Madeira
- Frühling im November
November 2013
Immer stärker neigt sich das Flugzeug und dreht in eine Rechtskurve. Die Flügelspitze scheint schier ins Meer ein zu tauchen. Als das Flugzeug sich wieder gerade stellt, schaue ich direkt auf eine Siedlung am Hang und den Bewohnern in die Wohnzimmer. Unter mir ist der Kiesstrand von Santa Cruz zum Greifen nahe. Dann setzt der Flieger auf der Landebahn auf. Eine warme Brise empfängt mich beim Verlassen der Kabine. Madeira hat mich wieder.
Wir haben Glück. Im kleinen Shuttlebus des Hotels sind noch Plätze frei und so können wir schon kurz nach unserer Ankunft im Hotel mit ihm in die Stadt fahren. Unten, an der Promenade, zeigt sich eine einzige Baustelle vom Fischereihafen bis hinten zur Fortaleza Sao Tiago. Die Uferpromenade wird umgestaltet: Mehr Platz für Kreuzfahrtschiffe, mehr Platz für Yachten, ein kleiner Park kommt hinzu und ein neuer Sandstrand an der Fortaleza Sao Tiago.
Ein Duft steigt mir in die Nase. Es riecht nach glühender Holzkohle. Meine Vorfreude flackert auf. Eine Rauchfahne zeigt es an: Da vorne steht der Stand! Flugs bin ich dort. Da liegen sie, die kleinen Früchtchen, und warten auf mich: Liebliche geröstete Kastanien. Ich erstehe eine Tüte voll, das Dutzend für 2 Euro. Nun wandert, eine leckerer als die andere, in unseren Mund. Darauf habe ich mich schon den ganzen Tag gefreut.
Die Sonne steht schon tief und taucht das weite Tal von Funchal in ein weiches, warmes Licht. Meine Augen wandern. Auch wenn ich die Stadt und die schönsten Aussichtspunkte schon kenne, bin ich immer wieder gespannt, was in Änderung begriffen ist und was neu ist.
Drei tiefe Töne, und die Aida setzt sich in Bewegung. Ein Blitzlichtgewitter geht vom Oberdeck auf die Stadt nieder, derweil der Koloss sich durch das Hafenbecken schiebt. Fahl steigt der Mond hinter dem Berggrat hoch und schaut auf das abendliche Funchal, dessen Straßenlampen dem Hang den Anschein eines nächtlichen Sternenhimmels geben. All die sportlichen Touristen, die heute Funchal mit dem E-Bike erobert haben, sind nun wieder an Bord der auslaufenden Aida, voll der Vorfreude auf die nächste Fahrradtour in Santa Cruz de Teneriffa, Casablanca oder Lissabon. Morgen wird hier im Hafen ein anderes Kreuzfahrtschiff anlegen und wieder Tausende von Tagesurlaubern an Land spülen.
Wir haben Glück. Im kleinen Shuttlebus des Hotels sind noch Plätze frei und so können wir schon kurz nach unserer Ankunft im Hotel mit ihm in die Stadt fahren. Unten, an der Promenade, zeigt sich eine einzige Baustelle vom Fischereihafen bis hinten zur Fortaleza Sao Tiago. Die Uferpromenade wird umgestaltet: Mehr Platz für Kreuzfahrtschiffe, mehr Platz für Yachten, ein kleiner Park kommt hinzu und ein neuer Sandstrand an der Fortaleza Sao Tiago.
Ein Duft steigt mir in die Nase. Es riecht nach glühender Holzkohle. Meine Vorfreude flackert auf. Eine Rauchfahne zeigt es an: Da vorne steht der Stand! Flugs bin ich dort. Da liegen sie, die kleinen Früchtchen, und warten auf mich: Liebliche geröstete Kastanien. Ich erstehe eine Tüte voll, das Dutzend für 2 Euro. Nun wandert, eine leckerer als die andere, in unseren Mund. Darauf habe ich mich schon den ganzen Tag gefreut.
Die Sonne steht schon tief und taucht das weite Tal von Funchal in ein weiches, warmes Licht. Meine Augen wandern. Auch wenn ich die Stadt und die schönsten Aussichtspunkte schon kenne, bin ich immer wieder gespannt, was in Änderung begriffen ist und was neu ist.
Drei tiefe Töne, und die Aida setzt sich in Bewegung. Ein Blitzlichtgewitter geht vom Oberdeck auf die Stadt nieder, derweil der Koloss sich durch das Hafenbecken schiebt. Fahl steigt der Mond hinter dem Berggrat hoch und schaut auf das abendliche Funchal, dessen Straßenlampen dem Hang den Anschein eines nächtlichen Sternenhimmels geben. All die sportlichen Touristen, die heute Funchal mit dem E-Bike erobert haben, sind nun wieder an Bord der auslaufenden Aida, voll der Vorfreude auf die nächste Fahrradtour in Santa Cruz de Teneriffa, Casablanca oder Lissabon. Morgen wird hier im Hafen ein anderes Kreuzfahrtschiff anlegen und wieder Tausende von Tagesurlaubern an Land spülen.
Langsam senkt sich die Nacht über die Stadt. Gelb ist das Licht der Straßenlampen. Es geht auf 20 Uhr zu. Die Ansichtskartenständer werden weg geräumt, die ersten Läden schließen. Wir schauen in das Kaufhaus „Bazar do Povo“. 130 Jahre ist das ehrwürdige Kaufhaus alt. Inzwischen scheint es in neuer Hand. In den Regalen liegen fast nur noch Waren aus China und viele der Verkäuferinnen scheinen auch von dort zu kommen. Aus einem vormals edlen Kaufhaus ist ein Billigladen geworden.
Zwei alte Herren sitzen auf einer Bank. Einer von ihnen spielt madeiranische Weisen auf seinem Akkordeon, der andere hat eine große Trommel zwischen seine Knie geklemmt und unterstützt mit rhythmischem Schlag. Scheinbar selbstlos und verlassen musizieren sie am Rande der verwaisten Fußgängerzone. Wenige Passanten kommen um diese Uhrzeit noch vorbei, doch diese Wenigen lassen sich von der Musik anstecken, wiegen sich ein wenig im Klang der Musik, und lassen, wie ich auch, eine kleine Münze in das Tamburin fallen. Ein dankbares Nicken, ein Lächeln für den Spender, die Zigarillo wandert im Mund von rechts nach links, und wieder versinken die beiden Spieler in ihrer Musik. Eine kleine Szene am Abend, die diese Stadt so liebenswert macht.
Weiter vorne räumen die Händler des Novembermarktes ihre Waren zusammen, zählen die Einnahmen des Tages und verschließen ihre Zelte, die aneinander gereiht in der Fußgängerzone stehen. Heute waren 4 Kreuzfahrtschiffe im Hafen, das treibt die Preise hoch und ist gut für das Geschäft. Ein paar Touristen bummeln noch über die Promenade. Selbst die sehr geschäftstüchtigen Taxifahrer sind schon zu müde, um sich noch Hoffnung auf ein gutes Geschäft zu machen. Mit dem Stadtbus fahren wir zurück in unser Hotel, voll mit neuen Eindrücken und Empfindungen.
Weiter vorne räumen die Händler des Novembermarktes ihre Waren zusammen, zählen die Einnahmen des Tages und verschließen ihre Zelte, die aneinander gereiht in der Fußgängerzone stehen. Heute waren 4 Kreuzfahrtschiffe im Hafen, das treibt die Preise hoch und ist gut für das Geschäft. Ein paar Touristen bummeln noch über die Promenade. Selbst die sehr geschäftstüchtigen Taxifahrer sind schon zu müde, um sich noch Hoffnung auf ein gutes Geschäft zu machen. Mit dem Stadtbus fahren wir zurück in unser Hotel, voll mit neuen Eindrücken und Empfindungen.
Der Scheibenwischer schiebt die Regentropfen von der großen Scheibe. „Hier“, sagt der Busfahrer und zeigt auf die Bar. Mit einem „Obrigado“ steigen wir aus dem Bus. Der Wind bewegt die Bäume und die Tür der Bar. Es gibt kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung, und die haben wir zum Glück im Hotel gelassen. Ein Milchkaffee wärmt uns auf, bevor wir auf der anderen Straßenseite dem Schild „Canical“ folgen.
Gut ein Meter breit ist der Fußweg und anfangs auch betoniert. Vorbei an Zuckerrohr und Kartoffelfeldern schlängelt sich die Levada. Wir lassen bald die letzten Häuser hinter uns, die am steilen Hang liegen. Terrassen reihen sich über und unter uns, alle grün und bepflanzt. Ein paar Quadratmeter misst so ein Kartoffelfeld, gerade ausreichend für den Bedarf der Familie. Mit seiner schweren Harke gräbt der Bauer vor uns den Boden um, die roten Kartoffel liegen nun blank und zum Aufsammeln bereit. Ich staune über die Vielfalt der Feldfrüchte, die ich sehe. Wasser ist Leben und hier ist das Leben vielfältig. Ich denke unwillkürlich an den Garten Eden.
