Odysee am Ende der Welt -
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Zum Date mit Obelix kam ich zu spät *
Obelix habe ich nicht getroffen. Eigentlich waren wir gegen 12:00 Uhr am Point de Menhir verabredet. Ich kam wohl zu spät und er hatte noch andere Termine. Aber er hat mir ein Geschenk mit gebracht, einen Hinkelstein. Irgendwie ist aber unser Busfahrer nicht so begeistert, als ich ihn bitte, den Hinkelstein im Bus mitnehmen zu dürfen. Versteh' ich eigentlich nicht, aber es muss öfters passieren, das mit der Weigerung der Busfahrer, denn es stehen noch einige Hinkelsteine hier herum. Komisch, oder?
(* danke Michy fürs Foto)
Karg ist die Landschaft, grau der Himmel. Das leuchtende Gelb der ersten Rapsfelder in diesem Jahr sticht in die Augen. Nach der langen Nacht im Bus quer durch Frankreich begleitete uns bis zur Grenze der Bretagne. Dann türmen sich mächtige Wolkenberge im Westen auf, werden immer höher und überziehen bald den ganzen Himmel, so dass die Sonne über sie hinweg wandern muss. Dass wir in der Bretagne sind, verraten nur die Hinweisschilder: Mont St. Michel, St. Malo, Loudeac – man kennt die Namen, aber wir lassen sie hinter uns.
Betrachtet man auf der Karte die Umrisse von Frankreich, dann erkennt man mit einer gewissen Fantasie einen großen Kopf, der seine gewaltige Nase nach Westen reckt. Und mit etwas mehr Fantasie erkennt man dann auch den Kopf von Charles de Gaulle. Und genau auf dieser Nase fahren wir gerade bis zur Spitze. Es ist eine große Hochebene mit leichten Wellen, über die der Bus fährt. Die Straße sie aus wie über all in Frankreich. Kühe auf der Weide, einzeln stehende Gehöfte mit großen wellblechbedeckten Hallen, unter denen die Strohrollen des letzten Jahres nun schon ziemlich dezimiert sind. Mechanische Werkstätten, vor denen die großen landwirtschaftlichen Maschinen auf die Tage nach Ostern warten. Zwei Stunden sind wir nun schon auf dieser Straße nach dem Schild „Vouz êtes en Bretagne“ unterwegs. Die Bretagne ist groß.
(* danke Michy fürs Foto)
Karg ist die Landschaft, grau der Himmel. Das leuchtende Gelb der ersten Rapsfelder in diesem Jahr sticht in die Augen. Nach der langen Nacht im Bus quer durch Frankreich begleitete uns bis zur Grenze der Bretagne. Dann türmen sich mächtige Wolkenberge im Westen auf, werden immer höher und überziehen bald den ganzen Himmel, so dass die Sonne über sie hinweg wandern muss. Dass wir in der Bretagne sind, verraten nur die Hinweisschilder: Mont St. Michel, St. Malo, Loudeac – man kennt die Namen, aber wir lassen sie hinter uns.
Betrachtet man auf der Karte die Umrisse von Frankreich, dann erkennt man mit einer gewissen Fantasie einen großen Kopf, der seine gewaltige Nase nach Westen reckt. Und mit etwas mehr Fantasie erkennt man dann auch den Kopf von Charles de Gaulle. Und genau auf dieser Nase fahren wir gerade bis zur Spitze. Es ist eine große Hochebene mit leichten Wellen, über die der Bus fährt. Die Straße sie aus wie über all in Frankreich. Kühe auf der Weide, einzeln stehende Gehöfte mit großen wellblechbedeckten Hallen, unter denen die Strohrollen des letzten Jahres nun schon ziemlich dezimiert sind. Mechanische Werkstätten, vor denen die großen landwirtschaftlichen Maschinen auf die Tage nach Ostern warten. Zwei Stunden sind wir nun schon auf dieser Straße nach dem Schild „Vouz êtes en Bretagne“ unterwegs. Die Bretagne ist groß.
Als wir in ein tiefes Tal fahren, tauchen wir in eine andere Welt ein. Die Häuser sind aus rohen Granitsteinen gemauert, die gleichen, aus denen auch die Brücke über den Fluss gebaut ist und die Schilder sind nun zweisprachig, eine Sprache, die in nichts mehr an Französisch erinnert, mit rauen, kehligen Lauten. Die breite Landstraße weicht einer kleinen kurvigen Straße. Hier beginnt das Ende der Welt, fin das Ende, terre die Erde: Finistère. Nicht umsonst heisst diese Provinz so. Wer hier lebt, lebt wirklich am Ende der Welt. Ich schließe die Augen und fühle mich in die Welt von Asterix und Obelix versetzt.
Die höchste Erhebung weit und breit ist der Menez-Hom, 330 Meter. Der Reiseführer spricht davon, dass man bei klarem Wetter die drei Küsten sehen könne. Kahl ist der Menez-Horn und grau der Himmel. Stünde ich jetzt dort oben, dann könnte ich sehen, dass die Nase von Charles de Gaulle sehr zerklüftet ist. Zwei große Buchten reichen tief ins Landesinnere rein, wie zwei Nasenlöcher. Die Straße schraubt sich nun langsam in vielen Windungen am Rand eines diese Nasenlöcher entlang. |
Die Steilküste zieht sich die ganze Küste entlang, zerklüftet und geschunden von den Wellen, die hier ungehindert aufs Land treffen. Seltsame Formen haben sich heraus gebildet. Dort, wo zwischen dem Granit der Schiefer liegt, ist der Fels angreifbar, verwundbar. Doch auch der Granit weicht irgendwann im ewigen Schlag des Wassers auf, beginnt zu zerbröseln. In die Küste sind Höhlen eingegraben, zu ihnen führt der erste Weg nach der Ankunft. Einprägsame Namen haben sie, wie die Altargrotte, in der sich ein Fels einem Altar gleich aus dem Wasser hebt, der Teufelsschornstein, durch den an stürmischen Tagen die Gischt mit einem schaurigen Ton 30 Meter hoch jagt und von oben wieder die Steilküste benetzt, das Teufelszimmer, düster und dunkel, und um jede dieser Höhlen ranken sich Legenden. Vom Boot aus erkenne ich, wie die Steilküste immer wieder unterbrochen ist von langgezogenen Tälern, die an einem kleinen Sandstrand sich ins Meer ergießen.

