Mainradweg Teil 3
durch das fränkische Weinland
September 2012
das schmucke Karlstadt
In Karlstadt beginnt das fränkische Weinland. Das Städtchen ist eines der vielen Schmuckperlen, die sich am Mittellauf des Mains aufreihen. In der Stadtkulisse scheint noch das Mittelalter präsent zu sein. Ein Tor öffnet vom Main her den Durchlass durch die lange Stadtmauer. Ehemals zinnenbewehrt lässt sie noch das Klirren der Waffen und die schweren Schritte der Wachen erahnen, die die Stadt vor langer Zeit vor bösen Räubern und sonstigen Bösewichten geschützt haben. Erfolgreich waren sie aber nur bei denen, die in offensichtlicher Absicht kamen, was man ja nicht von jedem Bösewicht erwarten kann. Heute wachsen friedvolle Rosen auf der Mauer und hinter der Mauer neigt sich so manches Häuschen altersmüde zur Straße hin, gerade noch gestützt durch seine ebenso altersgebrechlichen Nachbarn.
Der Radweg ist gut hier besonders gut gestaltet. Immer wieder laden Picknickbänke zum Rasten ein. Am Prallhang des breiten Flussbeckens ziehen sich über den steilen Felsen die Weinberge hoch, während am Gleithang weite Kornfelder wogen, begrenzt von frechrotem Mohn, der Farbtupfer in die ansonsten grüne Landschaft setzt. Es ist Dienstag und noch keine Ferienzeit. Aber der Radweg ist schon gut von Radwanderern frequentiert. Man grüßt sich, man macht Smalltalk "Was ist heute Ihr Ziel?" und wünscht sich eine gute Weiterfahrt.
die alte Mainbrücke von Würzburg
Mittagsrast an der alten Mainbrücke von Würzburg. Ich kenne die Stadt, erspare mir diesmal die Besichtigungstour. Stattdessen lasse ich kühle Apfelsaftschorle die Kehle runterrieseln, dazu eine Butterbrezel, und beobachte die Fußgänger auf der Brücke. Wenige eilen, viele schlendern, manche lassen sich vor den Heiligen fotografieren.
Mit diesem blauen Himmel ist heute fürwahr Postkartenwetter und der Goldengel auf der Marienkapelle strahlt mit der Sonne um die Wette. "Goldene Gans" heißt der Biergarten, der Name scheint zu entsprechender Preisgestaltung zu animieren.
Mit diesem blauen Himmel ist heute fürwahr Postkartenwetter und der Goldengel auf der Marienkapelle strahlt mit der Sonne um die Wette. "Goldene Gans" heißt der Biergarten, der Name scheint zu entsprechender Preisgestaltung zu animieren.
Südlich von Würzburg reihen sich die Mainperlen dann in schneller Folge. Randersacker verleiht mich zu einem Schlenker durch den alten Ortskern. Viele kleine Idyllen zeugen von dem Reichtum eines großen Weinnamens. Die Bausünden dazwischen übersehe ich geflissentlich. Ich bin ja nicht kleinlich angesichts des großen Namens.
Sommerhausen ist eine Weitere dieser Perlen. Doch anders als in Randersacker ergibt hier die Summe der kleinen Perlen ein einheitliches Ganzes. Am gegenüberliegenden Ufer liegt Winterhausen. Wie praktisch, da kann man sich seine Jahreszeit selbst aussuchen.
Sommerhausen ist eine Weitere dieser Perlen. Doch anders als in Randersacker ergibt hier die Summe der kleinen Perlen ein einheitliches Ganzes. Am gegenüberliegenden Ufer liegt Winterhausen. Wie praktisch, da kann man sich seine Jahreszeit selbst aussuchen.
Ochsenfurt, liebenswerte Stadt der Türme
Auch Ochsenfurt, die Stadt der Türme, auf dessen Festplatz gerade der Trachtenverein mich zum jährlichen "Gaudi" Willkommen heisst, bietet das Bild eines einheitlichen Ensembles innerhalb seiner mittelalterlichen Mauern. Aufs Willkommen des Trachtenvereins habe ich verzichtet, aufs mittelalterliche Stadtbild nicht. Der kleine Blumenladen "Stiel & Stil" fügt sich mit seiner Dekoration liebevoll in das Bild ein. Ich radle kreuz und quer durch die Gassen und finde immer wieder aufs Neue bemerkenswert schöne Details. Auf dem Main pendelt die "Nixe" zwischen den Ufern. Eigentlich sollte diese Personenfähre nur solange pendeln, bis der Verkehr nach Abschluss der Renovierungsarbeiten wieder über die Brücke zur Altstadt fliessen kann. Doch die "Nixe" ist vielen Bürgern ans Herz gewachsen und so setzte sich ein Förderverein mit Erfolg für ihren Erhalt ein.
