Beim Zeus . . . .
im Mai 2012
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Als der olle Zeus sich für Kreta zu seinem Lusturlaub mit der kleinen hübschen Europa entschied, ahnte er noch nicht, welchen Boom er damit auslösen würde. Wählte er noch den Wasserweg, so kommen die heutigen Urlauber in der Regel durch die göttlichen Lüfte.
Am Montag Morgen war alles ganz schnell gegangen. Der Wetterbericht bestätigte die unsichere feuchte Wetterlage in Mitteleuropa und meine Entscheidungsfreudigkeit beeindruckte die junge Reisebüro-Azubine, so dass wir uns in Minutenschnelle einigen und sie auf den Bestätigungsknopf drücken konnte. Zeus musste da bei Europa doch entschieden mehr Überzeugungskraft aufwenden.
Am Montag Morgen war alles ganz schnell gegangen. Der Wetterbericht bestätigte die unsichere feuchte Wetterlage in Mitteleuropa und meine Entscheidungsfreudigkeit beeindruckte die junge Reisebüro-Azubine, so dass wir uns in Minutenschnelle einigen und sie auf den Bestätigungsknopf drücken konnte. Zeus musste da bei Europa doch entschieden mehr Überzeugungskraft aufwenden.
Der kleine Rolli war schnell gepackt und so sitze ich jetzt gerade mal 40 Stunden später schon zwischen übermüdeten Urlaubern. Eigentlich mache ich ja keinen Urlaub, sondern unterbreche meinen 365-Tage-Urlaub zu Hause für eine Reise.
Schwarz ist die Nacht und ich bin voller Spannung, was mich auf der griechischen Insel erwartet. Den Berichten im Fernsehen zu Folge ist das Land nach den Wahlergebnissen vom Sonntag noch in Schockstarre.
Die Müdigkeit der Mitreisenden ist schnelle verflogen, als wir vor dem Flugzeug stehen. Angesichts dieses Fliegers freut sich mein Süßmäulchen, während die Besorgnis steigt, ob wir nicht unterwegs von Kindern vom Himmel gepflückt werden: „We fly Haribo.“
Schwarz ist die Nacht und ich bin voller Spannung, was mich auf der griechischen Insel erwartet. Den Berichten im Fernsehen zu Folge ist das Land nach den Wahlergebnissen vom Sonntag noch in Schockstarre.
Die Müdigkeit der Mitreisenden ist schnelle verflogen, als wir vor dem Flugzeug stehen. Angesichts dieses Fliegers freut sich mein Süßmäulchen, während die Besorgnis steigt, ob wir nicht unterwegs von Kindern vom Himmel gepflückt werden: „We fly Haribo.“
Pünktlich um 5:25 Uhr steigt der Flieger mit seiner Nase voran in die aufkommende Dämmerung. Die Lichter der Ortschaften werden immer kleiner und bald verschwinden sie im Einheitsgrau der heranziehenden Regenwolken. Im kühnen Schwung überquert der Flieger die Alpen, deren schneebedeckten Bergspitzen aus diesem Grau herausragen, hangelt sich dann entlang der kroatischen Küste entlang, bis sich über Tirana die Wolken zerstreuen und der Morgendunst mit seinem Weichzeichner die Landschaft modelliert.
Mit einer lauten Ankündigung beendet der Pilot meine Augenpflege und ich schaue auf das mit einer weißen Sahnehaube gekrönte Nordgebirge von Kreta. Der Schnee glitzert weiß in der Sonne.Ich fühle mich beim Herabgleiten wie Dädalus und der Steward reicht mir ein Tütchen Goldbären. Überhaupt, der Steward. Wie in einer guten Unterhaltungsshow moderiert er die Geschehnisse des Fluges, angefangen von der Begrüßung in Frankfurt über die Ankündigung der Brötchen, die allein durch seine Worte plötzlich wieder knusprig frisch zu werden schienen, bis hin zum Bordverkauf und die Abmoderation nach der Landung. Ich bedanke mich bei ihm herzlichst beim Verlassen des Fliegers. Doch noch sind wir in der Luft und bestaunen die Fähren, die im Hafen von Heraklion kleine weiße Rauchzeichen zur Begrüßung ausstoßen. Je tiefer wir kommen, desto mehr weicht das amorphe Einheitsbraun der mediterranen Landschaft einem zarten Grün, aus den weißen Flecken zwischen dem Grün schälen sich die einzelnen Häuser heraus und der schneebedeckte Gipfel des Psiloritis scheint schon zum Greifen nah. Wir fliegen fast das ganze Panorama der 250 Kilometer langen Nordküste ab, bis der Flieger in einer scharfen Rechtskurve auf den Landestrahl einbiegt und sanft auf der Rollbahn aufsetzt. Es ist kurz nach neun und Heraklion empfängt uns mit Sonnenschein und 20 Grad. Mit einem freundlichen Hallo und einem schrägen Blick auf meinen Kofferanhänger drückt mir die Reiseleitung ein kleines gerolltes Infoblatt in die Hand. Nein, die bunt bedruckten Broschüren bekomme ich nicht. Bei Discount-Travel gibt es nicht nur Discount-Preise sondern auch Discount-Infos. Macht nichts, will ja sowieso meine eigenen Wege gehen. Zweieinhalb Stunden dauert der Bustransfer vom Flughafen bis zum Eden Rock hinter Ierapetra. Anfangs ist er noch unermüdlich am Telefonieren. Erste Erkenntnis: auch hier gibt es die Flatrate. Gleich hinter Auffahrt auf die Schnellstraße eine Tankstelle. Angesichts der Spritpreise schlucke ich trocken. Die 2-Euro-Marke für bleifreies Super ist schon locker geknackt. Die Fahrt selbst ist schon eine halbe Inselrundfahrt. Die Städtchen und Orte entlang der Küste leben vom Tourismus. Dass hier bis vor drei Tagen noch ein erbitterter Wahlkampf stattgefunden hat, ist nicht ersichtlich. Virtuos steuert der Fahrer sein großes Gefährt durch die engen Gassen und Schluchten. Die letzte Stunde bin ich in dem großen Bus mit ihm alleine. An der Straße stehen immer wieder kleine Kirchen, Modelle auf einem Sockel. Bei einigen bekreuzt er sich, als wir vorbeifahren. Er lädt mich zu sich nach vorne ein. Ja, er könne sich vorstellen, dass die Wiedereinführung der Drachme der griechischen Wirtschaft hilft. Für Euro-Touristen werde dann die Reise nach Griechenland deutlich billiger und das zieht einen Boom nach sich, so hofft er. Damit könnten vielleicht die drückenden Schulden an die Banken und die EU zurückgezahlt werden. Ich spüre, wie die steigenden Preise auf seine Schultern drücken. Die letzte Viertelstunde bleibt er schweigsam, alleine mit sich und seinen bedrückenden Gedanken. |
die venezianische Festung von Ierapetra
IERAPETRA liegt an einer weit geschwungenen Bucht. Es ist die viertgrößte Stadt von Kreta mit fünfzehntausend Einwohner. Eine venezianische Festung, ein Fischerhafen, eine langgezogene Strandpromenade, ein bisschen Altstadt, mehr hat Ierapetra nicht zu bieten. Aber einen stolzen Titel trägt es: die südlichste Stadt von Europa.
Im Hafen dümpeln zwei Dutzend Fischerboote. Ein Reiseführer schwärmte noch vor 20 Jahren, wie idyllisch die Fischer am Sandstrand unter den Tamarisken sitzen und ihre Netze flicken. Die Tamarisken zieren den Sandstrand immer noch, doch die Fischer sind den Sonnenschirmen und Liegen für die Touristen gewichen, flicken die Netze jetzt auf ihren Booten. Viele sitzen auch einfach nur auf den zahlreichen Bänken im Schatten oder im Kafenion. Längst ist die Fischerei kein lohnender Erwerbszweig mehr. Noch wohnen viele von ihnen in den kleinen Katen am Kai. Aber die Arbeitslosigkeit ist hoch und so werden noch genügend Fischer täglich für einen dürftigen Fang aufs Meer fahren.