Frohe Ostern
Grau ist auch der Ostermorgen, grau verhangen der Himmel, so grau wie der Schiefer des Daches und so grau wie die Granitmauern unseres Manoirs, in dem wir zu siebt residieren. Kurz vor Sonnenaufgang sind zwei Häsinnen durch den weitläufigen Garten des Herrenhauses gehoppelt. Die Schokoladeneier, die sie versteckt haben, leuchten aus diesem Grau farbenfroh hervor. Und jedes neu gefundene Nest wird mit einem Jauchzer begrüßt, endlich mal wieder Kind sein dürfen.
„Sentier Cotier“ - Küstenpfad, so heisst der GR 34, ein Wanderweg, der entlang der bretonischen Küste führt. Pfad ist auch der richtige Ausdruck, denn hart entlang der Steilküste führt er zu den reizvollsten Ausblicken hoch über der Wasserlinie. Gelber Ginster leuchtet aus der Graubraun der Erikabüsche hervor und verstärkt das Leuchten der Sonne, die uns jetzt um die Mittagszeit beehrt, derweil kleine Regentropfen auf meinen Schreibblock fallen. Es ist April.
Die erste Wanderung. Sie führt uns nach Süden ein Stück die Bucht von Douarnenez entlang, der Pfad der Menhire. Aus der Häuserreihe am Strand von Morgat mir genau gegenüber strahlen die knall blauen und gelben Fassaden der Bars und Pizzerias herüber. Der Strand ist langgezogen und liegt wie die Sichel des aufgehenden Mondes vor Morgat. Die Ebbe lässt die Hafenmauer im Trockenen stehen.
„Sentier Cotier“ - Küstenpfad, so heisst der GR 34, ein Wanderweg, der entlang der bretonischen Küste führt. Pfad ist auch der richtige Ausdruck, denn hart entlang der Steilküste führt er zu den reizvollsten Ausblicken hoch über der Wasserlinie. Gelber Ginster leuchtet aus der Graubraun der Erikabüsche hervor und verstärkt das Leuchten der Sonne, die uns jetzt um die Mittagszeit beehrt, derweil kleine Regentropfen auf meinen Schreibblock fallen. Es ist April.
Die erste Wanderung. Sie führt uns nach Süden ein Stück die Bucht von Douarnenez entlang, der Pfad der Menhire. Aus der Häuserreihe am Strand von Morgat mir genau gegenüber strahlen die knall blauen und gelben Fassaden der Bars und Pizzerias herüber. Der Strand ist langgezogen und liegt wie die Sichel des aufgehenden Mondes vor Morgat. Die Ebbe lässt die Hafenmauer im Trockenen stehen.
Heerscharen einsamer Krebssammler scheinen an diesem Sonntagmorgen unterwegs zu sein, klettern durch die trocken liegenden Klippen mit einem Eier in der Hand, um ihr Ostermahl mit einer Vorspeise zu bereichern. Mutti hat derweil zu Hause Ruhe vor dem nervenden Gatten und kann ungestört das Essen zubereiten. In kleinen Gruppen ziehen sie bisweilen auch über den Strand, mit den Kleinen der Familie im Schlepptau. Der Strand liegt lang und breit da, durchzogen von kleinen Rinnsalen, in denen sich das Licht der Sonne spiegelt und allerlei Kleingetier mit dem abfliessenden Wasser dem Meer zu eilt, in der Hoffnung, vor den spähenden Augen unentdeckt zu bleiben.
Der Pfad entlang der Steilküste, erweist sich nur phasenweise als Höhenwanderweg. Er folgt der Küstenlinie, windet sich steil bergauf und dann wieder steil abwärts von Bucht zu Bucht. Der schmale Pfad ist tief in die Grasnabe eingegraben, gesäumt von Frühlingsblühern. Es ist kein Blumenmeer, aber jede Blüte leuchtet gelb, lila, weiß oder blau zwischen den trockenen Erikabüschen und erfreut mein Auge, Storchschnabel, wildes Veilchen, Scharbockskraut, Hornklee, und Löwenzahn, Gänseblümchen, Sternmiere, Butterblume und all die anderen, deren Namen ich nicht kenne. An einigen Stellen blüht schon der Ginster und ruft Erinnerungen an Maitage in der Provence hervor, wenn die Landschaft in der Hitze von dem honigsüssen Ginsterduft eingehüllt ist. An anderen Stellen türmen sich Schwarzdornhecken im letzten Blütenrausch, von dem Wind der Hangschräge angepasst oder so mächtig, dass der Wanderweg in einem Tunnel durch die langgezogene Hecke hindurch geführt wird. Der einsame Menhir, den mir Obelix überreichen wollte, steht nun mächtig auf einem kleinen Plateau hoch über dem Meer. Ruhe liegt über der Landschaft, nur ein leichter Wind kühlt meinen vergossenen Schweiß bei den langen und steilen Aufstiegen und der erste Kuckuck des Jahres lässt hartnäckig in dieser Stille seinen Ruf erschallen, bis aus der Ferne eine leise Antwort kommt. Der April macht seinem Namen alle Ehre, Regen und Sonnenschein, grauer und blauer Himmel und das alles innerhalb weniger Minuten. Am Abend belohnt uns eine zarte Lammschulter für diesen Ausflug.
Unser Herrenhaus zählt wohl zu den älteren Gebäuden von Crozon. Es ist aus dicken Granitsteinen gebaut, umgeben von einem großzügigen Park. Wie bei allen Häusern hier ziehen sich gewaltige Schornsteine den Giebel hoch. Beim Eintreffen werden wir gleich darauf hingewiesen, dass wir bitte schön den offenen Kamin im Wohnraum nicht benutzen, schade eigentlich, aber dafür funktioniert die Heizung. Gediegen ist die Einrichtung und auf den Aufenthalt von vielen Personen vorbereitet. Die Halbinsel Crozon, die zwischen der Bucht von Brest und der Bucht von Douarnenez liegt, war schon sehr früh ein beliebter Aufenthaltsort der Familie Peugot. Mit den Peugots zog es auch so manch andere aus der Riege des Geldadels hierher, was zu einer größeren Ansammlung von Herrenhäusern geführt hat. Diese fügen sich aber nahtlos in die überkommene Bauweise ein und stören nicht das städtebauliche Ambiente.
