
Blick in das Tal von Campaniaro im Süden Madeiras
Der Himmel brennt. Zwischen dem weiten schwarzen Wolkendecke, unter der der Atlantik ruht, und einer schmalen Wolkendecke im Osten ist die Glut des erwachenden Tages entbrannt. Alle Spielarten vom glühenden Rot bis zum flammenden Gelb haben sich versammelt. Über der schmalen Wolkendecke spannt sich ein tiefblauer Himmel, der sich im Westen im Dunkel der weichenden Nacht verliert. Noch lange glüht das Feuer nach. Langsam sinkt das Flugzeug und taucht in eine weiße Wattedecke ein. Die Insel liegt noch im Halbdunkel der einsetzenden Dämmerung. Der weiße Saum der Brandung der Nordostküste leuchtet zu mir hoch, dahinter die gelben Lichter von Machico.
Entlang der Küste geht der Kurs, um dann in einer scharfen Kurve auf die Landebahn zu steuern. Die Häuser sind zum Greifen nah, ich kann schier in die Wohnzimmer blicken. Wie ein Adler schwebt der Flieger entlang des Berghangs auf die Landebahn nieder. Nur Piloten mit Spezialausbildung dürfen den Flughafen von Funchal anfliegen. Es ist noch nicht lange her, dass die Landebahn um 1000 Meter verlängert wurde, um auch größeren Flugzeugen die Landung zu ermöglichen, 1000 Meter, die auf 180 Betonpfeilern stehen.
Entlang der Küste geht der Kurs, um dann in einer scharfen Kurve auf die Landebahn zu steuern. Die Häuser sind zum Greifen nah, ich kann schier in die Wohnzimmer blicken. Wie ein Adler schwebt der Flieger entlang des Berghangs auf die Landebahn nieder. Nur Piloten mit Spezialausbildung dürfen den Flughafen von Funchal anfliegen. Es ist noch nicht lange her, dass die Landebahn um 1000 Meter verlängert wurde, um auch größeren Flugzeugen die Landung zu ermöglichen, 1000 Meter, die auf 180 Betonpfeilern stehen.
Beim Aussteigen habe ich gleich die Kamera zur Hand um der Aufforderung Folge zu leisten. Doch sofort steht ein Aufpasser neben mir und bittet mich, auf dem Vorfeld nicht zu fotografieren, und das, obwohl auf dem TUI-Flieger dick und fett steht: „Fotografieren und Gewinnen“. Daneben prangt groß das Bärchen der Bärenmarke. Oh Schreck, ich bin in einer Kondensmilchbüchse geflogen.
Bei milden Morgentemperaturen startet der Transferbus zum Hotel. Am Hang unterhalb der Landebahn leuchten mir die ersten roten Kerzen der Baum-Aloe entgegen. Dutzende von Drachenbaum-Agaven stehen stolzen Schwänen gleich mit ihren gebogenen Blütenständen. Gleich darauf taucht der Bus in den ersten Tunnel ein. Mit EU-Mitteln wird eine Ringstraße rund um die ganze Insel gebaut. 150 Kilometer sind es vielleicht, aber 150 Kilometer, die es in sich haben, im wahrsten Sinne des Wortes. Madeira ist vulkanischen Ursprungs. 1862 Meter über dem Meeresspiegel und 4000 Meter darunter. Nach allen Seiten fallen die Berge steil ins Meer. Madeira ist genau genommen nur die Spitze eines großen Berges. Da ist kein Platz für gerade Straßen. Mit der Ringstraße wird die Insel verkehrstechnisch erschlossen. Doch der Preis ist hoch. Brücken überspannen die Barancas, dahinter verschwindet die Straße gleich wieder im Tunnel, deren 140 bereits gebohrt sind. |

eines der vielen Graffitti, die Seeleute an die Mole malen
Welch ein grandioser Blick: Hinter einem dieser Tunnel taucht Funchal auf und erstrahlt im Licht der frühen Sonne. Dieser Blick fasziniert mich jedes Mal wieder aufs Neue. Wie die Ränge eines Amphitheaters ziehen sich die Straßen und Hausreihen im Halbrund der Bucht bis auf 600 Meter hoch, die Bühne dieses Theaters bilden Hafen und Altstadt. Solange es geht, bleibt mein Blick auf diese Szenerie gefesselt, bevor die Dunkelheit eines Tunnels mich dem Spektakel entreißt.
Der Wind treibt die Wellen weiß gekrönt in den Hafen. Die Fahnen entlang der Promenade machen mit schlagendem Geräusch auf sich aufmerksam und die Sonne strahlt inzwischen vom blauen Himmel. Es herrscht ein steifer Ostwind. Mein Hotel liegt im äußersten Westen von Funchal, Meerblick inclusive. Doch es hat mich nicht lange im Hotel gehalten. Gleich mit dem nächsten Bus bin ich ins Zentrum gefahren. Viel hat sich hier seit meinem letzten Besuch verändert. An dem langen Kai, an dem heute mal kein Kreuzfahrtschiff liegt, ist ein Empfangsgebäude für die jährlich 200.000 Kreuzfahrttouristen gebaut worden. Es verdeckt die pittoresken Graffittis, die Seeleute von Segelschiffen und anderen bemerkenswerten Schiffen an die langgezogene Wand der Mole gemalt haben. Das soll Glück auf See bringen, oder Unglück, wenn man es nicht macht. Funchal hat es die längste Staffelei der Welt gebracht, gut 800 Meter lang.
Der Wind treibt die Wellen weiß gekrönt in den Hafen. Die Fahnen entlang der Promenade machen mit schlagendem Geräusch auf sich aufmerksam und die Sonne strahlt inzwischen vom blauen Himmel. Es herrscht ein steifer Ostwind. Mein Hotel liegt im äußersten Westen von Funchal, Meerblick inclusive. Doch es hat mich nicht lange im Hotel gehalten. Gleich mit dem nächsten Bus bin ich ins Zentrum gefahren. Viel hat sich hier seit meinem letzten Besuch verändert. An dem langen Kai, an dem heute mal kein Kreuzfahrtschiff liegt, ist ein Empfangsgebäude für die jährlich 200.000 Kreuzfahrttouristen gebaut worden. Es verdeckt die pittoresken Graffittis, die Seeleute von Segelschiffen und anderen bemerkenswerten Schiffen an die langgezogene Wand der Mole gemalt haben. Das soll Glück auf See bringen, oder Unglück, wenn man es nicht macht. Funchal hat es die längste Staffelei der Welt gebracht, gut 800 Meter lang.

die Principado Ilheu da Pontinha
Ein gewaltiger Felsen steht gegenüber dem Tunnelausgang. Beim Bau der Mole wurde er vor vielen Jahrzehnten mit dem Land verbunden. Doch die politische Verbindung ist umstritten. Ein pfiffiger Zeitgenosse hatte herausgefunden, dass der Fels Großbritannien gehört, kaufte ihn von dort und erklärte den Felsen zu einem eigenem Staat, die Principado Ilheu da Pontinha. Der Prinz hat sogar eine eigene Webseite und seit dem Jahr 2006 hat er sogar internationale Anerkennung gefunden. Die portugiesische Regierung ignoriert es inzwischen einfach. Keine Schranke, die den Zugang verwehrt, kein Zollhaus, das die Passierenden kontrolliert. Muss frustrierend sein, so negiert zu werden. Auf den knapp 200 Quadratmetern lebt eine große Kolonie sanfter Wesen. Sie umschmeicheln meine Füße und flehen mit ihren Augen um einen Teil meines zweiten Frühstücks, das ich oben auf der Aufsichtsplattform einnehme. Doch mein Obst verschmähen sie, wenden sich dann lieber dem Katzenfutter zu, das gerade in ihre Futternäpfe geschüttet wird. Schön warm ist es hier oben und ein herrlicher Blick auf Funchal.
Unterhalb des Parque de Santa Catarina ist der alte Fischerhafen auf ein Minimum reduziert worden. Eine breite Promenade hat ihn verdrängt. Allenthalben hämmern Baumaschinen, brummen Betonpumpen und klappern Bagger. Funchal verschönert seine Fassade. Die Touristen sollen die Sonnenseite der Stadt sehen. Selbst der bescheidene Sandstrand vor der Hafeneinfahrt muss einer Erweiterung des Yachthafens weichen.
