aus der Polderlandschaft. Das Land liegt unter dem Wasserspiegel der Nordsee. Der Grundwasserspiegel steigt dadurch permanent. Damit das Land nicht überflutet wird, muss Wasser abgepumpt und ins Meer geleitet werden. Zu ersterem dienen die Windmühlen, zu letzterem die vielen Kanäle.
In Alkmaar wartet bereits unser Schiff auf uns. Knapp 50 Tageskilometer zeigt der Tacho an, für Renate eine stolze Leistung. Heute bleiben die Räder neben dem Schiff, da wir morgen von hier aus starten werden.
Von dem beschriebenen Monet-Himmel habe ich immer noch nichts mitbekommen. Doch kurz nach der Ankunft wird es mit einem Male dunkel. Dann malen dicke Regentropfen ineinander verschlungene Kreise aufs Wasser. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei. Vom Sonnendeck aus habe ich einen schönen Blick auf die Szenerie rund um unseren Anlegeplatz.
Von dem beschriebenen Monet-Himmel habe ich immer noch nichts mitbekommen. Doch kurz nach der Ankunft wird es mit einem Male dunkel. Dann malen dicke Regentropfen ineinander verschlungene Kreise aufs Wasser. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei. Vom Sonnendeck aus habe ich einen schönen Blick auf die Szenerie rund um unseren Anlegeplatz.
Zweite Tour - Durch das nordholländische Dünenreservat
Heute Morgen gehören wir zu den letzten, die das Schiff verlassen. Hinter Alkmaar geht es ein kurzes Stück durch die Polderlandschaft, bevor wir den Künstlerort Bergen erreichen. Im Zickzack werden wir durch den Ort gelotst. Dann stehen wir im Zentrum. Im Oval von Bäumen erhebt sich auf grünem Rasen eine malerische Kirchenruine, das Onde Baethuys. Während des Achtzigjährigen Krieges zwischen Spanien und den Niederlanden wurde im Jahr 1574 die Kirche zerstört. So ganz Ruine ist die Kirche nicht mehr, der vordere Teil ist wiederhergerichtet. Wir werden mit einem Glockenspiel begrüßt. Es ist Punkt 10 Uhr.
Inzwischen habe ich mich an das Knotensystem der Radwege gewöhnt. Am Knoten 49 teilt sich mal wieder der Weg. Er steht am Ortsausgang. Hinter mir das letzte Haus von Bergen, vor mir der Eingang in eine grüne Oase. Langsam tauchen wir in einen tiefen Wald ein. Hohe Bäume säumen den asphaltierten Weg. Er steigt langsam, aber stetig an. Und dann stehe ich vor einer Skipiste. Ja, richtig gelesen, eine Skipiste. Es ist Buiten Bergen. Die Dünen sind hoch genug für 1500 m² Skivergnügen. Die Saison geht von September bis März. Ich bin etwas verwirrt, denn Kunstschnee hatte ich nicht mit Bergen als Künstlerort assoziiert.
Jetzt ist Schluss mit dem Flachland, dem Blick weit über den Horizont hinaus. In sanften Wellen schwingt sich der Radweg durch den Wald und die Dünen. Bisweilen öffnet sich eine Lichtung. Dann sehe ich auch mal den weißen Sand, den das Meer herbeigeschafft und den der Wind angehäuft hat. 54 Meter hoch ist die Radar-Düne hier in dem Naturschutzgebiet Schoorlse Dünen und damit die höchste der Niederlande.
Am Ausflugslokal De Berenkui (Knoten 47) führt eine Treppe auf den Kamm einer Düne. Wir stellen die Räder ab und steigen zur Aussichtsplattform hinauf. Von dort oben habe ich einen weiten Blick auf Sand, Sand und nochmals Sand, garniert mit niederen Büschen und harten Gräsern.
Inzwischen habe ich mich an das Knotensystem der Radwege gewöhnt. Am Knoten 49 teilt sich mal wieder der Weg. Er steht am Ortsausgang. Hinter mir das letzte Haus von Bergen, vor mir der Eingang in eine grüne Oase. Langsam tauchen wir in einen tiefen Wald ein. Hohe Bäume säumen den asphaltierten Weg. Er steigt langsam, aber stetig an. Und dann stehe ich vor einer Skipiste. Ja, richtig gelesen, eine Skipiste. Es ist Buiten Bergen. Die Dünen sind hoch genug für 1500 m² Skivergnügen. Die Saison geht von September bis März. Ich bin etwas verwirrt, denn Kunstschnee hatte ich nicht mit Bergen als Künstlerort assoziiert.
Jetzt ist Schluss mit dem Flachland, dem Blick weit über den Horizont hinaus. In sanften Wellen schwingt sich der Radweg durch den Wald und die Dünen. Bisweilen öffnet sich eine Lichtung. Dann sehe ich auch mal den weißen Sand, den das Meer herbeigeschafft und den der Wind angehäuft hat. 54 Meter hoch ist die Radar-Düne hier in dem Naturschutzgebiet Schoorlse Dünen und damit die höchste der Niederlande.
Am Ausflugslokal De Berenkui (Knoten 47) führt eine Treppe auf den Kamm einer Düne. Wir stellen die Räder ab und steigen zur Aussichtsplattform hinauf. Von dort oben habe ich einen weiten Blick auf Sand, Sand und nochmals Sand, garniert mit niederen Büschen und harten Gräsern.
An einem Wildgatter verlassen wir den Hochwald und erreichen freies Feld. Sofort greift der Westwind nach uns, hemmt unsere Fahrt. Eine Gruppe Mountainbiker kommt eine Düne herab. Sie schieben die Räder, der Sand ist zu locker zum Fahren.