Hinter einer Felsnase kommt mir eine Frau entgegen. Sie trägt den Regenschirm am Arm, bereit zum Öffnen, falls der nächste Schauer kommt. Sie kommt wohl aus einem der drei Häuser hinter ihr, zwischen denen die Levada hindurch führt. Ein paar Blumentöpfe schmücken die Treppen, die zwischen den Häusern auf- und abwärts führen. Die Dächer werden als Ablage benutzt, kein Problem bei dieser steilen Hanglage. Still schauen uns die beiden Hunde hinter dem Zaun an. Mir fällt überhaupt auf, dass viele Hunde hier sehr stumm sind. Ein Kanarienvogel zwitschert in seiner Volière. Ich grinse. Es ist der ausgeschlachtete Korpus einer alten Waschmaschine. „Whirlpool“ steht groß dran. Und darüber hängen Regenschirme und Turnschuhe zum Trocknen. Der Nachbar hat der Einfachheit halber seinen Blumengarten in großen Pflanztöpfen an den Wegesrand gestellt. Wohin sollte er auch sonst mit dieser Pracht?
Hinter den Anwesen öffnet sich mir der Blick weit hinein in das Tal. Die Landstraße schlängelt sich tief unten, die Trasse der Schnellstraße kommt aus der Tunnelröhre, um gleich wieder in einer anderen zu verschwinden. Es ist wie der Blick von oben auf eine Modelleisenbahn. Ich folge mit meinen Augen dem Lauf der Levada. Sie bleibt immer auf der gleichen Höhe von 220 Meter, biegt um jede Bergnase und in jedes Tälchen hinein. Die beiden Wanderer, die uns gleich am Anfang überholt haben, sind schon drüben, zwei große Talbögen weiter. Gewiss, wir könnten zügig schreiten, aber die immer wieder wechselnden Ausblicke, die kleinen Details am Wegesrand und die abwechslungsreichen Gärten lassen uns immer wieder verweilen.
Die Weinblätter erzählen mir mit ihrer Farbe, dass es Herbst ist, derweil mir die Strelizie zulächelt. Sie kennt keine Jahreszeiten. Ich atme tief ein, bevor ich um die nächste Felsnase gehe. Hier scheint die Levada an die Felswand geklebt, der Fußweg daneben und dann geht es steil in die Tiefe. Kein Zaun, der mich sichert.
Hinter einer Felsnase kommt mir eine Frau entgegen. Sie trägt den Regenschirm am Arm, bereit zum Öffnen, falls der nächste Schauer kommt. Sie kommt wohl aus einem der drei Häuser hinter ihr, zwischen denen die Levada hindurch führt. Ein paar Blumentöpfe schmücken die Treppen, die zwischen den Häusern auf- und abwärts führen. Die Dächer werden als Ablage benutzt, kein Problem bei dieser steilen Hanglage. Still schauen uns die beiden Hunde hinter dem Zaun an. Mir fällt überhaupt auf, dass viele Hunde hier sehr stumm sind. Ein Kanarienvogel zwitschert in seiner Volière. Ich grinse. Es ist der ausgeschlachtete Korpus einer alten Waschmaschine. „Whirlpool“ steht groß dran. Und darüber hängen Regenschirme und Turnschuhe zum Trocknen. Der Nachbar hat der Einfachheit halber seinen Blumengarten in großen Pflanztöpfen an den Wegesrand gestellt. Wohin sollte er auch sonst mit dieser Pracht?
Hinter den Anwesen öffnet sich mir der Blick weit hinein in das Tal. Die Landstraße schlängelt sich tief unten, die Trasse der Schnellstraße kommt aus der Tunnelröhre, um gleich wieder in einer anderen zu verschwinden. Es ist wie der Blick von oben auf eine Modelleisenbahn. Ich folge mit meinen Augen dem Lauf der Levada. Sie bleibt immer auf der gleichen Höhe von 220 Meter, biegt um jede Bergnase und in jedes Tälchen hinein. Die beiden Wanderer, die uns gleich am Anfang überholt haben, sind schon drüben, zwei große Talbögen weiter. Gewiss, wir könnten zügig schreiten, aber die immer wieder wechselnden Ausblicke, die kleinen Details am Wegesrand und die abwechslungsreichen Gärten lassen uns immer wieder verweilen.
Die Weinblätter erzählen mir mit ihrer Farbe, dass es Herbst ist, derweil mir die Strelizie zulächelt. Sie kennt keine Jahreszeiten. Ich atme tief ein, bevor ich um die nächste Felsnase gehe. Hier scheint die Levada an die Felswand geklebt, der Fußweg daneben und dann geht es steil in die Tiefe. Kein Zaun, der mich sichert.
An einer Straße, die steil nach oben führt, verschwindet die Levada in einem eingelassenen Gitter. Auf der gegenüber liegenden Seite stehen drei Bauern. Einer winkt mit seiner Sichel. “Hier geht es lang“ und meint dazu mit deutlichen Gesten: „Öffnet eure Jacken, es ist warm.“ Er hat Recht. Wir sind jetzt in dem warmen Luftstrom, der von der Küste herauf kommt.
Irgend wo unten im Tal schallt Musik zu uns hoch, die typischen Weisen von Madeira. Das beschwingt meinen Schritt und reizt Renate zu einem Tanzschrittchen. Unten im Tal spielt sich das Leben ab. Ich schaue von oben auf die Arbeiter, die am Dach eines alten Hauses arbeiten, sehe den Radfahrer, der sich die Straße hoch müht, sehe das Mütterchen, das mit seinen Einkaufstüten heim kehrt, und sehe den Autofahrer, der auf einen abenteuerlichen Parkplatz einparkt. Auch die Talsohle ist nicht flach. Wer auch immer irgend wohin will, muss Steigungen überwinden.
Irgend wo unten im Tal schallt Musik zu uns hoch, die typischen Weisen von Madeira. Das beschwingt meinen Schritt und reizt Renate zu einem Tanzschrittchen. Unten im Tal spielt sich das Leben ab. Ich schaue von oben auf die Arbeiter, die am Dach eines alten Hauses arbeiten, sehe den Radfahrer, der sich die Straße hoch müht, sehe das Mütterchen, das mit seinen Einkaufstüten heim kehrt, und sehe den Autofahrer, der auf einen abenteuerlichen Parkplatz einparkt. Auch die Talsohle ist nicht flach. Wer auch immer irgend wohin will, muss Steigungen überwinden.
Rot ist das Blechdach des Kuhstalles. Der Bauer sitzt vor der Tür und hält seinen Mittagsschlaf. Überall verstreut am steilen und terrassierten Hang stehen diese kleinen Ställe, deren Dach bis zum Boden reicht. Ob die Kühe wohl je das Tageslicht sehen? Aber anders sind sie in diesen Bergtälern nicht zu halten. Aus dem Tal begleitet mich immer noch die Musik.
Eine Bananenschale liegt im Gras. Ob ein Wanderer sich wohl an einer Staude vergriffen hat? Die Antwort folgt einige Schritte weiter. Ein pfiffiger Bauer bietet in einer Obstkiste Bananen als Wegzehrung an. Zwei Stück für 50 Cent. Daneben ein Plastikbecher für das Geld. 25 Cent liegen drin. Doch Konkurrenz belebt das Geschäft. 150 Meter weiter fallen die Preise. Hier decken wir uns mit Obst ein: Vier Bananen und zwei Orangen. Das Ganze für 1 Euro und sehr lecker.
Eine Bananenschale liegt im Gras. Ob ein Wanderer sich wohl an einer Staude vergriffen hat? Die Antwort folgt einige Schritte weiter. Ein pfiffiger Bauer bietet in einer Obstkiste Bananen als Wegzehrung an. Zwei Stück für 50 Cent. Daneben ein Plastikbecher für das Geld. 25 Cent liegen drin. Doch Konkurrenz belebt das Geschäft. 150 Meter weiter fallen die Preise. Hier decken wir uns mit Obst ein: Vier Bananen und zwei Orangen. Das Ganze für 1 Euro und sehr lecker.
Eine einsame wunderschöne Cala blüht am Wegesrand, dahinter arbeitet gebückt ein Bauer. Er reinigt den Wasserabfluss zu seinem Feld. Jeder Bauer hat Anrecht auf eine festgelegte Zahl von Minuten, in denen er Wasser aus der Levada abzapfen kann. Die Ableitungen sind mit einem Vorhängeschloss gesichert. Sicher ist sicher. Nicht nur in der Levada fließt Wasser. Jetzt kommt es auch von oben. Ich schiebe meine Kamera unter die Regenjacke und verschließe sie. Fast in jedem Talkessel erreichen uns die Regenwolken, die oben am Berg hängen. Vorne, an den Felsnasen, zeigt sich dann wieder die Sonne.
Groß und leuchtend rot in der Sonne steht der Weihnachtsstern, ein Busch so groß wie ein Pfirsichbaum. Eine Blüte hängt an langem Stängel über die Levada und schaut mir direkt ins Gesicht. Ein prächtiges Exemplar seiner Art. Immer wieder blicke ich auf dem weiteren Wegverlauf zurück und erfreue mich an diesem Anblick, groß und leuchtend rot in der Sonne.