Als ich vor vielen Jahren häufiger hier lang kam, sah ich von der Autobahnbrücke ein großes Gebäude mit einem mächtigen Schornstein. Die Antwort eines Freund aus Würzburg, von mir befragt, habe ich nie vergessen: "Lieber Manfred, das musst du wissen. Das ist die Sonne von Ochsenfurt. Sie verleiht dem Wein die Lieblichkeit und Süße, die so mancher mag." Lieblicher Wein scheint wieder Mode zu werden, denn die Zuckerfabrik wird gerade ausgebaut.
Träge fließt der Fluss an dieser breiten Stelle, Lastkähne von beachtlichem Ausmaß schieben sich aus der Schleuse und vom Deck eines Hotelschiffes winken ein paar Passagiere zu mir herüber. Der Main ist die Lebensader Frankens, und weil er es weiß, fließt er auch nicht einfach gerade aus, sondern schlägt Haken und zieht große Schleifen auf seinem Weg durchs Land, damit möglichst viele Ortschaften etwas von ihm haben. Die jungen Frauen scheinen ihn besonders zu mögen, denn landauf landab liegen sie an seinen Ufern oder lassen sich von seinen sanften Wellen umspülen.
Die Blütenpracht des Aprils ist nun schon verblasst. Das Grün hat das Regiment übernommen und lässt sich nur noch vom Mohn komplimentieren. Selbst der blühende Hollerbusch vermag nur noch durch seinen Duft Aufmerksamkeit erheischen.
Die Blütenpracht des Aprils ist nun schon verblasst. Das Grün hat das Regiment übernommen und lässt sich nur noch vom Mohn komplimentieren. Selbst der blühende Hollerbusch vermag nur noch durch seinen Duft Aufmerksamkeit erheischen.
der Malerwinkel von Marktbreit
Markbreit, ein kleiner Ort, an dessen Malerwinkel ich einen Moment verweile. Das Gebäude der Torstraße spiegelt sich im morgendlichen Licht im Bach.
Mitte Mai findet hier zweijährlich das Kunstfestival "Artbreit statt". ,Als ich am Nachmittag im Ort ankomme stehen einige Skulpturen noch, so wie Batman, der mit blutiger Nase kopfüber im Pflaster steckt. Titel: "Auch Helden haben manchmal schlechte Tage". Der Boden war wohl zu hart an diesem Tage. Kunst mit Augenzwinkern, das gefällt mir. Eigentlich wollte ich ihn am nächsten Morgen ablichten, ab da war er wieder zu sich gekommen und davon geflogen, neuen Aufgaben folgend.
Der Radweg folgt nun dem Verlauf eines alten Wirtschaftsweges etwas oberhalb der Talsohle. Heute Morgen sind die Vögel eifrig zu Gange. Es zwitschert und tiriliert aus allen Büschen, es übertönt selbst das Rauschen des Verkehrs auf der hohen Talbrücke über dem Main. Glaubt mir, es war nicht mein Tinitus. Führte der Radweg nicht immer wieder lange Strecken entlang der Bundesstraße, so könnte ich auf diesem Mainabschnitt die Idylle mitten im Herz des fränkischen Weinlandes noch besser genießen. So versuche ich, das ständige Auf und Ab des Verkehrsrauschens zu überhören.