Rinder grasen am Wegesrand. Sie stören sich weder an mir noch an den zahllosen Radlern, die vorbeikommen. Mit stoischer Ruhe zupfen sie Grashalm für Grashalm, als gäbe es nicht Besseres auf dieser Welt. Plötzlich wird es laut! Eine Schulklasse hat heute Radwandertag und schießt an mir vorbei. Da geht es lustig zu. Dann erreichen wir Bergen aan Zee. Ein Weg führt hinunter zum Strand. Wir befolgen die Anweisung und parken unsere Räder schön brav hinter dem Gitter, neben gefühlten eintausend anderen Rädern.
Rinder grasen am Wegesrand. Sie stören sich weder an mir noch an den zahllosen Radlern, die vorbeikommen. Mit stoischer Ruhe zupfen sie Grashalm für Grashalm, als gäbe es nicht Besseres auf dieser Welt. Plötzlich wird es laut! Eine Schulklasse hat heute Radwandertag und schießt an mir vorbei. Da geht es lustig zu. Dann erreichen wir Bergen aan Zee. Ein Weg führt hinunter zum Strand. Wir befolgen die Anweisung und parken unsere Räder schön brav hinter dem Gitter, neben gefühlten eintausend anderen Rädern.
Ich bin nicht so der Strandgänger, doch Renate, wie immer auf Suche nach diversem Strandgut, überrascht mich mit einer Muschel. Im Inneren haben sich zwei Baby-Seesterne, gerade mal ein paar Millimeter groß, gemütlich gemacht. Beide dürfen mit ihrem Wirtshaus wieder ins Meer. Zurück geht es zwischen den Dünen hindurch. Der Radweg ist gepflastert, mit den gleichen Backsteinen, die zum Hausbau verwendet werden. Mit Backsteinen kann man in Holland reich werden.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Alkmaar. Entlang des Radweges in die Stadt hinein liegen große Bäume, die der Orkan entwurzelt hat. Wir schieben unsere Räder durch die Fußgängerzone. Es ist wahrscheinlich der einzige Platz in der ganzen Stadt, in der Radfahren nicht erlaubt ist. Freitags gibt es den Käsemarkt. Mal abgesehen davon, dass heute nicht Freitag ist, reizt mich dieser Käsemarkt höchstens, um Streetfotos zu machen. Vor Jahren habe ich in Gouda den „berühmten“ Käsemarkt erlebt. Alles nur Show. Schauspielerei und Käserollen aus Plastik, als Touristenspektakel präsentiert. Der wirkliche Käsehandel findet woanders statt.
Um 17 Uhr springen die Dieselmotoren an. Mit leisem Brummen verlässt die De Willemstad entlang der Kulisse der Altstadt Alkmaar. Es gibt viele Zugbrücken stadtauswärts. Mit der geballten Kraft der Hydraulik heben sie sich langsam, um das Schiff durchzulassen. Der zweite Kapitän steuert es mit sicherer Hand durch die engen Passagen. Es sind vor allem Radfahrer, die darauf warten, dass die Brücke sich wieder senkt und ihnen freie Durchfahrt gewährt.
Um 17 Uhr springen die Dieselmotoren an. Mit leisem Brummen verlässt die De Willemstad entlang der Kulisse der Altstadt Alkmaar. Es gibt viele Zugbrücken stadtauswärts. Mit der geballten Kraft der Hydraulik heben sie sich langsam, um das Schiff durchzulassen. Der zweite Kapitän steuert es mit sicherer Hand durch die engen Passagen. Es sind vor allem Radfahrer, die darauf warten, dass die Brücke sich wieder senkt und ihnen freie Durchfahrt gewährt.
Drei Stunden fahren wir Richtung Norden, drei Stunden durch die endlos weite Landschaft, die vom Sonnendeck noch endloser zu sein scheint. Drei Stunden immer wieder mit Blick auf schmucke Einfamilienhäuser, die mit ihren gepflegten Vorgärten ganze Jahrgänge der Zeitschrift „Schöner Wohnen“ füllen könnten. Schließlich erreichen wir das Wattenmeer. Der Wellengang ist ruhig. Der Kapitän entscheidet, dass wir über die Nordsee zur Insel Texel hinüberfahren. Das erspart uns die frühe Fährfahrt am nächsten Morgen. Dunkle Wolken ballen sich am Himmel, ein dramatisches Bild. Doch sie drohen nur. Die See bleibt unbeeindruckt.
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Ein Keramikstand steht an einer Hofeinfahrt. Allerlei Vögel und Meeresgetier sind in Ton gebrannt und können käuflich erworben werden. Das Geld wirft man in einen Schlitz am Verkaufsstand. Vertrauen wird hier großgeschrieben, nicht nur an diesem, sondern auch an weiteren Ständen rechts und links des Weges, an denen erntefrisches Obst und Gemüse angeboten wird.
1646 prangt in großen Zahlen an der Kirchenfassade. Fast 400 Jahre steht die Kirche schon hier und wacht über die Ruhe der Verstorbenen zu ihren Füßen. Viel kleiner als die Kirche sind die Häuser der Lebenden der kleinen Ortschaft Den Hoorn, kleine Katen eng aneinandergerückt, um Schutz vor dem steten Wind zu haben. Mitten im Ort, vor dem Einkaufsmarkt, steht ein Trinkwasserspender. Wanderer, ob mit oder ohne Rad, können hier ihre Trinkwasserflasche auffüllen. Renate probiert ihn aus und springt erschrocken zurück. Ein starker Strahl schießt aus dem Rohr. Ich muss meine Flasche nicht auffüllen. Wir sind ja erst eine Stunde unterwegs.
Zu meiner Überraschung taucht kurz hinter Den Hoorn ein Waldgürtel auf. Mehrere Kilometer bis De Koog gibt er uns Schutz vor dem kühlen Wind. In De Koog ist Mittagspause angesagt. Marktstände, an denen sich die Touristen vorbeischieben, füllen die Gassen. Der Ort ist auf sie eingerichtet. Nicht nur der Markt, sondern auch der weiße Sandstrand zieht viele an. Wir lassen uns in einem der zahlreichen Restaurants nieder und beobachten bei einem Berg Pommes das bunte Treiben.