Der Montagmorgen begrüßt mich mit einem anhaltenden Schnürregen. Nichtsdestotrotz ist eine Wanderung am Cap de la Chèvre angesagt. Betrachtet man auf einer Karte nur die Umrisse der Halbinsel Crozon, so erkennt man entweder je nach Tagesstimmung ein großes Kreuz oder die zuckende Zunge eines gewaltigen Drachenkopfes. Crozon mit seinen Badestränden liegt hinter einer langgezogenen Landzunge, die diesen Teil der Bucht vor den Westwinden schützt. Die Fahrt zur Südspitze dieser Landzunge erklärt dann auch gleich den Namen: Kap der Ziegen. Heidekraut bedeckt den Großteil der Landzunge, vermischt mit Ginster, zwischen dessen Blüten dicke lange Stacheln sitzen. Ein steifer Wind bläst vom Westen den Wind waagerecht ins Gesicht. Ich habe das Gefühl, dass kleine Nadeln auf die Haut treffen und kann mir gut vorstellen, welch gewaltige Brecher an stürmischen Tagen nach langer Reise über den Atlantik hier auf die Küste treffen. Die Erika ist ein Segen für die Landschaft, denn sie bindet mit ihrem Wurzelwerk den Boden, schützt ihn vor Erosion und die Ziegen mögen sie auch. Der Ginster folgt in seinem Wuchs der Richtung des Windes stetig gen Osten. Die Büsche sind geduckt, schmiegen sich aneinander an, so wie kleinen alten Häuser in dem Flecken Rostudel kurz vor dem Kap, die sich in den WInd ducken. Angesichts dieses starken Windes entwickele ich Sympathie für das dicke Mauerwerk, die kleinen Fenster und die gewaltigen Schornsteine der Kamine am Giebel der Häuser. Es scheint, als seien die Häuser zwischen den dominanten Schornsteinen eingekeilt, um sie vor dem kalten Wind zu schützen, denn der Wind dringt hier unbarmherzig durch jede Ritze ein. Gerade im Herbst und Winter kann dies sehr unangenehm sein, da hilft nur dickes Mauerwerk und wenig Öffnung. Wenn der Wind für einen Moment einhält, höre ich das Rauschen der Brandung tief unterhalb der Steilküste. Nur von dem blauen Wasser, das ein Reiseführer schwärmend beschreibt, ist heute wenig zu sehen.
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Durchnässt von dem Schnürregen und gut durchlüftet von dem Wind schmeckt mir der café au Lait in der kleinen Bar in St. Hernot heute besonders gut. Dazu gibt es ein Männerstück "far breton", wir würden sagen Blechkuchen mit Pflaumen. Mir bleibt allerdings unerklärlich, wie man einen Puddingkuchen so fest backen kann, dass man ein scharfes Messer braucht, um einen Bissen abzusäbeln. Aber er schmeckt und gibt nach der Wanderung gegen den Wind mächtig Kalorien zurück. Ob die etwas wortkarge Wirtin Hermine ist, wagte ich nicht zu fragen. Aber ihr Kuchen ist bemerkenswert und die Bar hat den Charme alter französischer Bistros. Der Rasen rund um die kleine Kirche genau gegenüber ist saftig grün, es scheint hier öfters zu regnen. Das Kaminfeuer gibt wohlige Wärme, in dieser Dorfkneipe fühle ich mich gleich doppelt wohl in Frankreich..

wie klein der Mensch an dieser Küste der Urgewalten
Spätestens seit es Asterix und Obelix gibt, ist die Bretagne auch in Deutschland weitestgehend bekannt. Weit reicht die Halbinsel in den Atlantik hinaus. Eigentlich besteht die Bretagne aus zwei Teilen, dem französischen östlichen Teil und dem gallischen westlichen Teil. Schon die Gallier kannten diesen Küstenstreifen, den sie Armor (am Meer) und Argoat (im Wald) nannten. Aremorica heisst dieses Land dann auch in den Geschichten von Asterix und Obelix. Vom ursprünglichen wilden Wald ist kaum mehr etwas übrig geblieben, vom Meer umso mehr. Im gallischen Teil wird heute noch Keltisch gesprochen, die Ortsschilder und viele weitere Schilder sind zweisprachig. Hier lebt noch die Ursprünglichkeit der gallischen Bevölkerung, die sich widerspiegelt in den geduckten Granithäusern mit dicken Mauern, die sie vor Wind, Wetter und den Eindringlingen schützt, in den ebenso kleinen und geduckten alten Kirchen mit Gebeinhäusern und den 7777 Heiligen, die in der Bretagne verehrt werden. Oft sind die Heiligen keltische Einwanderer von der englischen und der irischen Insel, die das Christentum gepredigt hatten. Viele der Häuser, Dörfer und Städte könnten heute noch in Irland oder Schottland stehen und würden dort nicht auffallen. Der Granit hat der ganzen Bretagne seinen Stempel aufgedrückt und zeichnet so den kleinen Unterschied zum übrigen Frankreich. Aus Granit sind die gewaltigen Kaps, die im Westen dem Atlantik die Stirn bieten, zerfurcht von dem Jahrmillionen alten Ansturm der Wellen, gezeichnet von der Gewalt der Brecher und doch standhaft gegen die Urgewalten.
Große Industrie gab es nie in der Bretagne. Die Landwirtschaft ist der tragende Teil der Wirtschaft, Fischfang und Tourismus spielen eine Nebenrolle. Je weiter im Westen, desto zurückgezogener leben die Menschen, desto mehr leben in ihren Geschichten noch die Sagen und Mythen der früheren Jahrhunderte. Um jeden Stein, um jede Felsformation, um jede Höhle ranken sich Geschichten. Die zerklüftete Küste hat auch ihre Vorteile. In den versteckten Buchten finden Schiffe das ganze Jahr über Schutz vor dem ungestümen Meer. Der nahe Golfstrom begünstigt in nichtsdestotrotz mildes Klima und der Fischreichtum ernährt die Menschen. So ist es nicht verwunderlich, dass schon vor mehr als 4000 Jahren die ersten Menschen diesen Küstenabschnitt besiedeln.
Große Industrie gab es nie in der Bretagne. Die Landwirtschaft ist der tragende Teil der Wirtschaft, Fischfang und Tourismus spielen eine Nebenrolle. Je weiter im Westen, desto zurückgezogener leben die Menschen, desto mehr leben in ihren Geschichten noch die Sagen und Mythen der früheren Jahrhunderte. Um jeden Stein, um jede Felsformation, um jede Höhle ranken sich Geschichten. Die zerklüftete Küste hat auch ihre Vorteile. In den versteckten Buchten finden Schiffe das ganze Jahr über Schutz vor dem ungestümen Meer. Der nahe Golfstrom begünstigt in nichtsdestotrotz mildes Klima und der Fischreichtum ernährt die Menschen. So ist es nicht verwunderlich, dass schon vor mehr als 4000 Jahren die ersten Menschen diesen Küstenabschnitt besiedeln.

