Campania felix
die glückliche Landschaft - eine Reise ins Cilento
September 2017
Johann Caspar Goethe war hier, und auch sein Sohn Johann Wolfgang, ebenso Ernest Hemingway. Und nun ich. Als ich im Vorfeld auf die Frage nach meinem Reiseziel mit "Kampanien" antwortete, erntete ich ein halb wissendes, halb fragendes "Jaaa" gepaart mit einem Unwissen in den Augen. Und wenn ich dann präzisierte: "Ins Cilento", dann spielten auch noch die Lippen mit dem Unwissen. Wer kennt schon Kampanien oder gar das Cilento? Ja, Neapel kennt man und Capri und Amalfi und Ischia, aber Kampanien ist viel größer und mich reizt diesmal das Unbekannte. Gewiss, ich bin nicht alleine. Meine Renate begleitet mich, und mein großer Bruder mit Frau, und auch der kleine Bruder. Und da vorne am Ausgang des Flughafens von Neapel steht schon Luigi. Er winkt mir zu. Mein Bart war ihm der Orientierungspunkt für unsere kleine Gruppe, die er nun für eine Woche unter seine Fittiche nimmt.
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Das Gepäck ist schnell im Wagen verstaut und dann stürzt sich Luigi in den Verkehr rund um Neapel. Etwas chaotisch geht es auf der Autobahn zu, aber nur etwas, halt ungewohnt für regelbewusste Deutsche. Doch irgendwie klappt es auch hier mit dem Vorwärtskommen ohne Blessuren.
Die Straßenschilder weisen uns zuerst den Weg Richtung Neapel, zur Innenstadt, zum Hafen und zu Reggio C. Überall wird gebaut, Straßen, Häuser, Hallen. Mein erster Eindruck: Ganz Kampanien scheint eine einzige Baustelle zu sein. Linker Hand steht ein mächtiges Bergmassiv mit zwei Spitzen. "Der hintere ist der Vesuv" klärt uns Luigi auf und tatsächlich, dort oben kann ich auch den Vulkankegel ausmachen. Mein Scherz, dass es der Berg sei, aus dem gerade eine Rauchwolke ausgespuckt wird, kommt in diesem Moment nicht gerade gut an, zumal eben Pompeji angezeigt wird.
Die Straßenschilder weisen uns zuerst den Weg Richtung Neapel, zur Innenstadt, zum Hafen und zu Reggio C. Überall wird gebaut, Straßen, Häuser, Hallen. Mein erster Eindruck: Ganz Kampanien scheint eine einzige Baustelle zu sein. Linker Hand steht ein mächtiges Bergmassiv mit zwei Spitzen. "Der hintere ist der Vesuv" klärt uns Luigi auf und tatsächlich, dort oben kann ich auch den Vulkankegel ausmachen. Mein Scherz, dass es der Berg sei, aus dem gerade eine Rauchwolke ausgespuckt wird, kommt in diesem Moment nicht gerade gut an, zumal eben Pompeji angezeigt wird.

Im gebührenden Abstand umrundet die Autobahn das Massiv des Vesuv. Rechts und links liegen Siedlungen. Alte Kirchen begleiten uns ebenso wie moderne Wohnhäuser. Immer wieder stehen Pinien am Straßenrand, deren sattgrüne Nadeln einen Schirm bilden, der auch jetzt, nach der großen Sommerhitze, immer noch einen angenehmen Schatten wirft. Die Straßenschilder lassen Neapel hinter uns, weisen nach Salerno und Reggio C. Direkt vor uns baut sich der Rücken des Monte Sattario auf, ein Querausläufer des Apennin, der sich hinter Sorrent ins Meer stürzt und dann nochmals kurz als Capri aus dem Meer heraus lugt.
Nach zahllosen Tunnels öffnet sich dann der Blick auf die Bucht von Salerno. Ein breiter Teerstreifen am Rande der Autobahn lädt zu einem kurzen Halt und einem fantastischen Blick auf Salerno ein. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und ich lerne schnell, dass Luigi die schönsten Aussichtspunkte kennt. "Hamburg Süd" prangt von dem knallroten Bauch eines Containerschiffs im Hafen. Container stapelt sich über Container, Salerno ist ein wichtiger Warenumschlagsplatz. Dahinter erstreckt sich die Stadt. Ein Meer aus roten, weißen und gelben Gebäuden zieht sich bis zu den Berghängen und lässt den Blick frei auf den weiteren Verlauf des Apennin in Richtung Süden. Durch Wolkenlücken fällt das Sonnenlicht auf die Bergspitzen und verleiht dem Ausblick eine malerische Atmosphäre. Aus dem Hafen heraus führt eine lange Straßenbrücke den Verkehr zur Autobahn hoch, ungeachtet der Wohnhäuser, die wie an den Hang geklebt wirken, viele Stockwerke hoch mit bestem Meerblick und Verkehrs- statt Wellenrauschen.
Nach zahllosen Tunnels öffnet sich dann der Blick auf die Bucht von Salerno. Ein breiter Teerstreifen am Rande der Autobahn lädt zu einem kurzen Halt und einem fantastischen Blick auf Salerno ein. Das lassen wir uns natürlich nicht entgehen und ich lerne schnell, dass Luigi die schönsten Aussichtspunkte kennt. "Hamburg Süd" prangt von dem knallroten Bauch eines Containerschiffs im Hafen. Container stapelt sich über Container, Salerno ist ein wichtiger Warenumschlagsplatz. Dahinter erstreckt sich die Stadt. Ein Meer aus roten, weißen und gelben Gebäuden zieht sich bis zu den Berghängen und lässt den Blick frei auf den weiteren Verlauf des Apennin in Richtung Süden. Durch Wolkenlücken fällt das Sonnenlicht auf die Bergspitzen und verleiht dem Ausblick eine malerische Atmosphäre. Aus dem Hafen heraus führt eine lange Straßenbrücke den Verkehr zur Autobahn hoch, ungeachtet der Wohnhäuser, die wie an den Hang geklebt wirken, viele Stockwerke hoch mit bestem Meerblick und Verkehrs- statt Wellenrauschen.
Hinter Salerno erstreckt sich eine weite Ebene. Nun zeigen die Straßenschilder nach Eboli und Reggio C.. Endlich schwant mir, dass Reggio C. bedeutet, dass diese Straße nach Kalabrien führt, halt Reggio Calabria.