1646 prangt in großen Zahlen an der Kirchenfassade. Fast 400 Jahre steht die Kirche schon hier und wacht über die Ruhe der Verstorbenen zu ihren Füßen. Viel kleiner als die Kirche sind die Häuser der Lebenden der kleinen Ortschaft Den Hoorn, kleine Katen eng aneinandergerückt, um Schutz vor dem steten Wind zu haben. Mitten im Ort, vor dem Einkaufsmarkt, steht ein Trinkwasserspender. Wanderer, ob mit oder ohne Rad, können hier ihre Trinkwasserflasche auffüllen. Renate probiert ihn aus und springt erschrocken zurück. Ein starker Strahl schießt aus dem Rohr. Ich muss meine Flasche nicht auffüllen. Wir sind ja erst eine Stunde unterwegs.
Zu meiner Überraschung taucht kurz hinter Den Hoorn ein Waldgürtel auf. Mehrere Kilometer bis De Koog gibt er uns Schutz vor dem kühlen Wind. In De Koog ist Mittagspause angesagt. Marktstände, an denen sich die Touristen vorbeischieben, füllen die Gassen. Der Ort ist auf sie eingerichtet. Nicht nur der Markt, sondern auch der weiße Sandstrand zieht viele an. Wir lassen uns in einem der zahlreichen Restaurants nieder und beobachten bei einem Berg Pommes das bunte Treiben.
Hinter De Koog trennen sich unsere Wege. Renate nimmt einen kürzeren Weg über die Inselmitte zum Schiff. Mich zieht es zum Leuchtturm an der Nordspitze. Jetzt dankt mir der Wind für meine Geduld am Morgen. Wie der Blitz sause ich entlang der Dünen nach Norden. Ich bedauere die mir Entgegenkommenden, die gegen den Wind ankämpfen. Väter reden beruhigend auf ihre Kinder ein, die am liebsten wieder umkehren würden.
Schließlich taucht der Leuchtturm auf. Rot mit weißer Spitze erhebt er sich über den Dünen, eine Handvoll Häuser kauern sich neben ihm. Nun weiß ich auch, wo all die Radfahrer von der Fähre hinwollten. Hier haben sie sich versammelt, im Restaurant, am Strand, rund um den Leuchtturm. Ihre Räder stehen Spalier. Im Café schöpfen sie Kraft und Energie bei Kaffee und Kuchen.
Schließlich taucht der Leuchtturm auf. Rot mit weißer Spitze erhebt er sich über den Dünen, eine Handvoll Häuser kauern sich neben ihm. Nun weiß ich auch, wo all die Radfahrer von der Fähre hinwollten. Hier haben sie sich versammelt, im Restaurant, am Strand, rund um den Leuchtturm. Ihre Räder stehen Spalier. Im Café schöpfen sie Kraft und Energie bei Kaffee und Kuchen.
Alle meine eigenen Versuche, die Windmaschine zu drehen, schlagen fehl. Jetzt muss ich meine ganze Kraft in die Pedale legen. Der Wind kommt seitlich von vorne und freut sich, mir Paroli zu bieten. Endlos weit geht es am Damm entlang. Nicht nur der Radweg ist asphaltiert, sondern auch die Böschung bis hinunter zur Brandung. Mir wird die Meerseite zu langweilig. Bei nächster Gelegenheit wechsle ich zur Landseite des Damms. Dort liegt eine schmale Straße. Sie führt mich zum Vogelschutzgebiet Waddenparel Utopia. Allerlei Vögel kann ich mit meinem Teleobjektiv beobachten. Ob es sich um Bartmänner, Ringelgänse, Pfeifenten oder Stelzenläufer handelt, wie ich der Infotafel entnehme, kann ich nicht sagen. Dazu fehlen mir als ornithologischem Laien die Kenntnisse. Die Vögel selbst kann ich nicht fragen. Die beiden Ranger in Uniform hinter mir achten peinlichst darauf, dass ich mich ihnen nicht nähere.
Wäre mir nicht die Skulptur mit den beiden Schafen aufgefallen, dann hätte ich dieses Kleinod sicher verpasst. Hinter der Skulptur stehen Picknicktische und die kommen mir gerade recht. Eine Getränkekarte bietet mir diverse Erfrischungen an. Da niemand kommt, betrete ich das Gebäude. Ich stehe in einem Kirchenraum mit Orgel und Kanzel. Bevor ich Weiteres wahrnehmen kann, werde ich gefragt: „Wollen Sie ein Eis?“. Ein Eis in einer Kirche? Ich bin verwundert. Kurze Denkpause meinerseits. Der Wind hat mich ja ziemlich durchfroren, aber hier im Raum ist es angenehm warm. Warum nicht? Also sage ich zu. Die Kasse ist im Hinterraum. Quel Surprise, welch eine Überraschung! Ich stehe in einer Kolonialwarenhandlung von anno dazumal. Natürlich darf ich fotografieren. Eine Stiftung hat in dieser ehemaligen Mennonitenkirche ein Begegnungszentrum eingerichtet. Neben dem kleinen Museum und der Gastronomie gibt es auch eine Gemäldegalerie und Konzerte. Das Gebäude im Mittelpunkt von Oosterend ist die älteste Kirche Texels, mit Ursprüngen aus dem 12. Jahrhundert. Zweimal im Jahr, so erfahre ich, findet ein Gottesdienst statt. Dann kommen auch Orgel und Kanzel wieder zum Einsatz. Weil es viele verschiedene Glaubensgemeinschaften in Oosterend gab, galt der Ort früher als Jerusalem des Nordens. Von ehemals sieben Kirchen sind nur noch drei übriggeblieben. Grün schwarze Fahnen wehen an vielen Häusern. Tische und Stühle stehen neben der Haustür und werden auch benutzt, wie ich beim Verlassen von Oosterend sehen kann. Ich werde freundlich gegrüßt.