Erbsenhaufen heißen sie und sind 60 Meter hoch
Eine dieser alten Siedlungen ist Camaret. Oben auf dem Plateau Pen Hir hoch über dem Meer zeugt eine weites Geviert von Menhiren von dem Kult der Kelten, während unten im Hafen die Boote dümpeln. Dem steten Wind auf der Hochfläche halten auch hier nur Heidekraut und niedrige Büsche stand, während im geschützten Tal auf der windabgewandten Ostseite fast mediterranes Klima herrscht. Der Bewuchs der Landzunge ist so niedrig, dass ich beim Schreiten über die Erikabüsche eher das Gefühl habe, über einen Flokati zu gehen, wäre da nicht der Ginster, der seine gelben Blüten mit langen Stacheln schützt, und dabei nicht höher wächst als das Erikakraut, flokatihoch halt.
Auf der Spitze des Pointe de Pen Hir steht ein gewaltiges Denkmal. Von dort hat man einen schönen Blick auf die „Erbsenhaufen“, drei steil aus dem Meer ragende Felsen, auf die einladenden Sandstrände rechts und links des Kaps, auf die weit draußen liegenden Inseln und, wenn man sich ganz doll konzentriert und genau nach Westen schaut, auch auf die 4000 Kilometer entfernte Ostküste von Amerika. Schaut nur mal genau hin.
Weniger schön sind die Erinnerungen an die unselige Vergangenheit des letzten Jahrhunderts. Das Fort de Kerbonne an der Nordklippe, eine weitläufige Bunkeranlage der deutschen Wehrmacht, die Brest verteidigen sollte, ist heute Gedenkstätte für die Gefallenen der Schlacht im Atlantik. Insbesondere erinnert es an die 45.000 Matrosen der Handelsmarine, die mit ihren 5125 Schiffen in die Tiefen des Meeres versunken sind und dort den Tod fanden. Mich bewegt besonders, dass auch der deutschen Gefallenen gedacht wird, denn im Tod gibt es keine Feindschaft mehr. Möge dieser Gedanke doch auch auf die Lebenden übertragen werden!
Auf der Spitze des Pointe de Pen Hir steht ein gewaltiges Denkmal. Von dort hat man einen schönen Blick auf die „Erbsenhaufen“, drei steil aus dem Meer ragende Felsen, auf die einladenden Sandstrände rechts und links des Kaps, auf die weit draußen liegenden Inseln und, wenn man sich ganz doll konzentriert und genau nach Westen schaut, auch auf die 4000 Kilometer entfernte Ostküste von Amerika. Schaut nur mal genau hin.
Weniger schön sind die Erinnerungen an die unselige Vergangenheit des letzten Jahrhunderts. Das Fort de Kerbonne an der Nordklippe, eine weitläufige Bunkeranlage der deutschen Wehrmacht, die Brest verteidigen sollte, ist heute Gedenkstätte für die Gefallenen der Schlacht im Atlantik. Insbesondere erinnert es an die 45.000 Matrosen der Handelsmarine, die mit ihren 5125 Schiffen in die Tiefen des Meeres versunken sind und dort den Tod fanden. Mich bewegt besonders, dass auch der deutschen Gefallenen gedacht wird, denn im Tod gibt es keine Feindschaft mehr. Möge dieser Gedanke doch auch auf die Lebenden übertragen werden!
Eine weitere dieser unschönen Erinnerungen ist die Ruine des Schlosses von Saint Pol Roux, einem französischen Literat des Surrealismus, der sich hier in die Einsamkeit zurückgezogen hatte, um sein Lebenswerk abzuschliessen. 1940, beim Einmarsch in die Bretagne tötete ein deutscher Soldat seine Haushälterin, verletzte seine Tochter und brutalisierte den Dichter. Dieser starb aus Kummer vier Monate später. Doch damit nicht genug. Vier Jahre später wurde das Schloss beim Angriff eines britischen Flugzeuges zur Ruine gebombt. Die Ecktürme und das Eingagsportal des Grippes weisen heute wie mahnende Zeigefinder vor der Unsinnigkeit des Mordens in den atlantischen Himmel. Die Leere des Eingangsportals und des freischwebenden Balkons zwischen ihnen wirken wie ein Symbol für die Unmenschlichkeit des Krieges.
Der Hafen von Camaret liegt geschützt hinter dem breiten Steinmassiv des Kap de Pen Hir. Während sich die Häuser an das Steinmassiv schmiegen, steht die 500 Jahre alte Kirche mit dem tiefgezogenen Dach und dem kleinen Glockenturm auf der Spitze einer kleinen Landzunge, die dem Hafen zusätzlichen Schutz bietet. Neben die Kirche hatte Vauban, der unermüdliche Festungsbaumeister von Ludwig dem Vierzehnten, einen Wachturm gebaut, von dem aus er selbst 1694 siegreich eine Schlacht gegen die anstürmende Flotte der vereinten Engländer und Holländer führte. Der Hafen von Brest jenseits einer weiteren Landzunge war ihr Ziel. Der Kirchturm, der gegen Ende der Schlacht durch eine der letzten Kanonenkugel arg gekürzt wurde, ist bis heute so geblieben. Nicht ganz so erfolgreich waren die Bretonen 1500 Jahr zuvor bei der Invasion der Römer, denen diese störrische Volk, wie ich ja durch das sorgfältige Studium von Asterix und Obelix weiß, im Nachhinein noch so manche Sorge bereitete.
