Entlang des Canal de Bourgogne
Juli 2017
.
Wir schreiben das Jahr 1162. Weltliche und geistliche Würdenträger stehen feierlich geschmückt beiderseits der Brücke. Da nähert sich ein Reiter im schnellen Galopp, reitet auf die Brücke und übergibt dem dort an einem langen aber leeren Tisch stehenden Ritter eine Dokumententrolle. Dieser liest sie und zieht sich zurück. Aufgeregtheit nun beiderseits der Brücke, dann ziehen die Delegationen mit großem Tross ab. Eigentlich wollten sich der deutsche Kaiser Barbarossa und der französische König Ludwig der VII an dem geschmückten Tisch auf der Mitte der Brücke treffen, um die sogenannte Papstfrage zu lösen. Die Mehrheit der europäischen Herrscher stand hinter dem gewählten Papst Augustus III. Doch in Rom war, unterstützt von Kaiser Barbarossa, Viktor IV zum Gegenpapst ausgerufen worden. Papst Augustus III verweigerte allerdings kurzfristig seine Teilnahme und so mussten nun alle unverrichteter Dinge abziehen. Zurück blieb die Brücke als Ort mit verpatzter Symbolik.
Hier, an der mit bunten Fahnen geschmückten Brücke, die sich über die breite Saone spannt, habe ich schon einige Male gestanden. Mir ist besonders das für das Burgund typisch bunte Dach der fünfhundert Jahre alten Kirche Saint Jean Baptiste jenseits der Brücke in Erinnerung geblieben.
Saint Jean de Losne ist ein kleines Städtchen an der Saone mit gerade mal knapp 1100 Einwohnern. Die Stadtsilhouette am Ufer des Flusses nimmt mich ein. Schon zu Römerzeiten war der Ort als Flussübergang und strategisch wichtige Straßenkreuzung bekannt. Im Mittelalter hatte er eine große Bedeutung für den Salztransport. Kriegerische Auseinandersetzungen um den Brückenkopf gab es in all den zweitausend Jahren immer wieder. Zuletzt sprengten im Zweiten Weltkrieg deutsche Truppen auf ihrem Rückzug die alte Brücke. Heute steht an ihrer Stelle eine neue. Doch trotz seiner strategischen Bedeutung ist St. Jean de Losne nie richtig groß geworden. |
Mit der Industrialisierung ist vor zwei Jahrhunderten zur Straßenkreuzung auch noch eine wichtige Wasserkreuzung entstanden. Von Osten her kommend mündet der Canal Rhine-Rhone in die Saone, von Westen her der Canal de Bourgogne, der über die Flüsse Yonne und Seine nach Paris führt.
Über die Brücke radele ich ins Centre Ville, das Stadtzentrum. Es ist früh am Morgen, die Bars sind noch geschlossen. In einer kleinen Bäckerei hinter der Kirche versorge ich mich mit dem Frühstück und ausreichend Wasservorräten. Vom Verkaufsraum schaue ich direkt in die Backstube, in der die Bäcker noch eifrig zu Gange sind. Der Tetrapack Milch, den mir die Verkäuferin von dort holt, ist so wohlig warm, als komme die Milch direkt von der Kuh. Der Geruch von frisch gebackenem Brot liegt in der Luft und reizt meinen Appetit an. Jetzt, um 7:00 Uhr zeigt das Thermometer schon 22 Grad Celsius an. Ich lasse mich an einen Tisch am Fuß der Kirche nieder und frühstücke: Croissant, Flan und Milch, das genügt mir heute.
Über die Brücke radele ich ins Centre Ville, das Stadtzentrum. Es ist früh am Morgen, die Bars sind noch geschlossen. In einer kleinen Bäckerei hinter der Kirche versorge ich mich mit dem Frühstück und ausreichend Wasservorräten. Vom Verkaufsraum schaue ich direkt in die Backstube, in der die Bäcker noch eifrig zu Gange sind. Der Tetrapack Milch, den mir die Verkäuferin von dort holt, ist so wohlig warm, als komme die Milch direkt von der Kuh. Der Geruch von frisch gebackenem Brot liegt in der Luft und reizt meinen Appetit an. Jetzt, um 7:00 Uhr zeigt das Thermometer schon 22 Grad Celsius an. Ich lasse mich an einen Tisch am Fuß der Kirche nieder und frühstücke: Croissant, Flan und Milch, das genügt mir heute.
Pünktlich mit dem Glockenschlag zu halb acht besteige ich mein Rad und starte zur Reise bis an die 242 km entfernte Einmündung des Kanals in die Yonne. Kurz hinter dem Stadtzentrum liegt die Mündung des Canal de Bourgogne auf 180 Meter NN. Der Startpunkt mag Kennern als ungewöhnlich erscheinen, denn das erste Teilstück führt 35 km schnurgerade aus. Daher beginnen alle Kanaltouren in der Regel erst in Dijon.
Aber ich habe den Ehrgeiz, die gesamte Kanalstrecke von der Saone bis zur Yonne zu radeln, und das mache ich jetzt. |
Gleich hinter der Mündung liegt der Hafen. Es ist der zweitgrößte Binnenhafen Frankreichs. Er präsentiert sich mir als eine ziemlich große Ansammlung von alten Lastkähnen, modernen Freizeitbooten und Schiffen, denen gerade neues Leben eingehaucht wird. Etliche Werften und Bootsausstatter haben sich am Hafen angesiedelt, die Arbeiter sind schon fleißig am Werk. Von der Brücke am Ende des Hafens werfe ich nochmals einen Blick zurück und dann nach vorne.
Ich kann vor mir viele Kilometer weit den von einem Lineal gezogenen Verlauf des Kanals in der weiten Ebene sehen. Schlagartig wird mir der mathematische Lehrsatz verständlich, dass sich die Parallelen im Unendlichen treffen, ich kann den Beweis im wahrsten Sinne des Wortes sehen. Na, dann mal los.
Hausboote liegen fest vertäut am Ufer. Sie spiegeln sich im klaren Wasser. Mein Augenmerk richtet sich aber zunehmend mehr auf den Weg. Der Treidelpfad ist meist ein Feldweg, kein ausgebauter Radweg. Pfützen, die das letzte Gewitter hinterlassen hat, zwingen mich immer wieder zum Abbremsen. Irgendwo zwischen drin muss ich einen schweren heruntergebrochenen Ast beiseite räumen, bevor ich weiter radeln kann. Ich verstehe, warum dieser Kanalabschnitt aus den Radreiseführern ausgeblendet ist.
|
Und dennoch: „Vous êtes en France“ scheint mir einsamem Radwanderer der Wasserturm zu zu rufen, der vor mir aus den Weizenfeldern heraus zu wachsen scheint.
„Bonjour“ rufe ich einem einsamen Angler zu, der zu so früher Stunde schon seine Rute ausgeworfen hat. „Bonjour“ ruft er zurück. Ich wünsche ihm Anglerglück, Fische gibt es im Kanal ja genug. Er ist einer der wenigen Menschen, denen ich begegne. Martin-pecheurs, Frühmorgenangler, so heißen hier die Angler, die morgens schon so früh am Wasser sitzen. Radtouristen wie ich, die sonst um diese Uhrzeit schon unterwegs sind, habe ich bis jetzt noch keine getroffen. |
Während ich so Kilometer um Kilometer hinter mich lege, wandern meine Gedanken zurück nach St. Jean de Losne. Auf einer Informationstafel wird dort das 19. Jahrhundert als das goldene Zeitalter der Flussschifffahrt auf der Saone gepriesen. Von St. Jean de Losne aus wurden die Waren, die aus dem Mittelmeerraum kamen, über vier weitere Wasserstraßen nach Paris, Belgien, Niederland und Deutschland weiter transportiert. In St. Jean de Losne entstanden Schiffswerften zur Wartung der Boote. Vier von ihnen sind bis heute übrig geblieben. Hier, über den Canal de Bourgogne, wurden damals jährlich bis zu 3000 Schiffe gezählt. Welch ein Warenverkehr für die damalige Zeit. Dann huscht ein Lächeln über mein Gesicht: “Flussschifffahrt”. Ich lasse das Wort auf meinen Lippen zergehen, drei "s" am Stück und dann noch drei "f" hinter her.
An mehreren Schleusen hintereinander sind Schleusenwärterinnen gut beschäftigt. Der ursprünglich reine Männerberuf ist schon lange keine reine Domaine starker Kerle mehr. „Oui“, beantwortet eine von ihnen meine Frage, die Arbeit ist körperlich anstrengend, besonders an solchen heißen Tagen wie zurzeit. Dann eilt sie auf die andere Seite, um das zweite Schleusentor zu öffnen. Sie muss sich schwer ins Zeug legen, um mit dem langen Hebel das Tor zu bewegen. Ihr blaues T-Shirt ist schon verschwitzt, obwohl es noch keine 10 Uhr ist. Am Rande der Schleuse steht ihre Vespa bereit, um sie anschließend sofort zur nächsten Schleuse zu bringen.
Vorbei sind die Zeiten, als an jeder Schleuse ein Schleusenwärter wohnte. Das ehemalige Wohnhaus an dem noch das gusseiserne Schild mit der Nummer und den Kilometerangaben zur nächsten größeren Stadt hängt, ist verlassen. Entlang des Kanals reiht sich jetzt ein Gewerbebetrieb an den anderen. Nun beginnt auch der Verkehr auf dem Kanal. Keines der Schleusenwärterhäuschen ist bewohnt. Wer will auch schon mitten in diesem Gewerbegebiet wohnen. |
Eole, die Windgöttin, winkt mir von jenseits des Kanals zu. Groß prangern die Lettern mit ihrem Namen auf einer Industriehalle. Ein überdimensionaler Containerkran hat gerade eine Röhre abggelegt die einen Durchmesser von gut vier Metern hat. Es ist ein Bauteil für eine Windkraftanlage, die inzwischen auch im Land des Atomstroms Einzug gehalten hat. Viele dieser Röhren liegen auf dem weiten Gelände. Ob diese Röhren wohl mit Schiffen bis hierher transportiert werden? Ich erkenne es nicht.
Dijon, Sitz der Herzogen des Burgund und Stadt des Senfs. Am Ufer des Kanals bekomme ich davon nichts mit. Nach der Industrie kommen die Wohnsilos. Entlang des Kanals finden sich zumindest auf dieser Seite nicht gerade die besten Wohnviertel. Ein Clochard hat es sich auf einer Bank gemütlich gemacht. Hier, nahe des Freizeithafens, fällt ab und zu eine Zigarette und ein Kaffee für ihn ab. Vergebens halte ich Ausschau nach einem Bistro. Daran ändert auch mein kleiner Abstecher in eines der neuen Wohnviertel nichts.
Zwei Stunden habe ich für dieses erste Teilstück bis Dijon gebraucht, zwei Stunden ohne sonderlich große Abwechselung. Mal stand ein Zementwerk am Ufer, mal ein Getreidesilo. Immer wieder querten Straßen den Kanal, verbinden die Ortschaften, die abseits des Kanals liegen. Da fiel es mir nicht schwer, auf den schlechten Zustand des Treidelpfades zu achten.
Dijon, Sitz der Herzogen des Burgund und Stadt des Senfs. Am Ufer des Kanals bekomme ich davon nichts mit. Nach der Industrie kommen die Wohnsilos. Entlang des Kanals finden sich zumindest auf dieser Seite nicht gerade die besten Wohnviertel. Ein Clochard hat es sich auf einer Bank gemütlich gemacht. Hier, nahe des Freizeithafens, fällt ab und zu eine Zigarette und ein Kaffee für ihn ab. Vergebens halte ich Ausschau nach einem Bistro. Daran ändert auch mein kleiner Abstecher in eines der neuen Wohnviertel nichts.
Zwei Stunden habe ich für dieses erste Teilstück bis Dijon gebraucht, zwei Stunden ohne sonderlich große Abwechselung. Mal stand ein Zementwerk am Ufer, mal ein Getreidesilo. Immer wieder querten Straßen den Kanal, verbinden die Ortschaften, die abseits des Kanals liegen. Da fiel es mir nicht schwer, auf den schlechten Zustand des Treidelpfades zu achten.
Am Ortsende von Dijon rücken die Berghänge immer näher. Vor Urzeiten hat sich hier der kleine Fluss Ouche einen Durchbruch auf dem Weg zur Saone geschaffen. Neben dem Kanal ist ein künstlicher See geschaffen worden, um den Wasserstand des Kanals auszugleichen. Ich muss innerlich grinsen. Im Land des Burgunderweins trägt er den Namen Kir. Nun noch etwas Sekt hinein gießen und es gibt den Kir Royal.