Apropos Eboli: Unter Mussolini war der jüdische Arzt, Schriftsteller und Maler Carlo Levi
in ein kleines Dorf in der Bergregion weit hinter Eboli verbannt worden, in dem die Uhr schon Jahrhunderte vorher stehen geblieben war. Darüber schrieb er sein Buch "Jesus kam nur bis Eboli". Doch ich komme nicht einmal bis Eboli. Sechs Kilometer vorher verlässt Luigi die Autobahn. Jetzt geht es weiter über eine gut ausgebaute Landstraße.
Apropos Eboli: Unter Mussolini war der jüdische Arzt, Schriftsteller und Maler Carlo Levi
in ein kleines Dorf in der Bergregion weit hinter Eboli verbannt worden, in dem die Uhr schon Jahrhunderte vorher stehen geblieben war. Darüber schrieb er sein Buch "Jesus kam nur bis Eboli". Doch ich komme nicht einmal bis Eboli. Sechs Kilometer vorher verlässt Luigi die Autobahn. Jetzt geht es weiter über eine gut ausgebaute Landstraße.
Rechts und links der Landstraße tauchen lange Ställe auf. Groß prangt auf Fassaden, Hallen und Hausfronten die Werbung: "Mozzarella di Bufala". Ich bin in Battipaglia und damit im Land des Büffelmozzarella angekommen. Kleine Molkereien laden zum Besuch ein. Es gibt viele kleine Molkereien auf diesem Straßenstück. In der weiten Ebene reiht sich ein Stall an den anderen, in denen jeweils Hunderte von Büffeln die für den Mozzarella erforderliche Milch produzieren. Es sind lange und offene Hallen, in denen sie eng an eng stehen. Kein Platz für glückliche Büffel. Fern ab jeder Werberomantik gibt es auch hier Massentierhaltung. Wie sollte es auch anders sein.
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Wir überqueren nun einen Fluss, der erstaunlicher Weise jede Menge Wasser führt. Das ist ungewöhnlich, da ein heisser und trockener Sommer zu Ende gegangen ist, und normalerweise in dieser südlichen Region Italiens jeder Liter Wasser auf die Felder abgezweigt wird, bevor der Fluss das Meer erreicht hat. Es ist der Sele, der aus dem Apennin kommt. Jeder Quadratzentimeter an dieser Küste ist geschichtlich irgendwo schon einmal berühmt geworden. Hier an diesem Fluss hat Hannibal im Zweiten Punischen Krieg eine starke Streitmacht der Römer vernichtend geschlagen. Das Wasser des Flusses muss während der Schlacht rot ins Meer geflossen sein.Von 15.000 römischen Soldaten wurden gerade mal 1.000 lebend festgenommen.
Ich bin froh, dass ich auf dem Rücksitz Platz genommen habe. Einerseits kann ich besser fotografieren, andererseits bekomme ich dadurch nicht so viel von dem italienischen Fahrstil der diversen VerkehrsteilnehmerInnen mit, den Luigi immer wieder kommentiert.
Ich bin froh, dass ich auf dem Rücksitz Platz genommen habe. Einerseits kann ich besser fotografieren, andererseits bekomme ich dadurch nicht so viel von dem italienischen Fahrstil der diversen VerkehrsteilnehmerInnen mit, den Luigi immer wieder kommentiert.

Wir verlassen die Ebene des Sele. Nach weit mehr als einer Stunde haben wir nun das Cilento erreicht. Langsam wird es mir eng zu dritt auf dem Rücksitz. Aber wir müssen noch einmal durch eine bergige Region. Je weiter wir in den Süden kommen, desto weiter liegen die Siedlungen auseinander. Zweihundert Dörfer gibt es im Cilento, fast alle in den Bergen gelegen. Hoch auf den Bergkämmen ziehen sich die Ortschaften entlang. Wie die Zinnen einer Burgmauer reihen sich die Häuser aneinander. Das hatte zu früheren Zeiten zwei wichtige Vorteile. Die Höhenlage bot nicht nur Schutz vor den häufigen Piratenüberfällen, sondern auch vor den Stechmücken, die blutgierig jedem auflauerten, der den Sümpfen am Meer zu nahe kam. Ich bin froh, dass im zwanzigsten Jahrhundert die letzten Sümpfe trocken gelegt wurden. Damit ist die Zahl der Stechmücken deutlich reduziert worden.
Die Brandgefahr ist leider durch das Austrocknen der Sümpfe nicht gebannt worden. Ein breiter schwarzer Streifen zieht sich quer durch die Landschaft, und bisweilen auch Ruinen.
Die Brandgefahr ist leider durch das Austrocknen der Sümpfe nicht gebannt worden. Ein breiter schwarzer Streifen zieht sich quer durch die Landschaft, und bisweilen auch Ruinen.
Bumm, Bumm, zwei Donnerschläge erschüttern die Stadt und noch ein weiterer. Wer eben noch schlief, ist jetzt hellwach. Es ist der 21. September und somit der Beginn des Festes des Heiligen Matthäus. Die Kanonenschläge rufen zur Messe. Von der Terrasse unseres Ferienhauses, auf die wir vor Schreck und Neugierde geeilt sind, haben wir einen herrlichen Blick über das Tal bis hin zum Monte Sacro. Neben Olivenhainen finden sich bei vielen Anwesen auch Weinstöcke. Gemäß der hiesgen Bauernregel "Wenn Matthäus weint statt lacht – er aus Wein oft Essig macht." gibt es auch in diesem Jahr einen guten Wein, denn die Sonne scheint und Matthäus lacht. Doch statt Wein gibt es jetzt erst mal Frühstück. Für Obst ist gleich vom ersten Tag an gesorgt. Die blauen Trauben hängen gerade mal eine Armlänge über dem Tisch.
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Prego, Prego, ruft die Marktfrau. Prego, Prego, antwortet ihre Nachbarin. Beide sind bemüht, auf ihre Waren aufmerksam zu machen. Weil der Heilige Matthäus gefeiert wird, gibt es heute einen zusätzlichen Jahrmarkt. Schuhe und Hühner, Hüte und Eisenwaren, Schals und Küchenmesser, Trauben und Bettwäsche und vieles mehr werden angeboten: 50 Cent, 5 Euro, 10 Euro. Heute gibt es alles zum Matthäus-Sonderpreis. Der Markt zieht mich an und ich schlendere von Stand zu Stand. Zwischen den Ständen immer wieder der Blick auf den breiten Sandstrand, den Ende September die ganz eifrigen Sonnenanbeterinnen für sich alleine haben. Auf so einem Markt kann ich mich verlieren. Fotomotive ohne Ende, Geruchsfallen für Feinschmecker und quirliges Leben. "Vuoi provare?" Trauben, Oliven, Walnuss in getrockneten Feigen, Käse und viele andere Leckereien werden uns zum Kosten angeboten. " Uve deliziose" werden wir vom Bauer an seinem kleinen Stand angesprochen. Seine Worte sind auch ohne Kenntnis der italienischen Sprache für mich sofort verständlich, da er mir gleich dazu ein paar Trauben reicht. Wir werden uns schnell handelseinig. Nun gibt es heute Abend neben blauen Trauben auch weiße. Sie sind zuckersüß und werden den Tag sicher nicht überleben.