Groß und leuchtend rot in der Sonne steht der Weihnachtsstern, ein Busch so groß wie ein Pfirsichbaum. Eine Blüte hängt an langem Stängel über die Levada und schaut mir direkt ins Gesicht. Ein prächtiges Exemplar seiner Art. Immer wieder blicke ich auf dem weiteren Wegverlauf zurück und erfreue mich an diesem Anblick, groß und leuchtend rot in der Sonne.
„Boa Tarde“, ich grüße die alte Bäuerin, so, wie ich es gerade eben gelernt habe, denn die Mittagszeit ist schon vorbei. Sie ist auf dem Weg zu ihrem Feld, um Futter für die Ziege zu holen. Die Sichel hat sie auf die hier übliche Art über die Schulter gelegt. Sie lächelt und sagt ein paar Worte. Ich verstehe es zwar nicht, aber lächle zurück. Diese Sprache ist international. Ich bewundere sie. Der Weg entlang der Levada ist zwar eben, aber steil sind die Treppen, sobald sie zu ihrem Haus oder zu ihrem Feld will.
Die Levada läuft oberhalb der Ortschaften. So öffnen sich mir immer wieder unverbaute und überraschende Blicke ins Tal, auf die Hänge und die darüber liegenden Berge. Blau ist der Himmel zum Meer und grau zum Bergland hin. Es ist, trotz immer wieder aufkommender Winde, ein angenehmes Wanderklima. Nur eins kann ich hier nicht: Mich in die Büsche schlagen. Da mag die Blase noch so sehr drücken, ich muss sie bis in die weit entfernte Bar tragen. Immer noch folgt mir die Musik aus dem Tal.
Zuerst kommt der Hund, dann der Bauer. Fast so hoch wie er selbst ist das Bündel mit Futter für seine Tiere. Es ist eng an dieser Stelle. Ich mache mich schmal, nicht schmal genug. Er weicht auf den Rand der Levada aus. 15 cm ist der betonierte Rand vielleicht breit. Behende wie ein Seiltänzer geht er mit seiner Last dort weiter. Sein Hund bleibt stehen und schaut uns still nach, bis wir um die nächste Ecke verschwunden sind.
Das System der Levadas zur Bewässerung der Felder an den Steilhängen ist sehr alt. Schon im 15. Jahrhundert, als die Abholzung der Wälder an der Südseite zu Wassermangel führte, wurden die ersten Bewässerungskanäle, Levada genannt, gebaut, um die Zuckerrohrplantagen zu bewässern. Man sagt, dass maurische Sklaven damals eingesetzt wurden. Im 19. Jahrhundert kam die zweite Bauwelle. Es wurden lange Tunnels durch die Bergrücken gebohrt, um das Wasser aus dem Zentralgebirge und dem Norden in den Süden zu leiten. Um 1950 herum wurde dann in einer dritten Bauwelle das Bewässerungssystem in seiner heutigen Form geschaffen. Das Besondere an den Levadas ist, dass sie parallel zum Hang verlaufen und kaum Gefälle aufweisen. Für die Bewohner am steilen Berghang wurden damit auch Verbindungswege zwischen den unwegsamen Ortschaften und einzelnen Gehöften geschaffen. Viele Hundert Kilometer sind es heute, von denen ein Großteil inzwischen auch als Wanderwege genutzt werden.
Die Levada läuft oberhalb der Ortschaften. So öffnen sich mir immer wieder unverbaute und überraschende Blicke ins Tal, auf die Hänge und die darüber liegenden Berge. Blau ist der Himmel zum Meer und grau zum Bergland hin. Es ist, trotz immer wieder aufkommender Winde, ein angenehmes Wanderklima. Nur eins kann ich hier nicht: Mich in die Büsche schlagen. Da mag die Blase noch so sehr drücken, ich muss sie bis in die weit entfernte Bar tragen. Immer noch folgt mir die Musik aus dem Tal.
Zuerst kommt der Hund, dann der Bauer. Fast so hoch wie er selbst ist das Bündel mit Futter für seine Tiere. Es ist eng an dieser Stelle. Ich mache mich schmal, nicht schmal genug. Er weicht auf den Rand der Levada aus. 15 cm ist der betonierte Rand vielleicht breit. Behende wie ein Seiltänzer geht er mit seiner Last dort weiter. Sein Hund bleibt stehen und schaut uns still nach, bis wir um die nächste Ecke verschwunden sind.
Das System der Levadas zur Bewässerung der Felder an den Steilhängen ist sehr alt. Schon im 15. Jahrhundert, als die Abholzung der Wälder an der Südseite zu Wassermangel führte, wurden die ersten Bewässerungskanäle, Levada genannt, gebaut, um die Zuckerrohrplantagen zu bewässern. Man sagt, dass maurische Sklaven damals eingesetzt wurden. Im 19. Jahrhundert kam die zweite Bauwelle. Es wurden lange Tunnels durch die Bergrücken gebohrt, um das Wasser aus dem Zentralgebirge und dem Norden in den Süden zu leiten. Um 1950 herum wurde dann in einer dritten Bauwelle das Bewässerungssystem in seiner heutigen Form geschaffen. Das Besondere an den Levadas ist, dass sie parallel zum Hang verlaufen und kaum Gefälle aufweisen. Für die Bewohner am steilen Berghang wurden damit auch Verbindungswege zwischen den unwegsamen Ortschaften und einzelnen Gehöften geschaffen. Viele Hundert Kilometer sind es heute, von denen ein Großteil inzwischen auch als Wanderwege genutzt werden.
Ein gewaltiger Felsen türmt sich auf, hängt über dem Hang. Die Levada verschwindet in einem Tunnel, wir auch. Er ist nur 25 Meter lang. Wir können ihn ohne Taschenlampe durchqueren. Es gibt aber auch Levada-Tunnels auf der Insel, die 3000 Meter durch den Fels laufen. Hinter dem Tunnel öffnet sich das Tal von Machico, ein fantastischer Blick bis hin zu den Ilhas Desertas. Mit sonorem Brummen startet ein Flugzeug vom nahe gelegenen Flughafen und zieht seine Bahn quer über das Tal. „Km 4,5“ kündet ein kleines Schild. Das ist noch nicht einmal die Hälfte der Strecke, die wir uns heute vorgenommen haben. Weit zieht sich nun die Levada in das Tal des Ribeira Grande hinein. Auf der gegenüber liegenden Talseite leuchtet rot die Bar O Jacaré. Sie ist zum Greifen nah. Doch dazwischen liegen noch viele Felsnasen und kleine Tälchen, die umrundet werden müssen. Tunnel kennt die Levada zwar, aber keine Brücken, und so folgt sie stur der Topografie des Geländes. So dauert es mehr als eine dreiviertel Stunde, bis wir die Bar erreicht haben.
Derweil wir drinnen unseren Kalorienspeicher mit leckerem Apfel- und Schokoladenkuchen auffüllen, fallen draußen große Tropfen. Der Schauer lässt uns umdenken. Fast 8 Kilometer haben wir nun schon hinter uns. Bei unserem Tempo brauchen wir noch 2 Stunden bis zur Bushaltestelle am Tunnel der Landstraße nach Canical. Bis dahin wird es dunkel sein. Also nutzen wir die Regenpause, um die steile Straße von der Bar in den Ort hinab zu steigen. Dort unten, neben dem Bäcker soll in zwanzig Minuten der Bus nach Funchal vorbei kommen. Er kommt.
Eine Kurve nach der anderen nimmt der Überlandbus auf dem Rückweg. Immer wieder können wir zurück ins Tal von Machico schauen. Die Regenwolken, die anfangs noch bedrohlich an den Bergspitzen hingen, haben nun das ganze Tal eingehüllt und geben ihre nasse Fracht frei. Es war eine gute Entscheidung, nicht bis zum Ende der Levada zu wandern. Da wären wir jetzt klatschnass.
Eine Kurve nach der anderen nimmt der Überlandbus auf dem Rückweg. Immer wieder können wir zurück ins Tal von Machico schauen. Die Regenwolken, die anfangs noch bedrohlich an den Bergspitzen hingen, haben nun das ganze Tal eingehüllt und geben ihre nasse Fracht frei. Es war eine gute Entscheidung, nicht bis zum Ende der Levada zu wandern. Da wären wir jetzt klatschnass.
Jeden Abend eine andere Stimmung über dem Meer. Dicke Wolken hängen heute dort draußen. Durch einen horizontalen wolkenfreien Streifen wandert die Sonne, zeigt sich kurz im gelben Schein und verabschiedet sich alsbald. „Vorbei“, denke ich“, „kein außergewöhnlich schöner Sonnenuntergang heute Abend“, und wende mich meiner Lektüre zu. Kurze Zeit später wird das Licht, das auf die Buchseiten fällt, rot, blutrot. Ich hebe den Kopf und schaue in ein dramatisches Schauspiel. Der Himmel brennt. Und wie er brennt. Die Wolken glühen wie Holzkohle im Luftzug auf dem Grill. Tiefes Rot und goldenes Gelb am westlichen Himmel, das sich nach allen Seiten ausbreitet, irgendwo ganz hinten auch noch ein tiefes Blau. Das Meer spiegelt alle Farben in emotionaler Intensität zurück. Ein Sonnenuntergang, wie ich ihn selten erlebt habe. Ein Gefühl vollständigen Glücks bemächtigt sich meiner.