Mir scheint, dass der Wind zugenommen hat. Die Energiereserve in meinem Akku schmilzt dahin wie Eis in der Sonne. Kurz vor dem rettenden Hafen blinkt die Anzeige auf: LEER. Die letzten 500 Meter geht es biomäßig weiter. Puh, gerade noch geschafft.
Mir scheint, dass der Wind zugenommen hat. Die Energiereserve in meinem Akku schmilzt dahin wie Eis in der Sonne. Kurz vor dem rettenden Hafen blinkt die Anzeige auf: LEER. Die letzten 500 Meter geht es biomäßig weiter. Puh, gerade noch geschafft.
Vierte Tour - Ijsselmeer und Friesland
Es hat schon was, wenn man noch im Bett liegt, vor dem Fenster die Morgensonne ihre Strahlen auf die Wellen wirft, den Möwen beim Segeln zuschaut und das Schiff übers Wattenmeer gleitet. Das Fenster, das bis zum Boden reicht, muss leider zubleiben, damit es nicht in die Kabine spritzt.
Es ist 10 Uhr. Vor der Gangway drängeln sich ungeduldig 90 Radler und Radlerinnen und warten darauf, dass das Schiff am Pier von Stavoren anlegt. Wir warten in der Kabine, bis der Pulk sich aufgelöst hat. Eben fallen die letzten Tropfen eines Regenschauers. Dann starten auch wir. Der Fisch hat sein Maul gewaltig aufgerissen, Wasserfontänen spritzen ins Innere. Doch er will nur spielen.. |
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Entlang des mehrere Meter hohen Deichs, an dem, wie könnte es anders sein, Schafe weiden, schiebt uns der Wind gen Süden. Eine Anhöhe tut sich vor uns auf. Sie ist nicht sonderlich hoch, vielleicht zehn Meter oder etwas mehr. Aber in diesem Flachland fällt sie schon auf. Es ist das Rote Kliff. Oben prangt auf einem Findling die Schrift: „leaver dea as slaef“. Ich ahne den Sinn, frage aber den Google-Übersetzer. Dieser versteht nur Bahnhof, da die App der friesischen Sprache nicht mächtig ist. Es bedeutet „Lieber tot als ein Sklave“. Das Mahnmal erinnert an die Schlacht zwischen Holländern und Friesen im Jahr 1345. Diese endete mit einem überwältigenden Sieg der Friesen. Seit dem 12. Jahrhundert gab es in Friesland die sogenannte friesische Freiheit. Leibeigenschaft und Feudalherrschaft waren abgeschafft. Dem holländischen Grafen Wilhelm IV. missfiel dies. Er strebte nach mehr Macht. Doch hier holte er sich eine blutige Nase. Noch heute haben die Friesen das Recht auf ihre eigene Sprache. Jens, unser Tourenleiter, der aus Friesland stammt, erzählt uns stolz, dass Friesisch in der Grundschule ein Pflichtfach ist.
Bei uns zeigt der Wetterhahn, woher der Wind weht. Hier ist es die Wetterkuh mit prallem Euter. Renate fällt auf, dass die Bauernhöfe anders aussehen als bei Alkmaar oder auf Texel. Im vorderen, kleineren Teil lebt die Familie. Im größeren Teil sind Stall und Scheune untergebracht. Dass das Haus mit Reet gedeckt ist, versteht sich von selbst. Schilf gibt es hier im Überfluss.
Mirns heißt der kleine Ort, auf dessen Friedhof ein weißer Glockenturm steht. Diese Türme in offener Holzbalkenkonstruktion sind typisch für Friesland. Dieser hier hat noch eine weitere Bedeutung. Am 22. Dezember 1943 wurde ein US-amerikanisches Flugzeug von einer deutschen Rakete getroffen und stürzte über dem Friedhof ab. Der Glockenturm aus dem Jahr 1723 wurde dabei zerstört, ein neuer nach dem Krieg als Ersatz und zur Erinnerung errichtet.
Bei uns zeigt der Wetterhahn, woher der Wind weht. Hier ist es die Wetterkuh mit prallem Euter. Renate fällt auf, dass die Bauernhöfe anders aussehen als bei Alkmaar oder auf Texel. Im vorderen, kleineren Teil lebt die Familie. Im größeren Teil sind Stall und Scheune untergebracht. Dass das Haus mit Reet gedeckt ist, versteht sich von selbst. Schilf gibt es hier im Überfluss.
Mirns heißt der kleine Ort, auf dessen Friedhof ein weißer Glockenturm steht. Diese Türme in offener Holzbalkenkonstruktion sind typisch für Friesland. Dieser hier hat noch eine weitere Bedeutung. Am 22. Dezember 1943 wurde ein US-amerikanisches Flugzeug von einer deutschen Rakete getroffen und stürzte über dem Friedhof ab. Der Glockenturm aus dem Jahr 1723 wurde dabei zerstört, ein neuer nach dem Krieg als Ersatz und zur Erinnerung errichtet.
Hinter Mirns biegen wir vom Ijsselmeer ab. Ein schmaler, betonierter Weg führt durch ein Wäldchen. Der Weg ist noch feucht vom Regen der Nacht. Hemelum steht auf dem Ortsschild und darunter Himmelum. Die Ortsschilder sind zweisprachig. Wir halten an der russisch-orthodoxen Kirche. Ich stelle mein Rad im Hof ab, neben einem anderen. Die Kirchentür steht offen, ich will hinein. „Da kannst du dein Fahrrad nicht lassen“, ruft Renate mir zu, „Da kommt eine Prozession.“ „Aber da steht doch schon ein Fahrrad“, antworte ich und schaue vorsichtshalber um die Ecke zurück. Da kommt tatsächlich eine Prozession. Ich schiebe mein Rad schnell auf die Straße. Der Pope, mit goldenem Ornat und der typischen schwarzen Kopfbedeckung bekleidet, schreitet einem Dutzend Gläubigen voran. Neben der Kirche bleibt er stehen, vollzieht Rituale, die mir fremd sind. Wir nutzen den Moment, um uns das Innere der Kirche anzuschauen. Die Kirche ist Teil des Klosters des Heiligen Nikolaus. Höflich warten wir, bis die Gläubigen mit ihrem geistlichen Oberhaupt wieder in der Kirche sind und die Tür verschlossen wird. Dann fahren wir weiter. Warum, so frage ich mich, gibt es hier, fernab von Russland, eine russisch-orthodoxe Gemeinde. Diese nutzt seit 1999 die ehemals reformierte Kirche als Kloster. Selbst das allwissende Google kann mir nicht weiterhelfen. Möglicherweise hängt es mit den Flüchtlingen zusammen, die Russland nach der Oktoberrevolution wegen ihres Glaubens verlassen haben. Immerhin hat der Ortsname etwas mit ihrem Glauben zu tun. Hier sind sie im Himmel.