Camaret lebte viele Jahre von Langusten, die sich in der Unterwasserwelt der Klippen dieser Küste wohlfühlen. Von Mitte der 30 bis Anfang der 60er Jahre des letzten Jahrhunderts war hier das Zentrum der französischen Langustenfischerei. gab vielen Hundert Menschen Brot und Arbeit. Doch diese goldenen Zeiten sind vorbei, die Gerippe einiger Fangboote liegen noch im Hafen vor der Kirche auf den Trockenen. Schilder warnen vor dem Betreten der morschen Boote, die sich so langsam im Laufe der Jahrzehnte in ihre Einzelteile auflösen. Heute ist Camaret nur noch ein kleiner unbedeutender Fischerhafen und in der sommerlichen Hochsaison dank der traumhaften Strände ein Touristeneldorado. In der dunklen Kirche, die wir rechtzeitig vor dem Hagelschauer erreichen, zeugen Votivschiffe, die im Kirchenschiff hängen, vom Dank für Rettungen aus Seenot. Selbst heute gilt diese Küste für die Schifffahrt als gefährlich und das Tankerunglück von 1978, das 200 Kilometer Küste mit 230.000 Tonnen Öl verseuchte, ist heute noch in trauriger Erinnerung. Wie das aufragende Heck eines gestrandeten Schiffes hebt sich eine Klippe mahnend aus dem Meer.
Jetzt, um die Mittagszeit zum Tiefpunkt der Ebbe, scheint der Hafen ausgetrocknet. Der Geruch von Tang hängt ebenso in der Luft wie das Geläute der Metallteile an den Seilen, die vom Wind an den zahlreichen Segelbooten an die metallenen Masten geschlagen werden. Lang zieht sich die Promenade vor der Häuserreihe hin, nur wenige Touristen bummeln dort entlang. Die zahlreichen Restaurants, die Moules und Frittes anbieten, bieten genügend Platz für die wenigen Menschen. Ich widme mich einer anderen Spezialität der Bretagne, Crèpes de blé noir, Buchweizencrèpes, dazu steht üblicherweise eine Flasche Cidre auf dem Tisch, das traditionelle Getränk der Bretonen.
Jetzt, um die Mittagszeit zum Tiefpunkt der Ebbe, scheint der Hafen ausgetrocknet. Der Geruch von Tang hängt ebenso in der Luft wie das Geläute der Metallteile an den Seilen, die vom Wind an den zahlreichen Segelbooten an die metallenen Masten geschlagen werden. Lang zieht sich die Promenade vor der Häuserreihe hin, nur wenige Touristen bummeln dort entlang. Die zahlreichen Restaurants, die Moules und Frittes anbieten, bieten genügend Platz für die wenigen Menschen. Ich widme mich einer anderen Spezialität der Bretagne, Crèpes de blé noir, Buchweizencrèpes, dazu steht üblicherweise eine Flasche Cidre auf dem Tisch, das traditionelle Getränk der Bretonen.
Ein früher Sonnenstrahl springt über den Menez-Hom, trifft auf die Fensterscheibe des kleinen Anbaus, hüpft von dort durch die Fensterscheibe meines Schlafzimmers und lächelt mich an. Die himmlische Ruhe und die saubere Meeresluft verführen mich zu langem Schlaf. Leichte Schritte auf der Wendeltreppe signalisieren mir, dass schon andere Frühaufsteher unterwegs sind, um Baguette und Croissants für das gemeinsame Frühstück holen. Etwas hellhörig ist das Haus schon, außen dicke Mauern und innen dünne Trennwände, die auf dem Holzboden tanzen. Öffnet jemand die Eingangstür, dann schallt es durchs Haus, als würde ein großes Scheunentor aufgestoßen und die nächtlichen Schritte der Mitbewohnerinnen in der zweiten Etage rufen Erinnerungen an einen Poltergeist wach. Es ist viertel nach acht. Ich wische mir den letzten Rest der Müdigkeit nach dem langen Doppelkopfabend aus den Augen und springe in den neuen Tag. In den Sonnenschein fallen plötzlich dicke Regentropfen und über den Morgenhimmel spannt sich ein mächtiger Regenbogen. Mittwoch ist Markttag in Crozon.
Das Stadtzentrum liegt auf der Anhöhe über der Bucht. Die Pfarrkirche reckt ihren Kirchturm hoch in den Himmel. Ich kann mir gut vorstellen, wie in früheren Zeiten ihre mächtigen Glocken weit über die Bucht klangen, um die Fischer in der Bucht vor dem herannahenden Sturm zu warnen. Vor ihren grauen Mauern stehen die bunten Marktstände. Ich erkenne an der Schlange der Wartenden sofort, an welchem Stand der beste Käse, die beste Wurst, das leckerste Brathähnchen und das schönste Obst zu finden ist. Natürlich gibt es auch Wildschweinwurst, schließlich sind wir in der Heimat von Obelix. Und am Fischstand gibt es fangfrische Sardinen aus Douarnenez, knackige Schalentiere und Langusten aus Camaret und Austern samt Muscheln. Ich lasse mich an einem sonnigen Tisch einer Bar nieder und esse zum Café au lait bretonischen Apfelkuchen, den es sinnigerweise am Brathähnchenstand gibt. Wie hätte Obelix an dieser Stelle gesagt? „Die spinnen, die...“. Sag ich natürlich nicht, sondern begnüge mich mit der Erkenntnis „Andere Länder, andere Sitten.“ Über den blauen Himmel ziehen Schönwetterwolken und versüßen den Tag.
Eine der markantesten Felsformationen an der Steilküste ist das Chateau Dinan. Eine schmale Naturbrücke, über die ein Weg führt, verbindet das Chateau Dinan mit dem Kap Dinan. Doch statt eines Schlosses findet man sich auf einem Felsgebilde wieder, das von der Seite her tatsächlich den Ruinen eines zerfallenen Schlosses ähnelt. Zur Naturbrücke führt ein steiler Pfad, der ehrlicherweise nicht meine Sache ist, so dass ich mir das Ganze doch lieber von sicherem Boden aus ansehe und Fotos von dem Moment mache, wo die Mitreisenden hoch auf einer Zinne über dem Meer stehen. Ich wünscht, ich wär ein Vögelein, eine Möwe zum Beispiel, und könnte im kühnen Flug das Chateau Dinan umrunden, könnt dem Spiel des Windes folgen und die schroffen Klippen auf und ab segeln, könnte die engen Buchten erkunden und an den Steilwänden Blümchen pflücken. Doch ich bin kein Vögelein und bleibe so mit beiden Füßen auf der Erde.
Der Regen hat die Luft sauber gewaschen und bietet eine klare Sicht nach beiden Seiten auf traumhafte Sandstrände und wenn ich mich umdrehe und mit der Windjacke dem steten Westwind meinen Rücken zeige, streichelt die Sonne wohlig warm mein Gesicht. Einmal um das Kap herum führt der Wanderweg. Doch der Versuch, das Dorf Dinan zu erwandern, endet für mich nach schönstem Weg über den Küstenwanderpfad in einer Sackgasse, oder besser gesagt in einem Bachlauf, der immer enger und steiler schließlich dem Schuh keinen trockenen Platz mehr bietet. Der Küstenwanderpfad freut sich, als er mich wieder sieht und geleitet mich zum Reisebus zurück.