Im Hafen dümpeln zwei Dutzend Fischerboote. Ein Reiseführer schwärmte noch vor 20 Jahren, wie idyllisch die Fischer am Sandstrand unter den Tamarisken sitzen und ihre Netze flicken. Die Tamarisken zieren den Sandstrand immer noch, doch die Fischer sind den Sonnenschirmen und Liegen für die Touristen gewichen, flicken die Netze jetzt auf ihren Booten. Viele sitzen auch einfach nur auf den zahlreichen Bänken im Schatten oder im Kafenion. Längst ist die Fischerei kein lohnender Erwerbszweig mehr. Noch wohnen viele von ihnen in den kleinen Katen am Kai. Aber die Arbeitslosigkeit ist hoch und so werden noch genügend Fischer täglich für einen dürftigen Fang aufs Meer fahren.
Plötzlich kommt Unruhe auf. Hinter den gewaltigen Wellenbrechern, die die Hafenmauer zum offenen Meer hin schützen, bewegt sich ein Schwarm laut kreischender Möwen zur Hafeneinfahrt. Mal steigen sie hoch, mal jagen sie im Sturzflug nach unten, stets kreisend, als hätten sie ein Opfer im Blick. Dann geben sie den Blick frei auf ein kleines Fischerboot, das nun in die Einfahrt zum Hafenbecken einbiegt und den Kai an steuert. Zwei Fischer in ihren gelben Gummioveralls und gegerbten Gesichtern. Sobald das Boot vertaut ist, werden sie geschäftig. Aus Kästen und Plastiktüten werden Fische in Holzkisten verpackt, immer wieder Wasser zum Kühlen drüber geschüttet. Längst glimmt die Zigarette im Mund des Fischers nicht mehr, wandert nur noch von einem Mundwinkel zum anderen. Zügig wird der Fang auf ein Moped gepackt, ein kurzer Anruf mit dem Handy, dann wird der Fang weggebracht. Ganze drei Kisten mit Sardinen und kleinen Langusten ist die heutige Ausbeute. Kein Fang zum reich werden.
An den Ständern am Hafen hängen die Fetzen der Wahlplakate vom Sonntag, darüber wehen die Fahnen Griechenlands und der EU einträchtig im Wind. Wie lange noch?
Chillen im Kafenion hoch über dem Kai. An einem Tisch wird lautstark diskutiert. Es geht hier sicher nicht um ein Kochrezept. Das Kafenion ist nach wie vor die Männerdomäne. Hier werden Neuigkeiten ausgetauscht, die große Politik diskutiert oder einfach nur gesessen und gewartet. Gewartet, dass etwas passiert, das man den Freunden oder zu Hause erzählen kann: dass die Kleine Maria, die eben vom Moped steigt und ein paar Fischreste in das Hafenbecken wirft, in diesem Winter hübsch und erwachsen geworden ist; dass ein großer Fisch das Netz von Alexis heute Nacht zerrissen hat und er zwei Tage brauchen wird, um es wieder her zu richten; dass heute Vormittag nur 11 Touristen vorbei gekommen sind, viel weniger als in den Vorjahren; dass ein graubärtiger Deutscher schon seit einer halben Stunde etwas in sein Heft schreibt und immer wieder Fotos vom Hafen macht. Es geschieht so viel an diesem Tag, derweil die Boote lustlos im Hafen dümpeln.
Hinter dem Hafen liegt die Altstadt. Enge verwinkelte Gassen leiten meine Schritte kreuz und quer. Um die Mittagszeit wirkt sie wie ausgestorben. Nur der Pizzalieferdienst (Family Pizza) knattert mit seinem Moped um die Ecken, der eine oder andere müde Kater schlendert wie ich des Weges lang und die Wäsche tropft allenthalben von der Leine. Hier ist jeden Tag Waschtag. Blumen blühen in blechernen Dosen, kleine Idyllen haben sich die Bewohner geschaffen, hier, wo kein Platz für einen Vorgarten ist. Überall stehen Stühle, ausrangierte Sessel, Bänkchen, auf denen des abends, wenn die Hitze des Tages gebrochen ist, die Bewohner die Geschehnisse des Tages kommentieren. Aus den Fenstern dringen laute stimmen und Musik und so manche Türeinfassung zeugt vom biblischen Alter des Mauerwerks. Vielleicht sollte ich hier abends mal lang schlendern, wenn die Grills befeuert und vor fast jedem Haus einladende Gerüche verströmen. Selbst im Hof der kleinen Kapelle steht ein solcher, mit einem eisernen Kreuz verziert.
Am Platz vor der alten Moschee lasse ich mich nieder. Hier ist es etwas lebhafter, Kinder tollen über den Platz und Hunde kläffen dazu. Ich gönne mir ein typisch neugriechisches Gericht: Pizza. Irgendwie scheinen sich hier auch die Wege der wenigen Touristen zu kreuzen, die es bis nach Ierapetra geschafft haben.
Meinen staubigen griechischen Kaffee genehmige ich mir wieder im Kafenion am Hafen und schmökere in dem dicken Wälzer „Die Enden der Welt“, passend zu dieser Region. Die jahrhunderte lange türkische Herrschaft hat ihre Spuren hinterlassen: der Fernseher plärrt unaufhörlich. Es ist wie eine Pflichtübung. Wahrscheinlich läuft er auch weiter, wenn ich ihm das Stromkabel kappe, ein lärmendes Perpetuum Mobile. Selbst die Madonnen-Ikone in der Ecke neben der Kasse schaut ganz traurig.
Am Platz vor der alten Moschee lasse ich mich nieder. Hier ist es etwas lebhafter, Kinder tollen über den Platz und Hunde kläffen dazu. Ich gönne mir ein typisch neugriechisches Gericht: Pizza. Irgendwie scheinen sich hier auch die Wege der wenigen Touristen zu kreuzen, die es bis nach Ierapetra geschafft haben.
Meinen staubigen griechischen Kaffee genehmige ich mir wieder im Kafenion am Hafen und schmökere in dem dicken Wälzer „Die Enden der Welt“, passend zu dieser Region. Die jahrhunderte lange türkische Herrschaft hat ihre Spuren hinterlassen: der Fernseher plärrt unaufhörlich. Es ist wie eine Pflichtübung. Wahrscheinlich läuft er auch weiter, wenn ich ihm das Stromkabel kappe, ein lärmendes Perpetuum Mobile. Selbst die Madonnen-Ikone in der Ecke neben der Kasse schaut ganz traurig.
Eine andere Welt dagegen an der Strandpromenade, die zur Zeit verlängert wird. Hier reiht sich ein Restaurant an das andere und harret der Touristen, die hoffentlich wieder kommen werden. Hier sitzen auch junge Griechinnen im Bistro, trinken Bier und spielen Backgammon, und junge Pärchen turteln und schnäbeln, als seien sie allein auf der Welt. Hier lebt das junge, das moderne Griechenland. Der Einfluss von Coca Cola, Diesel und McDonald ist unverkennbar.
Selten habe ich ein derart intensives Geruchszusammenspiel erlebt wie gerade eben. Das Harz der Kiefern vermischt sich mit allerlei wilden Kräutern und Blüten und vereint sich zu einer unvergesslichen Symphonie. Ebelius creticus, stechendes Sternauge, Bocksbart, Brandkraut, wilder Salbei, Wermuth und Thymianminze, alle geben sich die Ehre. Ich sitze auf einem Steinblock weit oberhalb der Talsohle. Tief unten in der Schlucht plätschert ein Bach, das millionenfache Summen der Bienen, Wespen und Hummeln klingt wie eine 150.000-Volt-Hochspannungsleitung.