Wasser, Wasser, Wasser, Wasser überall. In langen Fäden fällt es herunter. Doch es ist kein Regen, sondern das kostbare Nass, das der Regen in die Berge gebracht hat, und das jetzt wieder seinen Weg ins Tal sucht. Quellen im Nordgebirge sprudeln nach den Regenfällen. Nun schießt es in Wasserfällen den Berg hinab, hundert Meter und mehr. Vor Seixal stehe ich auf einem Aussichtspunkt. Die alte Küstenstraße vor mir ist mit einer Mauer versperrt, ein Erdrutsch hat die Straße verschüttet. Darüber schießt ein besonders großer Wasserfall aus dem Hang und ergießt sich tief unten ins Meer.
Zwischen Sao Vicente und Porto Moniz führt die neue Küstenstraße fast nur durch Tunnel, lange Tunnel. Dieser Teil der Nordküste ist kaum besiedelt. Hier sind die Steilhänge nicht zu bewirtschaften. In der Schlucht des Ribeira de Janela kann ich die neue Straße zwischen zwei Tunnel verlassen und auf die Talstraße fahren. Geröll liegt auf dem kurzen Straßenstück, Steinschlag. Ich beeile mich, den Parkplatz am Ende der Straße zu erreichen, dort, wo eine weiße Madonnenstatue im Berg steht. In Jahrtausende langer Arbeit hat der Fluss unter ihr kleine Höhlen in die Felswand gewaschen. Dort haben gläubige Menschen Steine hineingelegt, die ganze Wand ist voll mit Hand großen Kieselsteinen vom nahen Strand. Wir steigen nicht die Treppe zu einem Felsdurchbruch hoch, sondern folgen dem Flusslauf bis zur Mündung. Vor uns erheben sich zwei steile Nadeln aus dem Meer, die Ilheu de Janela.
Wo Touristen sind, stehen auch gleich die Devotionalienhändler, heutezutage Andenkenhändler genannt. Bestickte Tücher, traditionelle Wollkratzstrümpfe, die Zipfelmütze der Bergbauern, Ansichtskarten, Strickjacken, Magnetanstecker, Madeirawein und Poncha, alles Made in Portugal. Alles? Auch Pinochio hängt dazwischen. Seine Nase zumindest wird immer länger. Porto Moniz an der Nordwestspitze lebt inzwischen gut vom Tagestourismus. Für den Parkplatz muss ich ein Ticket ziehen. Wir haben einen schönen Tag gewählt. Die Sonne scheint und das Meer ist azurblau. Weiße Brecher schlagen über die Felsen, die wie Schären im Meer liegen, und füllen die Meerwasserschwimmbecken. Der weißhäutige Hüne im Becken muss ein Wikinger sein. Andere wagen sich bei den doch kühlen Wassertemperaturen nicht hinein. Mit dem Gedanken an den Wetterbericht in Deutschland kaufe ich mir vorsorglich für den noch fernen Rückflug eine Strickjacke, natürlich Made in Portugal. Ich weiß nicht, wie viele Haarnadelkurven es waren. Aber ich weiß, wie herrlich es sein muss, wenn alle Agapanthuspflanzen am Straßenrand ihre blaue und weiße Pracht entfalten. Und ich weiß, dass der Blick auf Porto Moniz aus der Vogelschau vom Parkplatz oberhalb der Serpentinen wundervoll ist. Wie eine Insel liegt der Ort tief unten zwischen Meer und Steilhang. Die Sonne gibt ihr schönstes Postkartenlicht dazu. |
Vor Achadas tauchen wir in einen märchenhaften Lorbeerwald. Über viele Kilometer bilden Agapanthuskolonien eine grüne Hecke, ab und zu eine letzte blaue oder weiße Blüte dazwischen. Ein junger Trieb will mit uns auf die große Reise nach Deutschland. Sein Wunsch sei ihm gewährt. Auch große Büsche von Hortensien stehen am Wegesrand. Die Blüten gehen gerade in den Winterschlaf über. Später wird der Wald licht, große alte Eukalyptusbäume haben die Herrschaft übernommen. Die Rinde ist oftmals schwarz, der Farn dazwischen braun. Vor zwei Jahren ist ein Waldbrand hier durch gezogen und hat seine Spur hinterlassen. Doch der Eukalyptus ist ein Überlebenskünstler. Junge Triebe mit graugrünen Blättern schießen überall zwischen dem toten, braunen Farn hoch. Hier, in gut 500 Metern Höhe, sind die Hänge sanft, eine gute Ausgangslage für die Landwirtschaft. Nirgends auf der Insel können Traktoren eingesetzt werden, außer hier.
Wie habe ich mich auf diesen Anblick gefreut. Eine lange Straße, eine rote Turmspitze am Ende. Ich werde der Krümmung der Straße nach unten folgen, das Meer wird sich zeigen und die Sonne auf den Leuchtturm scheinen. Doch irgendwie kommt nicht der Leuchtturm in Sicht, sondern nur ein Tunnel. Die Straßenplaner haben wieder ein großes Werk vollbracht und gleichzeitig eines der klassischsten Fotomotive der Insel ins Reich der Vergangenheit geschickt. Gewiss, auch aus dem Tunnel heraus sieht man den Leuchtturm. Aber es ist nur ein fader Abklatsch dessen, was vorher zu sehen war.
Nun stehe ich auf dem Parkplatz am großen Rondell vor dem Leuchtturm „Ponta do Pargo“. Eigentlich ist es ja nur ein kleiner Turm, vielleicht zehn Meter hoch. Aber er steht auf einer Klippe 312 Meter über dem Meer. Seine Kuppel ist leuchtend rot. Ich sehe die Spiegel im Sonnenlicht glänzen. Nachts werfen sie ihr Licht weit hinaus aufs Meer. Für die Seefahrer in früheren Jahrhunderten, als es weder Funk noch GPS gab, war es das erste Zeichen, das ihnen Europa auf ihrer Rückreise entgegen sendete. Ich schaue hinaus aufs Meer. Hinter dem Horizont liegt Amerika.
Eine kleine Eidechse nähert sich mir auf dem Mäuerchen, auf dem ich sitze und schreibe. Ob ich vielleicht ein Brotkrumen für sie habe, scheint sie mit ihren kugeligen Augen zu fragen. Ich verneine. Sie muss sich einen anderen Spender suchen. Die Eidechsen an den Aussichtspunkten sind hier auf Madeira gewöhnt, dass die Touristen ihnen etwas von ihrem Picknickbrot abgeben. Der Leuchtturm ist ein klassisches Ausflugsziel auf der Insel. Eben kommt wieder ein Bus an. Die meisten Ausflügler streben gleich demLeuchtturm zu. Einige bleiben noch am Bus stehen. Tief fallen die Hänge ins Meer, stecknadelgroß ist das Boot, das dort unten schaukelt. Der Reiseleiter weiß, dass Ausflügler gerne markige Geschichten hören wollen, und so höre ich ungewollt zum dritten Mal die Geschichte von dem jungen Schäfer, der ein Lamm vor dem Absturz retten wollte und selbst dabei ums Leben kam. Ergriffen stehen nun alle dort und starren auf die tödliche Klippe.
Wie habe ich mich auf diesen Anblick gefreut. Eine lange Straße, eine rote Turmspitze am Ende. Ich werde der Krümmung der Straße nach unten folgen, das Meer wird sich zeigen und die Sonne auf den Leuchtturm scheinen. Doch irgendwie kommt nicht der Leuchtturm in Sicht, sondern nur ein Tunnel. Die Straßenplaner haben wieder ein großes Werk vollbracht und gleichzeitig eines der klassischsten Fotomotive der Insel ins Reich der Vergangenheit geschickt. Gewiss, auch aus dem Tunnel heraus sieht man den Leuchtturm. Aber es ist nur ein fader Abklatsch dessen, was vorher zu sehen war.
Nun stehe ich auf dem Parkplatz am großen Rondell vor dem Leuchtturm „Ponta do Pargo“. Eigentlich ist es ja nur ein kleiner Turm, vielleicht zehn Meter hoch. Aber er steht auf einer Klippe 312 Meter über dem Meer. Seine Kuppel ist leuchtend rot. Ich sehe die Spiegel im Sonnenlicht glänzen. Nachts werfen sie ihr Licht weit hinaus aufs Meer. Für die Seefahrer in früheren Jahrhunderten, als es weder Funk noch GPS gab, war es das erste Zeichen, das ihnen Europa auf ihrer Rückreise entgegen sendete. Ich schaue hinaus aufs Meer. Hinter dem Horizont liegt Amerika.