Hinter dem Ort breitet sich eine Seenplatte aus. Zeit für ein Mittagspicknick. Am Ufer treffen wir Peter und Renate, unsere netten Tischnachbarn vom Schiff. Boote mit weißen Segeln ziehen über das blaue Wasser. Darüber wölbt sich ein herrlicher Monet-Himmel. Jetzt zeigt er sich uns endlich in seiner ganzen Pracht. Leider können wir nicht den ganzen Tag an diesem herrlichen Platz verweilen und die Badesachen haben wir auch nicht dabei. Also aufs Rad geschwungen und weiter nach Koudum geradelt. Der Ort liegt auf der anderen Seite des Sees. Diesmal überqueren wir das Wasser nicht via Fähre oder Brücke, sondern fahren unter ihm hindurch. Es fließt in einer Betonwanne über Radweg und Straße. Bevor ich meine Kamera gezückt habe, passiert schnell noch ein Segelboot die Engstelle. Bleibt nur ein Foto ohne Schiff
Wir werden Herz-lich empfangen. Es ist die wehende Flagge von Friesland mit vielen roten Herzen. Gleich am Ortseingang steht auch eine Windmühle. Die Szene ist fast schon kitschig. Ein Seerosenteich im Vordergrund, die Mühle umgeben von einer knallgrünen Wiese, garniert mit bunten Blumen. Es fehlt nur noch die Kuh. Eigentlich wollen wir im Zentrum von Koudum nur einen Kaffee trinken. Doch eine Gruppe von Frauen zieht sofort Renates Aufmerksamkeit auf sich. Sie haben Arbeitstische neben der Straße aufgestellt und bearbeiten Marmor und andere Steine mit Hammer und Meißel. Es ist eine Künstlergruppe vom Bildhauerzentrum. Renate steigt in Fachsimpelei ein, während ich fotografiere.
Hindeloopen ist ein kleiner Freizeithafen am Ijsselmeer. Aber nicht nur das. Künstler haben sich in dem malerischen Ambiente angesiedelt. Typisch für die Region sind die mit einer Art Bauernmalerei verzierten Fensterläden. Traditionelle Muster werden auch auf Stoffe gedruckt.
Unsere Tourenleiter präsentieren uns jeden Abend zwei Routen, die sie für den Folgetag empfehlen. Eine ist 30 bis 40 km lang, die andere 50 km. Dazu gibt es Tipps für besonders schöne Flecken entlang der Strecke. Hier in Hindeloopen treffen sich beide Routen. Natürlich sind die Ortsschilder wieder zweisprachig und natürlich treffen wir hier wieder viele Mitreisende. Die von uns gebuchte Schiff-Rad-Reise ist eine sogenannte halb geführte Reise. Das heißt, dass jede und jeder fahren kann, wie er will. Die detaillierte Karte lässt Spielraum offen. Die vorgeschlagenen Routen sind an interessanten Sehenswürdigkeiten ausgerichtet. Wir folgen ihnen gerne. Karin und Jens, die beiden sympathischen Tourenleiter, sind mit ihren Rädern auch den ganzen Tag auf den beiden Strecken unterwegs. Falls es zu Pannen oder Notfällen kommt, sind sie schnell zur Stelle.
Unsere Tourenleiter präsentieren uns jeden Abend zwei Routen, die sie für den Folgetag empfehlen. Eine ist 30 bis 40 km lang, die andere 50 km. Dazu gibt es Tipps für besonders schöne Flecken entlang der Strecke. Hier in Hindeloopen treffen sich beide Routen. Natürlich sind die Ortsschilder wieder zweisprachig und natürlich treffen wir hier wieder viele Mitreisende. Die von uns gebuchte Schiff-Rad-Reise ist eine sogenannte halb geführte Reise. Das heißt, dass jede und jeder fahren kann, wie er will. Die detaillierte Karte lässt Spielraum offen. Die vorgeschlagenen Routen sind an interessanten Sehenswürdigkeiten ausgerichtet. Wir folgen ihnen gerne. Karin und Jens, die beiden sympathischen Tourenleiter, sind mit ihren Rädern auch den ganzen Tag auf den beiden Strecken unterwegs. Falls es zu Pannen oder Notfällen kommt, sind sie schnell zur Stelle.
Bislang hat uns der Rückenwind verwöhnt. Doch ab Hindeloopen geht es den Damm entlang nach Westen. Diesmal sind die Schafe etwas neugieriger als gestern. Der von Texel her gefürchtete Gegenwind hat sich abgeschwächt. So bleibt mir viel Gelegenheit, mich über den tollen Himmel über der endlosen grünen Landschaft zu freuen. Petrus wetteifert heute mit Monet und Matisse, wer den schönsten Himmel zaubern kann.