Direkt neben dem See ist ein Radschnellweg angelegt, für Fußgänger verboten. Das ist auch gut so, denn alle Radsportler von Dijon sind heute Morgen auf ihrer Trainingsstrecke unterwegs. Da muss ich wohl achtgeben. |
Mississippi auf dem Canal de Bourgogne: Ein merkwürdiges Gefährt fährt vor mir auf dem Kanal. Es sieht aus wie eine Mischung aus Raddampfer und Mähdrescher und ist auch so etwas Ähnliches. Mit der Maschine werden Algen und andere Teichpflanzen aus dem Kanalbett entfernt, um die Wasserstraße freizuhalten. Kreuz und quer steuert der Arbeiter sein Gerät hundert Meter Kanal aufwärts und dann wieder Kanalabwärts. Was er unten am Kanalboden abschneidet bringt ein Förderband in den Behälter hinter ihm. Das Schaufelrad wirbelt das Wasser in weißen Fontänen hoch.
|
„La Plaisancia“, nach 40 Kilometern das erste Bistro in Kanalnähe. Ein Kaffee, ein Croissant, zweites Frühstück, dann lasse ich die große Stadt hinter mir und tauche ein ins ländliche Frankreich. Inzwischen sind auch die Radtouristen, die in Dijon gestartet sind, unterwegs. Mit zwei Walisern komme ich im Bistro ins Gespräch. Aber das Gespräch scheitert an einem mir unverständlichen Dialekt, so dass ich mich freundlich aus dem Gespräch zurück ziehe Mit ihrer hühnenhaften Gestalt und den wallenden roten Bärten wirken sie auf mich wie verirrte WIkinger.
Am Ende des Lac Kir treffen sich die Ouche und der Kanal. Von nun an schmiegt sich der Kanal eng ans Flussbett und folgt der Ouche auf viele Kilometer. Dennoch nimmt mich gleich die Ruhe ein. Große Bäume und Buschwerk säumen den Kanal und schlucken den Verkehrslärm.
Am Ende des Lac Kir treffen sich die Ouche und der Kanal. Von nun an schmiegt sich der Kanal eng ans Flussbett und folgt der Ouche auf viele Kilometer. Dennoch nimmt mich gleich die Ruhe ein. Große Bäume und Buschwerk säumen den Kanal und schlucken den Verkehrslärm.
Ein großes Eisenbahnviadukt überspannt bei Velars sur Ouche ein Seitental. Es ist die neue Eisenbahnstrecke. Die alte direkt neben dem Kanal, ist schon lange still gelegt. Das mächtige Viadukt zwischen den steinernen Felswänden lässt die Welt im Tal klein erscheinen. Ein waches Auge am Ortsschild holt mich gleich in die Wirklichkeit zurück: “Hier wacht der Nachbar.”
In Pont-de-Pany, einem kleinen Städtchen am Kanal, lege ich wieder Rast ein. Die Sonne steht schon hoch und ich habe Durst. Hier im Ort endeten wohl die Subventionen der EU für den komfortablen Ausbau des Radweges. Der glatte Teerbelag, auf dem ich so gut rollen konnte, geht hinter der Schleuse in den für französische Nebenstraßen so typischen Mischbelag aus Teer und Feinsplitt über. Aber das ist immer noch besser als auf den Feldwegen im ersten Kanalabschnitt. Endlich wendet sich auch die Schnellstraße vom Kanal ab und nimmt den kurzen Weg über die Berge. |
Wieder kommt ein für das Burgund typisches Ziegeldach mit buntem Schmuck in Sicht, gut versteckt hinter einer Baumgruppe. Daneben wird gerade ein altes Burggemäuer restauriert. Ich erinnere mich, dass der Reiseführer davon gesprochen hat, dass hier im Tal der Ouche die reichen Familien aus Dijon seit alters her ihre Sommerresidenzen haben. Es ist auch eine sehr schöne Gegend. Das Tal windet sich zwischen grünen Berghängen, schluckt alle Geräusche und strahlt eine friedvolle Atmosphäre aus. Unwillkürlich schalte ich einen Gang runter. In dem schmalen Tal übt der Kanal eine Sogwirkung auf mich aus, der mich immer weiter zieht.
|
Schon von weitem schaut mich der Junge mit seinen dunklen Augen an. Sein Gesicht mit einer Art Batman-Brille ist auf eine Hauswand gemalt, mit dem Hintergrund der alten Häuser an der Schleuse von Ste Marie s.O. ein wahres pittoreskes Gesamtwerk.
Es ist Mittagszeit. In einer Schleusenkammer liegen zwei Hausboote auf halbem Wasserstand. Weit und breit ist kein Schleusenwärter zu sehen. Im Land der Gourmets ist diese Zeit dem Mittagsmahl gewidmet, auch für Schleusenwärter. Auch an der nächsten Schleuse ist kein Schleusenwärter zu sehen. Dafür ein Schild wie an einer Straße: “Vers le Rhin” - zum Rhein. Mein Tacho springt gerade auf 6000 Kilometer Gesamtfahrleistung mit diesem Rad, 400 Kilometer davon auf der Strecke von hier zum Rhein.
|
Ab und zu mäandert die Ouche weg vom Kanal, gerade eben wendet sie sich ihm wieder zu und bildet ein breites, flaches Becken. Eine mittelalterliche Brücke spannt sich über den Fluss, Kinder plantschen im Wasser. Gissey sur Ouche heißt der kleine Flecken, ein Dorf wie aus dem Kinderbuch. Die Kirche dominiert die Hauptstraße, statt eines Kreuzes ziert eine mächtige Madonnenstatue den Glockentum, und wie vom Tourismusminister persönlich bestellt watschelt eine Gänseschar über die Straße hinunter zur Ouche. Unten am Fluss ist ein schöner Picknickplatz angelegt. Ich lasse mich hier für mein kleines Mittagsmahl nieder, ein Stück Weißbrot, dazu Cornedbeaf aus der Dose, ein Stück Salatgurke und etwas Käse. Abgerundet wird das Mahl mit frischem Tafelwasser, das sich in der Gepäcktasche kühl gehalten hat. „Leben wie Gott in Frankreich“ mögen andere möglicherweise anders sehen, für mich ist es in dieser paradiesischen Atmosphäre mal wieder Wirklichkeit geworden.
Kurz nach Gissey halte ich nochmals kurz. Ein Ast ist abgebrochen und auf den Radweg gefallen. Jemand hat ihn schon zur Seite geräumt. Eine hellgrüne Mistel hat den Ast geschwächt, ihm seine Lebenssäfte ausgesaugt. Den Rest hat der Wind besorgt. Misteln begleiten mich schon seit langem entlang des Kanals. Auf großen Bäumen haben sich Dutzende angesiedelt. Bisweilen ragen solche Bäume nur noch kahl in den Himmel, enizig das Grün der Misteln scheint sie noch am Leben zu erhalten.
Ich breche mir einen Zweig der Mistel ab. Das soll Glück bringen. |
An der Schleuse vor mir ist ein großes Zelt aufgebaut. Ein Schild lädt zum Verweilen ein. Es ist die Schleuse Nr. 28/S, die "Écluse de la Charme" bei St. Victor sur Ouche. Bestimmt ein Dutzend Fahrräder stehen schon dort. Ich stelle meins dazu. Es ist warm, da kommt mir der erfrischende Diabolo Menthe, ein Minzesirup mit Limonade aufgefüllt, gerade recht. Innen im Hauptgebäude ist eine Ausstellung zum Kanalbau zu sehen. Die Schleuse wird von einem Freundeskreis getragen, der seit 20 Jahren hier neben der Gastronomie Kunst und Kultur anbietet. Am kommenden Samstagabend werden zwei spanisch-französische Musiker und eine Lyrikerin Texte und Chansons zum Abendessen vortragen. Ich reserviere spontan einen Tisch für Renate und mich.
Um es gleich vorweg zu nehmen: Es wurde ein genussvoller und unterhaltsamer Abend. Wir waren frühzeitig da und bekamen unsere Plätze zugewiesen, ein Tisch für vier, der aus der hintersten Ecke gleich nach vorne gerückt wurde, so dass wir die kleine Bühne voll im Blick und den Rücken windgeschützt hatten. Ein französisches Pärchen in unserem Alter gesellte sich zu uns. Gleich zu Beginn wurden die Damen des Landfrauenvereins, die das Menü für die 120 Gäste vorbereitet hatten, öffentlich gelobt. Mit Balladen von Nasreddin Hodscha begann das Programm, dann kam die Vorspeise. Und so wechselten sich den ganzen Abend über Menügang und künstlerische Darbietung ab. Es zeigte sich schnell, dass zu diesem Abend fast nur Gäste aus dem Dorf und der Umgebung zusammen gekommen sind zu einem ausgelassenen und vergnüglichen Abend, der uns in Erinnerung bleiben wird. So schnell hat der Mistelzweig mir Glück gebracht.
|
Graureiher sind sehr scheue Wasservögel, die mir gerne ihr Rückenteil zeigen. Näher als 20 Meter lassen sie mich nie heran, dann fliegen sie davon. Doch dieser hier überrascht mich. Er steht auf dem schmalen Streifen zwischen Radweg und Kanal. Ich sehe ihn erst im letzte Moment, hätte seinen langen Hals mit meiner Hand greifen können. Doch da war ich auch schon vorbei. Ob er wohl echt war? Vielleicht war es ja auch wie bei Ringelnatz: Ich gab ihm einen Stips, es war aus Gips.
Mir stehen die Haare zu Berge. Aber das liegt nicht am Fahrtwind. La Bussiere s.O. ist einer der kleinen Weiler im Tal der Ouche. Obwohl so abgelegen, beweist er doch, wie Anglizismen inzwischen die französische Sprache durchdringen. Eine Epicerie ist der französische Tante-Emma-Laden. Hier wurde er umbenannt in Shopicerie. Au, das tut weh.
Mir stehen die Haare zu Berge. Aber das liegt nicht am Fahrtwind. La Bussiere s.O. ist einer der kleinen Weiler im Tal der Ouche. Obwohl so abgelegen, beweist er doch, wie Anglizismen inzwischen die französische Sprache durchdringen. Eine Epicerie ist der französische Tante-Emma-Laden. Hier wurde er umbenannt in Shopicerie. Au, das tut weh.
Heute sind viele der alten, zu Freizeitboten umgebauten Lastkäne unterwegs. Peniche werden sie genannt. Ihre Abmessungen sind auf die Größe der Schleusenkammern abgestimmt. Millimeterarbeit muss der Steuermann einer solchen Peniche leisten, um in die Schleuse Nr. 22 rein zu kommen. Er touchiert die Schleusenwand leicht mit einem metallenen Geräusch, dann hat er es geschafft. Der Schleusenwärter schließt das Schleusentor mit der ganzen Kraft seines Körpers.
Nomen est Omen. Zuerst fällt mir das alte Gehöft auf, malerisch am Hang gelegen, dann die zunehmende Ansammlung von Booten und schließlich die Autobahnbrücke, die hoch oben das Seitental überspannt. Ich habe Le Pont d‘Ouche erreicht. Während die Ouche aus einem Seitental des Morvan kommt, knickt der Kanal im rechten Bogen nach Norden ab. Die Ouche ist hier noch sehr jung und schmal. Der Kanal überquert sie in einer gemauerten Wanne, einer Kanalbrücke. Brücken spielten an dieser Stelle schon seit Jahrtausenden eine tragende Rolle und gaben dem Ort seinen Namen. Die Autobahnbrücke hat dies wieder bestätigt.
|
Hinter Le Pont d‘Ouche windet sich der Kanal durch ein enges Tal. Er folgt nun einem kleinen Bachlauf, der aus den Bergen kommt. Felswände ziehen sich rechts und links hinauf. Grasgrün ist das Wasser und so glatt wie ein frisch gebügeltes Tischtuch. Ab und zu springt ein Fisch nach einem Insekt und hinterlässt einen Kringel auf der Tischdecke. Eine Eidechse huscht vor mir über den Weg und versteckt sich im Gras.
Eine kleine Idylle finde ich an der Schleuse Nr. 19. Gänse und Enten schnattern um die Wette und die Hühner gackern dazu. Die neuen Besitzer der Schleuse haben Gatter gebaut, die bis ins Wasser reichen. Und entlang des Radweges hängt die Wäscheleine. Heute ist kein Waschtag, da dürfen sich die Wäscheklammern entspannen. |
.Nach gut drei Kilometern öffnet sich das Tal und entlässt mich in eine breite Hochebene. Crugey heißt der nächste kleine Ort. Der Glockenturm der Wehrkirche wacht über die Ruhe vieler Generationen von Verstorbenen, die auf dem alten Friedhof zu seinen Füßen bestattet sind.