Hinter den Ständen mit den Lebensmitteln folgt der eigentliche Jahrmarkt. An einem der ersten Stände gibt es alles für den Haushalt, von der Espressomaschine über die dazugehörigen Dichtungen, Besteck und Pfannenwender bis hin zu weiß Gott noch was. Handeln ist ein hartes Brot. Die alte Dame will unbedingt eine rote Tefalpfanne. Doch dem Händler passt ihr angebotener Preis nicht. 10 Euro, das ist ihm zu wenig. Sie wedelt mit dem Schein, will ihn ihm in die Hand drücken. Doch er wendet sich ab, No! Verärgert zieht sie von dannen. Aber man kann es ja mal probieren.
Stolz trägt der kleine Bub den Beutel mit dem Goldfisch, achtet darauf, dass er damit nirgends anstößt und doch mit dem Vater Schritt hält. Es ist ihm anzusehen, wie der Fisch vor seinem geistigen Auge schon in seinem Aquarium schwimmt. So einen Goldfisch hat nicht jeder. Nur seine besten Freunde werden ihn sehen dürfen.
Die Farben beißen in den Augen. Ein Stand voller Blumenarrangements, alles aus grellem Plastik. Auch das scheint Käufer zu finden. Und überhaupt, die Wühltische, Magnete für Frauen. Heute gibt es alles zum Sonderpreis. Und dann ein Donnerschlag wie am frühen Morgen, eine Rauchfahne am Himmel. Es ist zwölf Uhr und zur Huldigung des Heiligen Mattheus wird die Mittagszeit verkündet. Der Feuerwerker ist gut in Bewegung: Anzünden, weglaufen, wieder anzünden, wieder weglaufen. Und das zwischen den Neugierigen am Strand.
Der Jahrmarkt zieht sich weit die Strandlinie entlang. Die zahlreichen Bars und Restaurants auf der gegenüber liegenden Straßenseite zeugen von der großen Zahl von Feriengästen, die im Sommer hier ihre Zeit verbringen. Es gibt viele Ferienwohnungen und nur wenige, meist kleinere Hotels. Hier machen Italiener Urlaub. Doch jetzt, in der Nachsaison, sind die meisten Restaurants geschlossen. Bei "Da Roberto" vorne am Eingang zum Hafen, nehmen wir Platz. Seine Spaghetti da Vongola sind berühmt und auch der Espresso ist nicht zu verachten. Roberto spart, im Unterschied zu anderen, nicht an den Kaffeebohnen. Zufriedene Gäste kehren wieder.
Stolz trägt der kleine Bub den Beutel mit dem Goldfisch, achtet darauf, dass er damit nirgends anstößt und doch mit dem Vater Schritt hält. Es ist ihm anzusehen, wie der Fisch vor seinem geistigen Auge schon in seinem Aquarium schwimmt. So einen Goldfisch hat nicht jeder. Nur seine besten Freunde werden ihn sehen dürfen.
Die Farben beißen in den Augen. Ein Stand voller Blumenarrangements, alles aus grellem Plastik. Auch das scheint Käufer zu finden. Und überhaupt, die Wühltische, Magnete für Frauen. Heute gibt es alles zum Sonderpreis. Und dann ein Donnerschlag wie am frühen Morgen, eine Rauchfahne am Himmel. Es ist zwölf Uhr und zur Huldigung des Heiligen Mattheus wird die Mittagszeit verkündet. Der Feuerwerker ist gut in Bewegung: Anzünden, weglaufen, wieder anzünden, wieder weglaufen. Und das zwischen den Neugierigen am Strand.
Der Jahrmarkt zieht sich weit die Strandlinie entlang. Die zahlreichen Bars und Restaurants auf der gegenüber liegenden Straßenseite zeugen von der großen Zahl von Feriengästen, die im Sommer hier ihre Zeit verbringen. Es gibt viele Ferienwohnungen und nur wenige, meist kleinere Hotels. Hier machen Italiener Urlaub. Doch jetzt, in der Nachsaison, sind die meisten Restaurants geschlossen. Bei "Da Roberto" vorne am Eingang zum Hafen, nehmen wir Platz. Seine Spaghetti da Vongola sind berühmt und auch der Espresso ist nicht zu verachten. Roberto spart, im Unterschied zu anderen, nicht an den Kaffeebohnen. Zufriedene Gäste kehren wieder.

Mit Einbruch der Dunkelheit erleuchten die Lichter am Hafen. Sie spiegeln sich im Hafenbecken und beleuchten das Gesicht des einsamen Anglers, der schon seit Stunden auf den dicken Fang wartet. Der neuerliche Donnerschlag lässt mich inzwischen ungerührt. Wir eilen zur Promenade. Musik ertönt, die großen Straßenlampen erlöschen, nur die Festbeleuchtung gibt etwas Licht. Um die Ecke biegt die Prozession. In ihrer Mitte tragen die Gläubigen die Statue des Heiligen Matthäus. Von der Kirche geht es einmal quer durch den Ort und dann wieder zurück. Kaum ist Matthäus an seinen Platz in der Kirche zurück gekehrt, da beginnt ein Feuerwerk, das den Strand in helles Licht taucht. Ich bin begeistert.

Es ist spät geworden und es ist dunkel. Wir kehren nach Hause zurück. Auf einer Klippe am Hafen steht ein alter Wachturm, dahinter unser Domizil. Die Straße zu unserem Ferienhaus führt hinter der Klippe hoch. Vor Kurzem wurde auch ein Fußweg entlang der Straße angelegt, gut abgesichert, rechts ein Geländer, links eine Leitplanke. Da kann mir nichts passieren. Alle 25 Meter steht sogar ein Laternenpfahl, neu und hoch aufgerichtet. Doch es ist stockduster. Nach der nächsten Wahl sollen auf den Laternenpfählen sogar Straßenlampen montiert werden, sagen die Politiker. Bis zur nächsten Wahl ist es lang und Wahlversprechen haben bekanntlich kurze Beine, auch in Italien.