Fünfte Tour - Alte Schifffahrtstradition am Zuiderzee
Heute Morgen passt alles wieder. Während der Überfahrt übers Ijsselmeer können wir vom Bett aus sehen, wie die Regentropfen auf das Wasser fallen. Doch als das Schiff in Medemblik anlegt, verabschiedet sich der Regen und die Sonne lugt hinter den Wolken hervor. Hinter dem Damm liegt der alte Bahnhof. Wir überqueren die Gleise und starten auf die heutige Strecke. Noch fahren viele aus unserer Reisegruppe im Pulk, doch da jeder sein eigenes Tempo hat, löst sich der Stau bald auf.
Holland ist Tulpenland. Im Frühjahr gleicht das Land in vielen Regionen einem bunten Fronleichnamsteppich. Nun haben wir Sommer. Daher überrascht es mich, als wir an einem einige Hektar großen Tulpenfeld vorbeikommen. Die Pracht ist schon am Verblühen. Sehr augenfällig ist auch die Spur des Orkans.
In Twisk fallen mir gleich die typischen Bauernhäuser dieser Region auf. Es sind große Gebäude mit einem Pyramidendach, die Scheune ist integriert. Die wenigsten dienen noch dem ursprünglichen Zweck. Inzwischen stehen nicht mehr Pflug und Leiterwagen in der Scheune, sondern Erst- und Zweitauto, die Fahrräder und der Wohnwagen. Heute fahre ich wieder eine größere Strecke als Renate. Am malerischen Kanal verabschiede ich mich von ihr. Renate will sich eine Auszeit am Meer nehmen und vielleicht auch malen, während es mich in die alte Hafenstadt Hoorn zieht.
Nibbixwoud ist ein lustiger Ortsname. Ob hier wohl Asterix und Obelix ihren Alterswohnsitz haben? Lustig ist auch der Blikvanger am Radweg. Der Blickfänger, so die deutsche Übersetzung, ähnelt einer Reuse. Doch statt Meeresgetier fängt er den Abfall, den Radfahrer im Vorbeifahren hineinwerfen. Die Blikvanger werden tatsächlich benutzt, wie ich an den Randstreifen der Radwege erkennen kann. Überhaupt ist mir die ganze Zeit schon aufgefallen, wie sauber es entlang der Radwege und rund um die Picknickplätze ist, auch dort, wo es keine Blikvanger gibt.
In Twisk fallen mir gleich die typischen Bauernhäuser dieser Region auf. Es sind große Gebäude mit einem Pyramidendach, die Scheune ist integriert. Die wenigsten dienen noch dem ursprünglichen Zweck. Inzwischen stehen nicht mehr Pflug und Leiterwagen in der Scheune, sondern Erst- und Zweitauto, die Fahrräder und der Wohnwagen. Heute fahre ich wieder eine größere Strecke als Renate. Am malerischen Kanal verabschiede ich mich von ihr. Renate will sich eine Auszeit am Meer nehmen und vielleicht auch malen, während es mich in die alte Hafenstadt Hoorn zieht.
Nibbixwoud ist ein lustiger Ortsname. Ob hier wohl Asterix und Obelix ihren Alterswohnsitz haben? Lustig ist auch der Blikvanger am Radweg. Der Blickfänger, so die deutsche Übersetzung, ähnelt einer Reuse. Doch statt Meeresgetier fängt er den Abfall, den Radfahrer im Vorbeifahren hineinwerfen. Die Blikvanger werden tatsächlich benutzt, wie ich an den Randstreifen der Radwege erkennen kann. Überhaupt ist mir die ganze Zeit schon aufgefallen, wie sauber es entlang der Radwege und rund um die Picknickplätze ist, auch dort, wo es keine Blikvanger gibt.
Zuerst fällt mir das schöne Bahnhofsgebäude auf, dann dahinter der alte Güterwaggon mit ein paar Fässern. Ein schönes Fotomotiv. Doch dazu muss ich in die Seitenstraße, um aufs Bahnhofsgelände zu kommen. Dort steht André de Vries, der Bahnhofsvorsteher. Als ich ihn um ein Foto bitte, ruft er „Moment mal“, und verschwindet im Gebäude. Dann kommt er wieder, in voller Montur, mit roter Mütze und Signalkelle. „Jetzt“, sagt er stolz. Während ich meine Fotos mache, erzählt er mir die Geschichte dieser Bahn. Gerade vor zehn Minuten ist der Nostalgiezug abgefahren. Den habe ich leider verpasst. Die 21 Kilometer lange Strecke von Hoorn nach Medemblik ist eine der vielen Nebenstrecken, die von der niederländischen Staatsbahn stillgelegt werden sollte. Fünfzig Jahre lang wurden Personen befördert, von 1939 bis 1966 aber nur noch Gemüse, Obst und Vieh. 1968 bildete sich die Initiative „Museumstoomtram Hoorn-Medemblik“, welche 1972 die Bahnstrecke anmietete und als Museumsbahn weiterbetrieb. Im Jahr 2000 wurde dann die gesamte Strecke mit allen Einrichtungen von der Staatsbahn erworben. Man restaurierte den Bahnhof Wognum-Nebbixwoud und richtete ihn als Museum her. Der Nostalgiezug fährt jeden Tag von Anfang April bis Mitte Oktober. Heute habe ich ihn, wie schon gesagt, bedauerlicherweise verpasst. Der Betrieb der Museumsbahn ist eine stolze Leistung, die von den ehrenamtlichen Mitgliedern erbracht wird. Mit einem „Dankeschön“ meinerseits und einer „Gute Reise“ seinerseits verabschiede ich mich von André de Vries und schwinge mich auf mein Stahlross.
Es rollt sich locker auf den asphaltiert Radwegen, aber es hoppelt bisweilen auch auf den gepflasterten Straßen. Radfahren macht in diesem Land besonders viel Spaß. Wieder einmal geht es eine Zeitlang mit Weitsicht. Ein Graureiher steht jenseits eines Grabens vor der malerischen Kulisse einer Windmühle. Er steht regungslos und scheint mich keines Blickes zu würdigen. Dabei bin ich mir sicher, dass er mich aus seinen Augenwinkeln genau beäugt. Keine Angst, lieber Graureiher, ich komme dir nicht zu nahe. Dir nicht und den Blesshühnern und den vielen anderen Wildvögeln auch nicht.