Den Mietwagen habe ich am Aufstieg zu diesem Wanderweg abgestellt. Ein dicker roten Pfeil zeigt mir den Weg und die Sonne schmilzt mit jedem Schweißtropfen überflüssige Pfunde dahin. Noch ein weiterer steiler aufstieg, immer der roten Markierung folgend, dann ist die Höhe erreicht. Nun folgt der Wanderweg einem alten Bewässerungskanal, rechts der Steilhang, links der Abgrund und bisweilen kühn über einen kleinen Einschnitt im Hang. Doch keine Angst, es gibt ein Geländer, 20 Zentimeter hoch. Das Tal wird enger und enger, der Weg windet sich um einige Felsen und dann begrüßt mich mit einem schallenden Rauschen ein grandioser Wasserfall.
Gut dreißig Meter fällt das Wasser über eine glatt gewaschene Felswand in einen kleinen Talkessel. Ich kann mich von diesem Anblick nicht losreissen. Mal sind es schmale Fäden, mal oberarmdicke Zungen, die herab fallen, sich an Vorsprüngen brechen, wieder zusammenfinden und in einem Stakkato auf die Oberfläche des Teiches treffen, um dann ruhig und gesittet den weiteren Weg ins Tal zu nehmen. Cleopatra, die die schönsten Stellen rund ums östliche Mittelmeer kannte, hat sich sicher in einer Sänfte hier hoch tragen lassen, um ihren wohlgeformten Körper, so wie Ra ihn schuf, in diesem sanften Wasserstrahl zu duschen. Ich meinerseits bin froh, dass ich Wanderschuhe trage, denn erst auf dem Rückweg erkenne ich, wie steil der Weg wirklich ist. Ich freue mich auf den Strahl der Dusche im Hotel am Eden Rock. |
Karg sind die Berge der Südostküste, steil stürzen sie ins Meer. Vier Gebirgsstöcke reihen sich auf Kreta von West nach Ost, hoch gedrückt, als die eurasische Scholle auf die afrikanische Scholle drückte sich dabei im Tertiär der dinarisch-taurische Gebirgsbogen auffaltete, oder auf gut Deutsch: damals ist neben Kreta auch die Balkanhalbinsel und das türkische Taurusgebirge entstanden. Auch heute gilt Kreta als erdbebengefährdet. Geografisch endet hier also Europa und ich bin gerade auf der Sonnenterrasse, derweil das Wetter im Norden Kretas etwas ungemütlich ist.
Ich folge der Küstenstraße bis ans Ende. Einsam ist es hier, noch einsamer als eh schon die ganze Insel und ohne der Tourismus wäre die Insel wahrscheinlich schon menschenleer. In 20 Jahren ist die Bevölkerung um 20 Prozent geschrumpft, abgewandert nach Athen und in die Industriezentren Europas, um uns dort mit Souflaki, Moussaka und Ouzo zu verwöhnen.
Die Berghänge sind durchlöchert wie Schweizer Käse und dazwischen immer wieder tief eingeschnittene Schluchten. Tausende von Tropfsteinhöhlen gibt es auf ganz Kreta, die anderen Höhlen sind nicht zu zählen. Die Warnung vor Steinschlag ist ernst zu nehmen. Die Erosion frisst die Substanz der Berge und immer wieder liegt zerborstenes Gestein auf der Straße.
Ich folge der Küstenstraße bis ans Ende. Einsam ist es hier, noch einsamer als eh schon die ganze Insel und ohne der Tourismus wäre die Insel wahrscheinlich schon menschenleer. In 20 Jahren ist die Bevölkerung um 20 Prozent geschrumpft, abgewandert nach Athen und in die Industriezentren Europas, um uns dort mit Souflaki, Moussaka und Ouzo zu verwöhnen.
Die Berghänge sind durchlöchert wie Schweizer Käse und dazwischen immer wieder tief eingeschnittene Schluchten. Tausende von Tropfsteinhöhlen gibt es auf ganz Kreta, die anderen Höhlen sind nicht zu zählen. Die Warnung vor Steinschlag ist ernst zu nehmen. Die Erosion frisst die Substanz der Berge und immer wieder liegt zerborstenes Gestein auf der Straße.
Lange muss ich vor der Pforte des Klosters Kapsa warten. Wie ein Vogelnest klebt es an einer Klippe hoch über dem Meer und wäre da nicht das kleine Kreuz auf einem Dach, dann wäre es von einem einsam gelegenen Gehöft nicht zu unterscheiden. Wortlos öffnet mir ein graubärtiger Mönch. Er ist, so scheint es mir, ein Nachkomme des eigenartigen Geronntoynnis, auch alter Johann genannt, der die letzten Jahre seines Lebens in einer Höhle oberhalb des Klosters kniend und betend verbracht haben soll. Für die Menschen dieser Region gilt er als Heiliger. Ich betrete den Innenhof, ein kleiner Garten Eden, der den Blick auf einen Garten freigibt, der eine Terrasse tiefer liegt. Geschrei einer Möwenrotte, die ein Fischerboot begleitet, dringt in die Stille hoch. Nach einigen Minuten wird es lauter, eine Pilgergruppe füllt den Hof. Die kleine Kapelle ist reich ausgestattet mit Ikonen entlang der Wände, auf den Pfeilern, am Kronleuchter, der fast die ganze Decke ausfüllt. Es riecht nach Weihrauch und Kerzenwachs. Der Fußboden ist ausgelegt mit aus Kieselsteinen geformten Ornamenten und an der Wand zum Felsen, in den die Kapelle gebaut ist, sind noch ursprüngliche Fresken aus dem 15. Jahrhundert, die der Bilderstürmerei der Türken nicht zum Opfer gefallen sind. Ich darf nicht fotografieren. Zwischen zwei Altären, die fast hinter Ikonengeschmückten und reich verzierten Holzwänden verschwinden, steht ein mit Silber ausgeschlagener Schrein, in dem der Schädel des alten Johann liegen soll. Die Pilger zünden kleine schmale Kerzen an und küssen die Bilder reihum. Fast alle haben Tüten mit Obst, Gemüse, Brot und Flaschen mit Olivenöl mitgebracht, die sie dem Mönch in die Hand drücken. Inzwischen erleuchten hunderte brennender Kerzen den kleinen Raum. Der Mönch hebt nun zu Sprechen an, erläutert wohl, das entnehme ich den Gesten, die Geschichte des Klosters und des Heiligen. Anschließend pilgere ich mit allen anderen durch die Hinterpforte hoch zu der Höhle des alten Johann. Hier darf ich fotografieren und einen Blick in die grandiose Schlucht werfen. Der Bach, der hier im Winter munter plätschert und das Schmelzwasser ins Meer trägt, ist jetzt schon versiegt. Blühender Oleander zeigt seinen Lauf an.
die Kirche von Goudouras
Ich verabschiede mich von dem zweiten Mönch und steige hinab in das kleine Tamariskenwäldchen, das an der Mündung des Bachlaufes ins Meer liegt, um in seinem Schatten ein kleines Picknick zu machen. Die Mittagshitze drückt. Auf dem Markt hatte ich mir morgens ein paar Birnen gekauft, die nun saftig die Butterkekse auf dem Weg zum Magen begleiten.Bis Goudouras folge ich noch der Straße. Es ist eines der vielen bäuerlich gebliebenen Dörfer an der Küste, ohne nennenswerten Tourismus. Mehr Plastikdächer als Ziegel sieht man hier. Von der Höhe aus erkennt man dann das Heer der Gewächshäuser, die Spalier stehen für die Obst- und Gemüseproduktion im Dienste der Industriestaaten Europas. Lediglich die kleine Kirche mit der blauen Kuppel sticht aus diesem Plastikmeer heraus und am Meer ein kleiner Minihafen. Lässt das Rauschen des Meeres mal nach, dann erklingen die Glocken der Ziegen, die dieses karge Land lieben, in meinem Ohr.