Und hier ist richtig was los. Von der Hafeneinfahrt bis zur Festung Sao Tigao baggern und buddeln die Arbeiter, bauen eine neue Mole ins Meer hinaus. Was vorne ausgebaggert wird, wird hinten wieder aufgeschüttet. Mächtige Wellenbrecher werden versenkt. Das zieht Heerscharen von Neugierigen an, die abends in ihrer Familie sachkundig vom Fortschritt der Arbeiten berichten. Die „Vagrant“, einst die stolze Yacht der Beatles, liegt hier auf dem Trockenen. Ein späterer Eigner hatte sie vor Gran Canaria auf Grund gesetzt, nun verbringt sie ihren Lebensabend als Restaurant auf Madeira. Schien es bislang noch so, als wolle sie gerade vom Stapel weg durch den Sand ins Meer rutschen, so hat der neue Yachthafen ihr nun einen Riegel vor gesetzt. |

amPraca do Carmo
Abseits vom Lärm der Bauarbeiten liegt der beschauliche Platz Praca do Carmo. Ich mag diesen Platz, komme gerne hier hin. Das Viertel nennt sich „zwischen den Flüssen“. Es ist eingekeilt von zwei Flüssen, die aus dem Gebirge kommend sich am Meer treffen. Der Platz liegt abseits der Touristenrennstrecke. Er ist immer noch fest in der Hand der Funchaler Jugend, die sich in den zahlreichen Straßencafés ihr Stelldichein gibt. Die wenigen Touristen erkennt man daran, dass sie die Sonnenplätze belegen. De Einheimischen ziehen die Schattenplätze unter den Arkaden vor, Sonne gibt es schließlich das ganze Jahr über zur Genüge. Warum mir die Bedienung einen Aschenbecher auf den Tisch stellen will, erkenne ich erst, als sie den Deckel hebt: köstliche Oliven als Appetitanreger. Ich bedanke mich artig und bedauere dennoch, dass der Obst- und Gemüseladen heute geschlossen hat (hoffentlich nur vorübergehend), denn die Fruchtsäfte aus diesem Laden sind einfach nur gut. Der Platz eingesäumt von einer merkwürdigen Mischung aus historischen Gebäuden, modernen Bauten mit Eigentumswohnungen und alten dem Zerfall preisgegebenen Katen. Aber irgendwie passt alles zusammen, nichts stört den Blick. Ich genehmige mir zu Mittag eine Pasta Gratinado zu einem moderaten Preis. Vorne, an der Meerespromenade und im Fischerviertel, da sind die Touristenlokale mit den entsprechenden Preisen. Jeder Meter weiter weg vom Meeresufer wirkt preissenkend. Während ich im Reiseführer stöbere, diverse Prospekte studiere und so nebenbei auch noch Notizen mache, bevölkert sich der Platz. Es ist Siesta-Zeit. Die Menschen zieht es aus den umliegenden Büros und Schulen ins Café, um sich hier mit Freunden zu treffen und das Mittagsmahl einzunehmen. Heute Morgen, beim Abflug in Frankfurt, stand das Thermometer auf minus 6 Grad. Hier zeigt das Thermometer einer Apotheke plus 20 Grad. Viel wärmer wird es im Jahresdurchschnitt auch nicht. Madeira gehört zur Gruppe der makaronesischen Inseln. Makaronesisch, das heißt glückselig. Die Insel der Glückseligen, die Insel des ewigen Frühlings.
Trotz der vielen Menschen um mich herum kommt keine Hektik und kein Lärm auf. Es herrscht Gelassenheit. Obwohl es scheint, dass auch hier das Movil an die Hand der Madeirer angewachsen ist, haben die Menschen im Unterschied zu denen auf dem iberischen Festland nicht den Anspruch, alle Umstehenden an ihrem Telefongespräch teilhaben zu lassen. Im Gegenteil, ins Movil wird geflüstert, auch ein Teil der Gelassenheit, die ich allenthalben spüre. Das habe ich schon bei meinen früheren Besuchen so empfunden: kein Stress, keine Hektik, Gelassenheit. An der Bushaltestelle reiht sich jeder brav in die Schlange der Wartenden ein. Auch gelten Fußgänger nicht als Freiwild im Straßenverkehr, sondern werden von Autofahrern bevorzugt behandelt, egal, ob am Zebrastreifen oder 20 Meter dahinter. Ausnahmen bilden da nur die Festlandsportugiesen und die Touristen mit ihren Mietwagen. Gleiches gilt für den Einsatz der Hupe: nur im Notfall, ansonsten gilt: Gelassenheit, auch im dicksten Verkehrsgetümmel.
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das Stadtwappen von Funchal
Zuckerhut und Trauben sind Bestandteil des Stadtwappens von Funchal. Sie stehen für die ersten beiden prosperierenden Wirtschaftsperioden in der 700 jährigen Geschichte Madeiras. Schon im 15. Jahrhundert wird Zucker aus Madeira nach ganz Europa geliefert. Christoph Columbus besucht beim ersten Mal Madeira als Zuckerhändler. Die Zuckerhändler besiedeln ein eigenes Stadtviertel in Funchal. In dieser Zeit wird das Stadtwappen von Funchal kreiert. Es besteht aus 5 Zuckerhüten. Doch die Monokulturen laugen den Boden aus, nach 100 Jahren brechen die Erträge ein. Die darauf folgende Armut führt zu großen Auswanderungswellen nach Südamerika. Im folgenden Jahrhundert wird an den Südhängen Madeiras Wein kultiviert. Besonders die Engländer mögen den süßen Wein. Sie sorgen im Laufe der Zeit dafür, dass das Weinhandelsmonopol nur englischen Händler vorbehalten bleibt. Wieder folgt eine Zeit der Prosperität. In Funchal entsteht das Stadtviertel der Weinhändler. Das Stadtwappen Madeiras wird um Weinsymbole erweitert. Doch die Reblaus beendet auch diese Wirtschaftsära. Armut und Auswanderung folgen. Die Herstellung von Stickereiwaren führt wieder zu einem bescheidenen Wohlstand, und es sind wieder die Engländer, die sich für die Handwerksprodukte begeistern. Die große Stickerei in Funchal beschäftigt in ihren besten Tagen bis zu 5000 Arbeiterinnen, die meisten in Heimarbeit. Vielleicht liegt es daran, dass das Stadtwappen von Funchal wie eine Stickerei wirkt. Seit den 90er Jahren hat der Tourismus wieder zu einem Wirtschaftsaufschwung geführt, Wahrscheinlich findet sich bald das TUI-Logo im Stadtwappen von Funchal wieder.
Ich stehe vor dem Denkmal für die Stickerinnen. Der Großteil des Fabrikgeländes ist in Eigentumswohnungen umgewandelt, doch im Hauptgebäude wird in bescheidenem Umfang immer noch gearbeitet. Durch eine altehrwürdige Holztür mit Glaseinlage betrete ich das Gebäude. Es atmet noch den Flair der reichen Jahre. Im großen Saal in der 3. Etage, wo früher 100 Büglerinnen nebeneinander standen, treffe ich noch ein halbes Dutzend Arbeiterinnen. Sie sind es gewöhnt, dass Touristen kommen, ist doch das Gebäude gleichzeitig als Museum zum Anfassen eingerichtet.
Ich stehe vor dem Denkmal für die Stickerinnen. Der Großteil des Fabrikgeländes ist in Eigentumswohnungen umgewandelt, doch im Hauptgebäude wird in bescheidenem Umfang immer noch gearbeitet. Durch eine altehrwürdige Holztür mit Glaseinlage betrete ich das Gebäude. Es atmet noch den Flair der reichen Jahre. Im großen Saal in der 3. Etage, wo früher 100 Büglerinnen nebeneinander standen, treffe ich noch ein halbes Dutzend Arbeiterinnen. Sie sind es gewöhnt, dass Touristen kommen, ist doch das Gebäude gleichzeitig als Museum zum Anfassen eingerichtet.

"Mir läuft das Wasser im Mund zusammen..."
Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. „Ja, zwei von dieser und davon eine und ja, davon auch eine.“ Als ich fertig bin, ist mein Rucksack voll und mein Geldbeutel leer. Die Markthalle von Funchal ist immer wieder ein Supergau für meinen Geldbeutel. Was hier an Obst angeboten wird, übertrifft jeden Feinkostladen in München: Monstera, Nespera, Annona, Tomate Ingles, Maracuja Banana, Guave, Surinamkirsche … und natürlich auch solche Banalitäten wie Banane, Papaya, Mango und Apfelsinen, alles von der Insel. Heute liegt kein Kreuzfahrtschiff im Hafen, da sind nur die üblichen Stände aufgebaut. Es ist selten, dass kein Schiff im Hafen liegt, denn dann sind alle Standplätze belegt und böse Zungen behaupten, die Preise seien auch an kaufkräftiges Publikum angepasst. Zu den Köstlichkeiten, die hier angeboten werden, zählen aber auch Madeiras Wein und der Likör Poncho, Trockenfrüchte, Mandeln und Nüsse, Eukalyptus-, Fenchel- und Salbeibonbons aus Porto Moniz, der leckere Honigkuchen im Taschenformat, der erst im Mund seinen Kalorieninhalt entfaltet, Blumenzwiebel und die unvermeidlichen Strelitzien in fluggepäckablageangepasster Verpackung. Ach ja, Gemüse und Fleisch für die Stadtbewohner gibt es natürlich auch. In der Fischhalle nebenan sind um diese Uhrzeit die meisten Stände schon abgeräumt, die Fische unterwegs zu hungrigen Mägen. Vor allem Espada, der schmackhafte Raubfisch aus der Tiefsee, Thunfisch und der allseits beliebte Stockfisch werden hier angeboten. Ein Fischverkäufer säubert einen Fisch für eine ältere Kundin. Das gehört hier zum Service und zeigt, dass der Fisch fangfrisch ist, Stockfisch ausgenommen.