Der Regen hat die Luft sauber gewaschen und bietet eine klare Sicht nach beiden Seiten auf traumhafte Sandstrände und wenn ich mich umdrehe und mit der Windjacke dem steten Westwind meinen Rücken zeige, streichelt die Sonne wohlig warm mein Gesicht. Einmal um das Kap herum führt der Wanderweg. Doch der Versuch, das Dorf Dinan zu erwandern, endet für mich nach schönstem Weg über den Küstenwanderpfad in einer Sackgasse, oder besser gesagt in einem Bachlauf, der immer enger und steiler schließlich dem Schuh keinen trockenen Platz mehr bietet. Der Küstenwanderpfad freut sich, als er mich wieder sieht und geleitet mich zum Reisebus zurück.

weit reicht der Blick vom Menez-Hom in die Landschaft
Der Wetterbericht hat mir für heute Sonne versprochen. Draußen regnet es Schnürfäden. Doch der Regen reinigt die Luft. Das ist gut für Fernsicht und das Gelb der Rapsfelder leuchtet gleich doppelt gelb.
Der Menez-Hom steht heute auf der Wunschliste. Seine kahle Kuppe liegt bei unserem Eintreffen im schönsten Sonnenschein. Ich lasse den Blick schweifen von den Klippen des Cap de Chèvre über die „Erbsenhaufen“ des Pointe de Pen Hir, weiter entlang der weißen Stadtkulisse von Brest bis in die östliche Bretagne hinein. Unter mir liegt Gullivers Welt, die Häuser so klein wie die von Faller auf der Märklin-Eisenbahnanlage und noch kleiner die Kühe, die wie träge Ameisen über die Weide ziehen. Der kahle Kopf des Menez-Hom lässt die Gedanken sich auf den Schwingen der Modellsegelflieger mit in die Lüfte heben, frei wie ein Vogel und doch so klein in dieser weiten Landschaft.
Nördlich von uns zieht eine schwarze Schauerfront durch und legt seine Regenfäden über Brest, das eben noch in der Sonne glänzte. Vor der schwarzen Wand glänzt das weiße Flechtwerk der Hängebrücke von Terenez, ein architektonisches Glanzstück von 272 Meter Länge, das ich in dieser entlegenen Ecke Frankreichs nicht vermutet hätte. Wie ein Riegel schneidet die Aulne tief drunten Finisterre von der übrigen Bretagne ab. Ich kann zusehen, wie der Westwind die Regenfront stetig nach Osten schiebt und den Blick auf Brest wieder frei gibt, derweil mir die Sonne immer noch hold ist. Früher hatten sicher große Wälder den Menez-Hom bedeckt. Merkwürdigerweise stehen auch keine Hinkelsteine auf seiner Kuppe, Obelix war der Aufstieg sicher zu mühsam, ich habe auch den Bus genommen und spende unseren beiden Mitreisenden Beifall, die den Berg gerade mit dem Fahrrad erklimmen, etwas nass zwar, aber stolz und glücklich.
Der Menez-Hom steht heute auf der Wunschliste. Seine kahle Kuppe liegt bei unserem Eintreffen im schönsten Sonnenschein. Ich lasse den Blick schweifen von den Klippen des Cap de Chèvre über die „Erbsenhaufen“ des Pointe de Pen Hir, weiter entlang der weißen Stadtkulisse von Brest bis in die östliche Bretagne hinein. Unter mir liegt Gullivers Welt, die Häuser so klein wie die von Faller auf der Märklin-Eisenbahnanlage und noch kleiner die Kühe, die wie träge Ameisen über die Weide ziehen. Der kahle Kopf des Menez-Hom lässt die Gedanken sich auf den Schwingen der Modellsegelflieger mit in die Lüfte heben, frei wie ein Vogel und doch so klein in dieser weiten Landschaft.
Nördlich von uns zieht eine schwarze Schauerfront durch und legt seine Regenfäden über Brest, das eben noch in der Sonne glänzte. Vor der schwarzen Wand glänzt das weiße Flechtwerk der Hängebrücke von Terenez, ein architektonisches Glanzstück von 272 Meter Länge, das ich in dieser entlegenen Ecke Frankreichs nicht vermutet hätte. Wie ein Riegel schneidet die Aulne tief drunten Finisterre von der übrigen Bretagne ab. Ich kann zusehen, wie der Westwind die Regenfront stetig nach Osten schiebt und den Blick auf Brest wieder frei gibt, derweil mir die Sonne immer noch hold ist. Früher hatten sicher große Wälder den Menez-Hom bedeckt. Merkwürdigerweise stehen auch keine Hinkelsteine auf seiner Kuppe, Obelix war der Aufstieg sicher zu mühsam, ich habe auch den Bus genommen und spende unseren beiden Mitreisenden Beifall, die den Berg gerade mit dem Fahrrad erklimmen, etwas nass zwar, aber stolz und glücklich.
Das raue und windige Klima der Region hat die Menschen über Jahrtausende geprägt und zu einer tiefen Religiösität geführt. Ausdruck dessen sind auch die jahrhundertealten Kirchen, die es in allen Ortschaften gibt. Sainte Marie de Menz-Hom ist eine dieser alten Kultstätten. Ursprünglich betrat man den Kirchenhof durch einen steinernen mit Ornamenten reich verzierten Triumphbogen, um als dann vor dem Kalvarienkreuz zu stehen. Jetzt führt die Überlandstraße direkt an der Kirchenmauer entlang, der Eingang führt nun durch einen kleinen Durchbruch in der Kirchenmauer direkt auf den von weitausschweifenden Ulmen bestandenen Innenhof. Ich habe den Test bestanden. Meine Beine sind lang, denn die brauche ich, um die hohen Stufen des Eingangs zu überwinden. Erstaunlich ihre Höhe angesichts der kurzen Beine, mit denen sich die Bretonen rumplagen müssen. Aber noch kürzer sind die Beine der Korrigans und die sollen ja nicht in den Hof und zu den Gräbern gelangen. Die Korrigans werden selten gesehen, meistens nur bei Nacht, wo sie den Menschen Trugbilder vorgaukeln. Trolle sind es, die die mündlich überlieferten Geschichten der Bretonen zu Hauf füllen, vornehmlich in den Winternächten am Kamin, wenn draussen der Sturm tobt und der Wind in den Schornsteinen heult.