Vor mir die Stadtkulisse von Kitzingen. Ein letzter Jogger absolviert seine Morgenrunde, bevor er den Gang ins Büro antritt, während ihm auf dem Fluss ein tiefliegender Kahn entgegen kommt. Der Tag hat seine Nachtruhe abgelegt, ist in rege Geschäftsamkeit übergegangen. Bohrmaschinen rattern, Kreissägen heulen und die Sanitäter eilen mit Tatütata zum Einsatz. Es ist Zeit für einen Kaffee. Flugs nehme ich die alte Brücke über den Main. In einem der vielen Cafés auf dem kleinen Marktplatz finde ich einen freien Tisch, dort wo die Müßiggänger, Radtouristen, jungen Mütter und älteren Arztbesucher sich täglich um die gleiche Zeit ein Stelldichein geben. Mir persönlich wirkt die Architektur einiger Gebäude zu überladen, selbst wenn der fränkische Barock dem bayrischen Barock nicht nahe kommt. |
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das ist Herta
Herta heißt sie. Sie kommt aus Erlenbach. Mit ihren 53 Jahren ist sie schon etwas betagt. Für einen kleinen Obolus bringt sie mich ans andere Ufer. Dettelbach ist mein nächstes Ziel. Das kleine Städtchen, das um die frühe Uhrzeit wie ausgestorben wirkt, versprüht so etwas wie den maroden Charme der frühen Jahre. Die dicke Wolke, die gerade über Dettelbach steht, wirft mit dicken Wassertropfen nach mir. Ein Eiscafé am Fuße der Kirche gibt mir Schutz und einen Cappuccino.
Vor Jahren war ich mal mit Freunden zu einer Weinprobe in Dettelbach. Nach einer informativen Stadtführung fanden wir uns beim Winzer Schmidt in seinem Weinkeller ein. Er war im Ort bekannt für seine Experimentierfreudigkeit und seine soziale Haltung. Mit Stolz präsentierte er uns seinen neuesten Wein, ein Domina, und meinte beiläufig, er habe noch keinen Namen. Daraufhin rief ihm meine Inge schlagfertig zu "Nenne ihn doch 'Rotes Schmidtchen'.". Alles lachte, das Eis war gebrochen und ein lustiger Abend begann.
Vor Jahren war ich mal mit Freunden zu einer Weinprobe in Dettelbach. Nach einer informativen Stadtführung fanden wir uns beim Winzer Schmidt in seinem Weinkeller ein. Er war im Ort bekannt für seine Experimentierfreudigkeit und seine soziale Haltung. Mit Stolz präsentierte er uns seinen neuesten Wein, ein Domina, und meinte beiläufig, er habe noch keinen Namen. Daraufhin rief ihm meine Inge schlagfertig zu "Nenne ihn doch 'Rotes Schmidtchen'.". Alles lachte, das Eis war gebrochen und ein lustiger Abend begann.
So grau wie der Himmel, so grau die Fassaden der Abtei Münsterschwarzach, die mich hinter Dettelbach in einem Feld voller Margeriten empfängt. Die Schwermütigkeit dieses Bauwerks passt so gar nicht in die Leichtigkeit dieser Region.
Nun beschreibt der Main eine große Schleife. Für die Schifffahrt wurde bis Volkach ein Kanal durch den Hügel gebuddelt, um die Strecke zu verkürzen. Dieser Kanal war offensichtlich so teuer, dass kein Geld mehr für den Ausbau des begleitenden Radweges übrig blieb. Ich entscheide mich an einer Abzweigung für den Weg über den Treidelpfad entlang des Kanals. Eine gute Wahl, denn plötzlich umfängt mich eine herrliche Stille, nur unterbrochen von Vogelgesang und leisem Wellenschlag.
Hinter Volkach, das mich nicht sonderlich beeindruckt hat (ich lasse mich gerne umstimmen), mache ich Fährhopping. Vier Fähren bieten hier ihren Dienst in lieblicher Landschaft an. Danach weitet sich das Tal und ich verlasse das fränkische Weinland. Die letzten 15 Kilometer bis Schweinfurt geraten zum Kilometerschrubben, da ich in eine Industrielandschaft hinein fahre. Wegen des Kernkraftwerks führt der Radweg weg vom Fluss. Die Strecke ist nicht gerade prickelnd.
Genug für heute. 75 Kilometer stehen wieder auf dem Tacho. In die Station Schweinfurt Mitte fährt gerade der Regionalexpress ein. Nach zwei Tagen auf vier Rädern lasse ich mich nun auf vielen Rädern nach Hause tragen.
Genug für heute. 75 Kilometer stehen wieder auf dem Tacho. In die Station Schweinfurt Mitte fährt gerade der Regionalexpress ein. Nach zwei Tagen auf vier Rädern lasse ich mich nun auf vielen Rädern nach Hause tragen.