Eine kleine Fußgängerbrücke führt über den Ribeira de Santa Lucia. Die Treppenstufen sind leicht gewölbt und aus den Kieselsteinen, die auf ganz Madeira den Sand der kleinen Strände ersetzen. Diese Treppen kenne ich schon von den jahrhundertealten Wegen, die hier über die Berge führen. Bei Regen sind sie sehr glitschig. Rechts und links des Flussbettes fließt der Verkehr, der Fluss selbst fließt wie in einer Wanne. An dieser Stelle war vor 5 Jahren das Flussbett auf über hundert Meter von einer Matte lila blühender Bouganvillea-Blüten überspannt. Heute quält sich nur ein Rinnsal bis zur nahen Mündung, eine wenige Blüten noch am Geländer. Am 20. Februar 2010 brach über Madeira ein katastrophales Unwetter mit sintflutartigem Regen herein. Während ich hier stehe, drängen sich mir die Bilder eines Videos von damals auf. Das Wasser schoss mit ungeheurer Kraft vom Berg herunter, riss Bäume, Autos, Fahrräder, Mülltonnen, Blumenkästen, Geländer, einfach alles, was sich ihm in den Weg stellte, mit sich, der Fluss quoll über, drang in Keller, Tiefgaragen und Ladenlokale ein. Straßen standen bis zu einem Meter hoch unter Wasser. 40 Menschen starben an diesem Tag. Viele Schäden sind bis heute nicht beseitigt, auch die Brücke, auf der ich stehe. Ich spüre Traurigkeit in mir.
Die Fassade des Bazar do Povo ist frisch gestrichen. Sie liegt direkt am Ribeira de Santa Lucia. Der Schritt durch die Tür ist wie ein Schritt in eine Retrospektive. 1883 wurde das Kaufhaus eröffnet. Die Inneneinrichtung strömt den Flair des 19. Jahrhunderts aus, nur die Waren sind der heutigen Zeit angepasst. Die Verkäuferinnen sind mit der Saisonbereinigung beschäftigt: Weihnachten raus, Fasching rein. In drei Wochen werden wieder die Sambagruppen durch die Straßen ziehen, ein Tanz- und Farbenschauspiel erster Güte. Ich kann es jedem nur ans Herz legen. (Hier gibt es mehr Fotos vom Karneval in Funchal). Die Tänzerinnen und Tänzer mögen vielleicht nicht so zahlreich sein wie in Rio, aber sie tanzen mit dem gleichen Feuer. Kein Wunder, denn viele Madeirer waren vor Jahrhunderten aus Armut nach Brasilien ausgewandert und und ihre Nachkommen kehren nun mit brasilianischem Blut wieder zurück. An der Hafenpromenade hat die Stadtverwaltung den Auswanderern ein Denkmal gesetzt, mit dem Erdball in der Hand.
Nein, ein Adler bin ich noch nicht, auch wenn ich oft fliege. Aber Adler auf Madeira? Nein, das gibt es nicht. Doch drei Jugendliche haben eine famose Geschäftsidee. Sie stehen mit ihren Greifvögeln vor der Kathedrale und bieten an, ein Foto zu machen. Ihre Sympathie steckt mich an. Ich streife den Lederhandschuh über und lasse mir den großen Adler auf den Arm setzen. Ups, der ist gar nicht so leicht. 5 Kilo stecken in ihm und er schaut mich prüfend an. Seinen scharfen, gebogenen Schnabel möchte ich nicht spüren. Aber offensichtlich gehöre ich nicht zu seinem Beuteschema, er lässt mich unbehelligt. Nebenbei erzählen mir die drei noch etwas vom Tierschutz. Aber Englisch ist nicht ihre Stärke und Portugiesisch nicht meine, schade. Jose Guterres, der Fotograf der drei, gibt mir aber die Bilddatei auf meinen Stick und ich kaufe ihm dafür ein Foto ab. |
Ein Kaffee im Grand Café, das muss sein. Hier schlägt das Herz von Funchal. Joao Goncalves Zarco, der 1419 Madeira für Portugal „entdeckte“, blickt stolz von seinem hohen Sockel zum Meer hinunter. So mancher betagte Madeirer verbringt hier seine Tage. Ich befleissige mich, die Vorbeischlendernden zu beobachten. Eine bunte Mischung aus Stadtmondäne, Bauern auf Stadtgang und Touristen flaniert an mir vorbei. Im Mai möchte ich mal her kommen. Dann ist die Fußgängerzone rechts und links des Grand Café ein Traum in Blau. 300 Meter lang ist die Jacaranda-Allee, 300 Meter Blütentraum.
Ich mag die blauen Kacheln. Zum ersten Mal habe ich sie 1968 in Lissabon gesehen. Hier in Funchal habe ich sie wieder gefunden. Azulejos heißen sie und zeigen Szenen aus dem biblischen, dem feudalen, aber vor allem aus dem alltäglichen Leben. Ich finde sie an der Fassade einiger Gebäude im Stadtzentrum, an der Markthalle, aber auch an gemauerten Sitzbänken unten an der Promenade.
Ich mag die blauen Kacheln. Zum ersten Mal habe ich sie 1968 in Lissabon gesehen. Hier in Funchal habe ich sie wieder gefunden. Azulejos heißen sie und zeigen Szenen aus dem biblischen, dem feudalen, aber vor allem aus dem alltäglichen Leben. Ich finde sie an der Fassade einiger Gebäude im Stadtzentrum, an der Markthalle, aber auch an gemauerten Sitzbänken unten an der Promenade.
„Kein Foto!“ „Kein Foto?“ „Kein Foto!“, die Aufpasserin im Fotomuseum bleibt hart. Dabei gibt es hier doch herrliche Motive. Teile der Ausstattung sollen noch aus dem Gründungsjahr stammen. 1848 eröffnete der Fotograf Vicente Gomes da Silva in Funchal ein Fotostudio. Ein Markt war vorhanden, viele reiche Leute kamen nach Funchal, um ihrer Gesundheit in dem milden Klima Gutes zu tun. Erst nach 1970 wurde das Fotostudio geschlossen, die technische Entwicklung hat es überrollt. Aus den Räumlichkeiten wurde ein privates Fotomuseum, im Hof ein Restaurant. Ich habe mich vor der Abreise schon darauf gefreut, am Freitag dort zum Abendessen wieder den melancholischen Fado zu hören. Museum und Restaurant gibt es noch, den Fado leider nicht mehr und damit auch keine Fotos von der Fado-Sängerin und ihrem gealterten Gitarristen.

Sissi
Alle lieben Sissi, besonders einige Madeirer. Mit gequältem Gesicht steht sie im kleinen Park vor dem Casino. Ihre Verehrer haben es heute versäumt, ihr eine frische Blüte in die Hand zu stecken. Die Verblühte von gestern passt gar nicht so recht zu ihrem Anspruch. Zwei mal war sie auf Madeira, ihrer Gesundheit zu liebe. Zuvor hatte sie sich bei der Wiener Haute Couture noch mit der passenden Kleidung eingedeckt. Ihr freundliches Wesen und ihre Schönheit haben die wenigen Madeirer, mit denen sie Kontakt hatte, für sie einnehmen lassen. Den Rest besorgte die gelbe Presse. Ungeachtet der wechselhaften wirtschaftlichen Entwicklung haben nicht nur bekannte Seefahrer wie Christoph Kolumbus und Roald Amundsen hier Station gemacht, sondern auch adlige Häupter wie der letzte Kaiser Österreichs Karl I. und Staatsmänner wie Winston Churchill. Das Luxushotel Reids Palace gilt immer noch als erste Adresse unter „Seinesgleichen“, die Preisgestaltung sorgt schon für die richtige Auswahl.