Ich umrunde noch einen bewaldeten Hügel, dann stehe ich vor einem malerischen Panorama. Die schöne Szenerie unter blauem Himmel mit weißen Wolkenpaketen wird dominiert von einem herausragenden Gebäude. Rechter Hand thront, hoch auf einem Bergvorsprung gelegen, eine mächtige Trutzburg - Chateauneuf. |
Durch das Gehölz entlang des Kanals erhasche ich immer wieder einen Blick auf die Burg, dann zieht die nächste Schleuse meine Aufmerksamkeit auf sich. Es ist die "Schleuse zur Mine“. Das Morvan-Gebirge ist reich an Erz. Irgendwo in der Nähe gibt es sicher eine alte Mine. Das alte Häuschen des Schleusenwärters wirkt nicht bewohnt, aber der Parabolspiegel auf dem Dach spricht eine andere Sprache. Die meisten dieser Häuschen an den Schleusen sind inzwischen von Privatleuten aufgekauft und renoviert. Aber es gibt immer noch einige, die auf neue, handwerklich begabte Besitzer, warten. Mir geht durch den Kopf, dass sie sicher billig zu haben sind. Und sie liegen ja idyllisch am Kanal. Aber ohne das nötige Kleingeld oder gutes handwerkliches Geschick werden sie nicht bewohnbar.
|
Vor mir weitet sich der Kanal zu einem großen Becken, um dann wieder von den Pfeilern einer alten Brücke eingeengt zu werden. Ich habe Vandenesse erreicht. Der Kanal hat nun schon einen großen Anstieg bewältigt. Entsprechend schön ist der Blick von der Brücke zurück über die alten Gebäude am Hafen hinweg auf die vielen Bergkuppen im Süden. Das markanten Mauerwerk von Chateauneuf wirkt auch von Weitem sehr wehrhaft.
Geranien zieren das Brückengeländer rechts und links der Straße, die zum Lac de Panthier führt. Mit jeder Bootsschleusung verliert der Kanal Wasser. Da er nicht von einem Fluss gespeist wird, muss das Wasser von woanders herkommen. Dieser Stausee gehört zu einer Gruppe von sechs Seen, die hier oben zum Ausgleich des Wasserstandes des Kanals angelegt worden sind.
Dort am Campingplatz des Lac de Panthier haben wir vor einer Woche Renates Wohnwagen abgestellt. Während ich meine Radtouren Kanal aufwärts und Kanal abwärts mache, geniesst Renate die Ruhe am See. Von hier aus unternehmen wir auch gemeinsame Abstecher und Stippvisiten zu einigen der besonders schönen Plätzen in diesem Teil des Burgund.
Geranien zieren das Brückengeländer rechts und links der Straße, die zum Lac de Panthier führt. Mit jeder Bootsschleusung verliert der Kanal Wasser. Da er nicht von einem Fluss gespeist wird, muss das Wasser von woanders herkommen. Dieser Stausee gehört zu einer Gruppe von sechs Seen, die hier oben zum Ausgleich des Wasserstandes des Kanals angelegt worden sind.
Dort am Campingplatz des Lac de Panthier haben wir vor einer Woche Renates Wohnwagen abgestellt. Während ich meine Radtouren Kanal aufwärts und Kanal abwärts mache, geniesst Renate die Ruhe am See. Von hier aus unternehmen wir auch gemeinsame Abstecher und Stippvisiten zu einigen der besonders schönen Plätzen in diesem Teil des Burgund.
Jahrhunderte beherrschten die Grafen von Chateauneuf diesen Teil des Burgunds. Steil führt die Straße nach oben. Trotz elektrischer Unterstützung müssen wir ganz schön schnaufen, um hoch zu kommen. Der Felssporn, auf dem die Festung sitzt, ist durch einen tiefen Graben vom Bergrücken getrennt. Das machte die Burg uneinnehmbar. Vor der Zugbrücke steht ein komfortabler Fahrradständer. Die meisten Plätze sind schon belegt, wir sind nicht die einzigen, die mit dem Fahrrad hier hoch kommen. „Welche Nationalität haben Sie?“ werden wir höflich an der Kasse gefragt. Dann bekommen wir ein Informationsblatt zur Burgbesichtigung in die Hand gedrückt, auf Deutsch natürlich, mit den Worten „Wir schließen in einer halben Stunde.“ Auch im Innenhof macht die Burg einen wehrhaften Eindruck. 1175 übernahm Jean der Erste von Chateauneuf die Burg. Sie blieb bis 1456 im Familienbesitz. In diesem Jahr beschloss Catherine de Chateauneuf, sich auf unschöne Weise von ihrem Gatten zu trennen. Der perfide Giftmord blieb nicht verborgen; sie wurde zur Strafe in Paris bei lebendigem Leib auf dem Schweinemarkt verbrannt. Die Burg wurde anschließend an Philippe Pot, der spätere Großseneschall von Burgund übergeben. Ein Schaudern überläuft mich, als ich die Kapelle betrete. Die Gestalt von Philippe Pot liegt vor mir, seine Füße auf dem Rücken seines getreuen Hundes abgelegt. Um ihn herum stehen acht Mönche in dunklen Kutten, die Kapuzen weit über das Gesicht gezogen. Eine schaurige Szene, die den burgundischen Bestattungsprozessionen der damaligen Zeit nach empfunden ist. Später erfahre ich, dass dies nur eine Kopie des Originalgrabmals ist, das im Louvre in Paris steht.
In den folgenden Jahrhunderten wechselten häufig die Besitzer. Ich verstehe gut, dass diese Burg sehr begehrt war. Weit reicht der Blick von Südwesten bis Osten über das Vorland des Morvan bis zu den Höhen von Chatau Chinon. Potentielle Angreifer waren von weitem zu erkennen und die Ländereien, die zum Besitz gehörten, waren Garant für hohe Steuereinnahmen. Mit dem Ende des Feudalismus verfiel die Burg in die Bedeutungslosigkeit.
“Stell dich doch mal ans Fenster”, fordert Renate mich auf, und macht ein Foto. Derweil ich wie weiland Jean der Erste am Fenster stehe und mir die weite Parklandschaft zu Füßen der Burg anschaue, gehen mir so manche Gedanken zum Verhältnis zwischen den Grafen und ihren Leibeigenen durch den Kopf. Viele Jahre dauerte der Bau der Festung und immer wieder wurde sie erweitert. Wenn der Lehnsherr rief, mussten die Leibeigenen kommen, egal, ob Erntezeit war oder nicht. Und trotzdem mussten sie im Herbst den Zehnten abliefern und dazu immer wieder Sondersteuern zahlen, wenn dem König in Paris das Geld ausging. Die vielen mittelalterlichen Märkte, die heute landauf landab Besucher anziehen, zeigen ein romantisch verklärtes Treiben, das fernab des wirklichen Lebens zu dieser Zeit liegt.
Meine Gedanken kehren wieder in die Istzeit zurück. Tief unten im Tal zieht sich der Kanal de Bourgogne lang, dahinter die Autobahn. Ein Kontrast zwischen Langsamkeit und Schnelligkeit, wie er extremer nicht sein könnte. Gleichzeitig auch beredtes Zeichen für den Fortschritt der vergangenen zweihundert Jahre.
Als wir die Festung verlassen, ist das große Tor schon geschlossen. Es ist die Zeit der Mittagspause. Ich scherze, als ich zum Abschied zur Dame vom Empfang anmerke, dass wir die Burg durch den Dienstboteneingang verlasse. Sie lacht.
In den folgenden Jahrhunderten wechselten häufig die Besitzer. Ich verstehe gut, dass diese Burg sehr begehrt war. Weit reicht der Blick von Südwesten bis Osten über das Vorland des Morvan bis zu den Höhen von Chatau Chinon. Potentielle Angreifer waren von weitem zu erkennen und die Ländereien, die zum Besitz gehörten, waren Garant für hohe Steuereinnahmen. Mit dem Ende des Feudalismus verfiel die Burg in die Bedeutungslosigkeit.
“Stell dich doch mal ans Fenster”, fordert Renate mich auf, und macht ein Foto. Derweil ich wie weiland Jean der Erste am Fenster stehe und mir die weite Parklandschaft zu Füßen der Burg anschaue, gehen mir so manche Gedanken zum Verhältnis zwischen den Grafen und ihren Leibeigenen durch den Kopf. Viele Jahre dauerte der Bau der Festung und immer wieder wurde sie erweitert. Wenn der Lehnsherr rief, mussten die Leibeigenen kommen, egal, ob Erntezeit war oder nicht. Und trotzdem mussten sie im Herbst den Zehnten abliefern und dazu immer wieder Sondersteuern zahlen, wenn dem König in Paris das Geld ausging. Die vielen mittelalterlichen Märkte, die heute landauf landab Besucher anziehen, zeigen ein romantisch verklärtes Treiben, das fernab des wirklichen Lebens zu dieser Zeit liegt.
Meine Gedanken kehren wieder in die Istzeit zurück. Tief unten im Tal zieht sich der Kanal de Bourgogne lang, dahinter die Autobahn. Ein Kontrast zwischen Langsamkeit und Schnelligkeit, wie er extremer nicht sein könnte. Gleichzeitig auch beredtes Zeichen für den Fortschritt der vergangenen zweihundert Jahre.
Als wir die Festung verlassen, ist das große Tor schon geschlossen. Es ist die Zeit der Mittagspause. Ich scherze, als ich zum Abschied zur Dame vom Empfang anmerke, dass wir die Burg durch den Dienstboteneingang verlasse. Sie lacht.
Hinter dem Festungsgraben liegt das gleichnamige Dorf, eine Handvoll Häuser, die schon viele Jahrhunderte auf dem Buckel haben. Einige sind stilvoll renoviert, andere warten noch auf eine neue Zukunft. Chateauneuf gehört zu dem Kreis der Gemeinden, die sich „die schönsten Dörfer Frankreichs“ nennen. Es sind kleine Dörfer, die schon Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte verlassen waren. So blieb der mittelalterliche Baustil erhalten, bis im 20. Jahrhundert Künstler diese Dörfer entdeckten, sich für wenig Geld einkauften und hier ihre Ateliers einrichteten. Auch in Chateauneuf reiht sich nun Atelier an Studio, daneben Töpferei und Holzschnitzerei. Mit dem aufkommenden Tourismus schlossen diese Dörfer sich zur Gemeinschaft „Les plus beaux villages de France“ zusammen, Gastronomie siedelte sich an und die Besitzer der Schlösser und Burgen öffneten ihre Pforten für die Touristen. Ich habe in den vergangenen 40 Jahren viele dieser Dörfer kennen gelernt und muss sagen, dass sich ein Besuch immer lohnt. Es ist wie ein Blick zurück in die Vergangenheit, die uns und mich geprägt hat. Dank einer vorbildlichen Gesetzgebung für die Denkmalpflege, die schon fast 100 Jahre alt ist, ist der Charme der frühen Jahre in diesen Dörfern erhalten geblieben.
Zurück zum See geht es dann deutlch schneller; bergab ist wie Rückenwind. Den Abend beenden wir am See im fahlen Licht des Mondes, der sich immer wieder ein Versteck hinter den Wolken sucht.
Nach Osten hin, ein paar Kilometer hinter dem See, liegt das Schloss Commarin. Auch ihm statten wir einen Besuch ab. Graf Bertrand de Vogüé empfängt uns persönlich. Nicht dass er uns erwartet hätte. Aber er steht an der Kasse des Eintrittshäuschens. Seine Familie ist im Besitz des Schlosses von Commarin in der sechsundzwanzigsten Generation. Er gibt sich nicht zu erkennen, aber die Gespräche mit den Besuchern seines Schlosses bereiten ihm sichtlich Freude. Das große schmiedeeiserne Tor an der Landstraße ist zwar verschlossen, aber trotz der späten Stunde finden wir noch Einlass über die Rezeption. Wir fragen, wie lange das Schloss heute noch geöffnet sei und ob wir noch hinein dürfen. "Selbstverständlich" war die Antwort von Herrn Bertrand de Vogüé, es sei solange offen, wie wir uns Zeit lassen wollen. Eine ungewöhnliche aber zuvorkommende Antwort.