Das Kirchlein wird dominiert von einem hohen, tiefgezogenen Dach mit einem spitzen ebenso reich verzierten Kirchturm. Gelbe Flechten und grüne Moose haben an den Granitquadern Heimat gefunden. Durch die kleinen Fenster fällt wenig Licht ins Innere. Nur rechts und links des breiten Altars, dort wo das Wetter nicht hin kommt, sind größere Fenster, deren Licht den überraschend reich verzierten Altar erleuchten lässt, auf dem sich weit über 400 Heilige versammelt haben.
Das Kirchlein wird dominiert von einem hohen, tiefgezogenen Dach mit einem spitzen ebenso reich verzierten Kirchturm. Gelbe Flechten und grüne Moose haben an den Granitquadern Heimat gefunden. Durch die kleinen Fenster fällt wenig Licht ins Innere. Nur rechts und links des breiten Altars, dort wo das Wetter nicht hin kommt, sind größere Fenster, deren Licht den überraschend reich verzierten Altar erleuchten lässt, auf dem sich weit über 400 Heilige versammelt haben.
Einst galt das Segeltuch von Locronan als das beste zwischen Schottland und Gibraltar. Selbst die undankbaren Spanier statteten damit ihre Armada aus, mit der sie dann Brest überfielen. Doch der Beginn der Dampfschifffahrt markierte gleichzeitig den Niedergang des jahrhundertealten Reichtums der Bürger von Locronan. Gefühlte 777 Einwohner leben heute in diesem kleinen Städtchen auf halbem Weg zwischen Douarnenez und Quimper, das immer noch über seine uralten Stadtrechte verfügt. Der damalige Reichtum fand seinen Ausdruck in stolzen Bürgerhäusern, wie sie sonst in dieser Region sehr selten sind. In den 40er Jahren erkannte der damalige Bürgermeister den Wert der alten granitgrauen Bausubstanz um den kleinen Marktplatz mit seinem altehrwürdigen Ziehbrunnen und ließ gleich den ganzen Ort unter Denkmalschutz stellen. Dient diese Kulisse mal nicht als Szenenbild für einen der zahlreichen historischen Degenfilme, dann fallen Heerscharen von Touristen über den Ort her und spülen Geld in die Kassen der zahlreichen Andenkenläden, Creperien und Kunstgalerien. Ein bisschen wirkt der Ort durch diese Ballung von Läden auf mich wie Disneyland, alles ist auf alt getrimmt und wirkt doch wie neu. Der Charme des Mittelalters, den viele ähnliche Städtchen im Massif Central und der Dordogne verströmen, mag hier nicht so recht aufkommen. Jetzt, Mitte April, ist es noch ruhig, aber im Hochsommer muss man wohl am Eingang eine Nummer ziehen, so wie an der Käsetheke im Supermarkt, und sich dann in der Schlange anstellen. So hat sich der Heilige Ronan sicher nicht den Ort seiner Einsamkeit vorgestellt und sicher auch nicht wie in Roman Polanskis Film „Tess“, der auch hier gedreht wurde.
Ich lasse mich zu Mittag in einer Creperie nieder. Die Variation der Crepes füllt eine komplette Speisekarte. Da sind die salzigen aus Blé noir, dem Buchweizen (er stammt aus der Familie des Knöterich) aus dem Inneren der Bretagne, mit vielfältigen Kombinationen von Käse, sei es Emmentaler oder Ziegenkäse, Schinken, Speckstreifen, Tomaten, Fisch und Meeresfrüchten und natürlich auch vegetarisch, für jeden Geschmack etwas. Dann die süßen aus Weizenmehl mit der ganzen Breite der Konfitüren, die es hier allerorten gibt: Obst aus Wald, Wiese und Garten, und natürlich für die Süßmäuler mit Nutella.
Ich lasse mich zu Mittag in einer Creperie nieder. Die Variation der Crepes füllt eine komplette Speisekarte. Da sind die salzigen aus Blé noir, dem Buchweizen (er stammt aus der Familie des Knöterich) aus dem Inneren der Bretagne, mit vielfältigen Kombinationen von Käse, sei es Emmentaler oder Ziegenkäse, Schinken, Speckstreifen, Tomaten, Fisch und Meeresfrüchten und natürlich auch vegetarisch, für jeden Geschmack etwas. Dann die süßen aus Weizenmehl mit der ganzen Breite der Konfitüren, die es hier allerorten gibt: Obst aus Wald, Wiese und Garten, und natürlich für die Süßmäuler mit Nutella.
Weit hat sich das Meer um die Mittagszeit von der Strandpromenade von Morgat zurückgezogen. Ein breiter Streifen von Kieselstreifen liegt zwischen dem ewigen Sandstrand für die sommerlichen Touristen und dem ebenso sandigen Meeresboden, der nun frei liegt. Kieselsteine in allen Variationen. Kleine und mittelgroße, weiße und graue, solche in roten und in gelben Farbschattierungen, mit und ohne Muser, aber alle abgesprengt vom Steilufer, zerkleinert und rundgeschliffen im ewigen Werk des Meeres. Und überall Muscheln, Muscheln, Muscheln. Ich bin versucht, mir ein paar der schönsten Steine in die Tasche zu stecken und schelte mich selbst als Narr, mich solcherart mit Gewicht zu belasten. Na ja, vielleicht ein paar kleine, nur ein paar kleine .... Von der bunten Reihe der Bars am Strand von Morgat geleitet mich ein steiler Weg hoch zum Leuchtturm. Von dort habe ich heute einen eindrucksvollen Blick über die Bucht von Douarnenez. Rot prangt die Spitze des Leuchtturms in der Sonne, die sich gerade wieder gegen den grauen Himmel durchgesetzt hat. Auf einer Bank unterhalb des Forts, das erstaunlicherweise nicht auf Vauban zurückgeht, lasse ich mich nieder und den lieben Gott einen guten Mann sein. Hier wird der Spruch „Leben wie Gott in Frankreich“ ein Stück zur Realität, das andere Stück haben wir bei unseren gemeinsamen Essen im Herrenhaus praktiziert. Vom Hafen dringt das brummige Knattern eines Außenbordmotors hoch und die Sichel des Strandes füllt sich mit der aufsteigenden Flut. Es ist ein herrlicher Tag, eigentlich viel zu herrlich, um schon für die Abreise zu packen. Und als ich gegen Abend mit den anderen mit nackten Füssen über den Strand laufe, die Wellen meine Zehen umspülen und die Fußsohlen vom Wellenmuster des harten Sandbodens massieren lasse, fühle ich mich irgendwie sehr sehr wohl. |
Der letzte Tag. Der Tau hat sich als Raureif auf den Gräsern des Parkes unseres Herrenhauses niedergeschlagen und die Frühsonne bemüht sich nun eifrig, ihn wegzuwischen.