Ob Quinta Magnolia, Santa Catarina Park oder Jardim Botanico, Freude schöner Garten- und Parkanlagen kommen in Funchal auf ihre Kosten. Einer hat es mir besonders angetan. Die beiden weißen Türme der Kirche von Monte sieht man von ganz unten. Mit der Seilbahn geht es vom Meeresufer hoch hinauf. Die Kabine schwebt über die Hausdächer, hebt sich hoch über das Flusstal, öffnet Blicke in Stadtviertel, Hinterhöfe und kleine Gärten, in denen knallrote Weihnachtssterne stehen, groß wie Haselnussbüsche. Ganz Funchal liegt mir zu Füßen und ich sehe die Santa Maria weit aufs Meer hinaus fahren. Nach 15 Minuten öffnet sich wieder die Tür der Kabine. Ich bin in 560 Meter Höhe angelangt. Der kühle Wind lässt mich die Windjacke fest zu ziehen.
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Ich sitze im Japanischen Garten inmitten des Jardim Tropical. Unterhalb der Kirche und in ein kleines Tal eingebettet hat vor über einhundert Jahren der britische Konsul eine abgeschiedene Idylle geschaffen. Pflanzen aus aller Welt wurden zusammen getragen, um den „Garten der Freuden“ zu schaffen. Wie der Name zu interpretieren ist, überlasse ich der Fantasie des Lesers. Verschwiegene Grotten, lauschige Bänke, plätschernde Wasserfälle und stille Teiche, große gelb blühende Engelstrompeten und blühende Korallenbäume, baumhohe Farne und immer wieder Blüten. Verschlungene Pfade führen durch den Garten. Abzweigungen mal nach rechts, mal nach links, aber immer abwärts. Steil ist das Tal, gut für ein subtropisches Kleinklima und abgeschieden von dem kühlen Wind am Berg. Ich verweile immer wieder gerne auf einer der vielen Ruhebänken, lasse die Stille auf mich einwirken und die Pracht der Pflanzen. Noch ist es Winter und nur ein kleine Schar von Blüten erfreuen das Auge. Wie schön muss es erst im Frühjahr sein, wenn alle Pflanzen ihre Pracht entfalten. Doch auch die Winterzeit hat ihre Schönheiten zu bieten, ich genieße sie.
Ein späterer Besitzer hat vor 70 Jahren im unteren Teil des Gartens das Monte Palace Hotel gebaut. Noch heute trauern viele Gäste dem Hotel nach, das schon lange geschlossen ist. Der Blick auf die Stadt, den Hafen und die Weite des Atlantik ist überwältigend. Vor 25 Jahren hat dann ein reicher Portugiese den Park übernommen und in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt. Bäche plätschern durch den Garten, fallen über Wasserfälle in kleine Teiche, Treppen folgen dem steilen Geländeverlauf, Brücken führen über kleine Schluchten. Eine umfangreiche Sammlung alter Azulejos begleitet mich. Kleine Putten und größere Statuen sollen das Auge erfreuen, manches wirkt arg kitschig, aber es passt sich ein in das Gesamtambiente. Der Schwan im großen Teich weiß um seine Schönheit und ich weiß um seine Bissigkeit. Also halte ich doch lieber einen Sicherheitsabstand, als er auf mein Mittagsbrot äugt. Eine andere Besucherin lenkt ihn mit ein paar Brotresten ab. Er bedankt sich bei ihr mit einem Biss in ihren Schuh.
Ein späterer Besitzer hat vor 70 Jahren im unteren Teil des Gartens das Monte Palace Hotel gebaut. Noch heute trauern viele Gäste dem Hotel nach, das schon lange geschlossen ist. Der Blick auf die Stadt, den Hafen und die Weite des Atlantik ist überwältigend. Vor 25 Jahren hat dann ein reicher Portugiese den Park übernommen und in eine gemeinnützige Stiftung umgewandelt. Bäche plätschern durch den Garten, fallen über Wasserfälle in kleine Teiche, Treppen folgen dem steilen Geländeverlauf, Brücken führen über kleine Schluchten. Eine umfangreiche Sammlung alter Azulejos begleitet mich. Kleine Putten und größere Statuen sollen das Auge erfreuen, manches wirkt arg kitschig, aber es passt sich ein in das Gesamtambiente. Der Schwan im großen Teich weiß um seine Schönheit und ich weiß um seine Bissigkeit. Also halte ich doch lieber einen Sicherheitsabstand, als er auf mein Mittagsbrot äugt. Eine andere Besucherin lenkt ihn mit ein paar Brotresten ab. Er bedankt sich bei ihr mit einem Biss in ihren Schuh.

am Kastanienstand
Verschiedene Wege führen vom Jardim Tropical wieder zurück. Da wäre zum Beispiel die Möglichkeit, mit einem Korbschlitten die Straße hinunter zu jagen, ein nicht ganz billiges Touristenspektakel, das vor allem die Gäste der Kreuzfahrtschiffe an zieht. Doch es geht nur ein kurzes Stück den Berg hinab, dort warten dann die Taxis zum Touristensonderpreis. Alternativ könnte ich auch mit einer weiteren Seilbahn hinüber zum Botanischen Garten fahren. Doch den spare ich mir für einen Besuch im Frühjahr auf. Ich nehme den kurzen Weg; sanft trägt mich die Seilbahn im gleißenden Sonnenlicht wieder nach unten ins Stadtzentrum.
Im Dezember riecht die ganze Uferpromenade danach, jetzt steht nur noch ein einziger Stand. Den steuere ich zielstrebig an. Es riecht verführerisch. Der Verkäufer hebt den tönernen Topf vom Holzkohlefeuer hoch und schüttelt ihn. Das macht sie zarter. 12 Stück steckt er mir in die Tüte, 12 leckere geröstete Kastanien. 50 Meter weiter wandert die die leere Tüte mit den Schalen in einen Abfalleimer. Lecker. Vielleicht komme ich ja auch mal zum Kastanienfest am 1. November im Nonnental.
Im Dezember riecht die ganze Uferpromenade danach, jetzt steht nur noch ein einziger Stand. Den steuere ich zielstrebig an. Es riecht verführerisch. Der Verkäufer hebt den tönernen Topf vom Holzkohlefeuer hoch und schüttelt ihn. Das macht sie zarter. 12 Stück steckt er mir in die Tüte, 12 leckere geröstete Kastanien. 50 Meter weiter wandert die die leere Tüte mit den Schalen in einen Abfalleimer. Lecker. Vielleicht komme ich ja auch mal zum Kastanienfest am 1. November im Nonnental.

das gibt es nur in Funchal: Fahrradständer am Stadtbus
Es ist Rushhour, sofern man auf einer dünn besiedelten Insel davon sprechen kann. In rascher Folge halten die gelben Stadtbusse und beigen Überlandbusse, um die Fahrgäste auf zu nehmen. Ich sitze an der Bushaltestelle und beobachte das Treiben, derweil ich auf die Nummer 1 warte.Laut Fahrplan soll sie in 5 Minuten kommen, laut elektronischer Anzeige in 45 Minuten. Ich bin gespannt, wer recht hat. Langweilig wird es mir hier nicht. Passanten kommen und gehen. Mal ist der Bürgersteig voll, mal wieder leer, und immer wieder unterschiedliche Charaktere, die sich zeigen. Touristen fallen mir besonders auf. „Er“ typischerweise mit verklemmter Miene vorne weg, „sie“ in leichtem Abstand dahinter. War wohl wieder ein besonders anstrengender Tag heute, aber viele Sehenswürdigkeiten abgehakt. Doch wo bleibt der Erholungswert? Wann lernen Menschen endlich, Reisen nicht als Sammlung möglichst vieler Sehenswürdigkeiten in möglichst kurzer Zeit zu begreifen. Doch zurück zu den gelben Stadtbussen. Einige Linien haben etwas, das ich bisher noch nie gesehen habe: Fahrradständer auf der Anhängerkupplung! Also rauf aufs Fahrrad, in Schussfahrt den Berg runter zum Einkauf und zurück geht es mit dem Bus. Habe nur leider kein Fahrrad dabei. Übrigens: der Fahrplan hat gewonnen.

Cabo Girao und Camara de Lobos
Von hoch oben lässt ein Hahn sein Kikeriki erschallen. Camara de Lobos ist mein Ziel. Entlang des gut 40 Meter hohen Steilhangs führt ein Weg. Ihn Weg zu nennen, ist leicht untertrieben. Es ist die Verlängerung der Meerespromenade von Funchal. Eigentlich ist es eine Laufstrecke. Wanderer, Jogger, selbst Radfahrer lieben den zwei Meter breiten befestigten Weg, der immer wieder auf Stelzen über das steinige Ufer unterhalb der Steilküste führt. Zwischen den Stelzen liegt jede Menge Treibholz und sonstiges Treibgut aus buntem Plastik, das vom Meer aus der Ferne her gedriftet wurde. Wieder ist keine Flaschenpost für mich dabei. Hätte mir gerne von dem guten Geist in der Flasche eine Brücke über den Atlantik bauen lassen. Möwen ziehen hoch über mir ihre Bahn auf der Suche nach einem fetten Fisch.