Kurz vor 22.00 Uhr liege ich dann im Bett, erschöpft von dem langen Tag. Punkt 22:00 Uhr wird unten an der Festbühne der Lautsprecher eingeschaltet. Das Schließen der Fenster dämpft die Musik. Zwei Stunden später ist der Spuk vorbei. Kurz danach bellen die Hunde. Doch sie bellen nicht als Nachlese zur Musik, sondern verbellen die Wildschweine, die jetzt den Berg herunter kommen, um in den Gärten und den Abfällen zu stöbern.
Kurz vor 22.00 Uhr liege ich dann im Bett, erschöpft von dem langen Tag. Punkt 22:00 Uhr wird unten an der Festbühne der Lautsprecher eingeschaltet. Das Schließen der Fenster dämpft die Musik. Zwei Stunden später ist der Spuk vorbei. Kurz danach bellen die Hunde. Doch sie bellen nicht als Nachlese zur Musik, sondern verbellen die Wildschweine, die jetzt den Berg herunter kommen, um in den Gärten und den Abfällen zu stöbern.
Marina di Casal Velino war ursprünglich nur der Hafen von Casal Velino, eine Handvoll Fischerkaten an der kleinen Bucht. Casal Velino selbst liegt weit oberhalb am Berghang. Dahinter die Kulisse des Monte della Stella. Dort, wo der Monte della Stella ins Meer fällt, soll Odysseus dem Klang der Sirenen erlegen sein. Heute ist es eine kleine Ferienstadt geworden, die im Sommer voller Leben ist und in den übrigen Jahreszeiten ruhig.
Es ist ruhig in Marina di Casal Velino. Der Markt ist verlaufen und die Touristen schon lange wieder in ihrer Heimat. Die zahllosen Ferienwohnungen sind aufgeräumt und abgeschlossen, die Läden der Boutiquen und Restaurant meist verrammelt. In einer der wenigen Bars, die noch offen hat, lassen wir uns kurz nieder und frönen dem Nichtstun. Am Tisch nebenan haben sich einige Männer zum Kartenspiel eingefunden. Es ist ein neapolitanisches Spiel mit Kartenbildern, die mir fremd sind.
Es ist ruhig in Marina di Casal Velino. Der Markt ist verlaufen und die Touristen schon lange wieder in ihrer Heimat. Die zahllosen Ferienwohnungen sind aufgeräumt und abgeschlossen, die Läden der Boutiquen und Restaurant meist verrammelt. In einer der wenigen Bars, die noch offen hat, lassen wir uns kurz nieder und frönen dem Nichtstun. Am Tisch nebenan haben sich einige Männer zum Kartenspiel eingefunden. Es ist ein neapolitanisches Spiel mit Kartenbildern, die mir fremd sind.
Eine Handvoll Fischerboote liegt neben den zahlreichen Yachten und Freizeitbooten im Hafen. Ganz vorne, dort wo die letzten Wellen noch an die Kaimauer schlagen, steht eine große Marienstatue. Ihr Heiligenschein sieht eher aus wie eine Radkappe. Da muss der Künstler sich doch arg im Baukasten geirrt haben. Hinter dem Ort ballen sich schwarze Wolken über der Bergkette des Apennin. Ihre Oberseite ist blütenweiß. Ich bin sicher, dass sie in den Bergen bleiben und ihre nasse Last dort lassen.
Direkt hinter dem Hafen beginnt die Steilküste. Die Küstenstraße führt oberhalb entlang und nimmt jede Biegung des Küstenverlaufs mit. Nur ein paar Kilometer nördlich liegt der kleine Ort Pioppi. Es ist ein guter Tag für eine Wanderung. Wir machen uns auf den Weg.
Die rote Erde im Olivenhain entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Vielzahl von Netzen, die auf dem Boden und zwischen den Bäumen gespannt sind. Bald sind die Oliven reif und die ersten werden herunterfallen. Die Netze erleichtern das Sammeln und später auch die große Ernte der kleinen grünen Früchtchen, die jetzt noch auf ihre Reise in die Ölmühle warten. Bis dahin darf die Wäsche noch zwischen den Bäumen baumeln.
Die Straße windet sich um jeden Hang, lässt uns wenig Platz zwischen Leitplanke und Fahrstreifen. Wenn die Kurve ganz eng wird, wechseln wir die Straßenseite, denn die Autofahrer erwarten hier auf dieser Straße keine Fußgänger und so mancher Fahrer nimmt die Kurve sehr eng. Da fühlen wir uns auf der anderen Straßenseite sicherer. An manchen Stellen weichen die Bäume etwas auseinander und laden zu einem Blick auf die Küste ein. Marina di Casal Velino entrückt immer weiter. Doch der Blick bleibt wunderbar.
"Da, schau!" Renate zeigt mir einen kleinen grünen Stängel, der sich in dem schmalen Streifen Erde zwischen Teerbelag und Leitplanke angesiedelt hat. Es ist wilder Spargel. Luigi macht jeden Morgen vor dem Frühstück einem Spaziergang. Heute hat er einen Arm voll von diesem leckeren Spargel mitgebracht und versprochen, uns heute Abend damit ein leckeres Pasta-Gericht zuzubereiten. Drum lassen wir diesen verwegenen Spargel jetzt lieber stehen. Er ist unter der Last der Schwermetalle aus dem Abgas der Autos eh schon arg gebeugt.
Überhaupt, die Umweltverschmutzung: Auch hier fliegt der kleine Müll aus dem Autofenster und sammelt sich am Straßenrand. Auf einem Plakat sammelt ein Mädchen den Müll auf. Darunter steht, dass diese Form von Abfallbeseitigung strengstens verboten ist. Doch das Mädchen scheint zu einer Sisyphosarbeit verdammt zu sein. Zur Bestätigung liegt genau vor dem Schild eine knallrote Plastikflasche, mal wieder achtlos hin geworfen.
Die rote Erde im Olivenhain entpuppt sich bei näherem Hinsehen als eine Vielzahl von Netzen, die auf dem Boden und zwischen den Bäumen gespannt sind. Bald sind die Oliven reif und die ersten werden herunterfallen. Die Netze erleichtern das Sammeln und später auch die große Ernte der kleinen grünen Früchtchen, die jetzt noch auf ihre Reise in die Ölmühle warten. Bis dahin darf die Wäsche noch zwischen den Bäumen baumeln.