Eine kleine Eidechse nähert sich mir auf dem Mäuerchen, auf dem ich sitze und schreibe. Ob ich vielleicht ein Brotkrumen für sie habe, scheint sie mit ihren kugeligen Augen zu fragen. Ich verneine. Sie muss sich einen anderen Spender suchen. Die Eidechsen an den Aussichtspunkten sind hier auf Madeira gewöhnt, dass die Touristen ihnen etwas von ihrem Picknickbrot abgeben. Der Leuchtturm ist ein klassisches Ausflugsziel auf der Insel. Eben kommt wieder ein Bus an. Die meisten Ausflügler streben gleich demLeuchtturm zu. Einige bleiben noch am Bus stehen. Tief fallen die Hänge ins Meer, stecknadelgroß ist das Boot, das dort unten schaukelt. Der Reiseleiter weiß, dass Ausflügler gerne markige Geschichten hören wollen, und so höre ich ungewollt zum dritten Mal die Geschichte von dem jungen Schäfer, der ein Lamm vor dem Absturz retten wollte und selbst dabei ums Leben kam. Ergriffen stehen nun alle dort und starren auf die tödliche Klippe.
„Vorsicht Kühe!“ Ein Schild warnt. Ein ungewöhnliches Schild für Madeira. Mit einem holprigen Geräusch fahre ich als dann über Stangen, die quer in die Straße eingelassen sind, und verlasse schlagartig den Lorbeerwald. Nach Osten öffnet sich ein weites Tal, das jetzt, am späten Nachmittag, schon im Dunkeln liegt. Es ist das Tal von Rabacal, der Ort, der nur aus einem Haus besteht.. Die Hänge sind bis zur Spitze bewaldet. Sie bergen die Wasserreservoire der Insel. Nach Süden und Westen hin zeigt sich mir ein völlig anderes Landschaftsbild. Eine grüne Alm breitet sich aus. Wie bestellt, steht eine Kuh am Straßenrand. Blühender Ginster und Baumheide haben die Bäume abgelöst. Fett und grün wächst das Gras, ein Eldorado für die Kühe, die hier weiden dürfen.
Die Spitzen der Berge über Rabacal liegen noch im späten Sonnenschein. Vereinzelt hängen Wolkenfetzen dazwischen. Ganz in der Ferne drehen sich ein paar Windräder. Es ist unglaublich still hier oben. Die Motorgeräusche der wenigen Autos, die an mir vorbei fahren, werden schnell von der Grasmatte und der Besenheide verschluckt.
Die Spitzen der Berge über Rabacal liegen noch im späten Sonnenschein. Vereinzelt hängen Wolkenfetzen dazwischen. Ganz in der Ferne drehen sich ein paar Windräder. Es ist unglaublich still hier oben. Die Motorgeräusche der wenigen Autos, die an mir vorbei fahren, werden schnell von der Grasmatte und der Besenheide verschluckt.
Vor mir, im Süden, staut sich eine dicke schwarze Wolke. Ich habe sie schon vom Leuchtturm von Pargo aus gesehen. Ehe ich mich versehe, ziehen Nebelschwaden über die Straße und hüllen die Landschaft in ein geisterhaftes Licht. Die Straße führt eine längere Strecke über einen Berggrat. Nicht dass ich es sehen würde, dazu ist der Nebel zu dicht. Aber ich weiß, dass es hinter dem Weidezaun, der uns seit geraumer Zeit begleitet, rechts wie links steil abwärts geht. Dort, wo ein Wanderweg kreuzt, hilft eine klapprige Leiter dem Wanderer, den Zaun zu überwinden. Gerade mal 8 Grad Celsius zeigt das Außenthermometer. Nun lerne ich meine neue erstandene Strickjacke, natürlich Made in Portugal, zu schätzen.
Im dichten Nebel flüchtet vor mir eine aufgeschreckte Rebhuhnfamilie. Die Kühe am Straßenrand lassen sich hingegen nicht aus der Ruhe bringen. Wir haben den Berggrat schon seit geraumer Zeit verlassen und stehen nun auf der Hochebene „Paul da Serra“. Ich fahre langsam vorbei und nehme auf der langen Geraden wieder Fahrt auf. Der Nebel hat sich verzogen, aber die Wolken hängen noch so tief, dass sich die Rotorblätter der Windräder immer wieder der Sicht entziehen. An einer Straßensperre endet die Fahrt. Ich bin ratlos. Eigentlich wollte ich über den Encuemaeda-Pass wieder hinunter ins Tal des Ribeira Brava. Nun bleibt uns nur der Umweg über Calheta an der Südküste.
Im dichten Nebel flüchtet vor mir eine aufgeschreckte Rebhuhnfamilie. Die Kühe am Straßenrand lassen sich hingegen nicht aus der Ruhe bringen. Wir haben den Berggrat schon seit geraumer Zeit verlassen und stehen nun auf der Hochebene „Paul da Serra“. Ich fahre langsam vorbei und nehme auf der langen Geraden wieder Fahrt auf. Der Nebel hat sich verzogen, aber die Wolken hängen noch so tief, dass sich die Rotorblätter der Windräder immer wieder der Sicht entziehen. An einer Straßensperre endet die Fahrt. Ich bin ratlos. Eigentlich wollte ich über den Encuemaeda-Pass wieder hinunter ins Tal des Ribeira Brava. Nun bleibt uns nur der Umweg über Calheta an der Südküste.
Steil führt die Straße von der kahlen Hochebene in einen Eukalyptuswald hinein. Immer tiefer schraubt sie sich. Der Hunger macht sich in meinem Magen bemerkbar und wie bestellt lädt uns ein Restaurant an dieser einsamen Straße ein. Der große Parkplatz ist leer, wir sind die einzigen Gäste. Die Bedienung begrüßt uns freundlich und lädt uns zu einem warmen Platz am Kamin ein. Das Feuer lodert und wärmt bei sanfter Barmusik. Der Espetada mundet vorzüglich. Espada, der schwarze Tiefseedegenfisch, und Espedata, der Fleischspieß, sind die beiden traditionellen Gerichte auf Madeira. Ich bevorzuge Letzteren.
Als wir das Restaurant verlassen, ist es draußen tief schwarz. Nur ein schmaler rötlicher Streifen am Horizont zeigt mir noch, wo Westen ist. Die Straße führt immer weiter abwärts, der Hang scheint kein Ende zu finden. Immerhin kommen wir aus 1400 Meter Höhe. Doch der Mietwagen findet seinen Weg wie von selbst und bringt uns sicher ins Hotel zurück.
Als wir das Restaurant verlassen, ist es draußen tief schwarz. Nur ein schmaler rötlicher Streifen am Horizont zeigt mir noch, wo Westen ist. Die Straße führt immer weiter abwärts, der Hang scheint kein Ende zu finden. Immerhin kommen wir aus 1400 Meter Höhe. Doch der Mietwagen findet seinen Weg wie von selbst und bringt uns sicher ins Hotel zurück.
„Wollen Sie meinen Fisch?“ fragt der Fischhändler in der Markthalle. Wir lehnen dankend ab und geben ihm zu verstehen, dass wir keine Gelegenheit zum Kochen haben. Gut sieht der Barsch schon aus, und frisch. Der Fischhändler in der Markthalle von Santa Cruz hat wenig Fische an zu bieten. Die Gewässer rund um Madeira sind nicht sehr fischreich. Wir schlendern zum Strand. Die Wellen schlagen ans Ufer und fallen mit einem lauten Rollen zurück. Es sind die Kieselsteine, die das Wasser beim Ablaufen mit sich nimmt. Ein rhythmisches und wiederkehrendes Geräusch, das sich im 10-Sekunden-Takt wiederholt. Bunte Gerippe von Fischerbooten liegen oben auf dem Kieselstrand. Die Kiesel sind groß, kindskopfgroß, der Strand ist nicht wirklich ein Badestrand und dennoch stehen einige ausladende Sonnenschirme, mit Stroh bedeckt, auf ihrem Betonfundament. Santa Cruz ist ein touristischer Ort. Das habe ich gleich gemerkt. In der Strandzone sind alle Parkplätze gebührenpflichtig. Oberhalb des Strandes beginnt die Landebahn des Flughafens. Heute bleibt es ruhig. Der wind kommt von Südwesten. Da landen die Flugzeuge von Norden her.
Viele Regionen und Städte, die ich kenne, zeichnen sich durch eine Besonderheit aus, das ihnen so etwas wie eine Visitenkarte verleiht. Auf Lanzarote sind es die weißgetünchten Häuser mit den grünen Fensterläden, in Marokko sind es die Fassaden im verspielt maurischen Stil, im Schwarzwald, na ja, das weiß ja jeder. Hier auf Madeira sind es die Pflaster der öffentlichen Plätze, der Bürgersteige und der Fußgängerzonen. Mal sind es kleine oder halbierte Kiesel, mal sind es kleine Pflastersteine, aber überall sind Muster im Pflaster eingelassen. Kein Muster wiederholt sich in der folgenden Straße, der Fantasie der Pflasterer ist freien Lauf gelassen. Aber meist sind es Motive, die sich auf das Meer oder die Geschichte der Insel beziehen: Schiffe, Jahreszahlen, Fische, Anker. Ich schaue bei meinem Spaziergang durch Santa Cruz mehr auf die Pflastermotive als auf die Häuser, wobei Letztere auch sehr schön sind.