Ein frisch gepresster Orangensaft am kleinen Hafen von Camara de Lobos. Die meisten Boote liegen auf dem Trockenen. Ein Fischer hat gar sein Boot zum Trocknen von Stockfisch umgerüstet. Ein paar Bote dümpeln im Becken des Naturhafens. Nur im Sommer zieht es Thunfische und Gatas, die Katzenhaie, in großer Zahl in die Gewässer rund um Madeira. Die übrige Zeit des Jahres herrscht Fischarmut. Malerisch ist die Bucht, so malerisch, dass Winston Churchill einmal hierher kam, um zu malen. Seine Werke haben nie einen großen Wert erlangt, der touristische Wert der Bucht ist dagegen merklich gestiegen. Das erlebe ich auch an dem babylonischen Sprachgewirr um mich herum. Ich sitze schon seit einer dreiviertel Stunde vor der Hafenbar, beobachte die Kommenden und Gehenden und die alten Fischer, die mal hier mal da ein Schwätzchen halten. Mir gefällt das Pflaster zu meinen Füßen. Es sind halbierte Kieselsteine vom Strand, rutschfest und wettersicher. Von diesen Steinen hat Madeira genug. Die Insel ist steinreich.
Ein frisch gepresster Orangensaft am kleinen Hafen von Camara de Lobos. Die meisten Boote liegen auf dem Trockenen. Ein Fischer hat gar sein Boot zum Trocknen von Stockfisch umgerüstet. Ein paar Bote dümpeln im Becken des Naturhafens. Nur im Sommer zieht es Thunfische und Gatas, die Katzenhaie, in großer Zahl in die Gewässer rund um Madeira. Die übrige Zeit des Jahres herrscht Fischarmut. Malerisch ist die Bucht, so malerisch, dass Winston Churchill einmal hierher kam, um zu malen. Seine Werke haben nie einen großen Wert erlangt, der touristische Wert der Bucht ist dagegen merklich gestiegen. Das erlebe ich auch an dem babylonischen Sprachgewirr um mich herum. Ich sitze schon seit einer dreiviertel Stunde vor der Hafenbar, beobachte die Kommenden und Gehenden und die alten Fischer, die mal hier mal da ein Schwätzchen halten. Mir gefällt das Pflaster zu meinen Füßen. Es sind halbierte Kieselsteine vom Strand, rutschfest und wettersicher. Von diesen Steinen hat Madeira genug. Die Insel ist steinreich.
Madeirer sind sportbegeistert. Eine Bank genügt. Ein Tisch dabei? Umso besser. Schon liegen die Karten auf dem Tisch. Kartenspielen gehört zu den Leidenschaften der Männer. Ich sehe sie überall bei ihrem Sport. Neben der Bar, vor der Kirche, an der Schule, selbst der Stuhl von Churchill bleibt nicht verschont. Sie lassen sich durch nichts und niemanden stören, und wer nicht mitspielen kann, macht den Kiebitz. Jüngere Männer frönen dagegen lieber dem Fußball, haben sie doch ein großes Vorbild: Ronaldo. Bei diesem Namen brauche ich wohl nur noch zu erwähnen, dass er aus Funchal stammt. Weil dort alle Straßen steil sind, muss ein Fußballtalent sich zum wahren Ballkünstler entwickeln, an dessen Beinen der Ball kleben bleibt. Das muss er auch, sonst landet der Ball unweigerlich im Meer.
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Wale und Delfine tummeln sich das ganze Jahr über vor der Küste. Was liegt da näher, als mit dem Boot bis auf Streichelnähe an die Tiere heran zu fahren. Eines dieser Boote ist die Santa Maria von Christoph Kolumbus. Ok, es ist nicht mehr das Original, das von hier aus zur Suche des Seeweges nach Indien aufgebrochen und in Amerika gelandet ist. Aber der Nachbau tut es auch. Ich bin auch einmal mitgefahren. Als reisender Entdecker muss ich ja mal auf den Spuren von Kolumbus wandeln. Den Piraten mit dem Papagei auf der Schulter konnte ich gerade noch beim Entern der Santa Maria abwehren. Sein Kollege lag schon mit Fotoapparat für das obligatorische Erinnerungsfoto auf der Lauer. Zielsicher steuerte der Kapitän dann hinaus aufs offene Meer und mitten in eine Gruppe von Walen. Ich habe mich gewundert, woher er die Stelle kannte, bis ich das Geheimnis lüftete. Auf der Suche nach einem guten Blick auf das Cabo da Gata, die mit 580 Meter höchste Steilküste Europas, bin ich auf einer hoch gelegenen Plattform gelandet, auf der zwei Männer mit Fernglas und Funkgerät saßen. Bis 1981 dirigierten sie von hier aus die Walfänger. Und heute? Na klar!

Nuno erläutert uns den Weg
„Entschuldigung“ sagt Nanu, „Ich spreche kein Deutsch“. Die Worte kommen mit einem derart sympathischen Lächeln über seine Lippen, dass er mich sofort für sich eingenommen hat. Wasser ist der natürliche Reichtum von Madeira. Wie dieser Reichtum gewonnen wird, lasse ich mir heute von ihm zeigen. Ich steige zu einer internationalen Gesellschaft in den Bus. Zehn Unternehmenslustige aus Finnland und Holland, Frankreich und Schweden und natürlich aus Deutschland haben sich zusammengefunden. Die Anfahrt führt uns über die Ringstraße in westlicher Richtung entlang der Küste. Zwischen den einzelnen Tunnelabschnitten öffnen sich grandiose Ausblicke auf die Küstenlinie, hochgelegene Dörfer, tiefeingeschnittene Schluchten und terrassierte Hänge voller Bananenstauden. Bei Calheta verlässt der Kleinbus die Ringstraße. Nun geht es durch große Eukalyptuswälder steil bergan.
Am Rande der baumlosen Hochebene Paul de Serra entlässt uns der Bus. Nuno verteilt Taschenlampen, es wird schon seinen Grund haben. Ein geteerter Weg führt steil bergab in eine langgezogene Schlucht. Nuno verrät mir, dass er seit 15 Jahren als Wanderführer arbeitet, diesen Weg geht er zweimal in der Woche. Die Sonne schmeichelt dem Berghang, lässt den Lorbeer in sanftem Grün leuchten. 300 Meter Höhenunterschied, dann haben wir Rabacal erreicht, das berühmteste Ein-Haus-Dorf auf Madeira. Es gibt sogar eine kleine Bushaltestelle. Wenig später haben wir die Levada da Risco erreicht. Es ist sehr feucht, Wasser tropft vom steilen Berg, immer wieder verwandelt es sich in kleine Wasserfälle, die ihren Reichtum in den kleinen Kanal entlang des Hangs entladen, in die Levada.
Die Schlucht wird immer enger, die Sonne hat Mühe, ihre Sonnenstrahlen noch bis unten zu senden, dann stehe ich staunend da: Ein Wasserfall, aber was für einer. 180 Meter fällt das Wasser tief in einen Kessel. Buchfinken umschwirren uns und immer mehr Wanderer. Die Wanderung zum Risco-Wasserfall gilt als eine der schönsten auf Madeira. |
Das Wasser aus dem Wasserfall wird in einem Becken gesammelt und über Wasserkanäle zu den Terrassenfeldern geleitet. Levada heissen diese Kanäle. Bereits im 15. Jahrhundert wurde diese Technik entwickelt, um die Zuckerrohrfelder zu bewässern. Aus anfangs nur kurzen Levadas von einer nahegelegenen Quelle zum Feld wurde im Laufe der Jahre ein immer größeres Netz. Insbesondere der Lorbeerwald ist mit seiner hohen Speicherwirkung ein idealer Wasserlieferant. Forellen stehen still im Wasser der Levada. Nur an ihrem dunklen Streifen am Rücken sind sie zu erkennen. Wie sie hier her kommen ist mir ein Rätsel. Als mein Schatten auf sie fällt, verschwinden sie pfeilschnell mit einem schnellen Flossenschlag.