Überhaupt, die Kirchen. Sie sind allgegenwärtig, auch in diesem einsamen Landstrich. Klein sind sie und mit Kuppeldach. Die Kirchen gleichen eher mit ihrer großen nun den kleinen angehefteten Kuppeln einer Moschee. Manche haben auch ein halbrundes, tonnenförmiges Dach. Den Kirchturm suche ich vergebens. Die Glocken hängen am niedrigen Gebälk im Freien.
Frisch getüncht und meist mit rotem Ziegeldach stehen sie auf Klippen am Meer oder am Berghang, bisweilen hoch droben auf einer Bergesspitze und als Modelle am Straßenrand. Ursprünglich haben diese Modelle auf den Weg zu einer Kapelle hingewiesen, die irgendwo in der Einsamkeit der Berge steht. Heutzutage sind sie das gleiche wie bei uns die Kreuze neben der Straße: Mahnmale für Unfallopfer. Innen steht ein ewiges Licht, eine Ikone, vielleicht noch ein persönliches Bild. Die Nachfrage nach Miniaturkapellen scheint ungebrochen, es gibt sie im örtlichen Baumarkt in großer Vielzahl.
Überhaupt, die Kirchen. Sie sind allgegenwärtig, auch in diesem einsamen Landstrich. Klein sind sie und mit Kuppeldach. Die Kirchen gleichen eher mit ihrer großen nun den kleinen angehefteten Kuppeln einer Moschee. Manche haben auch ein halbrundes, tonnenförmiges Dach. Den Kirchturm suche ich vergebens. Die Glocken hängen am niedrigen Gebälk im Freien.
Frisch getüncht und meist mit rotem Ziegeldach stehen sie auf Klippen am Meer oder am Berghang, bisweilen hoch droben auf einer Bergesspitze und als Modelle am Straßenrand. Ursprünglich haben diese Modelle auf den Weg zu einer Kapelle hingewiesen, die irgendwo in der Einsamkeit der Berge steht. Heutzutage sind sie das gleiche wie bei uns die Kreuze neben der Straße: Mahnmale für Unfallopfer. Innen steht ein ewiges Licht, eine Ikone, vielleicht noch ein persönliches Bild. Die Nachfrage nach Miniaturkapellen scheint ungebrochen, es gibt sie im örtlichen Baumarkt in großer Vielzahl.
Immer wieder schaue ich hinein in eine dieser vielfältigen Schluchten, die aus den Bergen kommen. Der Schmuck der Oleanderblüten, das Summen der Insekten, die flatternden Schmetterlinge und die Vielzahl der Blüten, die immer wieder mein Auge anziehen, es ist faszinierend. Abends im Hotel lasse ich mir dann die Namen dieser Blumen aufzählen, die zum Teil nur hier auf Kreta wachsen und einzelne davon nur in dieser Region.
zweiter Teil des Reiseberichtes:
Gournia - ein Haufen Steine voller Geschichte
Hier auf Kreta stolpere ich alle naslang über Schilder, die auf irgendwelche Ausgrabungsstätten hinweisen. Reich an Geschichte ist das Land und so komme ich nicht umhin, mir auch einmal einen dieser Haufen Steine an zu sehen.
„Mein Freund, hier ist alles frei. Sie können Ihr Auto ruhig hier stehen lassen, wir passen auf, da passiert nichts. Dort unten kostet der Parkplatz 4 Euro. Gehen Sie geradeaus die 150 Meter runter zum Eingang und wenn Sie zurückkommen, besuchen Sie unsere Taverne, Essen, Wein, Kaffee, meine Frau kocht seit 24 Jahren.“ Bei diesem Wortschwall hoffe ich, dass seine Frau in den 24 Jahren auch mal Zeit zum Ausruhen hatte. Ich bin in Knossos, das Juwel minoischer Kultur und der archäologischen Stätten von Kreta. Ein blauer Himmel spannt sich über das Hochtal und ein Pfau schreit.
Dicke Bücher sind über die minoische Kultur und den Palast von Knossos geschrieben worden. Alleine der Gang über das Gelände lässt die Größe und die Pracht erahnen. Vieles, was Archäologen bei den Ausgrabungen an Erkenntnis gewinnen, ist leider durch den Ehrgeiz des Arthur Evans, zum Schliemann Griechenlands zu werden, schlicht und ergreifend in aller Eile weg geschaufelt worden. Und so muss man auch heute noch frei nach dem Motto sagen „Nix Genaues was ma net“. Umstritten ist auch die Art der Präsentation der Ausgrabungsstätten mit ihren nachgemauerten und betonierten Mauerfragmenten, Säulen und Fresken. Aber sie lassen schon eher die bauliche Leistung und die Macht des minoischen Königs erkennen, als eine reine Ansammlung von am Boden liegenden Steinen. Ich bewundere den gehbehinderten Besucher, der mit seinem Rollator versucht, auf dem holprigen Weg der Reiseleiterin zu folgen, um die Ausgrabungsstätte zu bewundern. Wenig später kehrt er zurück, die Treppen sind für ihn unüberwindlich. Zwischen den vielen Sprachen, in denen die Reiseleiterinnen die Besucher durch den Palast lotsen, schwimme ich mit, lasse die Fragmente auf mich einwirken und empfinde es dann doch als erhebendes Gefühl, allein einige Schritte über die wohl älteste erhaltene Straße Europas schreiten zu dürfen.
„Mein Freund, hier ist alles frei. Sie können Ihr Auto ruhig hier stehen lassen, wir passen auf, da passiert nichts. Dort unten kostet der Parkplatz 4 Euro. Gehen Sie geradeaus die 150 Meter runter zum Eingang und wenn Sie zurückkommen, besuchen Sie unsere Taverne, Essen, Wein, Kaffee, meine Frau kocht seit 24 Jahren.“ Bei diesem Wortschwall hoffe ich, dass seine Frau in den 24 Jahren auch mal Zeit zum Ausruhen hatte. Ich bin in Knossos, das Juwel minoischer Kultur und der archäologischen Stätten von Kreta. Ein blauer Himmel spannt sich über das Hochtal und ein Pfau schreit.
Dicke Bücher sind über die minoische Kultur und den Palast von Knossos geschrieben worden. Alleine der Gang über das Gelände lässt die Größe und die Pracht erahnen. Vieles, was Archäologen bei den Ausgrabungen an Erkenntnis gewinnen, ist leider durch den Ehrgeiz des Arthur Evans, zum Schliemann Griechenlands zu werden, schlicht und ergreifend in aller Eile weg geschaufelt worden. Und so muss man auch heute noch frei nach dem Motto sagen „Nix Genaues was ma net“. Umstritten ist auch die Art der Präsentation der Ausgrabungsstätten mit ihren nachgemauerten und betonierten Mauerfragmenten, Säulen und Fresken. Aber sie lassen schon eher die bauliche Leistung und die Macht des minoischen Königs erkennen, als eine reine Ansammlung von am Boden liegenden Steinen. Ich bewundere den gehbehinderten Besucher, der mit seinem Rollator versucht, auf dem holprigen Weg der Reiseleiterin zu folgen, um die Ausgrabungsstätte zu bewundern. Wenig später kehrt er zurück, die Treppen sind für ihn unüberwindlich. Zwischen den vielen Sprachen, in denen die Reiseleiterinnen die Besucher durch den Palast lotsen, schwimme ich mit, lasse die Fragmente auf mich einwirken und empfinde es dann doch als erhebendes Gefühl, allein einige Schritte über die wohl älteste erhaltene Straße Europas schreiten zu dürfen.