Die drei Schiffsjungen der Bontekoe sitzen immer noch am Hafen und warten. Doch das Schiff ist schon im Jahr 1618 mit Ziel Ostindien in See gestochen. Damals war Hoorn einer der bedeutendsten Seehäfen Hollands. Heute liegen immer noch viele historisch anmutende Segelschiffe im Hafen. Doch sie dienen nur noch dem Freizeitvergnügen von Touristen, die sich für einen Segeltörn übers Ijsselmeer einbuchen. Auch viele Jachten statten dem schönen Städtchen einen Besuch ab. Ich schiebe mein Rad durch die Fußgängerzone, schaue in schmale Seitengassen, schlendere über Ziehbrücken und erreiche den Strand.
Eine Faust ist zum Himmel gestreckt, das Handgelenk an eine eiserne Schelle angekettet. Hoorn hat auch eine düstere Vergangenheit. Vier ähnliche Skulpturen erinnern an den Todesmarsch von fünf zufällig ausgewählten Männern, die am 4. Januar 1944 von den deutschen Besatzern als Vergeltung für den Tod eines SS-Rottenführer hingerichtet wurden. Mich schaudert es bei dem Gedanken.
In einem großen Halbbogen liegt die Stadt an der Zuiderzee, einem vor Jahrzehnten abgetrennten Teil des Ijsselmeeres. Im 17. Jahrhundert war Hoorn einer der wichtigsten Handelshäfen Hollands. Welche Bedeutung er hatte, zeigt sich daran, dass die Stadt Namensgeberin des Kap Hoorn in Südafrika ist. Als Amsterdam dem Hafen den Rang ablief, wandelte er sich zu einem wichtigen Fischereihafen. Doch auch das ist Geschichte. Es gibt nur noch wenige Fischer. Einer von ihnen sitzt im Schatten und flickt sein Netz. Derweil ich meine Gedanken zu Papier bringe, schwankt der Ponton, auf dem die Lounge ihre Tische hat, und erinnert mich an die Überfahrt heute Morgen.
Eine Faust ist zum Himmel gestreckt, das Handgelenk an eine eiserne Schelle angekettet. Hoorn hat auch eine düstere Vergangenheit. Vier ähnliche Skulpturen erinnern an den Todesmarsch von fünf zufällig ausgewählten Männern, die am 4. Januar 1944 von den deutschen Besatzern als Vergeltung für den Tod eines SS-Rottenführer hingerichtet wurden. Mich schaudert es bei dem Gedanken.
In einem großen Halbbogen liegt die Stadt an der Zuiderzee, einem vor Jahrzehnten abgetrennten Teil des Ijsselmeeres. Im 17. Jahrhundert war Hoorn einer der wichtigsten Handelshäfen Hollands. Welche Bedeutung er hatte, zeigt sich daran, dass die Stadt Namensgeberin des Kap Hoorn in Südafrika ist. Als Amsterdam dem Hafen den Rang ablief, wandelte er sich zu einem wichtigen Fischereihafen. Doch auch das ist Geschichte. Es gibt nur noch wenige Fischer. Einer von ihnen sitzt im Schatten und flickt sein Netz. Derweil ich meine Gedanken zu Papier bringe, schwankt der Ponton, auf dem die Lounge ihre Tische hat, und erinnert mich an die Überfahrt heute Morgen.
Frisch gestärkt verlasse ich die sympathische Stadt. Zwischen Hoorn und Enkhuizen gibt es nichts, nichts außer weiter Landschaft. Der Orkan der letzten Woche hatte hier freie Bahn. Rechts und links des Weges liegen abgerissene Äste und umgestürzte Bäume. Wären da nicht die drei hoppelnden Hasen auf der Wiese, so hätte ich überhaupt keinen Erinnerungspunkt. Auch heute Nachmittag weht der Wind kräftig und schiebt mich über das Flachland.
Enkhuizen liegt im Sonnenschein. Ich treffe Renate in einer Eisdiele, vor ihr zur Belohnung ein gigantischer Eisbecher. Wir drehen gemeinsam eine Runde durch die Stadt, dann geht es zum Schiff. Gut ein Dutzend Segelschiffe für Gruppentörns liegen im Hafen. Jugendliche scharen sich in Gruppen am Pier. Das wird wohl keine leise Nacht für uns. Aber was soll es. Ich erinnere mich an meine ausgelassene Jugendzeit.
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Hinter dem Ort stoße ich auf das typisch holländische Klischee, Kühe auf grüner Wiese mit Windmühle als Hintergrund. Also Foto raus. Mir fällt auf der Wiese ein verwittertes Holzschild auf. „anno 1530“ steht darauf. Weitere folgen. Sie zeigen wohl an, wann dieses Stück Land dem Meer abgerungen wurde. Nicht umsonst heißt diese Region Waterland. Heute noch ist diese Region von besonders vielen Kanälen durchzogen.
„Nein, ich bin nicht die Frau Antje“, so werden wir lächelnd in der Biokäserei Henri Willig begrüßt. Obwohl, das muss ich sagen, hätte sie in jungen Jahren durchaus für die Werbung Model stehen können. Wir erfahren viel über die Käseherstellung und dürfen anschließend im Verkaufsraum gefühlte fünfzig Sorten Käse probieren. In dieser Käserei wird trotz der Nähe zu Edam schmackhafter Gouda hergestellt. Der Unterschied liegt in der Milch. Für Edamer Käse nimmt man teilentrahmte Milch, für Gouda Vollmilch. Das merkt man an der Konsistenz des Käses. Hier gibt es Käse von Kuh, Ziege und Schaf als junge, mittelalte und alte Varianten und mit vielen verschiedenen Geschmackszusätzen wie Kräutern, Knoblauch, Chili, Trüffel und und und. Unser Einkaufskorb wird immer voller und der Geldbeutel leerer. Draußen steht schon der Tankwagen mit frischer Milch, um die geplünderten Käsevorräte aufzufüllen.