Die Straße windet sich um jeden Hang, lässt uns wenig Platz zwischen Leitplanke und Fahrstreifen. Wenn die Kurve ganz eng wird, wechseln wir die Straßenseite, denn die Autofahrer erwarten hier auf dieser Straße keine Fußgänger und so mancher Fahrer nimmt die Kurve sehr eng. Da fühlen wir uns auf der anderen Straßenseite sicherer. An manchen Stellen weichen die Bäume etwas auseinander und laden zu einem Blick auf die Küste ein. Marina di Casal Velino entrückt immer weiter. Doch der Blick bleibt wunderbar.
"Da, schau!" Renate zeigt mir einen kleinen grünen Stängel, der sich in dem schmalen Streifen Erde zwischen Teerbelag und Leitplanke angesiedelt hat. Es ist wilder Spargel. Luigi macht jeden Morgen vor dem Frühstück einem Spaziergang. Heute hat er einen Arm voll von diesem leckeren Spargel mitgebracht und versprochen, uns heute Abend damit ein leckeres Pasta-Gericht zuzubereiten. Drum lassen wir diesen verwegenen Spargel jetzt lieber stehen. Er ist unter der Last der Schwermetalle aus dem Abgas der Autos eh schon arg gebeugt.
Überhaupt, die Umweltverschmutzung: Auch hier fliegt der kleine Müll aus dem Autofenster und sammelt sich am Straßenrand. Auf einem Plakat sammelt ein Mädchen den Müll auf. Darunter steht, dass diese Form von Abfallbeseitigung strengstens verboten ist. Doch das Mädchen scheint zu einer Sisyphosarbeit verdammt zu sein. Zur Bestätigung liegt genau vor dem Schild eine knallrote Plastikflasche, mal wieder achtlos hin geworfen.
Nach über einer Stunde begrüßt uns Pioppi. Auf dem Ortsschild wird gleich auf den amerikanischen Ernährungswissenschaftler Ancel Keys hingewiesen. Er kam am Ende des Zweiten Weltkrieges nach Italien, um sich um die Ernährung der amerikanischen Soldaten zu kümmern. Ob diese unter Mangelernährung litten, weiß ich nicht. Aber hier im kleinen Pioppi entwickelte er die Grundsätze der Dieta Mediterranea. Bei ihm hat die konsequente Ernährung nach seinen Grundsätzen Früchte getragen. Er starb im Jahr 2004 in Neapel im stolzen Alter von 100 Jahren.
Die kleine Bucht schmückt ein schmaler Sandstrand. "Pioppi", ein lustiges Wort. Es heißt übersetzt "Pappel". Und tatsächlich sind auch einige Pappeln zu sehen. Über die Promenade kommen wir ins Zentrum, wo ich Ausschau nach dem typischen Aufenthaltsort eines weiteren berühmten Amerikaners halte, der sich hier zur gleichen Zeit wie Ancel Keys aufhielt. Doch ich finde nirgends die Bar "Ernest Hemingway". Vielleicht habe ich nicht sorgfältig genug gesucht, oder sie ist schon lange abgerissen, um Ferienwohnungen Platz zu machen. Doch damit genug der Berühmtheiten von Pioppi. Auch weniger berühmte Menschen mögen den Ort, so wie das Brautpaar, da sich die Kulisse der alten Festung für die Fotos vom glücklichsten Tag ihres gemeinsamen Lebens gewählt hat.

Eine Mauer aus gewaltigen Steinblöcken kündigt das antike Paestum an. Nachdem ich der alten Stadtmauer gebührend Aufmerksamkeit gezollt habe, nicht ohne auch auf die vielen kleinen Eidechsen zu achten, die zwischen den schmalen Ritzen leben, wende ich meinen Blick nach links und bin überwältigt. Im frühen Nachmittagslicht leuchten die dorischen Säulen des Tempels des Poseidon im Glanz der alten Tage. Daneben recken sich die Säulen des Hera-Tempels hoch, nicht ganz so massiv, eher eleganter und zurückhaltender. Das Grün des Rasens bildet den perfekten Kontrast zu dem gelben Stein. Vor mir liegt das antike Paestum, das zu griechischen Zeiten auch Poseidonia hieß. 2700 Jahre liegt die Stadtgründung zurück.
Quer durch die Stadtmauer ist eine Bresche für die Straße geschlagen, die schnurgerade entlang der Ausgrabungsstätte führt. Nur ein gut 500 Meter langer Zaun trennt mich von Fundamenten und Tempelanlagen, von Amphitheater und Badeanstalten. Die Tempel sind erstaunlich gut erhalten. Rund 900 Jahre lag die Stadt im Dornröschenschlaf. Weder Erdbeben noch Vulkanausbruch haben die Säulen umstürzen lassen. Mannshohes Schilfgras, genährt von den feuchten und Maleria verseuchten Sümpfen, verhinderte während dieser Zeit, dass Paestum als Steinbruch für die Wohnstätten vieler Generationen von Bauern in den weit abgelegenen Siedlungen dienten. Erst im 18. Jahrhundert erblickte die verlassene Stadt wieder das Licht der Öffentlichkeit.
Quer durch die Stadtmauer ist eine Bresche für die Straße geschlagen, die schnurgerade entlang der Ausgrabungsstätte führt. Nur ein gut 500 Meter langer Zaun trennt mich von Fundamenten und Tempelanlagen, von Amphitheater und Badeanstalten. Die Tempel sind erstaunlich gut erhalten. Rund 900 Jahre lag die Stadt im Dornröschenschlaf. Weder Erdbeben noch Vulkanausbruch haben die Säulen umstürzen lassen. Mannshohes Schilfgras, genährt von den feuchten und Maleria verseuchten Sümpfen, verhinderte während dieser Zeit, dass Paestum als Steinbruch für die Wohnstätten vieler Generationen von Bauern in den weit abgelegenen Siedlungen dienten. Erst im 18. Jahrhundert erblickte die verlassene Stadt wieder das Licht der Öffentlichkeit.
Auf der Suche nach dem Eingang passieren wir zwei Tempel, ein größeres Amphitheater und ein kleines Theaterrund, zahllose Fundamente und Säulen-Solitäre und schließlich noch den Tempel der Athenae. Damit habe ich eigentlich schon alles gesehen. Weit erstreckt sich das Ausgrabungsfeld. Kurz vor dem Eingang steht eine Gelateria. Genau das, was ich jetzt brauche. Immerhin zeigt das Thermometer 27 Grad und der Blick vom Tisch in der Gelateria auf den Tempel der Athenae reicht mir völlig für den monumentalen Eindruck dieser Anlage.