Viele Regionen und Städte, die ich kenne, zeichnen sich durch eine Besonderheit aus, das ihnen so etwas wie eine Visitenkarte verleiht. Auf Lanzarote sind es die weißgetünchten Häuser mit den grünen Fensterläden, in Marokko sind es die Fassaden im verspielt maurischen Stil, im Schwarzwald, na ja, das weiß ja jeder. Hier auf Madeira sind es die Pflaster der öffentlichen Plätze, der Bürgersteige und der Fußgängerzonen. Mal sind es kleine oder halbierte Kiesel, mal sind es kleine Pflastersteine, aber überall sind Muster im Pflaster eingelassen. Kein Muster wiederholt sich in der folgenden Straße, der Fantasie der Pflasterer ist freien Lauf gelassen. Aber meist sind es Motive, die sich auf das Meer oder die Geschichte der Insel beziehen: Schiffe, Jahreszahlen, Fische, Anker. Ich schaue bei meinem Spaziergang durch Santa Cruz mehr auf die Pflastermotive als auf die Häuser, wobei Letztere auch sehr schön sind.
Kalt sehen sie aus, eiskalt. So kalt, wie der Tod. Und so ist es auch. Ein Gabelstapler bringt ein gutes Dutzend tiefgefrorener Thunfische zum Kühlwagen. Ihre Schwanzflossen stehen steif und zackig. Mich fröstelt. Ich stehe an der großen Fischhalle und beobachte die Fischer, die ihre Boote für die nächtliche Ausfahrt vorbereiten. Von der Werft dringt Hammerschlag zu mir herüber. Im Hafen liegen die ganz großen Trawler. Auch dort wird geschliffen und lackiert. Die Boote werden für den großen Fang vorbereitet. Früher war Canical das Zentrum des Walfischfangs. Neben der Werft werden in zwei kleinen Läden noch Schnitzereien aus Walknochen und aus Holz feil geboten. Doch seit der Walfang starken Restriktionen unterworfen ist, ist die Bedeutung der Fischerei zurück gegangen. !981 wurde die Walfischfabrik geschlossen. Im Sommer gibt es noch die Thunfischsaison. Aber ansonsten ist aus den fischarmen Gewässern rund um Madeira nicht mehr viel zu fangen. Nur der schwarze Tiefseetintenfisch, der Espada, aus 1500 Meter Tiefe hoch geholt, liegt noch in größeren Mengen auf den Tischen der Fischhändler. Hinter den Fischerbooten ragen die Hafenkräne hoch. Canical ist auch der Handelshafen von Madeira. Doch viel Arbeit scheint es nicht mehr zu geben. Ich sehe allenthalben Gruppen von Männern auf der Straße stehen und miteinander reden, oder unten einem Sonnendach Karten und Domino spielen. Kein gutes Zeichen. Die Parkplätze im Zentrum sind nicht gebührenpflichtig, ein Indiz dafür, dass der Ort außerhalb des Touristenstromes liegt. Oberhalb des Ortes drehen sich ein paar Windräder. Darunter ist neuerdings ein großes Solarkraftwerk angelegt. Die schwarzen Kästen leuchten schwach in der Sonne.
Die Ilhas Desertas sind heute besonders gut zu sehen. Es ist eine Gruppe mit drei Inseln im Osten von Madeira, die unbewohnt sind. Ich sehe sie über die breite Front der roten Baumaloe hinweg, die auf der Nordostspitze der Insel besonders gut zu gedeihen scheint. Zum Jahresende hin haben sie ihre schönste Blütezeit. Die Ilhas Desertas gehören wie Porto Santo und etliche Kleinsteilande zu dem Archipel von Madeira. Madeira ist vulkanischen Ursprungs. Der Vulkan ist aus 4000 Metern Tiefe aus dem Ozean hervorgewachsen. Doch nur noch an wenigen Stellen sind noch Zeichen des lange erloschenen Vulkans zu sehen. Oben, auf dem Aussichtspunkt Sao Lourenco sind sie aber noch sichtbar. Dicke Magmaknollen wachsen schier aus dem Boden. Das Gestein ist kreisförmig gedreht, so wie der Kuchenteig in der Schüssel. An einer Knolle hat jemand eine kleine Figur hingestellt. Er sieht aus wie ein Gnom, der gerade seine schützende Höhle verlassen hat. Ich bin achtlos an ihm vorbei gegangen, aber Renate hat seinen Ruf gehört und ihn gefunden. Er schaut über die Silberdisteln hinweg auf die Nordküste. Wir schließen den Tag mit einem kleinen Picknick an dem Aussichtspunkt ab. Weit im Nordosten sehe ich Porto Santo, die Badeinsel. Unter uns brodelt heute nur wenig Brandung in dem Kessel, den die Steilwände von Pedras Brancas bilden. Das habe ich schon viel wilder erlebt. Noch einmal wirft die Sonne durch ein kleines Wolkenloch etwas Licht auf den Hang. Heute ist kein guter Sonnentag gewesen.
Ein Schild ist in die Glasplatte eingelassen: „Sie befinden sich 580 m über dem Meeresspiegel.“ Und zur Bestätigung fällt mein Blick gleich daneben in die Tiefe. Immer tiefer zieht es mich hinab, bis hinunter zur Bananenplantage und der Brandung am Kiesstrand davor. Mir wird etwas mulmig. Ich muss mich von dem Blick in die Tiefe regelrecht los reißen. Das Cabo Girao ist die zweithöchste Steilklippe Europas. In den letzten Jahren wurde die alte Plattform um einen Rundweg aus Metallgitter und Bodenglas erweitert. Der Blick in die Tiefe ist ebenso atemberaubend wie der Blick die Küste entlang bis nach Funchal.
Gleich vorne, am Eingang zur Plattform, sitzt eine Stickerin. Sie hat ihre Tücher neben sich auf dem Stein ausgebreitet und hofft auf Kunden. Die Wartezeit nutzt sie, um Borden an die Tücher zu häkeln. „Es gibt wenig Arbeit auf Madeira“, sagt sie zu Renate und bedankt sich für den Kauf eines Tuches. Auch der Mundharmonikaspieler auf der gegenüberliegenden Seite freut sich für den Zuspruch von uns. Eine Münze wandert in seinen Hut. Er bedankt sich mit einem Lied nur für uns. Weit hinter ihm sehe ich die Bucht, an der unser Hotel liegt. Nur der kleine Fischerhafen von Camara da Lobos selbst ist hinter einem kleinen Bergrücken versteckt. Arbeitslosigkeit ist auf Madeira ein ganz großes Problem, gerade für Menschen, die nicht mehr jung sind. Ich denke zurück an meinen ersten Besuch in Lissabon. Portugal galt damals als das Armenhaus Europas. Mein Freund Jorge gab jedem Bettler eine kleine Münze. Viele waren es nicht, nur ab und zu welche vor einem Kircheneingang oder an einem Aussichtspunkt. Er sagte mir, dass diese Menschen nicht Schuld an ihrer Armut seien und eine kleine Unterstützung verdient hätten. Mit diesen Worten im Sinn gebe ich auch der alten Bäuerin am Ausgang eine Münze. Ihre Augen leuchten vor Dankbarkeit.
Wir fahren etwas die Straße zurück und lassen den Wagen am Einstieg zur Levada da Norte stehen. Etwas „Füße vertreten“ ist angesagt. Heute sind viele Wanderer unterwegs. Auf diesem Abschnitt sind es aber keine organisierten Wanderführungen. Die sehen wir auf dem gegenüberliegenden Hang. Wieder kommen wir durch üppige Gärten. Ein Bauer schleppt auf seiner Schulter einen schweren Korb mit Zwiebeln, weiter unten holen drei Feldarbeiter rote Kartoffel aus der Erde. Der Boden hier ist sehr fruchtbar. Die Wanderer erkenne ich an ihrem Rucksack, die Bauern an der Sichel, die jeder mit sich trägt. Selbst die alte Bäuerin hat die Sichel über ihre Schulter gelegt. Wahrscheinlich ist Miraculix der Urvater von Madeira. Wahrscheinlich werden die Babys auf dem Land schon mit der Sichel in der kleinen Faust geboren. In jedem Geschäft, das ich in den kleinen Ortschaften von Madeira sehe, werden Sicheln in allen Variationen angeboten. Die goldenen Sicheln sind aber den Druiden vorbehalten, und die sind selten. Die alte Bäuerin biegt auf ihr Feld ein und schneidet Mais, die reifen Kolben für sich und die Blätter samt Stängel für die Ziege.
Eine besonders schöne Blüte erregt meine Aufmerksamkeit. Wie ein Lampenschirm hängt sie an einem dünnen Faden nach unten, die Blütenblätter gespreizt und der Blütenstand ähnlich dem Leuchtdraht einer Glühbirne, nur ohne Glas drum rum. Daneben hängen auch Früchte, länglich und grün, manche auch schon rot, etwa 8 Zentimeter lang. Es sind Baumtomaten, auch Tomates Ingles genannt. Sie gelten nicht als Gemüse, sondern als Obst. Ihr Inneres ist süßsauer im Geschmack und wird ausgelöffelt. Wenn sie dunkelrot sind, sind sie reif.