Mit der letzten Führungsgruppe dürfen wir dann auch die fürstlich eingerichteten Räume des alten Schlosstraktes besichtigen. Besonders eindrucksvoll ist für mich die Bibliothek mit wertvollen Folianten. Die Führerin fragt mich gleich, aus welchem Land wir kommen und sagt: "Na, dann kann ich Ihnen auch die Erklärungen auf Deutsch geben." 1214 wurde das Wasserschloss zum ersten Mal erwähnt und ist erstaunlich gut erhalten. Dies liegt, wie wir erfahren, daran, dass das Schloss und die Grafenfamilie in der französischen Revolution ungeschoren blieben. Ihre Bauern, denen gegenüber sich die Grafen wohl immer fair verhalten hatten, holten sie dreimal aus der Gefangenschaft der Revolutionäre. Auch heute noch ist die Familie sehr volksnah, wie wir im Anschluss an die Besichtigung erleben. "Garçons, garçons, venez, venez!" ruft der Graf, nachdem er uns bei einem Smalltalk Wein und Erfrischung serviert hat. Es dauert ein paar Minuten, dann kommen zwei Hängebauchschweine im Galopp über die Wiese gerannt, um sich ihre Leckerlis abzuholen. Danach trotten sie zwischen den Skulpturen von Jean-Marc de Pas zurück in den Schutz der Bäume hinter dem historischen Gebäude. Und wieder ein netter Abschluss eines schönen Tages.
Mit der letzten Führungsgruppe dürfen wir dann auch die fürstlich eingerichteten Räume des alten Schlosstraktes besichtigen. Besonders eindrucksvoll ist für mich die Bibliothek mit wertvollen Folianten. Die Führerin fragt mich gleich, aus welchem Land wir kommen und sagt: "Na, dann kann ich Ihnen auch die Erklärungen auf Deutsch geben." 1214 wurde das Wasserschloss zum ersten Mal erwähnt und ist erstaunlich gut erhalten. Dies liegt, wie wir erfahren, daran, dass das Schloss und die Grafenfamilie in der französischen Revolution ungeschoren blieben. Ihre Bauern, denen gegenüber sich die Grafen wohl immer fair verhalten hatten, holten sie dreimal aus der Gefangenschaft der Revolutionäre. Auch heute noch ist die Familie sehr volksnah, wie wir im Anschluss an die Besichtigung erleben. "Garçons, garçons, venez, venez!" ruft der Graf, nachdem er uns bei einem Smalltalk Wein und Erfrischung serviert hat. Es dauert ein paar Minuten, dann kommen zwei Hängebauchschweine im Galopp über die Wiese gerannt, um sich ihre Leckerlis abzuholen. Danach trotten sie zwischen den Skulpturen von Jean-Marc de Pas zurück in den Schutz der Bäume hinter dem historischen Gebäude. Und wieder ein netter Abschluss eines schönen Tages.
Ein Gewitter hat in der Nacht die Luft gereinigt. Nebel liegt über dem See, ein kleines Fischerboot schält sich aus ihm heraus. Es erinnert mich ein wenig an eine Schlüsselszene aus dem Buch „Die Nebel von Avallon“. Avallon liegt ja auch nur ein paar Dutzend Kilometer von hier entfernt, aber dieses Avallon hat sicher nichts mit dem mystischen Ort aus dem Buch zu tun. Solche Geschichten spielen sich eher in der Bretagne ab.
Langsam hebt sich der Nebel und die Sonne müht sich, die Feuchtigkeit aus den Wiesen und Wäldern aufzusaugen. Auch um die Festung Chateauneuf wallen noch einige Nebelschwaden. Schon bald erreiche ich wieder den Kanal und wende mich nach Norden.
Langsam hebt sich der Nebel und die Sonne müht sich, die Feuchtigkeit aus den Wiesen und Wäldern aufzusaugen. Auch um die Festung Chateauneuf wallen noch einige Nebelschwaden. Schon bald erreiche ich wieder den Kanal und wende mich nach Norden.
Vandenesse ist ein Ort mit wenigen Seelen, wie man zurzeit des Kanalbaus zu sagen pflegte. So ist das Ortsende schon nach wenigen Häusern erreicht. Sinn für Schönheit haben die Franzosen, das muss ich sagen. Nicht nur die Geranien, die die Brücken und Plätze der „villes fleuries“, der zahlreichen blühenden Städtchen schmücken, sondern auch die Liebe, mit der so manches Haus und so mancher Garten geschmückt und präsentiert wird. Das Schleusenwärterhäuschen Nr. 4 ist solch ein Schmuckstück. Zuerst fallen mir die alten landwirtschaftlichen Maschinen auf. Schwarz lackiert ist das Gestell eines Heuwenders und Zitronengelb der Sitz. Solche Maschinen habe ich in meiner Kindheit im Einsatz gesehen. Wenn sie über die Felder gezogen wurden, sah es von weitem so aus, als marschiere eine große Spinne hinter dem Pferd her, immer mehrere Beine anhebend und im Rhythmus des Ganges wieder senkend. Gleich mehrere dieser Spinnen sind hier entlang des Radweges aufgereiht, aber auch ein Pflug, Eggen und dergleichen. Die Fassade des Hauses ist über und über geschmückt mit Handwerkszeug aus dieser Zeit. Da darf natürlich auch der kitschige Storch aus der Werkstatt einer Gartenzwergfabrik nicht fehlen. Obwohl, in diesem Ensemble wirkt er ganz und gar nicht kitschig.
Die beiden Schleusenwärter selbst müssen sich gerade wieder schwer ins Zeug legen, um mit dem langen Hebel das Schleusentor zu öffnen. Ihre Vespas, mit denen sie von Schleuse zu Schleuse fahren, stehen startbereit am Radweg. !75 Arbeiter und Angestellte sind hier am Canal de Bourgogne beschäftigt, ein wichtiger Beitrag zur Förderung der hiesigen Fremdenverkehrsindustrie, die in ihrer Bedeutung allerdings noch lange nicht die frühere industrielle Produktion entlang des Kanals abgelöst hat. So wird auch die Landflucht weiter anhalten, die die jungen Menschen in die großen Städte wie Dijon und natürlich vor allem Paris zieht.
|
it diesen Gedanken im Kopf geht meine Fahrt weiter. Mehrere Schleusen kommen in schneller Folge. Die Weiden rechts uns links des Kanals ziehen sich den Berghang hoch. Immer wieder sehe ich Gruppen von zehn bis zwanzig Charolais-Rindern. Ihr Weiß hebt sich wohltuend vom satten Grün der Wiesen ab.
Kikeriki, kikeriki, ein Hahn kräht irgendwo, ein zweiter und ein dritter stimmen ein, als hätten sie sich zu einem Konzert verabredet. Doch das letzte Wort nimmt sich ein gut genährtes Charolais-Rind, das ein kräftiges Muh drauf setzt, so als wolle es sagen „Seid endlich still“. Und so ist es dann auch. |
Nun ist das Tal wieder so eng, dass die Autobahn direkt an den Kanal heranrückt. Dennoch bleibt Platz für ein weites Hafenbecken. Nur eine alte, zum Wohnschiff umgebaute Peniche liegt im Hafenbecken. Ein Lichtsignal regelt die Weiterfahrt. Hinter dem Becken beginnt die Einfahrt ins „Gewölbe“ von Pouilly. Knapp 400 Meter bin ich nun hoch. Vor mir legt sich ein Berggrat quer. Es ist die Wasserscheide zwischen Atlantik und Mittelmeer. Als sich vor 200 Jahren endlich Ingenieure fanden, die den schon zwei Jahrhunderte lang diskutierten Bau des Kanals für möglich hielten, hatten sie sich hier an der Wasserscheide für den Bau eines Tunnels entschieden. Der alternative Bau weiterer Schleusen schien ihnen zu aufwendig. Das Wort Tunnel kommt aus dem Englischen. Vor 200 Jahren war das Wort noch nicht Teil des französischen Wortschatzes, so dass der Tunnel noch heute als Gewölbe bezeichnet wird. Geologen hatten etwa zur gleichen Zeit in der Nähe ertragreiche Kalkvorräte gefunden. Damit steht auch ausreichend Material für die Herstellung von Zement zur Verfügung stand.
Während das Kanalbecken so langsam in einem tiefen Einschnitt verschwindet, führt mich der Radweg auf die Berghöhe. Direkt über dem Tunneleingang ist ein Picknickplatz angelegt. Treppen führen zum Kanal hinunter, eine Informationstafel enthüllt einige Details zum Kanalbau. Tunnelbau wie heute mit dem Vortrieb von einer oder beiden Seiten war für diese Länge seinerzeit noch gar nicht möglich. Woher sollte die Luft kommen, die die Arbeiter in der mehr als 3 Kilometer langen Röhre zum Atmen brauchen? Offiziell ist der Tunnel 3333,33 Meter lang. War es einfach nur falsche Berechnung der Länge des Tunnels, oder auch Sentimentalität bei diesem großen Projekt, oder die gute Einprägsamkeit dieser Zahl, oder vielleicht etwas Imponiergehabe für die Großkopferten in Paris, die die immensen Kosten des Kanalbaus genehmigen mussten? Ich weiß es nicht. Tatsächlich ist der Tunnel genau 3348,87 Meter lang.
Vom Picknickplatz aus führt der Radweg in eine Platanenallee. Schnurgerade zieht sich der Weg. Im Abstand von vielleicht einhundert Metern stehen drei Meter hohe, runde und aus massivem Stein gemauerte Türme. Die Ingenieure hatten eine geniale Idee für den Bau der Tunnelröhre. Sie trieben von oben Stollen in den Berg und arbeiteten sich auf der Sohle des Stollens nach rechts und links, bis sie nach ca 50 Metern auf die Entgegenkommenden stießen. Die Ingenieure waren gute Rechner. Keiner dieser vielen Teilstollen saß falsch. So wuchs aus vielen Einzelröhren dann eine Gesamtröhre zusammen, gut belüftet über die ganze Strecke. Und merke: wer so gut rechnen kann, kann sich also auch bei der Berechnung der Gesamtlänge des Tunnels nicht geirrt haben. Die Arbeit unten in der Röhre war schwer und gefährlich. Das störte die Ingenieure wenig, denn die Arbeit wurde von Kriegsgefangenen gemacht, billigste Arbeitskräfte, deren Leben nichts wert war. Zweihundert von ihnen kamen beim Bau ums Leben, siebzehn Tunnelmeter für ein Menschenleben.
Die Allee ist schön schattig. Die alten knorrigen Platanen raunen leise. Was sie sich wohl zuflüstern? Nach halber Strecke endet der Weg mit den Baumgreisen abrupt. Der Bau einer Autobahn hat die Streckenführung unterbrochen. In Deutschland hätte eine Bürgerinitiative wohl zumindest den Bau einer Brücke erzwungen, doch nicht in Frankreich. Und so muss ich einen Umweg über die nächste Ortschaft nehmen. In Beaume finde ich dann die Unterführung unter der Autobahn. Der Radweg steigt nun weiter hoch und öffnet mir den Blick auf ein herrliches Panorama. Weit zieht sich die Hügellandschaft nach Südwesten bis zur Kuppe des Morvan-Gebirges. Dieses Mittelgebirge, gut 900 Meter hoch, ist das raue Herz des sonst so sanftmütigen Burgund. Nach Norden hin baut sich eine gewaltige Bergwand auf. Die senkrechten Felsen liegen blank, einzelne Bäume stehen auf der Bergkante.
Die Allee ist schön schattig. Die alten knorrigen Platanen raunen leise. Was sie sich wohl zuflüstern? Nach halber Strecke endet der Weg mit den Baumgreisen abrupt. Der Bau einer Autobahn hat die Streckenführung unterbrochen. In Deutschland hätte eine Bürgerinitiative wohl zumindest den Bau einer Brücke erzwungen, doch nicht in Frankreich. Und so muss ich einen Umweg über die nächste Ortschaft nehmen. In Beaume finde ich dann die Unterführung unter der Autobahn. Der Radweg steigt nun weiter hoch und öffnet mir den Blick auf ein herrliches Panorama. Weit zieht sich die Hügellandschaft nach Südwesten bis zur Kuppe des Morvan-Gebirges. Dieses Mittelgebirge, gut 900 Meter hoch, ist das raue Herz des sonst so sanftmütigen Burgund. Nach Norden hin baut sich eine gewaltige Bergwand auf. Die senkrechten Felsen liegen blank, einzelne Bäume stehen auf der Bergkante.
Die Brombeeren am Wegesrand sind noch nicht reif. Schade. Ein kleiner Imbiss wäre mir gerade recht gekommen, trotz des permanenten Rauschens des Verkehrs auf der Autobahn zu meinen Füßen. Hier stehe ich auf der Wasserscheide zwischen Rhone und Seine und damit zwischen Mittelmeer und Atlantik. 430 Meter bin ich hoch. Der Kanal, der sich unter mir durch den Berg gebohrt hat, hat seit St. Jean de Losne über 76 Schleusen schon 207 Höhenmeter überwunden. Kein Kanal in Frankreich überwindet einen höheren Punkt.