Ein roter Karmann Ghia fährt vor, gefolgt von weiteren Oldtimern. Langsam versammelt sich eine Hochzeitsgesellschaft in feinen Klamotten. Hinter der Gelateria steht die alte Basilika. Dort warten sie vor dem Hauptportal. Nach einem Blick auf die Wartenden lässt der Pastor die Messdiener schnell die Glocke läuten, damit auch die Männer, die auf dem kurzen Weg von der Straße zur Kathedrale in die Bar abgezweigt sind, sich endlich zur Begrüßung des Brautpaares versammeln. Ich überlege mir kurz, ob ich mich der Gesellschaft anschließen sollte. Doch in meiner Freizeitkluft wäre ich sicher aufgefallen und noch vor dem feinen Hochzeitsmahl heraus komplimentiert worden. So bleibe ich vor meinem Schokoladeneisgenuss aus Büffelmilch sitzen und harre der Dinge, die da kommen werden. Und sie kommen. Ein Fiat 600 Kombi fährt vor, mit Blumen geschmückt, und das Hochzeitspaar quält sich aus dem engen Wagen. Schick ist es zwar, in solch einem Oldtimer vorzufahren, aber bequem ist es nicht. Das Gesicht der Braut spricht Bände. Die Brautjungfern beeilen sich sofort, den langen Schleier der Braut wieder zu richten. Während das Brautpaar mit Applaus von der Hochzeitsgesellschaft begrüßt wird, wende ich mich wieder meinem leckeren Eisvergnügen zu.
Ich nutze die Muße, um mir ein paar Gedanken über Paestum zu machen. Nach dem Anschluss an Rom war Paestum die zweitgrößte Stadt im Reich. Das Meer spülte direkt an die Stadtmauern und der Hafen lag im Schutz der Stadt. Die Via Popilla als Verlängerung der Via Appia verband Paestum mit Rom und führte zu weiterem Reichtum. Doch mit der Ausweitung des römischen Reiches verlor Paestum seine Bedeutung, bis es schließlich zu einer unbedeutenden Provinzstadt wurde. In dieser Zeit hatte sich die Küste schon einige Kilometer von der Stadt entfernt. Im Jahr 930 begann dann der Dornröschenschlaf. Die Lust der Romantiker des 18. Jahrhunderts am Reisen zu antiken Städten führte auch Johann Wolfgang von Goethe auf seiner Grand Tour in die wieder entdeckte Stadt und trug damit zu einer Wiederbelebung dieser Region bei.
Jenseits des Tempels der Athenae bauen sich die Berge der Amalfi-Küste auf. Schon die römischen Patrizier schätzten diesen Küstenabschnitt als bevorzugten Wohnort. Vor ihnen waren bereits die Karthager, die Punier, die Etrusker, die Griechen hier ansässig und auf die Römer folgten die Goten, die Sarazenen, die Byzantiner, die Normannen, die Staufer, die Spanier, die Habsburger und die Bourbonen, bis schließlich 1861 Italien zu einem Nationalstaat vereint wurde. Hoffentlich habe ich in dieser Aufzählung niemand vergessen.
Mit diesem Parforceritt durch die Geschichte von Paestum kehre ich wieder zur Gruppe und zum Auto zurück. Das Licht des späten Nachmittags lässt die Tempel noch strahlender erscheinen. Für mich ist es wie ein kleines Spotlight auf die strahlende Vergangenheit von Paestum vor 2000 und mehr Jahren.
Jenseits des Tempels der Athenae bauen sich die Berge der Amalfi-Küste auf. Schon die römischen Patrizier schätzten diesen Küstenabschnitt als bevorzugten Wohnort. Vor ihnen waren bereits die Karthager, die Punier, die Etrusker, die Griechen hier ansässig und auf die Römer folgten die Goten, die Sarazenen, die Byzantiner, die Normannen, die Staufer, die Spanier, die Habsburger und die Bourbonen, bis schließlich 1861 Italien zu einem Nationalstaat vereint wurde. Hoffentlich habe ich in dieser Aufzählung niemand vergessen.
Mit diesem Parforceritt durch die Geschichte von Paestum kehre ich wieder zur Gruppe und zum Auto zurück. Das Licht des späten Nachmittags lässt die Tempel noch strahlender erscheinen. Für mich ist es wie ein kleines Spotlight auf die strahlende Vergangenheit von Paestum vor 2000 und mehr Jahren.

Küste, Ebene und Berge prägen das Bild des Cilento. Heute, so sagt Luigi, gibt er uns die Möglichkeit zu einer Bergwanderung. Natürlich nur für die ganz Fitten, und zu denen zähle ich nicht. Also lasse ich mich in Vallo della Lucania, kurz auch Vallo genannt, absetzen. Vallo ist die größte Stadt im Cilento. Früher führte durch Vallo die einzige Straße nach Kalabrien und Sizilien. Kurz vor dem anstrengenden Anstieg in die Berge war die Stadt ein beliebter Ruheplatz für Händler und Reisende. Heute gibt es hier nur noch Provinzverkehr.
Mir macht es mal wieder Spaß, das Zentrum dieses Städtchens zu erkunden. Gleich in der ersten Gasse begrüßt mich der vielschichtige Geräuschpegel junger Stimmen. In der Berufsschule ist gerade Pausenzeit. Buchhaltung, Landvermessung, Tourismus, Mechanik, Elektrotechnik und Mode wird hier vermittelt. Die Mischung irritiert mich, aber es wird schon seinen Grund haben.
Mir macht es mal wieder Spaß, das Zentrum dieses Städtchens zu erkunden. Gleich in der ersten Gasse begrüßt mich der vielschichtige Geräuschpegel junger Stimmen. In der Berufsschule ist gerade Pausenzeit. Buchhaltung, Landvermessung, Tourismus, Mechanik, Elektrotechnik und Mode wird hier vermittelt. Die Mischung irritiert mich, aber es wird schon seinen Grund haben.