Eine besonders schöne Blüte erregt meine Aufmerksamkeit. Wie ein Lampenschirm hängt sie an einem dünnen Faden nach unten, die Blütenblätter gespreizt und der Blütenstand ähnlich dem Leuchtdraht einer Glühbirne, nur ohne Glas drum rum. Daneben hängen auch Früchte, länglich und grün, manche auch schon rot, etwa 8 Zentimeter lang. Es sind Baumtomaten, auch Tomates Ingles genannt. Sie gelten nicht als Gemüse, sondern als Obst. Ihr Inneres ist süßsauer im Geschmack und wird ausgelöffelt. Wenn sie dunkelrot sind, sind sie reif.
In der Levada fließt viel Wasser. Herbstblätter führt sie wie kleine Schiffchen mit sich. Hinter einer Biegung teilt sich die Levada, der größere Kanal verschwindet in einem Tunnel. Schnurgerade führt er durch den Berg. Am Ende sehe ich den Ausgang. Ich packe meine Taschenlampe aus. Nicht nur auf den unebenen Boden sondern auch auf die Felsdecke muss ich achten. Eigentlich ist der Tunnel ja mannshoch. Aber die Männer auf Madeira sind doch etwas kleiner als die Hünen aus Deutschland.
Am Ende des Tunnels wartet schon ein Pärchen. Ihnen hilft das Licht ihres Smartphones beim Durchqueren des Tunnels. Als ich den Tunnel verlasse, breitet sich vor mir das prächtige Halbrund des Tales von Funchal und Camara da Lobos aus. Wie Spielzeugautos fahren unter mir die Autos auf den Serpentinen und den Brücken. Der ganze Hang ist besiedelt und terrassiert, ein Bild, auf das ich hier auf Madeira immer wieder stoße. Eine kleine Levada zweigt vom Hauptkanal nach rechts ab. Zwei Wanderer laufen den Weg entlang, als wäre es ein breiter Wanderweg. Neben ihnen gebt es 30 Meter in die Tiefe, der Fußweg selbst ist auch nur 30 Zentimeter breit, daneben die ebenso schmale Levada, und dann schon die Felswand, ein anspruchsvoller Weg.
Am Ende des Tunnels wartet schon ein Pärchen. Ihnen hilft das Licht ihres Smartphones beim Durchqueren des Tunnels. Als ich den Tunnel verlasse, breitet sich vor mir das prächtige Halbrund des Tales von Funchal und Camara da Lobos aus. Wie Spielzeugautos fahren unter mir die Autos auf den Serpentinen und den Brücken. Der ganze Hang ist besiedelt und terrassiert, ein Bild, auf das ich hier auf Madeira immer wieder stoße. Eine kleine Levada zweigt vom Hauptkanal nach rechts ab. Zwei Wanderer laufen den Weg entlang, als wäre es ein breiter Wanderweg. Neben ihnen gebt es 30 Meter in die Tiefe, der Fußweg selbst ist auch nur 30 Zentimeter breit, daneben die ebenso schmale Levada, und dann schon die Felswand, ein anspruchsvoller Weg.
Zwischen Meer und Steilhang finden sich bisweilen schmale Streifen mit fruchtbarem Boden. Auch hier werden Felder bewirtschaftet. Jeder Quadratmeter dieses Bodens ist für die Bauern ein kostbares Gut. Ich stehe auf der Plattform am Faja dos Padres. Eben hat ein Arbeiter die Tür zur Bergstation geöffnet. Er besteigt die weiße Kabine. „Lastenaufzug“ steht an der Tür. Vorne ist ein kleines Fenster. Er schaut hinaus und winkt mir zu. Ohne Ruck setzt sich die Kabine in Bewegung. 150 Grad mag der Winkel der Seilbahn betragen. Etwa zwei Minuten später kommt das Gegengewicht bei mir oben an. Rund 300 Meter sind es bis zur Bodenstation. Unten gibt es nicht nur Felder, sondern auch eine Handvoll Ferienhäuser, ein Restaurant und einen kleinen Strand. Ich sehe zwei Urlauber, die sich dort unten sonnen. Der Strand ist nur mit der zweiten Seilbahn daneben zu erreichen. Bei solch einer Seilbahn braucht man schon viel Gottvertrauen.
Auf dieser Plattform am Faja dos Padres saßen früher die Helfer der Walfänger. Mit ihren scharfen Augen und ihren Fernrohren konnten sie die Fischer zu den Walschwärmen dirigieren. Heute werden nur noch die Touristenboote für die Beobachtung der Wale dirigiert. Tief unten fährt ein Schiff der portugiesischen Marine in Küstennähe vorbei. Vor wem mögen sie die Insel wohl bewachen? Doch höchstens vor Fischräubern, die die Fischfarmen da draußen im Meer leer räumen wollen. Ich folge dem Kurs des Kriegsschiffs und nehme das ganze Bild der Westküste mit seinen vielen Klippen und hoch gelegenen Siedlungen tief in mich auf und genieße die friedliche Stille.
Auf dieser Plattform am Faja dos Padres saßen früher die Helfer der Walfänger. Mit ihren scharfen Augen und ihren Fernrohren konnten sie die Fischer zu den Walschwärmen dirigieren. Heute werden nur noch die Touristenboote für die Beobachtung der Wale dirigiert. Tief unten fährt ein Schiff der portugiesischen Marine in Küstennähe vorbei. Vor wem mögen sie die Insel wohl bewachen? Doch höchstens vor Fischräubern, die die Fischfarmen da draußen im Meer leer räumen wollen. Ich folge dem Kurs des Kriegsschiffs und nehme das ganze Bild der Westküste mit seinen vielen Klippen und hoch gelegenen Siedlungen tief in mich auf und genieße die friedliche Stille.
Es gibt viele schöne Aussichtspunkte mit Blick auf Funchal. Nun stehe ich wieder auf demjenigen, den ich persönlich am schönsten empfinde. Auf einer Bergkuppe stehe vier markante Pinien, die sich im Wind ducken. Gerade im Vorabendlicht, wenn die Sonne schon tief im Westen steht, habe ich hier schon schöne Momente erlebt, wenn die Blüte der roten Baumaloe im letzten Tageslicht wie eine Fackel leuchtet. Doch im Moment weht eine steife Brise und die Sonne macht sich rar. „Man spricht Deutsch“, lässt der Maler vor seiner Staffelei vernehmen und zeigt uns einige seiner schönsten farbenfrohen Aquarelle. „Nein, heute war kein gutes Geschäft. Aber am Sonntag kommen wieder mehrere Kreuzfahrtschiffe. Da kommen viele der Gäste mit dem Bus nach hier oben.“ Der Pico de Barcelo war schon immer ein beliebter Aussichtspunkt. So wie die ganze Stadt im Umbau begriffen ist, so wird auch hier gebaut. Bei der nächsten Reise kann ich dann vom Panoramacafé aus auf das Stadtpanorama schauen.
Die Spitzen der Berge hinter dem Pico de Barcelo liegen in den Wolken. Nur etwas Blau lugt durch ein Wolkenloch. Wir beschließen dennoch, die Fahrt dort hin zu wagen. Weit schraubt sich die Straße in ein lang gezogenes Tal hinein. Immer höher steigt sie, bis sich eine Tunnelröhre öffnet. Von nun an geht’s bergab. Am Ausgang des langen Tunnels erwartet uns eine Bergwelt unter blauem Himmel. Wir sind im Nonnenstall. Gewiss, nun mag mich der Madeira-Kenner korrigieren: Es heißt doch Nonnental. „Curral das Freiras“, wie dieses abgeschiedene Bergdorf heißt, bedeutet wortwörtlich übersetzt tatsächlich „Nonnenstall“. Doch weil es dem aufstrebenden Tourismus besser dienlich schien, haben vor vielen Jahren die Marketingstrategen der Tourismusbehörde diesem wie einigen anderen Plätzen brave Namen zugesprochen. Nonnental hört sich doch gesitteter an, als Nonnenstall, oder! So weit die jüngere Geschichte. Der Ursprung des Namens liegt viele Jahrhunderte zurück, als die Nonnen eines Klosters sich vor französischen Korsaren in dieses unzugängliche Bergtal gerettet hatten. Die Schlucht des Rio do Curral das Freiras ist so eng und steil, dass im Flußtal kein Fußweg aus dem Talkessel hinaus führt. Nur über steile Berghänge war das Tal Jahrhunderte lang zu erreichen. Selbst die heutige Tunnelröhre liegt rund 800 Meter hoch.
An den Bergspitzen tummeln sich derweil kleine weiße Wölkchen, werden größer, werden schwerer, lösen sich wieder auf. Ich stehe vor einem alpinen Bergpanorama. Eine kleine Straße führt talaufwärts bis zum Pico dos Fardos. Hier ist die Welt zu Ende und die Straße auch. An den Hängen stehen Esskastanien im gelben Kleid. Sie kennen den Herbst und liefern ihre rotbraunen Früchte nach Funchal zu den Ständen, an denen ich die leckeren gerösteten Kastanien essen mag.