Nach der Umleitung lande ich auf dem zweiten Abschnitt der Platanenallee, der mich schnell bergab nach Pouilly-en-Auxois führt. Gleich am Ortsrand empfängt mich ein überdimensionaler Radfahrer, geflochten aus Draht. Ich rolle an ihm vorbei ins Zentrum von Pouilly. Der letzte Tunneleinstieg befindet sich mitten auf der Straße, sinnigerweise gleich als Zentrum eines kleinen Verkehrskreisels. Er ist nur einen Meter hoch. Ich wage den Blick hinein und bin überrascht. Ein großes, neues Gebläse ist eingebaut, Teil der Tunnelbelüftung. In elf der Einstiegsschächten sind sie über die gesamte Tunnellänge zu finden, die übrigen Einstiege sind schon lange zugemauert.
Nach der Umleitung lande ich auf dem zweiten Abschnitt der Platanenallee, der mich schnell bergab nach Pouilly-en-Auxois führt. Gleich am Ortsrand empfängt mich ein überdimensionaler Radfahrer, geflochten aus Draht. Ich rolle an ihm vorbei ins Zentrum von Pouilly. Der letzte Tunneleinstieg befindet sich mitten auf der Straße, sinnigerweise gleich als Zentrum eines kleinen Verkehrskreisels. Er ist nur einen Meter hoch. Ich wage den Blick hinein und bin überrascht. Ein großes, neues Gebläse ist eingebaut, Teil der Tunnelbelüftung. In elf der Einstiegsschächten sind sie über die gesamte Tunnellänge zu finden, die übrigen Einstiege sind schon lange zugemauert.
Direkt über dem Tunnelausgang endet die Straße. Eine kleine Parkanlage ist darüber angelegt. Auch hier führen Treppen mit weißem Geländer hinunter zum Tunnelportal. Der Kanal setzt sich wieder in einem tiefen Geländeeinschnitt fort, der nach und nach immer kleiner wird und schließlich am Hafenbecken endet. Ich bleibe erst mal in Pouilly und schaue mich etwas um. Das Zentrum wirkt belebt, in der Bar am kleinen Platz sitzen Passanten, schlürfen ihren Kaffee und beobachten mich. Boutiquen zeigen, dass doch so manche Frau eines Freizeitkapitäns hier ein fesches Kleidchen findet oder auch Papa selbst sich seinem heranwachsenden Töchterchen gegenüber großzügig erweisen kann.
Kein Boot schickt sich zur Tunneldurchquerung an, und so folge ich der Veloroute oberhalb des Geländeeinschnittes. Die gewaltigen Platanen spenden Schatten. Im sanften Linksbogen geht es bis zum Hafen, der inzwischen Port de Plaisir, also Freizeithafen heißt. Lastschiffe gibt es auf dem mittleren Teil des Kanals schon seit Jahrzehnten nicht mehr. Interessantes zum Kanalbau finde ich auf Informationstafeln am Hafen. Bereits 1530 gab es die ersten Vorplanungen zum Bau des Kanals, zuerst von der Saone bis Dijon. 70 Jahre später kommt dann die Idee, den Kanal bis Paris zu verlängern. Doch die Herzöge von Dijon boykottierten die Pläne. Sie hatten Angst, dass Dijon seine Einnahmen als Umschlagplatz für der Transport zwischen Mittelmeer und Paris verlieren würde. 1676 wurde der Plan dann erstmal von Ingenieuren für unrealisierbar erklärt. 1727 dann erneute Planung und 1773 schließlich der Auftrag, den Kanal zu bauen. Die Bauzeit dauerte von 1775 bis 1845. "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben." Wie so oft hat auch dieser Spruch hier seine Bedeutung gefunden. Kurz nach der Öffnung des Canal de Bourgogne begann die Ära der Eisenbahn. Schon bald dampften die Züge parallel zum Kanal und entzogen ihm Jahr für Jahr mehr von seiner wirtschaftlichen Bedeutung. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts war dann das Ende des Frachtschifftransports auf dem Kanal gekommen. Doch wie Phönix aus der Asche wuchs ihm eine neue Bedeutung zu. Gewiss nicht ganz so bedeutsam in seiner Wirtschaftskraft, aber groß genug, um den Kanal zu erhalten. Britische Flussreedereien entdeckten die französische Kanäle für Freizeitfahrten und stellen heute noch die bedeutendsten Bootsverleiher. |
Eine offene Halle am Hafenbecken zieht meinen Blick an. Der japanische Künstler Shigeru Ban hat sie als Wetterschutz für den letzten Schlepper gestaltet, der früher die Boote durch den Kanal zog. 1987 war seine letzte Fahrt. Ich erfahre Interessantes zur Geschichte der Tunneldurchquerung. Einen Treidelpfad gibt es im Inneren nicht. Anfangs wurden die Schiffe mit langen Stangen in Handarbeit gestakt. Das dauerte 12 Stunden. Später konnten sich die Arbeiter an einer Eisenkette entlang hangeln und damit das Boot voran ziehen, etwas schneller, aber auch mühsam. Mit dem technischen Fortschritt kommt 1867 die Dampfmaschine. Zwei solche standen an den beiden Tunneleingängen, die Boote wurden zu einem Konvoi zusammen gebunden und an einer Eisenkette durch die Röhre gezogen.
Der Wasserdampf wird als bald durch die Elektrizität abgelöst. Eine Oberleitung wird im Kanal installiert und nun zieht ein Schlepper den Konvoi durch den Kanal. Zwei Stunden dauert die Durchfahrt nur noch, eine enorme Leistungssteigerung, der Trolley-Schlepper als Vorgänger des Trolley-Busses. Wie ein Symbol für diesen technischen Fortschritt ist oberhalb des Tunnelausgangs von Pouilly eine alte Lampe angebracht. Die Bewohner von Pouilly mussten allerdings drei Jahrzehnte warten, bis die Elektrizität im Ort und seinen Häusern ankommt.
Der Wasserdampf wird als bald durch die Elektrizität abgelöst. Eine Oberleitung wird im Kanal installiert und nun zieht ein Schlepper den Konvoi durch den Kanal. Zwei Stunden dauert die Durchfahrt nur noch, eine enorme Leistungssteigerung, der Trolley-Schlepper als Vorgänger des Trolley-Busses. Wie ein Symbol für diesen technischen Fortschritt ist oberhalb des Tunnelausgangs von Pouilly eine alte Lampe angebracht. Die Bewohner von Pouilly mussten allerdings drei Jahrzehnte warten, bis die Elektrizität im Ort und seinen Häusern ankommt.
Ich verlasse Pouilly und damit die Berglandschaft des Morvan. Die erste Schleuse trägt die Nummer 1 Y, das Y steht für Yonne, so wie auf der anderen Seite des Tunnels das S für Saone steht, die beiden Endpunkte des Kanals. Vor mir breitet sich die weite Ebene des Oberlaufs des Armancon aus. Wieder einmal überquert eine Straße den Kanal. Der feine Splitt auf der Rampe hoch zur Straße bremst meinen Schwung und lässt mich oben zum Stehen kommen. An dieser Stelle eine gute Bremshilfe, denn durch einen schmalen Spalt in der Uferbepflanzung sehe ich inmitten einer sattgrünen Weide ein kleines Schloss, das Chateau Eguilly. Das ist nun schon das vierte Schloss hintereinander. Hier scheint wohl jedes Dorf sein eigenes Chateau zu haben. Das ganze Burgund scheint mir sowieso eine Ansammlung von Burgen, Schlössern und Herrenhäusern zu sein. In dieser Anzahl sind sie mir noch nie in einer anderen Region Frankreichs aufgefallen.
Leider bleibt mir der Zugang zum Chateau versagt: "Propriété Privée, Defense d'entrer", Eintritt verboten. Mögen sie unter sich bleiben. Optisch macht das Gebäude viel her, doch ob es sich neben dem Randstreifen der Autobahn Paris-Marseille gut wohnen lässt, wage ich zu bezweifeln.
Der nächste Streckenabschnitt bietet wenig Abwechslung. Die Siedlungen liegen abseits des Kanals, die Geräusche der Autobahn schallen zu mir herüber. Nur noch vereinzelt ziehen Rinderherden über satte Weiden. Große Weizenfelder prägen das Landschaftsbild. Hatten sich bislang an diesem Morgen die Sonnenstrahlen nur mit Mühe den Weg durch schmale Wolkenspalten zu mir gebahnt, so schieben sie jetzt immer mehr Wolkenberge zur Seite und öffnen den Blick auf einen azur blauen Himmel.
Drei Angler sitzen am Kanalufer, beobachten gespannt ihre Angelschnüre. Dahinter liegt ein Hund träge auf dem Asphalt, bewegt sich selbst dann nicht, als ich knapp zwischen ihm und seinem Herrchen durch fahre. Überhaupt, die Angler: Ab dem frühen Morgen treffe ich sie am Kanal, stets mit einem freundlichen „Bonjour“ auf den Lippen. Ich wundere mich, wie hoch professionell sie ausgerüstet sind. Vom Sonnen- und Regenschutzzelt in Tarnfarbe mit integrierter Ruheliege über spezielle, höhenverstellbare Halbhochsitze bis zu militärisch anmutenden Haltern für eine Batterie von sechs Angelruten, da kann das Anglerglück doch nicht nur in den Handteller großen Fischlein liegen, die ich ab und zu an Angeln zappeln sehe. Und damit ich auch weiß, wer da vor mir sitzt, prangt auf so manchem Rücken in fetten Buchstaben das Wort „Pecheur“, sprich „Angler“. Da kann ich doch nur „Petri Heil“ wünschen. Wie mag sich das auf Französisch anhören?
Leider bleibt mir der Zugang zum Chateau versagt: "Propriété Privée, Defense d'entrer", Eintritt verboten. Mögen sie unter sich bleiben. Optisch macht das Gebäude viel her, doch ob es sich neben dem Randstreifen der Autobahn Paris-Marseille gut wohnen lässt, wage ich zu bezweifeln.
Der nächste Streckenabschnitt bietet wenig Abwechslung. Die Siedlungen liegen abseits des Kanals, die Geräusche der Autobahn schallen zu mir herüber. Nur noch vereinzelt ziehen Rinderherden über satte Weiden. Große Weizenfelder prägen das Landschaftsbild. Hatten sich bislang an diesem Morgen die Sonnenstrahlen nur mit Mühe den Weg durch schmale Wolkenspalten zu mir gebahnt, so schieben sie jetzt immer mehr Wolkenberge zur Seite und öffnen den Blick auf einen azur blauen Himmel.
Drei Angler sitzen am Kanalufer, beobachten gespannt ihre Angelschnüre. Dahinter liegt ein Hund träge auf dem Asphalt, bewegt sich selbst dann nicht, als ich knapp zwischen ihm und seinem Herrchen durch fahre. Überhaupt, die Angler: Ab dem frühen Morgen treffe ich sie am Kanal, stets mit einem freundlichen „Bonjour“ auf den Lippen. Ich wundere mich, wie hoch professionell sie ausgerüstet sind. Vom Sonnen- und Regenschutzzelt in Tarnfarbe mit integrierter Ruheliege über spezielle, höhenverstellbare Halbhochsitze bis zu militärisch anmutenden Haltern für eine Batterie von sechs Angelruten, da kann das Anglerglück doch nicht nur in den Handteller großen Fischlein liegen, die ich ab und zu an Angeln zappeln sehe. Und damit ich auch weiß, wer da vor mir sitzt, prangt auf so manchem Rücken in fetten Buchstaben das Wort „Pecheur“, sprich „Angler“. Da kann ich doch nur „Petri Heil“ wünschen. Wie mag sich das auf Französisch anhören?
Es ist Erntezeit. Wie Rollen für Kleingeld liegen die Strohrollen auf goldenen Stoppelfeldern. Rechts und links der breiten Ebene ziehen sich Hügelketten, mal lang gestreckt, mal als Ansammlung von bewaldeten Kuppen. Bisweilen krönt der Turm einer Abtei, die Silhouette eines Schlosses oder einfach nur ein altes Gehöft eine Kuppe. Vor Pont Royal ragt ein Querausläufer dieser Hügelkette weit ins breite Tal. Für das Kanalbett wurde ein tiefer Einschnitt durch den Bergrücken gegraben. Vom Radweg, der oberhalb des Kanals geführt wird, blicke ich in tiefgrünes Wasser.
Vitteaux liegt etwas abseits des Kanals. Das lang gestreckte Gebäude auf der Hauptstraße war einmal der Getreidespeicher der Gemeinde. Wieder bin ich mit Renate unterwegs. Jazzmusik zieht uns an, ein paar Marktstände weisen den Weg. Eine sehr bunte Mischung an Angeboten tut sich auf. Es werden Matratzen offeriert und Hausmacher Würste, Honig und Dachziegelreinigung, Schuhe und Crepes. Ich vermisse nur noch den Marktschreier.