Als Obelix seinen Hinkelsteinlieferdienst aufnahm, setzte er eine jahrtausendalte Tradition fort, die die Megalither in der Bretagne eingeführt hatten. Die größte Sammlung von mehr als 3000 Menhiren liegt in der Nähe von Carnac an der bretonischen Südküste. Schon die Menschen der Megalith-Kultur wussten das milde Klima dieser Region, begünstigt durch den Golfstrom, zu schätzen. Dennoch glaube ich nicht, dass sie das Meiste ihrer Zeit mit Strandsport und Sonnenbaden zugebracht haben, so wie es seit einhundert Jahren die Pariser Schickeria hier praktiziert. Es könnte natürlich möglich sein, denn man weiß sehr wenig über die Megalith-Kultur, eigentlich noch weniger, denn aus dieser Zeit ca 4600 bis 1500 vor Christus gibt es keine schriftlichen Überlieferungen. Ihre einzige Hinterlassenschaft sind Menhire und Tumulus. Von letzteren weiß man, dass es Grabstätten sind, der Zweck von ersteren liegt jedoch im Dunkel der Geschichte. Das gibt Raum für all die Sagen und Mutmaßungen, die im Laufe der Zeit rund um die Steingiganten in der Bretagne gesponnen wurden. Den Priestern, die den Bretonen das Christentum auf ihre Weise nahe brachten, waren sie ein Dorn im Auge. Gern meiselten sie Kreuze und ähnliche christliche Symbole in die Steine oder stürzten sie um, galten die aufgerichteten Menhire doch als phallische Fruchtbarkeitssymbole. Ob sich die jungen Frauen in ihrem Kinderwunsch noch heute ihren Unterleib an den Menhiren reiben, so wie es in Reiseführern zu lesen steht, kann ich nach Beobachtung unserer Reisegruppe nicht bestätigen. Aber dass die Priester in ihrem Kreuzzug gegen die Menhire wenig erfolgreich waren, kann man an der großen Zahl dieser Steinreisen sehen. Da haben sich eher die Bauern erfolgreicher in Ermangelung geeigneter Steinbrüche bedient. Zum Glück sind die Steinkreise und Steinalleen als älteste Bauwerke der Menschheit, älter als die Pyramiden, immer noch erhalten. Auch mein Versuch scheiterte kläglich.
Als Obelix seinen Hinkelsteinlieferdienst aufnahm, setzte er eine jahrtausendalte Tradition fort, die die Megalither in der Bretagne eingeführt hatten. Die größte Sammlung von mehr als 3000 Menhiren liegt in der Nähe von Carnac an der bretonischen Südküste. Schon die Menschen der Megalith-Kultur wussten das milde Klima dieser Region, begünstigt durch den Golfstrom, zu schätzen. Dennoch glaube ich nicht, dass sie das Meiste ihrer Zeit mit Strandsport und Sonnenbaden zugebracht haben, so wie es seit einhundert Jahren die Pariser Schickeria hier praktiziert. Es könnte natürlich möglich sein, denn man weiß sehr wenig über die Megalith-Kultur, eigentlich noch weniger, denn aus dieser Zeit ca 4600 bis 1500 vor Christus gibt es keine schriftlichen Überlieferungen. Ihre einzige Hinterlassenschaft sind Menhire und Tumulus. Von letzteren weiß man, dass es Grabstätten sind, der Zweck von ersteren liegt jedoch im Dunkel der Geschichte. Das gibt Raum für all die Sagen und Mutmaßungen, die im Laufe der Zeit rund um die Steingiganten in der Bretagne gesponnen wurden. Den Priestern, die den Bretonen das Christentum auf ihre Weise nahe brachten, waren sie ein Dorn im Auge. Gern meiselten sie Kreuze und ähnliche christliche Symbole in die Steine oder stürzten sie um, galten die aufgerichteten Menhire doch als phallische Fruchtbarkeitssymbole. Ob sich die jungen Frauen in ihrem Kinderwunsch noch heute ihren Unterleib an den Menhiren reiben, so wie es in Reiseführern zu lesen steht, kann ich nach Beobachtung unserer Reisegruppe nicht bestätigen. Aber dass die Priester in ihrem Kreuzzug gegen die Menhire wenig erfolgreich waren, kann man an der großen Zahl dieser Steinreisen sehen. Da haben sich eher die Bauern erfolgreicher in Ermangelung geeigneter Steinbrüche bedient. Zum Glück sind die Steinkreise und Steinalleen als älteste Bauwerke der Menschheit, älter als die Pyramiden, immer noch erhalten. Auch mein Versuch scheiterte kläglich.
Fast 60 Jahre Reisen durch den Osten und Süden Frankreichs hat es gedauert, bis ich nun auch im äußersten Westen angekommen bin. Wenige Tage war ich nur hier, in der westlichen Bretagne. Aber es waren Tage, die meine Begeisterung für diesen Fleck Erde am Ende der Welt entfacht haben. Das Meer war ausgesprochen brav gewesen. Wie beeindruckend muss es doch erst sein, wenn der Sturm die Küste peitscht und die Wellen sich über den Klippen in Sprühnebel auflösen. Man sagt, dass das Einzige, was einen Bretonen beeindruckt, sei, wenn sich das Wetter nicht täglich ändert. Letzteres kann ich aus der kurzen Zeit heraus nicht bestätigen, aber ich habe erfahren, dass auf Regen immer schnell Sonnenschein folgt, und das mehrfach täglich.
Nein, eine Odyssee war diese Reise gewiss nicht gewesen. Odysee, das ist der Name des kleinen Busreiseveranstalters aus Köln, der diese schöne Reise organisiert hat. (Eine weitere Reise mit Odysee nach Istrien ist übrigens in unserem "Mittelmeer-Lesebuch" beschrieben.) Chris Striefler sei an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön ausgesprochen.
Finistère, ich werde wiederkommen.
- ENDE - FIN -