Bunte Fähnchen flattern an den Hausfassaden von Monnickendam. Noch ist die Einfahrt durch das alte Tor erlaubt. Mir fällt auf, dass in der Hauptstraße die Hauseingänge unter dem Straßenniveau liegen. Auf einem schmalen Streifen dazwischen stehen Stühle und Tische. Das habe ich schon in anderen Orten gesehen. Woher diese Bauweise rührt, ist mir schleierhaft. Heute ist ein Fest angesagt. Bis 12 Uhr dürfen wir noch durchfahren, dann wird die Straße für jeglichen Verkehr gesperrt. Strohballen liegen am Straßenrand. Am Hafen zielen zwei schwere Kanonen auf ein altes Segelboot, eins von vielen, die hier am Pier liegen. Kostümierte Matrosen helfen Senioren aufs Schiff. In diesem Jahr wird in der ganzen Region der 450. Jahrestag des Sieges der niederländischen Flotte über die spanische Armada in der Schlacht an der Zuiderzee gefeiert. Auch sie war Teil des achtzigjährigen Krieges. Bereits vor einer Woche gab es hier den Sängerwettbewerb der Shanty-Chöre. An diesem Wochenende werden die Festlichkeiten fortgeführt.
An einem See machen wir Mittagspause. Im Süden sehe ich die Skyline von Amsterdam. Eine Ente kommt zutraulich zu mir. Sie nimmt geschickt und mit aller Vorsicht das von mir angebotene Stück Brot ohne meine Finger zu berühren. Jens, unser Tourenleiter, gönnt sich hier auch eine Pause. Er empfiehlt uns für unseren Nachmittagskaffee eine besondere Sehenswürdigkeit in Broek in Waterland. Also machen wir uns auf den Weg.
Ich habe hier noch nie holländische Radfahrer/innen klingeln hören. Hier weisen gleich zwei große Schilder daraufhin, es dennoch zu tun. Es geht durch eine Unterführung. Obwohl mir viele Fietser entgegenkommen, scheine ich der einzige zu sein, der sich daranhält. 1727 steht in großen Ziffern auf der Fassade der alten Kirche. Menschen kommen heraus, mit Kuchentellern und Kaffeetassen in der Hand. Es ist die Sint Nicolaaskerk aus dem Jahr 1628. Die ursprüngliche Kirche aus dem 14. Jahrhundert wurde 1573 von den Spaniern in Brand gesetzt. Wie ich schon von Bergen her weiß, habe, haben die Spanier damals eine Spur der Verwüstung hinterlassen. In der Kirche herrscht geschäftiges Treiben. Die umfangreiche Kuchentheke steht gegenüber dem Eingang, vor dem Altar lauschen einige Besucher den Musikern an Flügel und Gitarre, gegenüber ist ein Büchertisch aufgebaut. Außerhalb der Gebetszeiten wird die Kirche wohl als Gemeindezentrum genutzt. Die Kaffeepause tut uns gut.
Ich habe hier noch nie holländische Radfahrer/innen klingeln hören. Hier weisen gleich zwei große Schilder daraufhin, es dennoch zu tun. Es geht durch eine Unterführung. Obwohl mir viele Fietser entgegenkommen, scheine ich der einzige zu sein, der sich daranhält. 1727 steht in großen Ziffern auf der Fassade der alten Kirche. Menschen kommen heraus, mit Kuchentellern und Kaffeetassen in der Hand. Es ist die Sint Nicolaaskerk aus dem Jahr 1628. Die ursprüngliche Kirche aus dem 14. Jahrhundert wurde 1573 von den Spaniern in Brand gesetzt. Wie ich schon von Bergen her weiß, habe, haben die Spanier damals eine Spur der Verwüstung hinterlassen. In der Kirche herrscht geschäftiges Treiben. Die umfangreiche Kuchentheke steht gegenüber dem Eingang, vor dem Altar lauschen einige Besucher den Musikern an Flügel und Gitarre, gegenüber ist ein Büchertisch aufgebaut. Außerhalb der Gebetszeiten wird die Kirche wohl als Gemeindezentrum genutzt. Die Kaffeepause tut uns gut.
Bald erreichen wir an den Stadtrand von Amsterdam. Die vorgeschlagene Route haben wir hinter Broek in Waterland verlassen und radeln entlang eines langen Kanals. Linker Hand das weite Land, rechter Hand eine lange Reihe von Wochenendhäuschen mit Zugang zum Kanal. Kleine Boote liegen am Ufer, Seerosen dümpeln im Wasser. Die Stadtgrenze ist hier hart gezogen. Schließlich erreichen wir die De Willemstad. Auf eine Stadtbesichtigung verzichten wir. Diese und eine ausführliche Grachtenrundfahrt haben wir schon vor wenigen Jahren absolviert. Heute sind wir voller Eindrücke von dieser Woche, wollen nur noch Duschen und Ausruhen.
Mit dem Käpt'ns Dinner am Abend verabschiedet sich die Crew von uns. Damit endet eine Woche voller Erlebnisse und Eindrücke. Da war zum einen die einladende Atmosphäre an Bord dank der guten Führung der Crew durch den Kapitän, zum anderen die perfekte Vorbereitung auf die tägliche Strecke durch die beiden Tourenleiter. Mancher wird sagen, dass Holland nur endloses und langweiliges Flachland ist. Wer nur Kilometer abschrubben will, mag recht haben. Wer sich aber, wie wir, die Zeit nimmt, um die Regionen kennenzulernen, wird feststellen, wie abwechslungsreich die Details und die Geschichte ist. So lerne ich Land und Leute kennen. Die Kombination von Rad und Schiff hat uns auch gut gefallen. Unterm Strich resümiere ich eine abwechslungsreiche Reise der besonderen Art.