Auf dem kleinen Platz vor der Abtei steht ein runder Backofen. Früher wurde hier das Brot für die ganze Gemeinde gebacken. Heutzutage haben die Bäcker ihre eigene Backstube. Es riecht verlockend gut nach frischem Hefegebäck. Vitteaux feiert sein jährliches Brioche-Fest. Im letzten Jahr hatten die Bäcker auf dem Fest die größte Brioche der Welt gebacken. Hoch leben die Rekorde! Während einer der Bäcker das Feuer im Ofen am Brennen hält, kneten und rollen fünf weitere den Teig und formen ihn zu besonders großen Brioche für die Festbesucher. Eintausend Stück sollen es heute wieder werden, die aus dem Backofen an die Festtische wandern, so viele wie im Vorjahr. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, uns eine besonders schöne zu kaufen. Nun ja, der alte Backofen lässt die Teile schon recht dunkel werden. Aber wen stört es hier, es ist ja das Fest der Brioche. Der Ofen funktioniert wie ein Grill. Unten das Holzfeuer, darüber ein Doppelblech, zwischen dem das Backgut liegt. Gerade wird das gut vier Meter im Durchmesser zählende Blech mit einer Winde angehoben und die fertigen, intensiv duftenden Brioche an den Verkaufstisch gebracht. Und sofort wird der Ofen wieder neu beschickt.
Die backfrische Brioche schmeckt köstlich. Am Tisch kommen wir mit einem alten Mann ins Gespräch. Er redet leise, aber mit Interesse. Wir sprechen über das deutsch-französische Verhältnis und den Schrecken der Kriege zwischen unseren beiden Ländern. „Die Menschen, die Krieg wollen, sind dumm.“ sagt er. Wie recht er hat.
Vom Festplatz zieht es uns noch hinauf zur Kirche. Ein alter Friedhof umgibt sie. Manche Gräber sind in sich zusammen gesunken. Auf allen Gräbern liegen Grabplatten, der Blumenschmuck ist aus Keramik. Auf einem Grab vermissen die Kartenbrüder ihren verlorenen Freund, auch ein Ausdruck der Trauer.
Auf dem kleinen Platz vor der Abtei steht ein runder Backofen. Früher wurde hier das Brot für die ganze Gemeinde gebacken. Heutzutage haben die Bäcker ihre eigene Backstube. Es riecht verlockend gut nach frischem Hefegebäck. Vitteaux feiert sein jährliches Brioche-Fest. Im letzten Jahr hatten die Bäcker auf dem Fest die größte Brioche der Welt gebacken. Hoch leben die Rekorde! Während einer der Bäcker das Feuer im Ofen am Brennen hält, kneten und rollen fünf weitere den Teig und formen ihn zu besonders großen Brioche für die Festbesucher. Eintausend Stück sollen es heute wieder werden, die aus dem Backofen an die Festtische wandern, so viele wie im Vorjahr. Natürlich lassen wir es uns nicht nehmen, uns eine besonders schöne zu kaufen. Nun ja, der alte Backofen lässt die Teile schon recht dunkel werden. Aber wen stört es hier, es ist ja das Fest der Brioche. Der Ofen funktioniert wie ein Grill. Unten das Holzfeuer, darüber ein Doppelblech, zwischen dem das Backgut liegt. Gerade wird das gut vier Meter im Durchmesser zählende Blech mit einer Winde angehoben und die fertigen, intensiv duftenden Brioche an den Verkaufstisch gebracht. Und sofort wird der Ofen wieder neu beschickt.
Die backfrische Brioche schmeckt köstlich. Am Tisch kommen wir mit einem alten Mann ins Gespräch. Er redet leise, aber mit Interesse. Wir sprechen über das deutsch-französische Verhältnis und den Schrecken der Kriege zwischen unseren beiden Ländern. „Die Menschen, die Krieg wollen, sind dumm.“ sagt er. Wie recht er hat.
Vom Festplatz zieht es uns noch hinauf zur Kirche. Ein alter Friedhof umgibt sie. Manche Gräber sind in sich zusammen gesunken. Auf allen Gräbern liegen Grabplatten, der Blumenschmuck ist aus Keramik. Auf einem Grab vermissen die Kartenbrüder ihren verlorenen Freund, auch ein Ausdruck der Trauer.
Karden säumen das Ufer des Kanals. Ihre Blütenblätter sind schon vor Tagen vergangen, locken keine Schmetterlinge mehr zum Sommertanz ein. Es ist wundervoll still geworden. Die Autobahn hat sich auf dem kurzen Weg nach Paris vom Tal abgewendet. Mir fällt auf, dass ich heute so gut wie keine Boote auf dem Kanal gesehen habe. An der Schleuse 41 frage ich den Schleusenwärter nach der Ursache. Vielleicht hat ja ein unvorsichtiger Freizeitkapitän ein Schleusentor beschädigt und somit den Verkehr blockiert. Nein, sagt er. Heute ist einfach nur ein ruhiger Tag. Und zum Beweis seiner Aussage kommen mir an der nächsten Schleuse gleich 3 Boote hinter einander entgegen. Schade, ich hätte ihm den ruhigen Tagesausklang gewünscht.
|
Nun wird das Tal wieder schmaler. Der Kanal windet sich in einer Doppel-S-Kurve durch die Enge. Die Schleusen kommen in schneller Folge. Auch der Armancon, der Fluss, der sich dieses Tal gegraben hat und mich seit Pouilly begleitet, beeilt sich, um die Enge hinter sich zu lassen. Inmitten dieser schönen Landschaft liegt Venarey-les-Laumes. 52 Kilometer habe ich heute bis hier her zurück gelegt. Im breiten Sportboothafen liegen neben einer alten Peniche jede Menge Freizeitboote. Venarey war einmal ein wichtiges Handels und Wirtschaftszentrum am Kanal. Als Eisenbahnknotenpunkt wurde aus einem verschlafenen Dorf plötzlich ein industrielles Zentrum. Ein großes Bahnbetriebswerk mit einem Lokschuppen mit 30 Gleisen versorgte die Dampfloks vor dem Aufstieg über die Höhe von Blaisy-Bas mit Wasser und Kohle. Zusätzlich siedelten sich drei Zementfabriken, eine Käserei und eine Fliesenfabrik an. Doch die Blütezeit währte nicht lange. Mit dem Niedergang der Flussschifffahrt und der eisenschaffenden Industrie in dieser Region verfiel das Städtchen in den Dornröschenschlaf. Bis ein pfiffiger Bürgermeister die Initiative zur Stadtentwicklung mit Hilfe von staatlichen Subventionen ergriffen hat. Von der Stadt selbst sehe ich nichts, dafür aber einen Ort, der sich entlang einer Bergkuppe schlängelt. Aus einer Baumgruppe ragt eine Statue hoch.
Streng blickt Napoleon III auf uns herab. Nur der große Schnurrbart passt nicht so recht zu ihm. Die Bäume versperren mir leider den Blick auf den unterhalb des Plateaus liegenden Ort Alesie Sainte-Reine. Alesie – Alesia ! Jetzt klingelt es doch hoffentlich in den Ohren der Kenner der historisch bedeutsamen Werke über Asterix und Obelix. 6,60 Meter hoch ist die Statue des gestrengen Kriegers, mit Sockel gut doppelt so hoch.
Die Statue steht am Rande eines lang gezogenen Hochplateaus, das sich gut einhundert Meter über den herum fließenden Tälern erhebt, eine schier uneinnehmbare Festung. Nur mit List, Geduld und einer enormen Übermacht gelang es Cäsar, den Anführer der Gallier zur Aufgabe zu bewegen. Hier ist der Ort, an dem der große starke Gallier Vercingetorix dem kleinen schmächtigen Cäsar seine schweren Waffen auf die Füße wirft, worauf hin dieser lautstark aufschreit.
Die Statue steht am Rande eines lang gezogenen Hochplateaus, das sich gut einhundert Meter über den herum fließenden Tälern erhebt, eine schier uneinnehmbare Festung. Nur mit List, Geduld und einer enormen Übermacht gelang es Cäsar, den Anführer der Gallier zur Aufgabe zu bewegen. Hier ist der Ort, an dem der große starke Gallier Vercingetorix dem kleinen schmächtigen Cäsar seine schweren Waffen auf die Füße wirft, worauf hin dieser lautstark aufschreit.
Nun ja, ganz so wie bei Asterix und Obelix war die Szene in Wahrheit sicher nicht gewesen. Aber nach einer ersten für die Römer schmählich endenden Schlacht zog Cäsar eine Übermacht rund um das Oppidum von Alesia zusammen. Als Napoleon III im Jahr 1867 die Statue errichten ließ, musste sie auf sein Geheiß hin seine Gesichtszüge tragen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Auf den Fundamenten des gallischen Oppidums errichteten die Römer einen Tempel für ihre Götter und drum herum eine Stadt, die auf ihrem Höhepunkt 5000 Einwohner zählte. Weil die besiegten Gallier fürderhin hier als Handwerker arbeiteten, durften sie sich auf einen Tempel für ihre Gottheiten Ucuetis und Bergusia bauen. Die herrschenden Römer ließen neben ihren eigenen Göttern noch viel Platz für fremde Götter.
Ein kühler Wind weht. Die Gallier wird dies sicher nicht gestört haben. Sie waren das Leben in freier Natur gewöhnt. Vom obersten Punkt des Plateaus, gerade über der Ausgrabungsstätte, habe ich einen herrlichen Rundblick über die Hügellandschaft des nördlichen Burgunds und das weite Tal des Armancon bis hin zu den Höhen des Morvan. Dieser Teil des Burgund wirkt wie eine Parklandschaft. Lange, wie mit dem Lineal gezogene Hecken trennen sie Wiesen und Weiden ab und verbinden mit ihrem dunklen Grün an ihren Enden Baumgruppen. Quadrate, Rechtecke, Rauten, Trapeze und Dreiecke zeichnen sich in der Landschaft ab. Diese geormetrischen Formen inspirieren Renate zu Landschaftsskizzen, die diese Eigenart aufnehmen und von dieser Charakteristik leben.
Mit dem Niedergang des römischen Reiches endete auch die Geschichte von Alesia. 500 Jahre hatte die gallo-römische Stadt Bestand. Danach verfielen die Gebäude und die Natur eroberte sich das Plateau zurück. Aus den Trümmern der alten Stadt wurde die neue Siedlung gebaut.
Neben Vercingetorix gibt es noch einen großen Sohn von Alesie Sainte Reine: Felix Kir. Er war Bürgermeister von Dijon, Mitglied der Resistance, Alterspräsident der französischen Nationalversammlung, seine Lebensgeschichte ist ein Stück Geschichte des heutigen Frankreichs, bis hin zur Gastronomie. Felix Kir hatte ein Lieblingsgetränk: Weißwein mit einem Schuss Cassis. Das Getränk hatte schnell einen Namen, seinen Namen: Kir.
Mit vielen Gedanken an diese alte Zeit setze ich meine Reise am Kanal fort. Den nun folgenden Teil bis zur Mündung radele ich alleine. Renate kehrt an den Lac de Panthier.
Einsam ragt der Schlot einer alten Fabrik in den Himmel. Die Peniche am Kai wartet nicht mehr auf die Produkte, die hier früher hergestellt und nach Paris geschickt wurden. Ja, früher. Heute ist es einsam um diese Ruine geworden.
Immer wieder muss ich Straßen überqueren, die ihrerseits über den Kanal führen. Dies hier ist eine kleine Straße, die von einer großen abzweigt. Das hat einem Straßenschild aus der Anfangszeit des motorisierten Straßenverkehrs das Leben gerettet. Es ist aus quadratischen Betonplatten zusammengesetzt, die Deckplatte ist weg gebrochen. Eigentlich schon ein Museumsstück, mit dessen Verschwinden irgendwann einmal auch hier ein Stück altes Frankreich enden wird.
Nun, am späten Nachmittag, hat mir Matisse einen Himmel hin gezaubert, der nach den vielen Regentagen des Juli wieder von einem schönen Sommertraum erzählt. Ein Graureiher schwingt sich mit seinen breiten Flügeln hoch und zeigt mir nur noch sein Hinterteil. Mein Herankommen schreckt aber auch eine Schlange auf, die den warmen Asphalt für einen ausgiebigen Mittagsschlaf nutzen wollte. War nix. Nun sucht sie schleunigst ihr Heil im rettenden Wasser der Kanals.
Einsam ragt der Schlot einer alten Fabrik in den Himmel. Die Peniche am Kai wartet nicht mehr auf die Produkte, die hier früher hergestellt und nach Paris geschickt wurden. Ja, früher. Heute ist es einsam um diese Ruine geworden.