Eine gewaltige venezianische Festung beherrscht die Hafeneinfahrt von Heraklion. Viele Herrscher hat die Stadt kommen und gehen sehen: die Minoer, die Griechen, die Römer, die Venezianer, die Türken, die Deutschen und schließlich wieder die Griechen. Alle haben sie Spuren hinterlassen. Ihren Namen hat sie von dem starken Herakles, der hier den kretischen Stier gefangen hat.
Heute ist Sonntag und Sonntag ist Flaniertag. Die Fußgängerzone rauf und runter, den Kai entlang bis zur äußeren Mole und zurück. Da präsentiert sich so manches heiratswillige Décollté. Smaragdgrün schimmert das Wasser im Hafen und griechisch blau der Himmel mit seinen Schönwetterwolken. Ich lasse mich im sanften Strom der Flanierenden mit treiben, der mich bis zum Platz mit dem venezianischen Löwenbrunnen trägt. Hier schere ich aus und gönne mir eine süße Leckerei im Kafenion. Ein großes Luftballonbündel bekommt plötzlich Beine und steuert auf die Kinder in der Hand der Eltern los. Die Eltern bedanken sich mit einer Münze für den Ballon, der nun am Arm der Kleinsten fremd geht. Die Stände der Buchhändler sind von Leseratten belagert und ein Täuberich überlegt sehr lange, ob er seine Füße im Wasser des Löwenbrunnens kühlen darf. Es herrscht reges Treiben auf dem Platz. Jugendlicher verschiedener Parteien diskutieren an ihren kleinen Infotischen mit Gleichgesinnten über die aktuelle politische Lage und aus der Jukebox erklingt der Sirtaki. Jeder kennt ihn, doch keiner weiß, dass er eigens für den Film komponiert wurde, weil Anthony Quinn die komplizierten Tanzschritte der kretischen Tänze nicht erlernen wollte.
Pünktlich um 14:00 Uhr wird es ruhig. Die Buchhändler ziehen große Tücher über ihre Tische, die Bürgersteige werden hochgeklappt und die Häuser rein geholt. Siesta von Gibraltar bis Zypern. Nur noch die Souvenirläden unten am Hafen hoffen auf die wenigen Touristen, die den Häschern vor den Restaurants entronnen sind, derweil in den Autovermietbüros die Angestellten selig hinter ihren Schreibtischen den Schlaf der Gerechten dösen, es kommt ja eh kein Kunde.
Hier lässt es sich gut sein. Doch bevor ich mir die Mühe mache, drei Hütten zu bauen, mache ich mich auf den Rückweg. Die Sonne hat die Wolken, die heute morgen noch drohend die Gipfel umhüllt haben, zu weißen Wattebäuschen zusammen geschmolzen. Von hier aus nehme ich die alte Straße über das Gebirge zur Südküste. Sie führt über den Sattel zwischen dem Ida-Gebirge und dem Dikti-Gebirge. Neben dem dunklen Grün der Ölbäume, an die sich die letzten kleinen weißen Blüten klammern, leuchtet das frische Gelb des Ginster und das junge helle Grün der Weinstöcke. Eine kleine Brücke scheint ein gefährliches Pflaster zu sein. Gleich drei Miniaturkapellen unterschiedlichen Alters stehen dort.
Die Straße führt ein fruchtbares Hochtal. Hier blühen an den felsigen Steilhängen große Büsche des rosafarbenen Ebelius Creticus. Es gibt nur wenige kleine Dörfer und noch weniger Städtchen auf diesen hundert Kilometern. Ich bin abseits der Zentren. Selbst junge Frauen sind hier in Schwarz gekleidet, im krassen Gegensatz zu den Touristinnen in sonnenknapper Hose und freizügig geschnittenem T-Shirt. Im alten Vianos kehre ich auf ein kühlendes Eis ein. In der Ferne schimmert schon das Blau des Libyschen Meeres. Die alten Männer neben mir haben die Ruhe weg. Was sollten sie auch anders machen? Ich besuche die Kirche gegenüber. So schlicht, wie sie von außen ist, so reich verziert an Ikonen, Fresken und Kronleuchtern ist sie im Inneren. Die Durchfahrt durch den Ort ist eng. Heute ist Sonntag, da ist zum Glück noch weniger Verkehr als sonst. Mein Eis gibt dem schwerbeladenen LKW die Chance, rechtzeitig vor mir die nächste Steigung hoch zu keuchen.
Die Straße führt ein fruchtbares Hochtal. Hier blühen an den felsigen Steilhängen große Büsche des rosafarbenen Ebelius Creticus. Es gibt nur wenige kleine Dörfer und noch weniger Städtchen auf diesen hundert Kilometern. Ich bin abseits der Zentren. Selbst junge Frauen sind hier in Schwarz gekleidet, im krassen Gegensatz zu den Touristinnen in sonnenknapper Hose und freizügig geschnittenem T-Shirt. Im alten Vianos kehre ich auf ein kühlendes Eis ein. In der Ferne schimmert schon das Blau des Libyschen Meeres. Die alten Männer neben mir haben die Ruhe weg. Was sollten sie auch anders machen? Ich besuche die Kirche gegenüber. So schlicht, wie sie von außen ist, so reich verziert an Ikonen, Fresken und Kronleuchtern ist sie im Inneren. Die Durchfahrt durch den Ort ist eng. Heute ist Sonntag, da ist zum Glück noch weniger Verkehr als sonst. Mein Eis gibt dem schwerbeladenen LKW die Chance, rechtzeitig vor mir die nächste Steigung hoch zu keuchen.
Dort, wo die Straße den Abstieg zum Meer beginnt, fällt mir im Vorbeifahren ein eigentümlich gestaltetes Denkmal in die Augen. Im nächsten Ort finde ich einen Platz zum Wenden und kehre zurück. Es ist ein Mahnmal für die 451 Opfer der deutsch/italienischen Gewaltherrschaft, die hier im Jahre 1943 willkürlich zur Abschreckung ermordet wurden. Gemeißelt in Granit steht in vielen Sprachen zu lesen:
"Vorübergehender.
Achtung. hier unten befinden sich Leichen, die nie betrogen haben, die nie belogen haben, die Tyrannen nie geachtet haben …" |
Als große Insel im Kreuzpunkt des östlichen Mittelmeeres war Kreta immer im Interesse der Mächte und seine Bewohner mussten über all die Jahrtausende viel Leid ertragen. Das hat sie geprägt, bis heute.
Das Ostgebirge hat sich heute in dezentes Grau gekleidet. Ein frischer Wind lüftet den Ginster und lässt die Blätter der Olivenbäume rauschen. Das Meer hat sich mit weißen Krönchen geschmückt. Doch die Sonne lässt sich nicht entmutigen und lädt mich zu einer Fahrt an die Nordostküste ein.
der Golf von Mirabello
Hier im äußersten Osten der Insel ist die Zahl der Bewohner auf ein Minimum geschrumpft. Die Berge sind kahl und ich erkenne verzweifelte Versuche der Wiederaufforstung, um die Verkarstung und die Bodenerosion zu stoppen. Die Dörfer sind klein, liegen weit auseinander, kleben hoch am Berghang oder auf einer Klippe über dem Meer. Die Straße ist gesäumt von rosa und weiß blühendem Oleander und gelbem Ginster, die darin wetteifern, die Straße zu überwuchern und der Natur zurück zu holen. Außer ihnen wachsen in dieser Gegend nur noch die Steinbrüche, die wie gewaltige Wunden in den Bergen liegen.