25 Quellen fließen in den Kessel
Von der Levada da Risco führt eine steile Treppe aus grob behauenen Steinen tiefer in die Schlucht. Ich bin nun mitten im Lorbeerwald. Ich fühle mich wie in einem Märchenland: Knorrige Bäume und bunte Vögel, weiße Flechten hängen wie Bärte weiser Männer von den Ästen und Wasser plätschert vom Hang. Früher bedeckte der Lorbeerwald große Teile Europas. Die Eiszeit beendete seine Blütezeit. Auf Madeira ist er, wie auf den Kanaren, erhalten geblieben. Selbst der Heißhunger der Portugiesen nach Holz für ihren Schiffbau hat ihn nicht komplett dezimiert. Der Name Madeira stammt vom portugiesischen Wort Holz ab. Wir erreichen die Levada da 25 Fontes und folgen ihr entlang des Berghangs. Die gemauerte Levada wirkt wie an den Steilhang geklebt. Der Fußweg daneben ist teilweise nur hüftbreit, dann geht es dutzende Meter in die Tiefe. An manchen Passagen muss ich schon tief durchatmen, bevor ich weiter gehe. Ich bin froh, dass ein Seil den Weg in die Tiefe absichert. Die Levada stammt aus dem 18. Jahrhundert. Bewundernswert, wie man damals in diesem Gelände solche Wasserkanäle bauen konnte. Ich erfahre, dass die Arbeiter damals mit Seilen herab gelassen wurden und am Seil hängend die Levada bauten, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Der Name dieser Levada ist Programm. Sie führt um einen Bergrücken herum zu einen romantischen Talkessel. 25 Quellen ergießen sich im Dreiviertelrund in ein Wasserbecken. Etwas streift meinen Kopf. Ein kleiner Schreck, doch keine blutgierige Fledermaus, sondern nur ein kleiner Buchfink. Frech wie Spatzen sind sie, haben keine Scheu, wissen, dass die Wanderer hier ihr Picknick einlegen und betteln Herz erweichend. Banane mögen sie nicht, dafür aber Brot und vor allem Käse. Ich spüre nur einen Luftzug und eine kleine Berührung, als sie mir kleine Stücke aus der offenen Hand picken. Die kleinen bunten Goldhähnchen, kaum einen Daumen groß, zeigen auch wenig Scheu. Emsig hüpfen sie hin und her, doch auf die Hand wagen sie sich nicht.

11 Kilometer und 4 Stunden nach Beginn der Wanderung stehe ich vor einem dunklen Loch. Die Levada verschwindet darin und ein dickes schwarzes Rohr ebenso. Dieser Tunnel wurde im 18. Jahrhundert durch den Berg gegraben, um das wertvolle Wasser auf die Südseite der Insel zu bringen. Eine Meisterleistung. Heute wird auch das Trinkwasser durch den Tunnel geleitet. Nun kommt die Taschenlampe zum Einsatz. „Achte auf deinen Kopf“, ermahnt mich Nuno und folgt als letzter. 800 Meter führt der Tunnel geradeaus, bevor uns Tageslicht und Minibus wieder empfangen. Der nächste Tag begrüßt mich mit einem ausgewachsenen Muskelkater in den Waden, kein Wunder bei dem anfänglichen zwei Kilometer langen Abstieg mit 300 Höhenmeter Differenz.
Ein Bus voller Frauen, schwarz gekleidet, so wie es hier üblich ist. Sie kommen morgens aus den Dörfern zur Arbeit in den zahlreichen Hotels im Stadtteil Lido. Es sind die dienstbaren Geister, die jetzt, nach der Frühstückszeit, wenn die Gäste zum Ausflug aufgebrochen sind, die Zimmer reinigen.
Ein Bus voller Frauen, schwarz gekleidet, so wie es hier üblich ist. Sie kommen morgens aus den Dörfern zur Arbeit in den zahlreichen Hotels im Stadtteil Lido. Es sind die dienstbaren Geister, die jetzt, nach der Frühstückszeit, wenn die Gäste zum Ausflug aufgebrochen sind, die Zimmer reinigen.
Heute habe ich einen Glückstag. Ich bin der Erste im großen Ausflugsbus mit freier Platzwahl. Der Cabo Girao leuchtet im frühen Sonnenlicht. Die immergrünen Bananenstauden auf den terrassierten Felder, die sich am steilen Hang hochziehen, zeichnen sich klar ab. Weiter oben stehen die Weinstöcke, ihrer Blätter vom letzten Herbst durch den steten Wind beraubt. Im subtropischen Klima der Südküste gedeihen die Bananen besonders gut. In blauen Plastikfolien reifen die Bananen an der Pflanze heran, Treibhaus im Miniformat. Geerntet wird rund ums Jahr. Ich stehe vor dem Hotel und warte auf den Bus.
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im Lavakanal von Sao Vicente
Madeira ist vulkanischen Ursprungs. Doch kein großer Vulkankegel wie der Teide auf Teneriffa oder die vielen kleinen Krater auf Lanzarote ziert die Insel. Es ist eine große Summe von Eruptionen, die zur Bildung der Insel führten. Die Eruptionen formten einen Landrücken mit steilen Küsten und tief eingeschnittenen Tälern. Drum ist Madeira auch keine Badeinsel. Die beiden kleinen Sandstrände beziehen ihren goldgelben Sand regelmäßig aus Marokko. Merkwürdige Gebilde sind bei den Eruptionen entstanden, wie die unterirdischen Kanäle, die nach Abfluss der Lava zurück geblieben sind, ähnlich derer auf Lanzarote. Die Höhle von Sao Vicente ist eine solche. Als eingefleischter Höhlenfan habe ich sie lange genug missachtet. Heute wird sich das ändern.
Die Fahrt führt durch das tief eingeschnittene Tal des Ribeira Brava. Dieses Tal ist von dem katastrophalen Unwetter vor ein paar Jahren besonders betroffen gewesen. Immer noch sind schwere Schäden zu sehen, eingestürzte Fußgängerbrücken, geknickte Strommasten, eingedrückte Schutzwände. Mit Hochdruck wird an neuen, mächtigeren Sicherungsbauwerken gearbeitet. Ein 3100 Meter langer Tunnel durchquert schließlich den Berg. Auf der Nordseite regnet es.
Eine überdachte Treppe führt zum Eingang der Höhle. Ich trete in eine kreisrunde Röhre aus schwarzem Vulkangestein und folge der Gruppe. Dort, wo eine Lampe brennt, leuchtet das helle Grün von Moosen und kleinen Pflanzen. Die Wände wirken wie von Menschenhand gemeißelt. Es geht durch ein Gewirr von Röhren, die sich kreuzen, miteinander verbinden und wieder auseinander führen, schier wie in einem Schlangennest. Manche sind klein wie ein Abwasserkanal, andere groß wie eine U-Bahn-Röhre. Wasser fließt durch durch die Röhren, mal als kleines Rinnsal, mal als großer Bach. Bei Seixal mündet ein solcher Kanal hoch an einer Felswand ins Meer, ein Wasserfall entlässt das Wasser aus dem Berg auf die große Reise durch den Atlantik. Als ich wieder ans Tageslicht komme, strahlt die Sonne. Das Wetter an der Nordküste ist halt sehr wechselhaft.
Die Fahrt führt durch das tief eingeschnittene Tal des Ribeira Brava. Dieses Tal ist von dem katastrophalen Unwetter vor ein paar Jahren besonders betroffen gewesen. Immer noch sind schwere Schäden zu sehen, eingestürzte Fußgängerbrücken, geknickte Strommasten, eingedrückte Schutzwände. Mit Hochdruck wird an neuen, mächtigeren Sicherungsbauwerken gearbeitet. Ein 3100 Meter langer Tunnel durchquert schließlich den Berg. Auf der Nordseite regnet es.
Eine überdachte Treppe führt zum Eingang der Höhle. Ich trete in eine kreisrunde Röhre aus schwarzem Vulkangestein und folge der Gruppe. Dort, wo eine Lampe brennt, leuchtet das helle Grün von Moosen und kleinen Pflanzen. Die Wände wirken wie von Menschenhand gemeißelt. Es geht durch ein Gewirr von Röhren, die sich kreuzen, miteinander verbinden und wieder auseinander führen, schier wie in einem Schlangennest. Manche sind klein wie ein Abwasserkanal, andere groß wie eine U-Bahn-Röhre. Wasser fließt durch durch die Röhren, mal als kleines Rinnsal, mal als großer Bach. Bei Seixal mündet ein solcher Kanal hoch an einer Felswand ins Meer, ein Wasserfall entlässt das Wasser aus dem Berg auf die große Reise durch den Atlantik. Als ich wieder ans Tageslicht komme, strahlt die Sonne. Das Wetter an der Nordküste ist halt sehr wechselhaft.
Das Rauschen der Steine in der Brandung weckt mich jeden Morgen. Es hört sich an wie prasselnder Starkregen auf der Fensterscheibe, mal verstärkt von einer Windböe, mal nachlassend. Unablässig schlagen die Wellen ans Ufer, nehmen die Steine ein Stück des Weges mit und reissen sie ebenso wieder mit sich zurück. In diesem fortwährenden Prozess werden die Steine gebrochen., zerkleinert, rund geschliffen, vom großen Fels zum handlichen Kieselstein. Ein lang andauernder Prozess, der nie ein Ende finden wird. Falls es wirklich mal regnet, würde ich es nicht wirklich merken. Heute Morgen regnet es.