Eigentlich wird die Altstadt nur von einer einzigen, engen Straße gebildet. Rechts und links der Straße drängen sich altehrwürdige mehrstöckige Häuser. Rot- und Brauntöne dominieren die Fassaden. Im Erdgeschoss der Häuser sind die Läden untergebracht. Die Schaufenster werden von massiven Fensterläden geschützt. Das große T auf dem Schild über einem Eingang zeigt den Tabakladen an, und dass auch Salz angeboten wird. Das stammt noch aus der Kolonialzeit, als Tabak und Salz unter staatliches Monopol fielen. Heute wird in diesen Läden kein Salz mehr verkauft. Dafür gibt es Telefonkarten, Fahrkarten, Lottoscheine und Briefmarken. Das Interieur des Tabakladens ist fast schon antik. Aber der Zigarettenautomat, der den halben Eingang einnimmt, ist hochmodern. Die Sucht macht vor keiner Öffnungszeit halt.
Die Kathedrale steht etwas abseits vom Platz Emanuele II. Gerade als wir vorbei gehen, ertönt der Hochzeitsmarsch aus der Seitentür. Ich trete ein und stehe schon auf dem Läufer, der für das Brautpaar ausgerollt ist, daneben reichhaltiger Blumenschmuck. Noch ist die Kathedrale leer. Der Organist hat wohl nur geübt. Vorsichtig und ohne den weißen Plastikläufer wieder zu betreten, verlasse ich die Kirche. Draußen versammeln sich gerade die Hochzeitsgäste und einige Schaulustige. Viele Polizisten in schmucken Uniformen sehe ich. Scheint wohl ein Kollege zu sein, der da heiratet, oder eine Kollegin. Nach drei Hochzeiten in diesen wenigen Tagen scheint mir, dass das Cilento ein guter Ort fürs Heiraten ist.
Da das Brautpaar sich nicht bemüht, schnell zur Kirche zu kommen, schauen wir in die Seitengassen. Vallo liegt am Berghang. Steile Treppen führen zwischen den Häusern hoch. Die unvermeidliche Wäsche hängt allenthalben zum Trocknen über der Gasse. Der Platz Emanuele II scheint Treffpunkt der Männer zu sein. Sie stehen auf der Straße und plaudern, sitzen auf den Bänken und plaudern, bevölkern die Bars und plaudern. Selbst der Metzger ist aus seinem Laden gekommen, um zu Plaudern. Auch ältere Frauen beteiligen sich an diesem Volkssport. Doch sie tragen Einkaufstaschen und tauschen nur das Allerwichtigste mit Ihresgleichen aus. Schließlich kommt der Mann in einer Stunde vom Plaudern nach Hause und will nach dem anstrengenden Vormittag etwas essen. Und weil der Platz Emanuele II das Zentrum italienischer Gelassenheit ist, nehmen wir in einer Bar einen Espresso. Dieser Espresso hat verdammt viele Kaffeebohnen kennen gelernt, und das für 80 Cent. Da stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis.

Vallo della Lucania liegt an der Straße in die Berge. Dort oben ist es einsam und gottverlassen, wie Carlo Levi schon festgestellt hat. Nein, ganz so gottverlassen ist diese Gegend nicht. Auch bis hierher reicht der Einfluss von Padre Pio, dem populärsten Heiligen Italiens. Im Süden des Landes ist er allgegenwärtig, und auch hier als Statue am Rande der Altstadt anwesend.
Nach dem Espresso holt Luigi uns wieder ab. Nun geht es richtig in die Berge. Der Monte Sacro ist unser Ziel. Eigentlich heißt er Monte Gelbison, aber im gläubigen Kampanien erinnert sich niemand mehr daran. Immer höher schraubt sich die Straße. Zwischen den Bäumen fällt der Blick bisweilen auf die Küste. Esskastanien, Walnussbäume und Alpenveilchen säumen den Weg. Immer wieder der Hinweis: 10% Steigung. Ab und zu kreuzt ein Wanderweg die Straße. An einem dieser Kreuzungen warten schon unsere Wanderer. 600 Höhenmeter haben sie bewältigt, Chapeau.
Wir begegnen auch wanderenden Kühen. Sie fühlen sich als die Herren der Straße und machen den Weg nur mürrisch frei. Warmdampfende Haufen auf dem Asphalt markieren ihre Spur. Nach gefühlten 500 Kurven erreichen wir ein kleines Plateau. Die Straße führt um eine Pyramide aus aufgeschichteten Steinen. Die Pyramide wächst immer weiter, denn Pilger, die den Weg zu Fuß kommen, bringen von unterwegs einen Stein mit, den sie hier ablegen. Wenn die Sünden zu schwer auf dem Gewissen lasteten, half barfüßiges Wandern bei der Buße.
Zwei wichtige Parkwächter mit dicken Jacken weisen uns einen gebührenpflichtigen Parkplatz zu. Nun heißt es auch für mich, die warme Kleidung anzulegen. Der letzte Weg bis zum Gipfel ist nur zu Fuß zu erklimmen. Es mögen gut 50 Höhenmeter sein, der Fußweg ist breit und gepflastert. Am Andenkenladen mit Marienstatuen in allen denkbaren Größen beginnt das endgültig letzte Stück zum Gipfel. Pizzawerbung winkt von oben, um mich, wie auch alle anderen, für dieses letzte Stück zu motivieren. Schließlich haben wir das Ziel erreicht. Hoch über der Kirche erhebt sich ein gewaltiges Kreuz in 1705 Meter über dem Meer.
Wir begegnen auch wanderenden Kühen. Sie fühlen sich als die Herren der Straße und machen den Weg nur mürrisch frei. Warmdampfende Haufen auf dem Asphalt markieren ihre Spur. Nach gefühlten 500 Kurven erreichen wir ein kleines Plateau. Die Straße führt um eine Pyramide aus aufgeschichteten Steinen. Die Pyramide wächst immer weiter, denn Pilger, die den Weg zu Fuß kommen, bringen von unterwegs einen Stein mit, den sie hier ablegen. Wenn die Sünden zu schwer auf dem Gewissen lasteten, half barfüßiges Wandern bei der Buße.
Zwei wichtige Parkwächter mit dicken Jacken weisen uns einen gebührenpflichtigen Parkplatz zu. Nun heißt es auch für mich, die warme Kleidung anzulegen. Der letzte Weg bis zum Gipfel ist nur zu Fuß zu erklimmen. Es mögen gut 50 Höhenmeter sein, der Fußweg ist breit und gepflastert. Am Andenkenladen mit Marienstatuen in allen denkbaren Größen beginnt das endgültig letzte Stück zum Gipfel. Pizzawerbung winkt von oben, um mich, wie auch alle anderen, für dieses letzte Stück zu motivieren. Schließlich haben wir das Ziel erreicht. Hoch über der Kirche erhebt sich ein gewaltiges Kreuz in 1705 Meter über dem Meer.