Im Nonnental mag man es bunt. Vielleicht liegt es, so scheint es mir, daran, dass das Tal im Winter oft in grauen Nebel gehüllt ist. Viele der Hausfassaden sind in knalligen Farben angestrichen, von Quietschegelb bis Fliederlila, von Giftiggrün bis Schweinchenrosa reicht die Farbpalette, Farbtupfer vor grauem Gestein. Hoch oben über dem Nonnental steht ein Panoramacafé. Graue Wolken umwabern es, lassen mal die Sicht frei, und hüllen es wieder in Milchsuppe. Dort oben hat man den schönsten Blick ins Tal. Angesichts der Wolken verzichte ich aber heute auf diesen Blick.
Mitten im Ort steht die Bar „A Flor do Curral“, daneben, mit einer Tür verbunden, der Einkaufsmarkt. Tante Emma hätte ihre helle Freude an diesem Laden. Die Gitarre hängt über der Marmelade, die Plastikschüsseln über dem Obst, Ketten und Maulkörbe bereichern die Leine mit dem Knoblauch und Schokoladengeruch vereinigt sich mit dem Geruch von Waschmitteln. Die Registrierkasse ist elektronisch modern, das verlangt das Finanzamt. Als Zugabe zu unserem Einkauf gibt es eine Handvoll frischer Walnüsse. Ich bin begeistert. Als der Verkäufer sieht, dass ich meine Kamera zücke, führt er mich auf die Terrasse hinter der Bar „Für den schönsten Fotoblick im Tal“. Er hat recht. Aber als ich genauer hinunter schaue, erschrecke ich. Unten, in der Talsohle, dort wo die Brücke den Fluss überquert, stehen Feuerwehrwagen und Ambulanzen. Der Verkäufer beruhigt mich: Nur eine Übung. Ich frage ihn, ob es denn immer noch keinen Fußweg durch die Schlucht hinunter nach Camara da Lobos gebe. „Doch“, sagt er, „die Levada“. Aber die, so bedeutet er, nehmen nicht einmal die Einheimischen, denn sie ist ungesichert und mehr als gefährlich. Ich kann ihren Verlauf im Steilhang sehen und glaube ihm aufs Wort.
Die Spitzen der Berge hinter dem Pico de Barcelo liegen in den Wolken. Nur etwas Blau lugt durch ein Wolkenloch. Wir beschließen dennoch, die Fahrt dort hin zu wagen. Weit schraubt sich die Straße in ein lang gezogenes Tal hinein. Immer höher steigt sie, bis sich eine Tunnelröhre öffnet. Von nun an geht’s bergab. Am Ausgang des langen Tunnels erwartet uns eine Bergwelt unter blauem Himmel. Wir sind im Nonnenstall. Gewiss, nun mag mich der Madeira-Kenner korrigieren: Es heißt doch Nonnental. „Curral das Freiras“, wie dieses abgeschiedene Bergdorf heißt, bedeutet wortwörtlich übersetzt tatsächlich „Nonnenstall“. Doch weil es dem aufstrebenden Tourismus besser dienlich schien, haben vor vielen Jahren die Marketingstrategen der Tourismusbehörde diesem wie einigen anderen Plätzen brave Namen zugesprochen. Nonnental hört sich doch gesitteter an, als Nonnenstall, oder! So weit die jüngere Geschichte. Der Ursprung des Namens liegt viele Jahrhunderte zurück, als die Nonnen eines Klosters sich vor französischen Korsaren in dieses unzugängliche Bergtal gerettet hatten. Die Schlucht des Rio do Curral das Freiras ist so eng und steil, dass im Flußtal kein Fußweg aus dem Talkessel hinaus führt. Nur über steile Berghänge war das Tal Jahrhunderte lang zu erreichen. Selbst die heutige Tunnelröhre liegt rund 800 Meter hoch.
An den Bergspitzen tummeln sich derweil kleine weiße Wölkchen, werden größer, werden schwerer, lösen sich wieder auf. Ich stehe vor einem alpinen Bergpanorama. Eine kleine Straße führt talaufwärts bis zum Pico dos Fardos. Hier ist die Welt zu Ende und die Straße auch. An den Hängen stehen Esskastanien im gelben Kleid. Sie kennen den Herbst und liefern ihre rotbraunen Früchte nach Funchal zu den Ständen, an denen ich die leckeren gerösteten Kastanien essen mag.
Im Nonnental mag man es bunt. Vielleicht liegt es, so scheint es mir, daran, dass das Tal im Winter oft in grauen Nebel gehüllt ist. Viele der Hausfassaden sind in knalligen Farben angestrichen, von Quietschegelb bis Fliederlila, von Giftiggrün bis Schweinchenrosa reicht die Farbpalette, Farbtupfer vor grauem Gestein. Hoch oben über dem Nonnental steht ein Panoramacafé. Graue Wolken umwabern es, lassen mal die Sicht frei, und hüllen es wieder in Milchsuppe. Dort oben hat man den schönsten Blick ins Tal. Angesichts der Wolken verzichte ich aber heute auf diesen Blick.
Mitten im Ort steht die Bar „A Flor do Curral“, daneben, mit einer Tür verbunden, der Einkaufsmarkt. Tante Emma hätte ihre helle Freude an diesem Laden. Die Gitarre hängt über der Marmelade, die Plastikschüsseln über dem Obst, Ketten und Maulkörbe bereichern die Leine mit dem Knoblauch und Schokoladengeruch vereinigt sich mit dem Geruch von Waschmitteln. Die Registrierkasse ist elektronisch modern, das verlangt das Finanzamt. Als Zugabe zu unserem Einkauf gibt es eine Handvoll frischer Walnüsse. Ich bin begeistert. Als der Verkäufer sieht, dass ich meine Kamera zücke, führt er mich auf die Terrasse hinter der Bar „Für den schönsten Fotoblick im Tal“. Er hat recht. Aber als ich genauer hinunter schaue, erschrecke ich. Unten, in der Talsohle, dort wo die Brücke den Fluss überquert, stehen Feuerwehrwagen und Ambulanzen. Der Verkäufer beruhigt mich: Nur eine Übung. Ich frage ihn, ob es denn immer noch keinen Fußweg durch die Schlucht hinunter nach Camara da Lobos gebe. „Doch“, sagt er, „die Levada“. Aber die, so bedeutet er, nehmen nicht einmal die Einheimischen, denn sie ist ungesichert und mehr als gefährlich. Ich kann ihren Verlauf im Steilhang sehen und glaube ihm aufs Wort.
Auf dem Rückweg bricht die Sonne durch die Wolken. Es ist später Nachmittag und die Sonne steht tief. Da können wir nicht einfach am Pico do Barcelo vorbei fahren. Die Blüten der Fackellilie machen in diesem Licht ihrem Namen alle Ehre. Die RIVIERA, ein Kreuzfahrtschiff, verlässt gerade den Hafen und nimmt Kurs auf die Karibik. Es muss ein besonderes Schiff sein, denn in der heutigen Zeitung war ihr ein großer Artikel gewidmet. Anderswo würde dieser Anblick mein Fernweh entzünden. Hier erweckt die ganze Szenerie in mir ein tiefes Glücksgefühl. Ich schicke der RIVIERA ein „Gute Reise“ hinter her. Ich möchte jetzt nur sitzen und den Anblick von Funchal im letzten warmen Spätnachmittagslicht in mich aufsaugen. Die hoch aufgerichtete Blütenreihe der Baumaloe in tiefem Rot bildet einen würdigen Rahmen für diesen Moment.
Der lange Tag endet mit einem Besuch der Kirche von Sao Martinho. Markant steht sie mit ihrem spitzen Turm auf einem tiefer gelegenen Hügel. Das Dunkel des Kirchenschiffes empfängt mich. Ich bin kein religiöser Mensch, aber ich respektiere die Religiösität anderer. Der Pfarrer liest eine Messe. Anders als bei uns ist er weltlich gekleidet. Als er die Kanzel verlässt, beginnt eine Frau mit dem Orgelspiel. Zwei weitere gesellen sich zu ihr und fangen an zu singen. Hell und klar sind ihre Stimmen. Mit diesem Klang im Ohr verlasse ich wieder die Kirche. Draußen bricht die Dunkelheit herein.
Der lange Tag endet mit einem Besuch der Kirche von Sao Martinho. Markant steht sie mit ihrem spitzen Turm auf einem tiefer gelegenen Hügel. Das Dunkel des Kirchenschiffes empfängt mich. Ich bin kein religiöser Mensch, aber ich respektiere die Religiösität anderer. Der Pfarrer liest eine Messe. Anders als bei uns ist er weltlich gekleidet. Als er die Kanzel verlässt, beginnt eine Frau mit dem Orgelspiel. Zwei weitere gesellen sich zu ihr und fangen an zu singen. Hell und klar sind ihre Stimmen. Mit diesem Klang im Ohr verlasse ich wieder die Kirche. Draußen bricht die Dunkelheit herein.