Wanderung hoch über dem Tal entlang der Levada da Norte
„Walking in the Rain“, die Melodie liegt mir im Ohr, als ich den kleinen Bus besteige. 2100 Kilometer lang ist das Netz der Levadas auf Madeira, 5 Kilometer davon will ich heute kennen lernen. Das Gefälle der Levadas beträgt 1 Promille, also nur ein Spaziergang. Das meiste Wasser auf Madeira ist auf der Nordseite. Der stete Nordostpassat bringt feuchte Luft. In der warmen Luft über dem Lorbeerwald bildet sich Nebel, der an den Bäumen kondensiert. Der Lorbeerwald hat eine hohe Fähigkeit, Wasser zu speichern. Hunderte von Quellen geben das Wasser wieder ab. In Levadas wie die Risco-Levada gesammelt, wird es zur Südseite geleitet und dort in andere Levadas eingespeist zur Bewässerung der Terrassenfelder. „Walking in the Rain“, die Melodie liegt mir immer noch im Ohr, als ich aus dem Bus steige und die Regenjacke fest schließe.
Nach einigen hundert Meter öffnet sich mir ein prächtiges Panorama. Aus 550 Meter Höhe blicke ich auf das Val da Serra de Aqua. Wie in einer Spielzeuglandschaft liegt Boa Morte und weiter unten Campanario vor mir. Die Schnellstraße durchschneidet auf dünnen Stelzen das Tal, die Autos verschwinden wie Ameisen in der Tunnelröhre. Straßen winden sich den Berg hoch und wieder runter. Wolkenfetzen huschen über eine Hügelkuppe. Eine dauernd wechselnde Wetterstimmung mit allerschönsten Postkartenmotiven.
Im Entengang bewegt sich die bunte, vielköpfige Schlange die Levada entlang. Bisweilen stockt sie. Alle Köpfe wenden sich dem Sprechenden zu, der von Passionsblumen und Zuckerrohr spricht. Seine Stimme verhallt noch vor dem Schwanzende der Schlange, die sich als bald wieder in Zuckungen in Bewegung setzt. "Achten Sie auf Ihre Füße" hat der Wanderführer zu Beginn der Wanderung gesagt. Ich achte auf meine Füße, hebe nur den Blick, wenn ich stehe, zu schmal der Pfad, zu steil der Abgrund. Schön ist der Blick von hier oben ins Tal, schön das Spiel von Licht und Schatten auf der gegenüberliegenden Hangseite, zum Greifen nah, nur durch eine 500 Meter tiefe Schlucht getrennt. Ich laufe gerne am Ende der Schlange in meinem eigenen Rhythmus. Ich habe die Freiheit, stehen zu bleiben, wann immer ich will, den Blick schweifen zu lassen, ein Foto zu machen. Die Levada geleitet mich immer zur Gruppe. Hier kann niemand verloren gehen. Ich sowieso nicht.
Nach einigen hundert Meter öffnet sich mir ein prächtiges Panorama. Aus 550 Meter Höhe blicke ich auf das Val da Serra de Aqua. Wie in einer Spielzeuglandschaft liegt Boa Morte und weiter unten Campanario vor mir. Die Schnellstraße durchschneidet auf dünnen Stelzen das Tal, die Autos verschwinden wie Ameisen in der Tunnelröhre. Straßen winden sich den Berg hoch und wieder runter. Wolkenfetzen huschen über eine Hügelkuppe. Eine dauernd wechselnde Wetterstimmung mit allerschönsten Postkartenmotiven.
Im Entengang bewegt sich die bunte, vielköpfige Schlange die Levada entlang. Bisweilen stockt sie. Alle Köpfe wenden sich dem Sprechenden zu, der von Passionsblumen und Zuckerrohr spricht. Seine Stimme verhallt noch vor dem Schwanzende der Schlange, die sich als bald wieder in Zuckungen in Bewegung setzt. "Achten Sie auf Ihre Füße" hat der Wanderführer zu Beginn der Wanderung gesagt. Ich achte auf meine Füße, hebe nur den Blick, wenn ich stehe, zu schmal der Pfad, zu steil der Abgrund. Schön ist der Blick von hier oben ins Tal, schön das Spiel von Licht und Schatten auf der gegenüberliegenden Hangseite, zum Greifen nah, nur durch eine 500 Meter tiefe Schlucht getrennt. Ich laufe gerne am Ende der Schlange in meinem eigenen Rhythmus. Ich habe die Freiheit, stehen zu bleiben, wann immer ich will, den Blick schweifen zu lassen, ein Foto zu machen. Die Levada geleitet mich immer zur Gruppe. Hier kann niemand verloren gehen. Ich sowieso nicht.

weiße Callas begleiten mich entlang der Levada
Die Levada da Norte folgt dem Verlauf des Berges, nimmt jede Krümmung mit. Entlang der Levada immer wieder Häuser. Der schmale Fußweg an der Levada ist ihr einziger Zugang. In den schmalen Gärten wachsen Orangen und Zitronen, Avocado und Erdbeeren, Rosmarin und Kohl, Süßkartoffel, Strelitzien und andere bunte Blumen. An jedem Haus ein Garten Eden für sich. Bei alten und manchmal auch an neuen Häusern sehe ich kleine Figuren an den Dachkanten und auf dem Dachfirst. Bubengesichter, Tauben und Ähnliches. Sie sollen den Bewohnern je nach Motiv Glück, Gesundheit oder Kindersegen schenken. Ich weiß: Glaube versetzt Berge, und die sind hier auf Madeira besonders steil.
Ein Tag, vier Jahreszeiten, so kann ich das Wetter kennzeichnen. Mal ist es grau und kühl, Regentropfen prasseln von oben und ich muss die Kamera unter der Jacke verstecken. Mal scheint die Sonne, zwingt mich, die Jacke zu öffnen und das Halstuch abzunehmen. Auf dieser Seite des Tales die Sonne, auf der anderen Seite der Regen. Das ist der Winter auf Madeira.
Der Fußweg entlang der Levada ist schmal, ich muss ihm mein ganzes Augenmerk schenken. Als er breiter wird, kann ich den Blick wieder heben. Um mich herum ist es dunkel, schwarz regelrecht. Nach dem katastrophalen Unwetter vor 3 Jahren hat hier in einem trockenen Sommer ein Waldbrand gewütet. Doch schon regt sich wieder die Natur. Junge Eukalyptuspflanzen haben sich zwischen den Kiefern angesiedelt. Unser Wanderführer pflückt einige Blätter und drückt sie uns in die Hand. „Steckt sie euch in die Nase, das ist gesund und gut für die Lunge!“ Er macht es uns vor, ich bin der einzige, der es ihm nach macht. Es sieht drollig aus und duftet angenehm. Die Blätter der jungen Eukalyptuspflanzen sind weich und breit, erst die zweite Generation von Blättern nimmt dann die charakteristische schmale Form ein; wieder etwas gelernt.
Wir müssen immer wieder stehen bleiben. Eine Wandergruppe vor uns ist etwas langsamer, aber überholen ist nicht möglich. Das gibt dem Wanderführer immer wieder Gelegenheit, uns Interessantes und Wissenswertes rund um die Landwirtschaft und die Geschichte der Levadas zu erzählen. Er weist uns auf den blühenden Baldrian hin und die vielen Esskastanienbäume, auf die die leider schon verblühten Agapanthuspflanzen, deren dichtes Wurzelwerk den Boden neben der Levada verfestigt und somit den Fußweg sichert.
Nach einer Stunde umrundet die Levada eine Bergspitze. Ich blicke steil hinunter in das Tal des Ribeira Brava. Schwindelfreiheit ist Voraussetzung für eine solche Levada-Wanderung. Auch hier ist der Fußweg bisweilen gerade mal hüftbreit und kein Geländer sichert zum Abgrund hin. Ich schreite besonders sorgfältig voran und denke, dass im Falle des Strauchelns der schnelle Fall in das kalte Wasser der Levada wahrscheinlich das kleinere Übel ist.
Ein Tag, vier Jahreszeiten, so kann ich das Wetter kennzeichnen. Mal ist es grau und kühl, Regentropfen prasseln von oben und ich muss die Kamera unter der Jacke verstecken. Mal scheint die Sonne, zwingt mich, die Jacke zu öffnen und das Halstuch abzunehmen. Auf dieser Seite des Tales die Sonne, auf der anderen Seite der Regen. Das ist der Winter auf Madeira.