Es sind vor allem die Touristen in ihren Mietwagen mit dem großen weit erkennbaren Werbeschild auf Front- und Rückscheibe, die hier lang fahren. Um die Region wirtschaftlich und touristisch zu erschließen, hat man mit dem Bau einer begradigten Küstenstraße begonnen. Doch das Skelett einer großen Talbrücke verwittert einsam im Gebirge, der Staat hat kein Geld mehr, die Bauarbeiten eingestellt, die Bauarbeiter arbeitslos.
Siesta in der Taverna Sorbas in Sitia. Niedlich sind die zwei Katzen, die bettelnd die Tische umschwärmen. Aber die Intensität, mit der sie sich die Flöhe vergeblich weg kratzen, erhöht den gefühlten Abstand meiner Füße zu ihnen. Es ist ein Gerücht, dass junge Frauen schon Schwarz gekleidet sind, sobald sie ihre Unschuld verloren haben, aber die Zahl der Schwarzgekleideten ist schon auffallend. Die Speisekarte liest sich lustig: „Gebackene Oberschienen“, ich entscheide mich für "Kasetaschen".
Der Reiseführer beschreibt den Ort mit dem Attribut „gemächlich“. Dem kann ich mich nur anschließen. Die Zahl der Tavernen rund um den Hafen lässt vermuten, dass hier in der Hochsaison die Touristenbusse auf dem Weg zum Kloster Toplou Rast machen.
Treppen führen mich zur venezianischen Festung hoch über der Stadt. Von hier oben wirkt das Hafenbecken noch mal so groß und die Fischerboote unendlich klein. Die Bojen tanzen im Rhythmus der Möwenschreie auf den Wellen, die der Wind kräuselt. Hier hat man ebenso wie auf dem hinter der Stadt liegenden Flughafen auf Zuwachs gebaut.
Es sind vor allem die Touristen in ihren Mietwagen mit dem großen weit erkennbaren Werbeschild auf Front- und Rückscheibe, die hier lang fahren. Um die Region wirtschaftlich und touristisch zu erschließen, hat man mit dem Bau einer begradigten Küstenstraße begonnen. Doch das Skelett einer großen Talbrücke verwittert einsam im Gebirge, der Staat hat kein Geld mehr, die Bauarbeiten eingestellt, die Bauarbeiter arbeitslos.
Siesta in der Taverna Sorbas in Sitia. Niedlich sind die zwei Katzen, die bettelnd die Tische umschwärmen. Aber die Intensität, mit der sie sich die Flöhe vergeblich weg kratzen, erhöht den gefühlten Abstand meiner Füße zu ihnen. Es ist ein Gerücht, dass junge Frauen schon Schwarz gekleidet sind, sobald sie ihre Unschuld verloren haben, aber die Zahl der Schwarzgekleideten ist schon auffallend. Die Speisekarte liest sich lustig: „Gebackene Oberschienen“, ich entscheide mich für "Kasetaschen".
Der Reiseführer beschreibt den Ort mit dem Attribut „gemächlich“. Dem kann ich mich nur anschließen. Die Zahl der Tavernen rund um den Hafen lässt vermuten, dass hier in der Hochsaison die Touristenbusse auf dem Weg zum Kloster Toplou Rast machen.
Treppen führen mich zur venezianischen Festung hoch über der Stadt. Von hier oben wirkt das Hafenbecken noch mal so groß und die Fischerboote unendlich klein. Die Bojen tanzen im Rhythmus der Möwenschreie auf den Wellen, die der Wind kräuselt. Hier hat man ebenso wie auf dem hinter der Stadt liegenden Flughafen auf Zuwachs gebaut.
Baumlos die Hochebene, nur Ziegen finden hier noch Nahrung. Sie brauchen keinen Schäfer. Das prall gefüllte Euter führt sie rechtzeitig vor Einbruch der Dunkelheit zurück in ihren Stall im einsam gelegenen Gehöft oder im Kloster.
Vor neugierigen Augen vom Meer her verborgen liegt das Kloster Toplou in einem Hochtal. Mit dicken Mauern ist es umgeben, wirkt eher wie eine Burg. Kühl ist es zwischen den Mauern, die 600 Jahre überdauert haben. Sie bewachen unermessliche Schätze: Ikonen aus 4 Jahrhunderten, Messbücher, datiert bis zurück ins Mittelalter, uralte Karten und Stiche aus und über die Ägäis bis hin zu Konstantinopel. Im Schatten der Arkaden des kleinen Innenhofes, der neben der Kapelle und dem Museum öffentlich zugängig ist, lasse ich mich nieder. Dumpf und noch unverständlicher klingt die Stimme des Reiseführers der kleinen Gruppe Schweizer aus der Kapelle. In der Abgeschiedenheit dieser Einsamkeit der Nordostspitze Kretas haben diese Schätze all die Jahrhunderte überstanden. Die karge steinige Landschaft gibt einen Eindruck des asketischen Lebens der Mönche. Ich lasse es auf mich einwirken.
Blick ins obere "Tal der Toten"
Nix für Badelatschen ist der Weg, den ich gerade hinab steige. Zu dieser Tour habe ich mich kurzfristig entschlossen, als ich die Tür des Mietwagens aufschließe. Der Himmel verspricht schönes Wetter bei angenehmen Temperaturen, und so habe ich mich an die Ostküste aufgemacht. Zakros ist die östlichste Stadt Kretas mit nicht einmal 1000 Einwohnern. Früher war das Städtchen nur auf dem Seeweg und einem Eselspfad über die Berge zu erreichen. Für die Minoer war diese Ostlage ein Segen, denn die Elefantenzähne, die man hier gefunden hat, zeugen vom schwungvollen Handel mit den Märkten des Nahen Orients und Ägyptens, die von hier aus am schnellsten erreichbar waren. Seit einiger Zeit wird unten am Strand der Palast von Kato Zakros ausgegraben. Doch die meisten Besucher kommen nicht wegen der Steine, die dort geordnet rum liegen. Sie wollen den Weg gehen, den ich auch gerade gehe, den Wanderweg durch das Tal der Toten. Diese Schlucht hat ihren Namen gefunden, weil in den Höhlen, die hoch oben und schier unerreichbar in der Felswand liegen, die Toten der Minoer bestattet wurden, glaubt man zumindest, denn man hat die Knochen von fünf Leichen gefunden. Für den Namen reichte es zumindest.
Vom Parkplatz aus weist ein Schild einen Weg, drunter ein Schild mit einem Fahrrad. Wie selbstverständlich nehme ich diesen Weg und mit mir einige andere auch, die nach und nach ihre Mietwagen auf dem kleinen Parkplatz abgestellt haben. Der Blick in den oberen Teil der Schlucht ist sehr schön, doch warum führt der Weg nach oben und nicht nach unten? Interessant ist er, führt er doch an zwei laut anschlagenden Hunden vorbei, die beim Näherkommen sich verstecken (Schäferhund) und freundlich schwanzwedelnd Männchen machen (Promenadenmischung). Sie sind rechts und links des Weges angeleint, eine alte Tonne dient als Hundehütte. Mehr als Anschlagen brauchen sie auch nicht, um die Ziegen und Schafe davor abzuhalten, von der Hochebene über den Weg auf die Landstraße zu laufen in der Gefahr, Anlass für ein weiteres Miniaturkapellchen zu geben. Während der Weg weiter den Berg hoch führt, kann ich unten auf dem kleinen Platz sehen, wie die Schafe laut blökend ihren Wintermantel ausgezogen bekommen. Ein deutsches Pärchen, dem ich mich angeschlossen hatte, ist sich langsam auch unsicher, ob dies der richtige Weg ist und wenig später bekommen wir die Bestätigung: dies ist der Weg für die Mountainbiker. Kein Rad unterm Hintern, also Marsch zurück.