Die Rundumsicht auf dem Plateau ist beeindruckend. Von der Küste bis weit in den Apennin hinein reicht der Blick. Schade, dass wir nicht früher am Tag gekommen sind. Obwohl es erst Mittagszeit ist, trübt sich die Luft ein. Erste Wolken ballen sich zusammen. So bleibt uns der angekündigte Blick von Sizilien bis zum Vesuv versagt. Dennoch kann ich mich von dem Panorama nicht los reißen. Es gibt viel zu sehen. Ein kleines Bergdorf liegt wie eine Krone auf einem Bergsporn. Die roten Dächer von Vallo della Lucania stehen im Kontrast zum umliegenden Grün der Wälder.

Luigi führt uns an eine Stelle, an der ein Felssporn vor dem steinernen Geländer hochragt. Er mag zwei Meter vor uns stehen und ist mit Münzen bedeckt. Natürlich rankt sich eine Legende um den Stein. Hier soll die Mutter Maria einem verirrten Ritter den rettenden Weg zurück auf das Plateau gezeigt haben. Wessen Münze auf dem Stein liegen bleibt, ist von Glück begleitet. Ich versuche es auch. Meiner Münze fehlen 30 Zentimeter. Vielleicht hätte ich doch nicht die leichte 5-Cent-Münze nehmen sollen. Neben uns steht eine Gruppe, die von einem Pater begleitet wird. Am 15. September fand hier die halbjährliche Wallfahrt statt. Er überreicht ihnen das Pilgerzertifikat. Und weil er noch einige übrig hat, werden auch wir beglückt.
Runter geht es bekanntlich schneller. Ziemlich am Ende der Bergstraße machen wir Rast im Restaurant "La Montanara". Über uns haben sich die Wolken zusammen gezogen und der Magen meldet sich auch schon seit längerem. Es wird Zeit für die Mittagsrast. Die Antipasti alleine wären schon ein vollwertiges Essen, aber das Wildschweinsteak ist einfach zu köstlich, um daran vorbei zu gehen, und als Nachtisch dann noch die Panna Cotta, was soll ich da sagen. Den gastronomischen Tipp kann ich nur weiter geben. Als wir das Restaurant verlassen, reißt der Himmel für einen Moment auf und gibt den Blick auf die Spitze des Sacro Monte frei, doch ein kleiner Glücksmoment. Vielleicht ist meine Münze auf einem Felssporn ein paar Meter tiefer gelandet.
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Etwas merkwürdig scheint mir dieser Turm. Im unteren Drittel verjüngt er sich bis zu der Stelle nach oben, an der eine Brücke zur Eingangstür führt. Er sieht aus wie ein Pilz, der auf dem Kopf steht. Jeden Morgen, wenn ich auf die Terrasse trete, um Morgenluft zu schnuppern, ist mein Blick auf diesen Turm am anderen Ende der Bucht gefallen. Er steht markant auf einem Bergsattel am Meer. Eigentlich nicht ganz am Meer, wie ich jetzt feststelle, denn es sind noch einige hundert Meter bis zum Strand. Einige der Ruinen rund um diese mittelalterliche Burg sind älter. Dort oben stand die Akropolis von Elea. Leider ist der Weg nach oben gesperrt. Ein Waldbrand ist im Sommer über die Ruinenstadt gezogen, hat nur den Teil im Talgrund verschont.
Die Focer haben diese Stadt gegründet, als sie im 5.Jahrhundert vor Christus ihre Heimat an der türkischen Ägäisküste verlassen mussten. Ursprünglich als Handelsstützpunkt gegründet, entwickelte sich Elea zu einer der bedeutendsten griechischen Städte an der Küste. Nach den Griechen kamen die Römer und gaben der Stadt den Namen Velia. Von der Ausdehnung von fast 50 ha in seiner Blütezeit ist jetzt nur noch wenig zu sehen: Ein paar Mauern, einige Säulen und zerfledderte Mosaikfussböden, mehr nicht. Ein eingestürzter Torbogen ist wohl der Beweis, dass nicht nur Menschenhand sondern auch Erdbeben die im 9. Jahrhundert verlassene Stadt dem Erdboden gleich gemacht haben. Erst als 1888 ein Eisenbahntunnel unterhalb der Burg durch den Berg gebohrt wurde, entdeckte man die antike Stadt wieder. Da monumentale Bauten aus der Antike wie die Tempel in Paestum fehlen, lassen die Touristenströme Velia links liegen.
Von der Ausgrabungsstätte bis nach Ascea am Ende der Bucht sind es nur rund eintausend Meter. Lang zieht sich der Strand mit dem feinen Sand bis zu einer hohen Klippe. Weiße Lilien, die in den Dünen wurzeln, strecken ihre Blüte keck gegen den Wind. Ein kleines Strandrestaurant nimmt uns auf. Heute, am Sonntag, sind viele Besucher her gekommen, viele um zu baden, einige, um von der Klippe ihre Angel auszuwerfen, andere zum Essen und ein paar auch, um von dem Berg über der Klippe aus 170 Meter Höhe die Landschaft zu bestaunen. Erich findet den Eingang zu dem Wanderweg. Es ist der "Sentiero degli Innamorati", der "Weg der Liebenden". Ein hölzerner Steg führt durch die flachen Dünen bis zum Anstieg auf den Berg. Wozu die breiten Plattformen dienen, über die der Holzweg führt, erschließt sich uns nicht. Für den Aufstieg haben wir leider keine Zeit. Unser kleiner Abstecher führt uns über den sandigen Rückweg wieder zum Restaurant. Ein Espresso und ein süßes Gebäck beschließen den Ausflug.
Nach einer Woche endet diese Reise. Gerne hätte ich mehr gesehen: hoch gelegene Städtchen auf dem Berggrat, abgelegene Bergdörfer, Höhlen am Meer, das Vallo di Diano, die Schlucht von Padula, Salerno und Eboli, die Küste vom Boot aus. Die Woche war einfach zu kurz. Zurück bleibt der Wunsch nach einem Wiedersehen mit der Campania Felix, der glücklichen Landschaft, wie die Römer sagten. Am letzten Abend färben sich die Wolken wieder im märchenhaften rosafarbenen Licht, so wie sie uns am ersten Abend schon begrüßt haben. Arrivederci Cilento!