Der Fußweg entlang der Levada ist schmal, ich muss ihm mein ganzes Augenmerk schenken. Als er breiter wird, kann ich den Blick wieder heben. Um mich herum ist es dunkel, schwarz regelrecht. Nach dem katastrophalen Unwetter vor 3 Jahren hat hier in einem trockenen Sommer ein Waldbrand gewütet. Doch schon regt sich wieder die Natur. Junge Eukalyptuspflanzen haben sich zwischen den Kiefern angesiedelt. Unser Wanderführer pflückt einige Blätter und drückt sie uns in die Hand. „Steckt sie euch in die Nase, das ist gesund und gut für die Lunge!“ Er macht es uns vor, ich bin der einzige, der es ihm nach macht. Es sieht drollig aus und duftet angenehm. Die Blätter der jungen Eukalyptuspflanzen sind weich und breit, erst die zweite Generation von Blättern nimmt dann die charakteristische schmale Form ein; wieder etwas gelernt.
Wir müssen immer wieder stehen bleiben. Eine Wandergruppe vor uns ist etwas langsamer, aber überholen ist nicht möglich. Das gibt dem Wanderführer immer wieder Gelegenheit, uns Interessantes und Wissenswertes rund um die Landwirtschaft und die Geschichte der Levadas zu erzählen. Er weist uns auf den blühenden Baldrian hin und die vielen Esskastanienbäume, auf die die leider schon verblühten Agapanthuspflanzen, deren dichtes Wurzelwerk den Boden neben der Levada verfestigt und somit den Fußweg sichert.
Nach einer Stunde umrundet die Levada eine Bergspitze. Ich blicke steil hinunter in das Tal des Ribeira Brava. Schwindelfreiheit ist Voraussetzung für eine solche Levada-Wanderung. Auch hier ist der Fußweg bisweilen gerade mal hüftbreit und kein Geländer sichert zum Abgrund hin. Ich schreite besonders sorgfältig voran und denke, dass im Falle des Strauchelns der schnelle Fall in das kalte Wasser der Levada wahrscheinlich das kleinere Übel ist.

rechts liegt Serra da Aqua - unser Ziel
Ein Dorf hoch oberhalb von Serra de Aqua ist unser Ziel. Es winkt schon von der gegenüberliegenden Seite der Schlucht. Tief im Scheitel der Schlucht ein paar Häuser. Einige Bauern leben dort. Früher war dieses Dorf sehr einsam gelegen. Doch heute gibt es jeden Tag Besuch – von bunt gekleideten Touristen, von denen einige auch mal mit einem freundlichen „Bom Dia“ grüßen. „Ich bin Antonio“, sagt ein entgegen kommender Bauer, lächelt freundlich und reicht mir die Hand zum Gruß. Er hat gemerkt, dass ich ein Foto von ihm gemacht habe. Ein anderer schultert gerade sein Bündel Frischfutter, um es der Kuh zu bringen. Kühe gibt es wenig auf Madeira. Auf der Hochebene Paul da Serra ist es flach genug, dass sie dort im Freien grasen können. Doch im übrigen Teil der Insel leben sie in kleinen Ställen. Die Bauern müssen ihnen täglich frisches Futter herbei schaffen. Das Leben der Bauern ist immer noch hart. Sie ernähren sich von dem Ertrag der schmalen Felder auf den uralten Terrassen am Steilhang. Inzwischen gibt es weiter oberhalb eine Straße, die über Tunnel und zahlreiche Windungen aus Campanario hoch führt. Viele Frauen finden nun Arbeit in den zahlreichen Hotels in Funchal. Doch nach wie vor sind viele der Häuser nur über die schmalen Wege entlang der Levadas zu erreichen. Immerhin: in allen Häusern gibt es inzwischen elektrischen Strom.
Mit einem letzten Blick auf den sonnenüberfluteten Hang von Serra da Aqua verlässt unser Bus das enge Tal. Ich wundere mich, trotz der abgelegenen Lage viele neue Häuser dort am Hang zu sehen. Die Menschen lieben ihre Heimat.
Mit einem letzten Blick auf den sonnenüberfluteten Hang von Serra da Aqua verlässt unser Bus das enge Tal. Ich wundere mich, trotz der abgelegenen Lage viele neue Häuser dort am Hang zu sehen. Die Menschen lieben ihre Heimat.
Der letzte Nachmittag in Funchal. Der Wetterbericht meldet, dass am Frankfurter Flughafen heute alle Flüge wegen Eisregen ausfallen. Ich bleibe optimistisch, dass ich morgen Abend wieder in lieber Gesellschaft bin.
Die Segel der Santa Maria leuchten. Die späte Sonne hat für mich ihr schönstes Licht angeschaltet. Das „Amphitheater“ Funchal zeigt sich von seiner strahlendsten Seite. Ich schlendere durch die Stadt, lasse mich treiben im gemächlichen Gang der Passanten. Ein Kreuzfahrtschiff hat den Hafen verlassen, zieht seine Bahn gen Süden. Ein weiteres feuert gerade seine Kessel an. Während die letzten Gäste zur Einschiffung eilen, räumen die Händler in der Markthalle mit zufriedenen Mienen ihre Stände ab, war wohl wieder ein guter Umsatz heute. Ein geschäftstüchtiger Händler in Santa Maria nimmt gerade ein Schild aus der Auslage „Sonderangebote für Passagiere der Thomson Majesty“. Morgen wird ein neues Schild dort hängen: „Sonderangebote für Passagiere der Aida“. Man muss ihn nur persönlich ansprechen, dann klappt es mit dem Kunden.
Die Segel der Santa Maria leuchten. Die späte Sonne hat für mich ihr schönstes Licht angeschaltet. Das „Amphitheater“ Funchal zeigt sich von seiner strahlendsten Seite. Ich schlendere durch die Stadt, lasse mich treiben im gemächlichen Gang der Passanten. Ein Kreuzfahrtschiff hat den Hafen verlassen, zieht seine Bahn gen Süden. Ein weiteres feuert gerade seine Kessel an. Während die letzten Gäste zur Einschiffung eilen, räumen die Händler in der Markthalle mit zufriedenen Mienen ihre Stände ab, war wohl wieder ein guter Umsatz heute. Ein geschäftstüchtiger Händler in Santa Maria nimmt gerade ein Schild aus der Auslage „Sonderangebote für Passagiere der Thomson Majesty“. Morgen wird ein neues Schild dort hängen: „Sonderangebote für Passagiere der Aida“. Man muss ihn nur persönlich ansprechen, dann klappt es mit dem Kunden.
Wie Funchal schmeckt? Du willst es wissen? Erst mal süß wie Zuckerrohr und die vielen süßen Leckereien, die es hier gibt. Dann lutsche eine der köstlichen Fenchelbonbons, die es in der Markthalle gibt. Der Name „Funchal“ kommt von „funcho“, dem wilden Fenchel. Den haben die Männer des Seefahrers Zarco hier gefunden. Dazu noch eine Prise Meersalz und das ganze runter gespült mit einem Gläschen Madeira. Nun weißt du wie Funchal schmeckt. Es macht süchtig und steigt dir zu Kopf. Und dann willst du nur noch wieder kommen.
Langsam sinkt die Sonne nieder. Sie bündelt ihr Licht, zaubert der Wolke eine Strahlenkrone auf, malt ihre Ränder golden aus und lässt das Wasser des Ozeans in kleinen Sternen funkeln, ausgebreitet auf einem schmalen Teppich, den sie zu mir hin rollt. Am Horizont ein gelber Feuerball, der bald ins Meer eintaucht und das Licht des Tages mit sich nimmt. Noch lange brennt das Himmelsfeuer glutrot, fesselt meine Sinne und lässt mich klein werden angesichts der Kraft des Himmelsgestirns. Lange schaue ich noch dem verblassenden Rot hinter her.
Langsam sinkt die Sonne nieder. Sie bündelt ihr Licht, zaubert der Wolke eine Strahlenkrone auf, malt ihre Ränder golden aus und lässt das Wasser des Ozeans in kleinen Sternen funkeln, ausgebreitet auf einem schmalen Teppich, den sie zu mir hin rollt. Am Horizont ein gelber Feuerball, der bald ins Meer eintaucht und das Licht des Tages mit sich nimmt. Noch lange brennt das Himmelsfeuer glutrot, fesselt meine Sinne und lässt mich klein werden angesichts der Kraft des Himmelsgestirns. Lange schaue ich noch dem verblassenden Rot hinter her.
So habe ich mir meinen Lieblingsplatz schon immer gewünscht: frühlingshafte Temperaturen, ein traumhafter Sonnenuntergang zum Rauschen der Brandung und ich sitze inmitten dieser Idylle auf der Terrasse und schreibe nieder, was mich den Tag über bewegt hat. Nun weiß ich, warum Funchal zu den Inseln der Glückseligkeit zählt.