Immer wieder muss ich Straßen überqueren, die ihrerseits über den Kanal führen. Dies hier ist eine kleine Straße, die von einer großen abzweigt. Das hat einem Straßenschild aus der Anfangszeit des motorisierten Straßenverkehrs das Leben gerettet. Es ist aus quadratischen Betonplatten zusammengesetzt, die Deckplatte ist weg gebrochen. Eigentlich schon ein Museumsstück, mit dessen Verschwinden irgendwann einmal auch hier ein Stück altes Frankreich enden wird.
Nun, am späten Nachmittag, hat mir Matisse einen Himmel hin gezaubert, der nach den vielen Regentagen des Juli wieder von einem schönen Sommertraum erzählt. Ein Graureiher schwingt sich mit seinen breiten Flügeln hoch und zeigt mir nur noch sein Hinterteil. Mein Herankommen schreckt aber auch eine Schlange auf, die den warmen Asphalt für einen ausgiebigen Mittagsschlaf nutzen wollte. War nix. Nun sucht sie schleunigst ihr Heil im rettenden Wasser der Kanals.
Schließlich erreiche ich Montbard. Montbard hat etwas mehr als 5000 Einwohner, wichtig genug, dass hier der TGV, der Hochgeschwindigkeitszug Frankreichs, hält. Welch ein Politiker das wohl durchgesetzt hat? Ein gewaltiger Wasserturm dominiert das Stadtbild, ohne den alten Häusern aus Bruchstein ihren Charme zu nehmen. Die kleine Stadt ist die erste Siedlung seit vielen Kilometern, die direkt am Kanal liegt. Eine kleine Bar lädt mich zum Verweilen ein. Ich genehmige mir einen erfrischenden Diabolo Menthe und nutze die Ruhezeit, um eine Unterkunft für die Nacht auf den nächsten 10 Kanalkilometern zu finden. Dann radele ich weiter. Bunte Fahnen wehen an einem Gebäude auf der anderen Kanalseite. Nun ja, wenn sie auch nicht extra für mich aufgestellt wurden, so weisen sie mir dennoch den Weg zu dem kleinen Hotel, das mich für diese Nacht aufnehmen wird.
|
Der Wirt hat mir auf meinen Wunsch das Frühstück schon für halb acht vorbereitet. So kann ich gut gestärkt in der angenehmen Kühle des Morgens starten. Ich frage ihn nach dem Weg zur Großen Schmiede, für die auf einem Plakat im Hoteleingang geworben wird. „Einfach am Kanal weiter, dann kommt sie bald.“ antwortet er. Mit einem „Merci et Revoir“ verabschiede ich mich. Auf dem Radweg kommen mir schon die ersten Radtouristen entgegen, auch Frühaufsteher.
In einer Biegung des Kanals liegt die „Grande Forgé“, die große Schmiede. 1786 vom Grafen Buffon erbaut, war hier gleichzeitig der Standort für Eisenverhüttung, Eisenschmiede und Eisenverarbeitung. Das Wasser des Armancon und die Kohle aus nahen Bergwerken trieben die Maschinen an. Das Eisenerz kam aus dem Morvan. Über Fluss und Straße und später den Kanal wurden die Produkte abtransportiert. Einhundert Jahre dauerte die Blütezeit der Schmiede, dann war sie nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den großen Hütten in Lothringen und anderen Ortes. Doch nun tat sich ein neuer Markt auf, dessen Grundstoff Muschelkalk in dieser Region ausreichend vorhanden ist. Zement war das neue Zauberwort. Neben der Schmiede steht dann auch gleich das Schloss des Grafen Buffon mit einem aussergewöhnlichen Garten. Vier Hochöfen standen seiner Zeit entlang des Kanals, alle in der Nähe von Eisenminen. Gerne hätte ich mir diese Schmiede angesehen, doch sie öffnet erst in einer Stunde.
In einer Biegung des Kanals liegt die „Grande Forgé“, die große Schmiede. 1786 vom Grafen Buffon erbaut, war hier gleichzeitig der Standort für Eisenverhüttung, Eisenschmiede und Eisenverarbeitung. Das Wasser des Armancon und die Kohle aus nahen Bergwerken trieben die Maschinen an. Das Eisenerz kam aus dem Morvan. Über Fluss und Straße und später den Kanal wurden die Produkte abtransportiert. Einhundert Jahre dauerte die Blütezeit der Schmiede, dann war sie nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den großen Hütten in Lothringen und anderen Ortes. Doch nun tat sich ein neuer Markt auf, dessen Grundstoff Muschelkalk in dieser Region ausreichend vorhanden ist. Zement war das neue Zauberwort. Neben der Schmiede steht dann auch gleich das Schloss des Grafen Buffon mit einem aussergewöhnlichen Garten. Vier Hochöfen standen seiner Zeit entlang des Kanals, alle in der Nähe von Eisenminen. Gerne hätte ich mir diese Schmiede angesehen, doch sie öffnet erst in einer Stunde.
Hinter der Schmiede taucht der Radweg in einen kühlen Tunnel aus Laub. Bald erreiche ich wieder freies Feld. Der leichte Südostwind kräuselt das Wasser. Die Sonnenstrahlen animieren die zahlreichen Teichmummeln, ihre knallgelben Blüten zu öffnen.
Es ist das erste Augustwochenende. Jenseits des Kanals weist ein Schild die Autofahrer auf den Weg zur Autobahn hin. 26 km – genügend Abstand, um nicht vom Lärm der gerade von Paris Richtung Mittelmeer rollenden Ferienwelle gestört zu werden. Auf der Autobahn nach Süden herrscht Hochbetrieb, bei mir am Kanal gemächliche Ruhe. Wieder steht die Ruine einer alten Fabrik am Ufer. In ihrem Schatten warten Angler auf den dicken Fisch für den sonntäglichen Mittagstisch.
Am Armancon, der nur wenige Dutzend Meter neben dem Kanal in seinem Bett ruht, fallen mir immer wieder idyllische Stellen auf: die alte Brücke, der verrostete Pflug, der hölzerne Ziehbrunnen, das Lama … Das Lama? Wo kommt das nur her. Es beobachtet mich, während ich die Rampe zur Brücke hochfahre. Oben offenbart sich das Geheimnis. Ein kleiner Zirkus baut seine Zelte ab. Da wird das Lama mal gerade nicht gebraucht.
Es ist das erste Augustwochenende. Jenseits des Kanals weist ein Schild die Autofahrer auf den Weg zur Autobahn hin. 26 km – genügend Abstand, um nicht vom Lärm der gerade von Paris Richtung Mittelmeer rollenden Ferienwelle gestört zu werden. Auf der Autobahn nach Süden herrscht Hochbetrieb, bei mir am Kanal gemächliche Ruhe. Wieder steht die Ruine einer alten Fabrik am Ufer. In ihrem Schatten warten Angler auf den dicken Fisch für den sonntäglichen Mittagstisch.
Am Armancon, der nur wenige Dutzend Meter neben dem Kanal in seinem Bett ruht, fallen mir immer wieder idyllische Stellen auf: die alte Brücke, der verrostete Pflug, der hölzerne Ziehbrunnen, das Lama … Das Lama? Wo kommt das nur her. Es beobachtet mich, während ich die Rampe zur Brücke hochfahre. Oben offenbart sich das Geheimnis. Ein kleiner Zirkus baut seine Zelte ab. Da wird das Lama mal gerade nicht gebraucht.
Eine ferne Kirchturmuhr schlägt 10. Vor mit taucht in der Biegung einer Felswand ein gewaltiger Steinbruch auf. Welch ein Chateau, welch eine Abtei gründet wohl auf seinen Steinblöcken, die kantengenau aus dem Fels geschnitten wurden. Eine Informationstafel zieht meine Aufmerksamkeit auf sich. Neben dem Hinweis auf touristische Sehenswürdigkeiten um den Ort Cry wird auch das Schicksal des „Veilchen von Cry“ geschildert, eine Veilchenart, die es nur hier gab. Das Öffnen eines neuen Steinbruchs und die zunehmende Überdüngung der Wiesen und Felder haben diese Art aussterben lassen.
|
Das Tal des Armancon ist in dieser Region wahrlich Stein reich. Direkt am Kanal liegt das Lager eines noch aktiven Steinbruchs. Große Platten stehen auf Paletten, doch kein Lastkahn legt mehr hier an. Der Stein aus dieser Region ist immer noch begehrt und wird zum Schmuck großer Bauwerke in Metropolen wie Paris, New York und Riad exportiert.
Mir fällt auf, dass das Kanalbett durchgehend breiter ist und viel mehr Hafenbecken angelegt sind, als bei den anderen Kanälen in Frankreich, die ich kenne. In der Blütezeit des Kanals im 19. Jahrhundert zählte man über 1500 Frachtschiffe im Jahr, eine für damalige Zeit unglaublich hohe Zahl. |
In Ravières versorge ich mich mit ausreichend Trinkwasser. Auch dieser Ort leidet unter der anhaltenden Landflucht. Die Bewohner waren lange in den zahlreichen Steinbrüchen beschäftigt. Unten am Kanal zeigt mir ein Denkmal, wie tonnenschwere Steinblöcke an Ketten in Schwerstarbeit mit Handwinden bewegt wurden. Doch die meisten Steinbrüche sind still gelegt. Ersatzarbeitsplätze wurden keine geschaffen.
Immerhin gibt es hier in Ravières noch einen Dorfladen mit dem Nötigsten zur Grundversorgung der Dorfbevölkerung, einen Bäcker und den unvermeidlichen Tabakladen. Ein altes Fachwerkhaus gegenüber dem Rathaus zeugt vom früheren Wohlstand, der heute mit dem Hochgeschwindigkeitszug am Ort vorbei rauscht. |
Ein Männlein steht am Rande …. Zuerst dachte ich, man habe eine Plastikhülle über den abgesägten Stumpf einer alten Platane gestülpt. Doch im Vorbeiradeln erkenne ich, welch kunstvolle Ehrerbietung dem alten Baum zu Teil geworden ist. Ein Unbekannter hat geschickt aus dem Baumstumpf den Kopf eines alten Mannes mit roter Schirmmütze herausgearbeitet. Ich widme diesen Fund dem Holzmetz Stefan.
Am Kanal ein Schild "Carpe de nuit" und ein Fisch darauf. Aha, denke ich mir, Carpe diem heißt doch, nutze den Tag. Carpe de nuit mit Fisch heißt also: Erlaubnis, die Nacht zum Fischen zu nutzen. Aber ganz so einfach ist nicht. Carpe ist in diesem Fall französisch und nicht lateinisch und heißt einfach nur Karpfen. Und hier, darf man Nachts den Karpfen angeln.
Na ja, Dichtung und Wahrheit liegen doch nicht so weit auseinander. |
Das erste, was ich von Tonnere sehe, ist der Campingplatz. Er liegt zwischen Kanal und Armancon. Es ist Mittagszeit, es ist Brotzeit. Vom Kanal führt die Straße hinauf in die Stadt. Wieder dominiert ein großer Kirchenbau das Stadtbild. Drei Brücken muss ich überqueren, um ins Zentrum zu kommen. Ein Bistro bietet mir einen Schattenplatz. Ich packe mein Brot aus und bestelle einen Milchkaffee. So etwas gibt es nur in Frankreich., In Deutschland wurde ich deswegen schon des Lokals verwiesen. Ich weiß, warum ich Frankreich mag.
Hinter Tonnere werden die Getreidefelder größer, ziehen sich über ganze Hügel, leuchten goldgelb im Licht der Mittagssonne. Für eine kurze Strecke verlässt der Kanal das Burgund und streift die Südspitze der Champagne. Ein gewaltiges Getreidesilo steht am Kanal. Weit vor mir sehe ich am Ende der langen Geraden des Kanals ein weiteres Silo. Doch beim näher Kommen erkenne ich, dass es eine Ruine ist. Am Eingang hängt noch das Schild „Acceuil“, doch hier wird schon lange niemand mehr empfangen. Bagger stehen bereit, der Abriss der großen Zementfabrik hat begonnen. Es ist nicht das erste Zementwerk, das ich in den letzten zwei Tagen gesehen habe. Der Markt ist eng, die kleinen Betriebe wurden von großen Konzernen geschluckt und die Produktion in modernen Anlagen konzentriert. Wieder sind Arbeitsplätze verloren gegangen.