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Abwärts ist es doch schöner. Der steile Weg, führt geradewegs hinunter in die Schlucht mit fantastischen Einblicken. Die Talsohle ist gesäumt von blühenden Oleanderbüschen. Die Schmetterlinge erfreuen sich an den kleinen blauen Blüten des wilden Rosmarin, dessen Duft sich vermischt mit wildem Salbei, Thymian und allerlei anderen Wildkräutern. Selten habe ich so viele verschiedene Schmetterlinge gesehen wie heute, kleine und große, blaue, weiße, braune und gelbe, unifarben und gemustert. Und den Duft sammle ich mit mit kleinen Zweigen für mein Hotelzimmer.
Ein schmaler Pfad führt den Bachlauf entlang, rote Markierungen weisen den Weg. Hätte man diese Markierungen doch nur schon oben auf dem Parkplatz angebracht. Der kühle Wind ist oben auf dem Plateau geblieben, hier unten brennt die Sonne und die zahlreichen Wanderer, die wie auf Zuruf plötzlich bergauf und bergab kommen, haben schon ihre Windjacken um die Hüften geschnallt.
Ein schmaler Pfad führt den Bachlauf entlang, rote Markierungen weisen den Weg. Hätte man diese Markierungen doch nur schon oben auf dem Parkplatz angebracht. Der kühle Wind ist oben auf dem Plateau geblieben, hier unten brennt die Sonne und die zahlreichen Wanderer, die wie auf Zuruf plötzlich bergauf und bergab kommen, haben schon ihre Windjacken um die Hüften geschnallt.
Über mir ein lautes Vogelgeschrei. Mein Blick klettert die Steilwand hoch und ich sehe eben noch, wie ein Falke im Nest landet. Dann ist es wieder ruhig. Die hungrige Kinderschar macht sich über das Mittagessen her. Nicht ganz so hoch klettern die Ziegen, die sich mit ihren Glocken allenthalben bemerkbar machen. Wahre Kletterkünstler sind sie, die mich von so mancher luftiger Felsnase aus argwöhnig beobachten. Die wohlschmeckendsten Kräuter wachsen dort, wo außer ihnen niemand mehr hin kommt.
Die Schlucht windet sich wie eine Schlange durch das Küstengebirge, bis zu einhundert Meter hoch sind die Felswände. Mal ist es Sandstein, mal roter Schiefer, mal Granit. Und rechts wie links in großer Höhe immer wieder die dunklen Öffnungen der Höhlen.. Wie weit in den Berg rein sie reichen, kann ich von hier unten nicht sehen, aber beachtlich sind sie schon. Die Minoer müssen ganz schön gute Kletterer gewesen sein, um ihre Toten dort oben zu bestatten. Eins ist sicher. Dort fanden sie die ewige Ruhe.
Plötzlich plätschert der Bach in seinem eben noch trockenen und steinigen Bett. Irgendwoher kommt das Wasser aus einer Quelle oder einem unterirdischen Bachlauf und ebenso plötzlich versandet der Bach auch wieder. Drei Kilometer führt der Wanderweg durch dieses kleine Paradies, dann werden die Felswände niedriger, die Schlucht weitet sich und gibt den Blick frei auf das Meer. Ein kleines Tor, dessen Tür mittels einer Feder sich automatisch schließt, gibt kund, dass der Wanderweg durch das Tal der Toten hier endet. Und es gibt auch von der anderen Seite aus kund, dass hier der europäische Fernwanderweg Nr. 4 beginnt. Stellt sich mir nur die Frage, auf welchem Weg die Wanderer die Ägäis durchwandern, um nach Portugal zu kommen. Schließlich ist es doch gegen die Ehre eines Wanderers, ein Fahrzeug zu benutzen, oder nicht?
Die Schlucht windet sich wie eine Schlange durch das Küstengebirge, bis zu einhundert Meter hoch sind die Felswände. Mal ist es Sandstein, mal roter Schiefer, mal Granit. Und rechts wie links in großer Höhe immer wieder die dunklen Öffnungen der Höhlen.. Wie weit in den Berg rein sie reichen, kann ich von hier unten nicht sehen, aber beachtlich sind sie schon. Die Minoer müssen ganz schön gute Kletterer gewesen sein, um ihre Toten dort oben zu bestatten. Eins ist sicher. Dort fanden sie die ewige Ruhe.
Plötzlich plätschert der Bach in seinem eben noch trockenen und steinigen Bett. Irgendwoher kommt das Wasser aus einer Quelle oder einem unterirdischen Bachlauf und ebenso plötzlich versandet der Bach auch wieder. Drei Kilometer führt der Wanderweg durch dieses kleine Paradies, dann werden die Felswände niedriger, die Schlucht weitet sich und gibt den Blick frei auf das Meer. Ein kleines Tor, dessen Tür mittels einer Feder sich automatisch schließt, gibt kund, dass der Wanderweg durch das Tal der Toten hier endet. Und es gibt auch von der anderen Seite aus kund, dass hier der europäische Fernwanderweg Nr. 4 beginnt. Stellt sich mir nur die Frage, auf welchem Weg die Wanderer die Ägäis durchwandern, um nach Portugal zu kommen. Schließlich ist es doch gegen die Ehre eines Wanderers, ein Fahrzeug zu benutzen, oder nicht?
An der Zahl der Tavernen an der Strandpromenade zeigt sich, dass hier zu manchen Zeiten ein großer Andrang an durstigen und hungrigen Wanderern herrschen muss. Die Backöfen und Grills sind auch für uns schon angeheizt, aber das deutsche Pärchen hat mir versprochen, mich mit ihrem Wagen zu dem meinigen oben am Parkplatz mitzunehmen, wofür ich ihnen auch sehr dankbar bin.
Für den Rückweg studiere ich in Zakros nochmals die Karte auf der Suche nach dem kürzesten Weg. Er führt geradewegs über die Berge, der eben erwähnte Eselspfad. Ich blicke von der Karte auf und sehe nur eine steile Felswand, die gut 500 Meter hoch aufragt. Mutig folge ich dem Schild, das mir zuflüstert: nur 12 km bis Sitanos. Gefühlte 100 Spitzkehren sind es und bis zu realen 20 % Steigung, die ich nun bewältige. Ich mag Serpentinen und meine Inge sagte immer, dass ich mindestens eine solche Strecke am Tag brauche, um mich wohl zu fühlen. Aber angesichts dieser schmalen Straße ohne Leitplanken und sonstige Sicherungen wird mir doch etwas mulmig und bin froh, dass ich mich wenigstens am Lenkrad festhalten kann. Nun ist mir klar, warum die Minoer den Seeweg bevorzugten.
Entschädigt werde ich anschließend mit einer schönen Fahrt durch eine wilde Bergwelt mit einsamen Bergdörfern, einer mittelalterlichen Ruinenstadt, ausgedehnten Solaranlagen, alten und modernen Windrädern und einer unvorstellbaren Einsamkeit in schönster Natur.
Für den Rückweg studiere ich in Zakros nochmals die Karte auf der Suche nach dem kürzesten Weg. Er führt geradewegs über die Berge, der eben erwähnte Eselspfad. Ich blicke von der Karte auf und sehe nur eine steile Felswand, die gut 500 Meter hoch aufragt. Mutig folge ich dem Schild, das mir zuflüstert: nur 12 km bis Sitanos. Gefühlte 100 Spitzkehren sind es und bis zu realen 20 % Steigung, die ich nun bewältige. Ich mag Serpentinen und meine Inge sagte immer, dass ich mindestens eine solche Strecke am Tag brauche, um mich wohl zu fühlen. Aber angesichts dieser schmalen Straße ohne Leitplanken und sonstige Sicherungen wird mir doch etwas mulmig und bin froh, dass ich mich wenigstens am Lenkrad festhalten kann. Nun ist mir klar, warum die Minoer den Seeweg bevorzugten.