Schon wieder: ein alter Baum am Wegesrand, in zwei Meter Höhe gekappt und von einem unbekannten Künstler in einem Waldgeist verwandelt. Das erinnert mich an Herbert, der im Erlenseer Wald abgebrochenen Ästen neues Leben einhauchte, indem er ihnen mit seinem Taschenmesser Gesichter verlieh, kleine Waldgeister, über deren Urheber lange gerätselt wurde. |
Regungslos steht der Graureiher am anderen Ufer. Auch wenn er teilnahmslos tut, beäugt er mein Tun doch ganz genau, damit ich seine Fluchtdistanz nicht unterschreite. Viele seiner Artgenossen habe ich heute schon gesehen, beredtes Zeichen für den Fischreichtum des Kanals.
Die Sonnenblumen tun sich inzwischen schwer, ihre Köpfe hoch zu halten. Schwer wiegen ihre prallen Blütenstände voller reifer Kerne. Bald wird die große Erntemaschine kommen, denn die Ölfabrik wartet schon
Die Sonnenblumen tun sich inzwischen schwer, ihre Köpfe hoch zu halten. Schwer wiegen ihre prallen Blütenstände voller reifer Kerne. Bald wird die große Erntemaschine kommen, denn die Ölfabrik wartet schon
Ich lasse nun die letzten Ausläufer des Morvan hinter mir. Die Schleusen liegen immer weiter auseinander. Die Landschaft wird leicht wellig, das Flussbett flach wie ein Brett, statt Charolais-Rinder nur noch Getreidefelder. Wieder zieht sich der Kanal schnurgerade durch die Landschaft, hin und wieder eine kleine Siedlung oder ein Herrenhaus. Mein Auge freut sich über jede Abwechselung. Es ist die Zeit der Mittagshitze. Ich bin froh, dass ich auf der Schatten spendenden Seite des Kanals fahren darf. Mein Trinkwasservorrat reduziert sich bedenklich.
Wieder kommt ein Kanalabschnitt mit vielen Wasserpflanzen. An den Schleusen sammeln sich die abgerissenen Reste dieser Pflanzen. Aufgabe der Schleusenwärter ist es auch, diese aus dem Kanal zu entfernen. An manchen Schleusen sind besonders viele dieser Pflanzenreste rechts und links des Schleusentors aufgetürmt.
An der Schleuse Nr. 103 beginnt ein noch nicht ausgebauter Teil des Radweges. Soll ich nun auf die viel befahrene parallel verlaufende Landstraße ausweichen oder über den Feldweg hoppeln? Ich entscheide mich für Letzteres. Es wird schon nicht so schlimm kommen. Vier Kilometer geht es nun über Stock und Stein, dann, an der dritten Brücke, wird der Weg wieder besser.
Schleusenwärter wohnen schon lange nicht mehr in den Häuschen an der Schleuse. Die meisten sind inzwischen an private Liebhaber verkauft und mehr oder weniger stilvoll renoviert. So manches kleine Detail zaubert mir ein Schmunzeln oder auch Wohlgefallen auf mein Gesicht. An diesem hier hat der Besitzer aus einem abgesoffenen Fischerkahn eine gestrandete Galeere gemacht. Auf dem abgeknickten und hoch ragenden Bug steht eine drohende Kanone. Sinnigerweise heißt die Galeere „Zuerst die Kameraden“. Dass man das nur nicht falsch versteht.
Wieder kommt ein Kanalabschnitt mit vielen Wasserpflanzen. An den Schleusen sammeln sich die abgerissenen Reste dieser Pflanzen. Aufgabe der Schleusenwärter ist es auch, diese aus dem Kanal zu entfernen. An manchen Schleusen sind besonders viele dieser Pflanzenreste rechts und links des Schleusentors aufgetürmt.
An der Schleuse Nr. 103 beginnt ein noch nicht ausgebauter Teil des Radweges. Soll ich nun auf die viel befahrene parallel verlaufende Landstraße ausweichen oder über den Feldweg hoppeln? Ich entscheide mich für Letzteres. Es wird schon nicht so schlimm kommen. Vier Kilometer geht es nun über Stock und Stein, dann, an der dritten Brücke, wird der Weg wieder besser.
Schleusenwärter wohnen schon lange nicht mehr in den Häuschen an der Schleuse. Die meisten sind inzwischen an private Liebhaber verkauft und mehr oder weniger stilvoll renoviert. So manches kleine Detail zaubert mir ein Schmunzeln oder auch Wohlgefallen auf mein Gesicht. An diesem hier hat der Besitzer aus einem abgesoffenen Fischerkahn eine gestrandete Galeere gemacht. Auf dem abgeknickten und hoch ragenden Bug steht eine drohende Kanone. Sinnigerweise heißt die Galeere „Zuerst die Kameraden“. Dass man das nur nicht falsch versteht.
Am späten Nachmittag erreiche ich St. Florentin, das heutige Etappenziel. Hoch ragt der Kirchturm über dem Tal. Darunter ist ein Blumenbeet in den Farben des Wappens der Stadt angelegt. Doch kein Hinweis auf eine Unterkunft. Ich frage eine Passantin und sie weist mir den Weg ins Zentrum. Tatsächlich finde ich gleich das Hotel. Edel nostalgisch ist das Restaurant eingerichtet, das Zimmer eher spartanisch im Charme seiner früheren Blütezeit. Nur das Bad ist neu, das tut wohl.
Es ist wieder herrlich mild an diesem Morgen. St. Florentin schläft noch, nur ein paar Frühaufsteher holen sich ihr Brot beim Bäcker. Mir fällt auf, an wie vielen Häusern das Schild „Zu verkaufen“ hängt. Und genügend andere ohne Schild verfallen so langsam vor sich hin. Unten im Tal bleibe ich gleich an der Kreuzung zwischen Kanal und dem Flüsschen Armance stehen. Vielleicht 30 Meter lang ist die Wanne, die auf fünf Brückenbögen aufliegt. Das ist die größte Kanalbrücke, die ich auf meiner Strecke bislang gesehen habe. Sie wurde 1810 gebaut. Direkt dahinter kommt die Schleuse. Im kräftigen Bogen schießt das Wasser aus schmalen Öffnungen im Schleusentor. So bleibt auch bei geringem Bootsverkehr das Wasser im Kanal in Bewegung. Das feuchte Klima am Tor hat schon viele Pflanzen eingeladen, sich dort anzusiedeln.
Ein letzter Blick zurück auf St. Florentin mit seiner unvollendeten Kirche und dem Befestigungsturm aus dem 12. Jahrhundert. Dann trete ich kräftig in die Pedale, doch nicht lange. Über dem Kanal fliegen kleine Tiere, tauchen bisweilen ins Wasser und flattern wieder. Darüber kreisen mehrere Mauersegler. Sind es große Falter oder Libellen im Morgentanz? Mit dem Zoom mache ich aus der Ferne ein paar Aufnahmen. Beim Näherkommen ist der Spuk vorbei. Ich schaue mir die Fotos in der Vergrößerung an und bin erstaunt. Es waren junge Mauersegler beim Morgenbad.
Im Süden liegen dunkle Wolken, ziehen schnell heran, dann ein Donnergrollen und dicke Regentropfen. Ich finde Unterschlupf in einem der Schutzhütten für die Schleusenwärtern . Nach ein paar Minuten ist alles vorbei.
Schnurgerade bewältigt nun der Kanal die letzte Strecke. Das Wasser ist klar, ich kann in der Uferzone Fische beobachten, die langsam vorbei ziehen auf der Suche nach einem fetten Happen. Die Luft ist rein. Ich kann frei atmen.
Kurz nach neun erreiche ich Migennes. Am Freizeithafen übernehmen gerade mehrere Freizeitkapitäne ihre Hausboote für diese Woche. Ihre Familienmitglieder sind eifrige Helfer. Hinter den Booten wehen bunte Fahnen im Wind. Hinter dem Freizeithafen steht die letzte Schleuse, eine Doppelschleuse wegen ihrer Höhe. Noch zweihundert Meter, dann stehe ich an der Mündung des Kanals in die Yonne. Auf der Yonne herrscht reger Bootsverkehr. Nach Süden geht es Richtung Kanal du Nivernais, nach Norden Richtung Paris. Hier stehe ich auf 80 Metern über Meeresniveau. 189 Schleusen überwinden die 300 Höhenmeter bis zum Tunnel von Pouilly, weitere 76 Schleusen bis zur Saone. 242 Kilometer ist der Canal de Bourgogne lang, insgesamt bin ich 400 Kilometer geradelt. Aus der einst wirtschaftlich hoch bedeutenden Wasserstraße ist ein Eldorado für Urlaub und Freizeit geworden. Ich habe mein Ziel erreicht.
Im Süden liegen dunkle Wolken, ziehen schnell heran, dann ein Donnergrollen und dicke Regentropfen. Ich finde Unterschlupf in einem der Schutzhütten für die Schleusenwärtern . Nach ein paar Minuten ist alles vorbei.
Schnurgerade bewältigt nun der Kanal die letzte Strecke. Das Wasser ist klar, ich kann in der Uferzone Fische beobachten, die langsam vorbei ziehen auf der Suche nach einem fetten Happen. Die Luft ist rein. Ich kann frei atmen.
Kurz nach neun erreiche ich Migennes. Am Freizeithafen übernehmen gerade mehrere Freizeitkapitäne ihre Hausboote für diese Woche. Ihre Familienmitglieder sind eifrige Helfer. Hinter den Booten wehen bunte Fahnen im Wind. Hinter dem Freizeithafen steht die letzte Schleuse, eine Doppelschleuse wegen ihrer Höhe. Noch zweihundert Meter, dann stehe ich an der Mündung des Kanals in die Yonne. Auf der Yonne herrscht reger Bootsverkehr. Nach Süden geht es Richtung Kanal du Nivernais, nach Norden Richtung Paris. Hier stehe ich auf 80 Metern über Meeresniveau. 189 Schleusen überwinden die 300 Höhenmeter bis zum Tunnel von Pouilly, weitere 76 Schleusen bis zur Saone. 242 Kilometer ist der Canal de Bourgogne lang, insgesamt bin ich 400 Kilometer geradelt. Aus der einst wirtschaftlich hoch bedeutenden Wasserstraße ist ein Eldorado für Urlaub und Freizeit geworden. Ich habe mein Ziel erreicht.
E N D E
Nachtrag
Für Liebhaber solcher Radtouren bietet das Burgund viele Möglichkeiten. Wer ausreichend Zeit mit bringt, kann entlang von Kanälen und Flüssen über fast durchgehend ausgebaute Radwege einmal rund um den Morvon radeln und damit eine Burgundrundfahrt machen. Start ist in St. Jean de Losne, von dort geht es über den Kanal de Bourgogne nach Migennes, dann entlang der Yonne bis Auxerre, von dort über den Kanal du Nivernais bis an die Loire. Dann geht es die Loire aufwärts bis Digoin und von dort über den Canal du Centre bis Chalon sur Saone und schließlich die Saone aufwärts wieder zurück bis zum Ausgangspunkt in St Jean de Losne.
Mir ist leider noch kein deutscher Radreiseführer bekannt, der die ganze Strecke beschreibt. Regional gibt es im Burgund sogenannte Velobooks, die auch über die folgende Internetadresse bestellt werden können. Informationen in deutscher Sprache gibt es hier ebenfalls: http://www.burgund-fur-radfahrer.com/burgund-f-r-radfahrer--01de.html
Für den Canal du Nivernais kann ich meinen Reisebericht aus dem Jahr 2016 empfehlen und für die Strecke
von St. Jean de Losne über Chalon sur Saone bis Montchanin am Canal du Centre meinen Reisebericht aus dem Jahr 2013.
Für Liebhaber solcher Radtouren bietet das Burgund viele Möglichkeiten. Wer ausreichend Zeit mit bringt, kann entlang von Kanälen und Flüssen über fast durchgehend ausgebaute Radwege einmal rund um den Morvon radeln und damit eine Burgundrundfahrt machen. Start ist in St. Jean de Losne, von dort geht es über den Kanal de Bourgogne nach Migennes, dann entlang der Yonne bis Auxerre, von dort über den Kanal du Nivernais bis an die Loire. Dann geht es die Loire aufwärts bis Digoin und von dort über den Canal du Centre bis Chalon sur Saone und schließlich die Saone aufwärts wieder zurück bis zum Ausgangspunkt in St Jean de Losne.
Mir ist leider noch kein deutscher Radreiseführer bekannt, der die ganze Strecke beschreibt. Regional gibt es im Burgund sogenannte Velobooks, die auch über die folgende Internetadresse bestellt werden können. Informationen in deutscher Sprache gibt es hier ebenfalls: http://www.burgund-fur-radfahrer.com/burgund-f-r-radfahrer--01de.html
Für den Canal du Nivernais kann ich meinen Reisebericht aus dem Jahr 2016 empfehlen und für die Strecke
von St. Jean de Losne über Chalon sur Saone bis Montchanin am Canal du Centre meinen Reisebericht aus dem Jahr 2013.