Entschädigt werde ich anschließend mit einer schönen Fahrt durch eine wilde Bergwelt mit einsamen Bergdörfern, einer mittelalterlichen Ruinenstadt, ausgedehnten Solaranlagen, alten und modernen Windrädern und einer unvorstellbaren Einsamkeit in schönster Natur.
Kreta ist fürwahr ein Eldorado für Schluchtenwanderer. Es muss nicht immer die Samariaschlucht sein. Wem es bis an die Ostküste zu weit ist, kann sich entlang der ganzen Südküste für seine Wanderung die ideale Schlucht aussuchen. Es gibt genügend davon, die sich tief ins Gebirge eingeschnitten haben.
Der letzte Tag. Der Eden Rock gegenüber meinem Zimmer glänzt im satten Gelb der Morgensonne. In seiner Form scheint er ein naher Verwandter der Giganten im Dahner Felsenland sein. Seine Konturen heben sich scharf vor dem blauen Himmel ab, hat etwas von einer großen knolligen Nase, so wie er aus dem Hang herausragt. Er ist etwas angenagt an seinem Fuß, eine lange weiße Spur darunter. Der Ebelius Creticus, der bei meiner Ankunft vor 10 Tagen mit seinen Blüten noch einen rosa Schleier über den ganzen Hang gezogen hatte, ist inzwischen welkbraun geworden. Ich kann schier das leise Poltern hören, wenn die Kräfte der Erosion am Eden Rock mal wieder ein paar Brocken abgenagt und zu Tal geschickt haben, dort wo trotzig eine kleine Kate der drohenden Gefahr ihre kalte Schulter zeigt.
Jetzt ist Rushhour. Die Frauen aus den Dörfern fahren im Pickup zur Arbeit in die Hotels. Die Pickups sind die einzig vernünftigen Fahrzeuge hier. Sie transportieren Menschen, Wasser, Baumaterial, Tomatenkisten und die Ernte. Selbst zur Beerdigung sind sie geeignet. Gestern kam mir ein Beerdigungszug entgegen. Vorneweg der Leichenwagen, dann eine lange Reihe von Pickups. Die Trauergemeinde saß in ihren Fahrzeugen, nur die Witwe stand auf der Ladefläche eines Pickups, die Hände fest an der Dachreling, die Haare flatterten im Fahrtwind. Stolz und aufrecht stand sie da und begleitete so ihren Gatten auf dem letzten Weg. |
Wie überdimensionale Spinnen ragen sie aus dem Gebüsch, mit schmalem rotem Körper und langen blauen stakeligen Beinen. Beim Näherkommen entpuppen sie sich als Wasserverteiler, an jedem Rohr eine Wasseruhr. Die ganze Insel scheint mit ihnen verkabelt, überall liegen die schwarzen Wasserrohre, mal finderdünn, mal armdick. Sie haben die alten Wasserrechte abgelöst, nach denen früher jedem Bauer eine bestimmte Zahl von Wasserminuten zur Ableitung aus dem Bewässerungskanal zur Verfügung stand. Die Kanäle sind heute vielfach zugeschüttet, bezahlt wird in harter Währung. Auch zwischen den Touristenstränden und Hotels dominiert die Landwirtschaft. Wie in vielen Regionen rund ums Mittelmeer gleißen die weißen Folien der Gewächshäuser im harten Sonnenlicht und produzieren für uns den frühen Spargel, den grünen Salat in der Winterzeit und die Tomaten rund ums Jahr. Bei meinen vielen Reisen rund ums Mittelmeer habe ich mich in den vielen Jahren an ihren Anblick gewöhnt, spare ihn in meinem inneren Auge aus. Die Hässlichkeit ist dennoch unübersehbar, sie sind beredte Zeugen der Industrialisierung der Landwirtschaft.
Abseits der Küsten lebt eher noch die überkommene bäuerliche Gesellschaft. Die Dörfer kleben wie Vogelnester am Berghang, dort, wo kein fruchtbarer Boden mehr ist, überwacht von einer rotbedachten Kapelle hoch auf der Bergspitze. Nur selten begegnet mir noch die alte Bäuerin mit einem Bündel auf der Schulter, die vom Feld kommt und noch seltener der ebenso alte Bauer, der auf seinem Esel nach Hause schaukelt. Die Jugend flüchtet aus den Dörfern, sobald sie die Schulzeit hinter sich gebracht hat, wandert aus in die Stadt oder gar nach Athen, daran ändert auch facebook nichts. Die Landflucht zehrt an der Substanz des Landes. Die skelettierten Bauruinen, die, aus welchen Gründen auch immer, langsam verfallen, versinnbildlichen gerade jetzt den Zustand der griechischen Wirtschaft. Niemand hat ein Rezept, wie es weiter gehen kann.
Abseits der Küsten lebt eher noch die überkommene bäuerliche Gesellschaft. Die Dörfer kleben wie Vogelnester am Berghang, dort, wo kein fruchtbarer Boden mehr ist, überwacht von einer rotbedachten Kapelle hoch auf der Bergspitze. Nur selten begegnet mir noch die alte Bäuerin mit einem Bündel auf der Schulter, die vom Feld kommt und noch seltener der ebenso alte Bauer, der auf seinem Esel nach Hause schaukelt. Die Jugend flüchtet aus den Dörfern, sobald sie die Schulzeit hinter sich gebracht hat, wandert aus in die Stadt oder gar nach Athen, daran ändert auch facebook nichts. Die Landflucht zehrt an der Substanz des Landes. Die skelettierten Bauruinen, die, aus welchen Gründen auch immer, langsam verfallen, versinnbildlichen gerade jetzt den Zustand der griechischen Wirtschaft. Niemand hat ein Rezept, wie es weiter gehen kann.
Es rauscht, wenn sich die Wellen brechen und der weiße Schaum zwischen dem Kiesel versickert, und es rauscht wie ein Echo, wenn das zurück laufende Wasser Kieselsteine mit sich trägt, sie sich aneinander reiben, wieder etwas runder, glatter werden. Ich beobachte das unablässige Spiel des Meeres am langen Strand, das Spiel das heute energischer wirkt. Wellenkämme draußen auf dem offenen Meer sprechen eine beredte Sprache und der Westwind pfeift dazu ein Lied in den Mündungen der Rohre, die die Pergola tragen. Blauer Himmel über dem Meer, schwarze Wolken über den hohen Bergen. Etwas Melancholie erfasst mich an diesem letzten Nachmittag. Mein Blick verliert sich in de Ferne, dort wo jenseits des Horizontes die unendliche Fläche der Libyschen Wüste liegt.
Langsam kriecht die Dämmerung über den Horizont. Helle Streifen schieben sich zwischen die Wolkenpakete und künden vom neuen Tag. Mit der Wartezeit auf den Transferbus hülle ich mich in diese Ruhe. Der frische Morgenwind hat nochmals einige der Aromen auf den Berghängen gesammelt und mir für die Reise in die Nase geschoben. Ein einsamer Kauz sendet seinen Klageruf hinterher. Schnell drückt der Himmel sich noch ein paar Tränen aus den Augen, da schenkt mir die Morgengöttin zum Abschied schnell noch mit verschmitztem Augenzwinkern ein errötetes Lächeln. Ihre Wärme nehme ich mit nach Hause.
Ach ja, der Eden Rock. Die Menschen hier im Tal nennen ihn: ZEUS. Da war ich also doch beim Zeus gewesen.
Ach ja, der Eden Rock. Die Menschen hier im Tal nennen ihn: ZEUS. Da war ich also doch beim Zeus gewesen.